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Der "Brötchenskandal"
Aktionstag der Arbeitslosen '98: Arbeitslose holen sich in Gruppen ihre Brötchen vom Arbeitsamt (in der Caféteria)

> Hungerstreik vor dem Arbeitsamt 2002
> Montagsdemos 97/98

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Bild: Teilnehmer mit einer Maske des damaligen "Arbeitslosenminister Blüm" vor dem Arbeitsamt.

Am Donnerstag den 5.3.98 um 10 Uhr versammelten sich ca. 70 Personen im Erdgeschoß des Arbeitsamtes Göttingen zum Protest gegen Arbeitslosigkeit und Sozialabbau. In jeder Ecke des Arbeitsamtes waren Polizisten in Zivilkleidung anzutreffen. Wie bei der ersten Aktion am 5.3. versuchten sie durch Intervention die ängstlicheren TeilnehmerInnen von den anderen zu spalten. Da mischte sich ein Zivil-Polizist als Bürger ein und fragte die Leute: "Sagen Sie mal, finden Sie das denn in Ordnung, dass da solche Leute als Trittbrettfahrer ihrer Aktion mitmachen und so Plakate ("Von Frankreich lernen") aufhängen?" Inf Frankreich hatten damals Arbeitslose die Börse gestürmt und Akten aus dem Fenster geworfen.

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TeilenhmerInnen der Protestaktion in der Kantine des Arbeitsamtes

Um 11 Uhr flatterten dann überall kleine gelbe Zettel herum mit der Aufforderung, in die Cafeteria im obersten Stock zu gehen, zu der Arbeitslosen eigentlich der Zutritt verwehrt ist. Aber auf dem Zettel hieß es so ungefähr "Wir können Sie als Behörde leider nicht offiziell unterstützen in ihren Protesten aber seien Sie versichert, dass wir vollstes Verständnis für ihre Proteste haben ... wir laden Sie zu einem Imbiß und einem Gespräch in die Cafeteria ein" unterzeichnet mit Hunnenecke. (Hunecke hieß damals der Leiter des Arbeitsamtes in Gö)
Und plötzlich waren alle in der Caféteria. Auf einem Tisch wurde ein kleiner Schwarz-Weiß- Fernseher mit Videorecorder aufgebaut und Aufzeichnungen von den französischen Protestaktionen gezeigt.
Nachdem sich einige Leute, ohne zu zahlen bei den belegten Brötchen bedient hatten, traten die Polizisten in Zivilkleidung in Aktion, die das Geschehen zunächst nur beobachtet hatten. Sie wollten an der Tür eine Kontrolle einrichten, taten es aber dann doch nicht.
Um 11.30 tauchte schließlich ein Vertreter der Arbeitslosengruppe von IGMetall und ÖTV auf und versuchte die Leute dazu zu bewegen, die Aktion abzubrechen und die Cafeteria wieder zu verlassen.
Der Vertreter der IGM Arbeitslosengruppe bekam Verstärkung vom stellvertretenden Direktor des Arbeitsamtes. Der Stellvertreter klärte darüber auf, dass es keine Einladung des Arbeitsamtes gewesen sei. Und dann lamentierte er wegen der unbezahlten Brötchen. "Wir haben leider keinen anderen Brötchengeber" - schallte ihm entgegen." - Diesen Hinweis überging er.
Inzwischen waren schon ein Mannschaftswagen am Cinemaxx und jeweils Streifenwagen an den Ausgängen des Arbeitsamtes aufgefahren. Die Protestierenden in der Cafeteria einzusperren, war den Zivis nicht möglich, weil um 12 Uhr ja die Beschäftigten des Arbeitsamtes zum Essen gehen wollten. Um 5 vor 12 gingen die Leute dann aus der Cafeteria wieder hinunter ins Erdgeschoß.
Seitens der gewerkschaftlich und SPD orientierten Teilnehmer war auf die begrenzte Regelverletzung im Arbeitsamt mit Panik reagiert worden und wurde noch im Nachhinein als kleiner Skandal gehandelt. Es hatten eben wirklich viele gedacht, der Arbeitsamtsdirektor hätte sie tatsächlich zu einem Gespräch eingeladen.