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Expo 2000

>> Übersichtsplan des Expogeländes
Erstmal wirkt die Expo ziemlich leer
Die Arche Noah - der ungarische Bau
Schweizer Pavillion
Englischer Pavillion
Französischer Pavillion
Luftbilder weiterer Pavillions
Jemenitischer Pavillion
"Global House"
Ausruhzelt, Treppen, Elektromobil

Kleine Anleitung zum entspannten Besuch
Wer im Internet surft, sollte so ähnlich auch an den Expobesuch herangehen: Treiben lassen, mal gucken, verweilen wo man mag. Der Versuch einer systematischen Erfassung aller Ausstellungen, womöglich an einem einzigen Tag endet wahrscheinlich eher in frustrierendem Stress. Natürlich ist eine grobe Navigation sinnvoll, wenn man sich vorher auf der Expo-Seite den Plan http://www.expo2000.de/deutsch/plan/index.html aufruft, damit man weiß, wo ungefähr was ist.

Subjektive, ausschnitthafte Bildreportage
Die folgende kleine Bildreportage vermittelt also einen subjektiven Eindruck von Besuchern, die sich treiben lassen und ohne Erkennenwollen-Systematik und ohne die Probleme und Kritik einfach das Erlebte auf sich wirken lassen wollen. Erstmal wirkt die Expo ziemlich leer. Was augenscheinlich besonderes ist, ist die jeweilige Architektur der verschiedenen Pavillions. Ein eindrucksvolles Beispiel ist der ungarische Bau, der an eine Arche Noa erinnert. Dazu passend ein ungarisches Resaurant unmittelbar daneben, Tokajer und so weiter. Man bedenke, dass der eigene Bau eines Pavillions erhebliche Kosten verursacht und ärmere bzw. kleinere Länder wie in Lateinamerika, Ozeanien und Asien sich eher auf Ausstellungsflächen in den bestehenden Messehallen präsentieren. Insofern überrascht der Prachbau Ungarns und besticht durch seine Architektur. Ebenso wie Ungarn hat die Schweiz ein Zipfelchen der ursprünglichen Expo-Idee bei der Architektur ihres Pavillions im Kopf behalten und eine reine Holzkonstruktion angefertigt, die aus nur aufgestapelten Hölzern besteht. Aufnahme des Schweizer Pavillions. Der englische Pavillion war äußerlich wenig ansprechend - innen aber auch nicht besonders interessant. Lediglich eine Konstruktion im Inneren hatte gewissen ästhetischen Reiz. Irgendwie schienen die Briten sparen zu müssen. Aber die USA haben ja sogar ganz darauf verzichtet auf der Expo anwesend zu sein obwohl sie zunächst einen 40 Millionen teueren Pavillion bauen wollten. Anders als die "Atlantiker" das paneuropäische Frankreich, deren Pavillionarchitektur wenig aufregend war, dem aber eine wirklich beachtenswerte Präsentation im Inneren des Pavillions gelungen ist. Zwar wird auch die "Technologie-Macht-Ideologie" mit Weltraumtechnik und der Concorde demonstriert, aber es gibt auch einfach künstlerisch, ästhetisch gelungene Darstellungen die von passender Musik umhüllt werden. Um die Vielfalt der Pavillions darzustellen noch einige Beispiele. Einige, wie die Mongolei kamen mit ein paar Zelten aus, um eine Nomadensiedlung darzustellen. Merkwürdige Graskegel-Gruppen, ein überdimensionales Indianerzelt, der dänische Pavillion als Halbkugelt und Dreieckspyramide. Einige Pavillions wie der von Jemen waren eher eine touristische Attraktion. Die Nachbildung eines ganzen Gebäudes mit "Live-Basar", Zimmern und Interieur, Innenhof und Musik versetzten einen in Urlaubsatmosphäer - sogar die Touristen waren echt, das waren nämlich die Besucher selbst. Im "Global-House" wurden indianische Tänze und Musik vorgestellt mit auffälligen Skulpturen zum Schutz der Seen aufgefordert, der Wasserstoffmotor vorgestellt. Außerdem war im Global House ein Zelt aufgestellt, das zum Ausruhen (>> Ausruhzelt, Treppen sitzen, Elektromobil fahren) einlud - mit Lichteffekten und Musik. Von anderen Besuchern war zu erfahren, dass auch im österreichischen Ausstellungsbereich und im indischen Pavillion Möglichkeiten zum Ausruhen vorhanden sind. In der Lateinamerika-Halle waren auf einem improvisierten Strand, ein Haufen Sand mit Schiff , leider nur 3 Liegestühle für Gäste, die natürlich besetzt waren. Ansonsten saßen viele Leute auf den großen Treppen.

 

Im Folgenden werden Hinweise auf die Kritik an der Expo gegeben.

"Als 1992 das EXPO-Motto »Mensch-Natur-Technik« festgelegt wurde, wurde ausdrücklich auf die beim UN-Umweltgipfel in Rio beschlossene Agenda 21 Bezug genommen. Alle teilnehmenden Staaten wurden verpflichtet, ihre Präsentationen am Thema der EXPO auszurichten - ein Novum in der Geschichte der Weltausstellungen. Die Planungen zur EXPO fanden dennoch mehr oder weniger hinter verschlossenen Türen statt. Nichtregierungsorganisationen waren nur marginal eingebunden, ein öffentlicher Diskurs blieb weitgehend aus." (zit. Eckhard Wittulski, EXPO-Watch-Büro, Husarenstr. 27, 30163 Hannover, Tel. 0511/ 394 91 90, www.expo-watch.org)
"Als Birgit Breuel vor zwölf Jahren mit Messe-Chef Sepp Heckmann zusammensaß um erste Pläne für eine Weltausstellung in Hannover zu schmieden, träumten die beiden von einer riesigen DNA-Doppelspirale als Expo-Wahrzeichen. So wie das Atomium bei der Weltausstellung 1958 in Brüssel den Durchbruch der Kernenergie verkünden sollte, wollte man in Hannover die Gentechnik als neue Zukunftstechnologie feiern." (zit. http://www.xposition.de).

Auf der offziellen Seite der Stadt Göttingen wird unter der Überschrift "EXPO" auf die KWS (Kleinwanzlebener Saatzucht AG) hingewiesen. Ein Unternehmen, dessen gentechnisch, biotechnisch produziertes Saatgut agrarpolitisch Abhängigkeiten schafft. Dazu paßt denn auch, wenn in einem Werbespot der Expogesellschaft die Genmanipulation am Menschen mit einer lustigen Geschichte verkauft wird. (gemeint ist der Dialog zwischen Frau, Kind und Arzt, bei dem es um die Frage der Manipulation des Nachwuchses geht)

anti_expo.jpg (41300 Byte)Hauptkritikpunkte an der EXPO 2000 in Hannover sind: Verpaßte Chance, eine richtungsweisende Veranstaltung im Sinne des globalen Dialogs und der nachhaltigen Wirtschaft, im Sinne von Ökologie, multikulturellem Leben und Menschenrechten zu schaffen. Stattdessen eine sehr stark von Interessen der Wirtschaft gesteuerte Messe, Touristikmesse und Technikeuphoriemesse geworden zu sein, die auch noch ungeheure Geldsummen verschlingt, die in anderen Bereichen fehlen. Am 11.7.2000 betrug der Schuldenstand der Expo laut Kritikforum 1 Mrd DM, offiziell wird gegenwärtig ein Gegsamtschuldenberg von 1,7 Mrd. DM erwartet. Dies hat auch mit den sehr geringen Besucherzahlen zu tun. Die Expo ist ziemlich leer; z.T müssen bereits Expo-Gaststätten schließen weil sie zahlungsunfähig geworden sind, Pavillions müssen schließen weil die geplante Finanzierung über den Verkauf in Shops viel zu gering ausfällt.

In "Kritisches Forum zur EXPO" unter http://www.xposition.de/ läßt sich zusammengefaßt aktuelle und grundsätzliche kritische Berichterstattung finden.

Im Folgenden eine zusammenfassende Expo Global-Kritik

Keine Chance dem »Dialog« Aus: iz3w Nr. 245 (Schwerpunktthema Expo)
von der Redaktion alaska

Darüber, was Daimler-Chrysler, Siemens, Bayer und überhaupt Bundesregierung und Konzerne auf der EXPO machen, besteht wenig Zweifel. Sie stellen sich als die Macher der Zukunft dar und werben für eine Sicht der Welt, in der ihnen wie von selbst die Rolle der Problemlöser zufällt. Das heilige Kapital zieht los und tötet die Drachen dieser Welt. Auf der EXPO stellt es seine Waffen aus und erklärt den Leuten, wo die Drachen leben, wie sie aussehen und wieso sie an allem schuld sind (und nicht etwa die Raubritter, der Zehnt oder die miesen Fürsten). Das ist wichtig, denn Drachentöten kostet Geld und mutet der Welt einiges an Opfern und Unterordnung zu. Aber wer will schon St.Georg mit juristischen Auflagen kommen, mit Artenschutz-Bedenken oder mit der zarten Frage, ob nicht die Drachentöter das Problem sind?

Die EXPO ist ein Großprojekt symbolischer Politik. Ihre Ziele sind klar definiert und werden offen gehandelt. Es geht darum, Akzeptanzbeschaffung für alle Spielarten der Gentechnologie zu betreiben und Kapitalismus und transnationale Konzerne als Segen der Menschheit und Garanten der Zukunft zu präsentieren. »Überzogene« Technologiekritik und falsche »Skepsis« gegenüber »der Wirtschaft« sollen bekämpft und Imperialismus, Rassismus, Patriarchat, ungehemmter Industrialismus und die grotesk ungleiche globale Verteilung des Reichtums aus der Schusslinie genommen werden. Stattdessen werden »Bevölkerungsexplosion«, Gendefekte, wildgewordene Bakterien und eine irgendwie zu klein geratene Erde als die wahren Menschheitsprobleme ausgewiesen. Die Menschen sind auf die Opfer vorzubereiten, die es sie kosten wird, wenn unter Zukunftssicherung weiterhin die Konzentration aller Mittel auf High-Tech und Standortoptimierung verstanden wird.

Nebenbei soll die EXPO 2000 ein Meilenstein deutscher Normalisierung sein, sprich einer Vergangenheitsbewältigung, die darin besteht, dass man aus der Vergangenheit nichts gelernt hat und sich wieder ungefähr so benimmt wie 1870. Man muss sich das Ganze wie eine wahnsinnig teure Wahlwerbung vorstellen, nur dass nicht gewählt wird. Und die Möglichkeiten, diesem Projekt dadurch in die Quere zu kommen, dass man daran teilnimmt, sind ungefähr so groß wie die, durch Partizipation, Dialog und »Watching« die Wirkung der CDU-Wahlwerbung zu verändern, nämlich gleich null.

Das heißt nicht, dass jedes der assoziierten Weltweiten Projekte zwangsläufig Mist sein muss. Es heißt nicht, dass die Amnesty-Ausstellung zu Folter und Menschenrechten im Themenpark »Mensch« der Selbstdarstellung der chemischen Industrie, die unter dem Motto »Leben ist Chemie« die Halle dominiert, nicht eine sarkastische Note hinzufügen kann. Es heißt nur, dass man gegen die Kernbotschaften der EXPO nichts unternehmen kann, wenn man sich auf ihre Plattform begibt. Das ist aber das einzige, worauf es politisch ankommt: Sich gegen diese Kernbotschaften zu stellen und den Erfolg des Projektes EXPO so weit wie möglich zu beeinträchtigen.

Für die anderen Wahrheiten, die die EXPO-Botschaft Lügen strafen, wird es keine Halle geben. Etwa dafür, dass sich neue Technologien keineswegs immer nach einer Phase anfänglicher Bedenken bewähren und etablieren - die Atomtechnologie ist ein Beispiel gescheiterter High-Tech, von der heute (fast) allgemein anerkannt ist, dass sie wieder abgewickelt werden muss. Oder dafür, dass in den Lebensstandard-Rankings der UNO relativ »technologieschwache« Länder mit an der Spitze liegen, sofern sie eine verhältnismäßig flache Einkommenspyramide und ein allgemein zugängliches, billiges Gesundheitssystem haben, wie etwa Cuba. Oder dafür, dass aus neuen Durchbrüchen der Gen- und Reprotechnologie, Bevölkerungspolitik, einzelnen Phrasen von der »Einen Welt« und ihrer »nachhaltigen Entwicklung« sowie einem erneuerten männlich-weißen Sendungsbewusstsein ein Herrschaftspaket fürs 21. Jahrhundert geschnürt wird. Kurzum: dass die Welt nicht an der »Weiterentwicklung« des Nordens als Herrschafts- und Gesellschaftsmodell genesen kann, sondern nur an der umfassenden und schrittweisen Abwicklung dieses Modells.

Die bei allen Großprojekten herrschender Politik fällige Prüfung, ob Formen kritischer Partizipation oder des »Dialogs« möglich und sinnvoll sind, fällt bei der EXPO besonders ungünstig aus. Erstens gibt es für Lobbyarbeit von vorneherein keinen Platz, weil die EXPO eine Werbeveranstaltung und symbolische Politik ist - keine UNO-Konferenz oder GATT-Runde, auf deren konkrete Ergebnisse man vielleicht im Detail Einfluss nehmen kann. Zweitens braucht kritische Partizipation autonome Räume, deren Zugang und inhaltliche Grundlage nicht von oben reguliert werden. Diese Möglichkeit eigenständiger Artikulation kann man dann abwägen gegen die unvermeidliche Akzeptanzbeschaffung, die auch mit solchen Formen von Teilnahme einhergeht. Auch hier gibt es bei der EXPO nichts abzuwägen.

Drittens ist der Diskurs, den die EXPO in die Welt posaunt, so tumb und altbacken, dass man sich völlig unmöglich macht, wenn man hier mitdiskutiert. Gab sich herrschende Politik vor fünf Jahren noch Mühe, im Zeichen der nachhaltigen Entwicklung Motive und Versatzstücke der sozialen Bewegungen einzubinden und Herrschaft und Kapitalismus etwas raffinierter zu modernisieren, spielt die EXPO 2000 geistig im 19. Jahrhundert. Markt und Technik werden's richten, gebt uns alles was ihr habt und schließt die Augen vor den Folgen: Es ist finsteres kapitalistisches Mittelalter, in das uns die Vereinigte Drachentöter Inc. zurückführen will, mit den technologischen Waffen des 21.Jahrhunderts allerdings. Hiermit gibt es keinen Dialog zu führen. Die Haltung zur EXPO kann nur lauten: Schafft die Drachentöter ab, und lasst uns unsere Probleme anders lösen.

Die alaska ist die Zeitschrift des BUKO. Ein Heft zur EXPO erschien im Mai 2000 (Bernhardst. 12, 28203 Bremen, Tel./Fax 0421-72034, redaktionalaska@vobis.net).