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Skyfall - James Bond

29.11.12 / Text: G. Schäfer /

Breitenwirkung

Warum beschäftigt sich ein goest-Artikel mit James Bond? Masse allein ist kein Argument, dennoch wollen wir notieren: Bereits am Premierentag von James Bond "Skyfall", dem 2. November wurde der Verkauf von 440.000 Tickets in Deutschland gemeldet. Allein die Kinokette Cinemaxx meldete am 5. November 245.000 verkaufte Tickets. (>> Focus) . Am 13. November waren es bundesweit bei allen Kinos bereits 3.935.388 (>> filmstarts.de). Auch Ende November läuft der Film im Cinemaxx Göttingen immer noch mit 37 Vorstellungen wöchentlich.

Bondfilme und gesellschaftliche Entwicklung

Da im Laufe der 50 Jahre, die die Bondfilme laufen, deutliche Veränderungen sichtbar wurden, achtete man zunehmend auf diese Veränderungen und sinnierte über ihre Beziehung zu gesellschaftlichen Trends und Strömungen des "Zeitgeistes". Die Beziehung zwischen Film und Gesellschaft thematisiert z.B. der Spiegel mit der Bemerkung "Regisseur Sam Mendes gelang ein Action-Thriller, der den ultimativen Kino-Macho dem Zeitgeist anpasst." durch den Film werde " Bonds Charakter im Befindlichkeits-Zeitgeist des 21. Jahrhunderts verortet." ( Spiegel) Die mediale Diskussion der Bondfilme erfolgt oft in einer Art, als erhoffe man vom jeweiligen neuen Bond-Film kommentierende Aussagen über gesellschaftliche Trends. Ohne zu Verschwörungstheorien zu greifen, darf wohl angenommen werden, dass hier und da bei der Filmverwirklichung Interessen an der Verbreitung ideologischer Inhalte zum Tragen kamen.

Altes Eisen retten

Es lassen sich in Skyfall einige durchgängige Linien aufzeigen, bei der sich mehrere verstreut aufeinanderfolgende Sequenzen zu einer eindringlichen Aussage verdichten. Eine der Linien bei Skyfall ist der Abschied von der Modernitäts- und Technikeuphorie, wie sie eine ganze Reihe früherer Bondfilme dominierte. Streckenweise könnte Skyfall als Impulsfilm für eine öffentliche Diskussion über den demographischen Wandel und ein Plädoyer für die Rente erst ab 67 eingesetzt werden. Für Geheimdienstchefinnen käme wohl ein noch höheres Alter in Frage, Judi Dench, die M. spielt, ist Jahrgang 1934! Nach ihrem Film-Tod wird die Frauenquote der Bondserie wieder zurückgeschraubt, ihr Nachfolger ist nicht nur M sondern auch m.

Die Unbrauchbarkeitsgrenze für Bond wird getestet, indem er erst einmal arbeitsunfähig gemacht wird. Jeder andere wäre beim Sturz aus ca. 60 Meter Höhe tot gewesen. Er sieht danach nur alt aus, säuft und zittert beim Schießtraining. Auch die Chefin sieht alt aus (kein Wunder, M ist real 78). Beide sollen nach dem Willen der Geheimdienstleitung "abgewrackt" werden , sollen sich berenten lassen. Ihre Untauglichkeit wird mit hämisch beißenden Worten bedacht: Bond sei doch eh schon offiziell tot - einen bequemeren Abgang in die Rente könne sich ein Agent doch gar nicht wünschen.

Agent 007 - Ganz schön fit für sein Alter, wenns mit dem Cross-Motorrad über die Dächer von Istanbul und durch den Basar geht

 

 

Bildnachweis:
Sony Pictures

Der Wert des "Alten" zelebriert

Am plakativsten wird altes Eisen wieder hervorgekramt mit der Wiederkehr des alten Aston Martin DB 5 aus den ersten Bondfilmen. Es ist ein wirklich gemeines Product-Placement, wenn einerseits 20 Exemplare der Retroversion des VW-Käfer gleich zu Anfang vom Bagger gnadenlos zermalmt werden (Mehrheitseigner der Firma "Aston Martins" ist Ford), später higegen der 45 Jahre alte Aston Martin DB 5 zu einem grandiosen Auftritt aus der Garage geholt wird. Irgendwo in der Presse hieß es "he does respect his driving roots, going back to the DB5."

Nebenbei die Sponsoren bedienen

"Mit 45 Mio. Dollar, so berichtet die "Sunday Times", sponsern Unternehmen den Film, dafür werden ihre Produkte mehr oder minder auffällig ins Szene gesetzt. Womöglich hat Caterpillar die größte Summe hingelegt: Bevor ein Cat-Bagger einen Zug zerlegt, wird leinwandgroß das Logo gezeigt. Dezenter funktioniert das, wenn Bond beiläufig Bier aus einer Heineken- Flasche süffelt oder auf die Frage "Agent?" "Provocateur!" antwortet und damit die Dessousmarke nennt. Oder wenn er auf seiner Omega-Uhr nachschaut...".(>>ftd.de/). Den richtig servierten Martini belohnt er ohne Markennennung allerdings nur noch mit dem beiläufig fallengelassenen Ausspruch "perfekt".

Abschied von der Modernitäts- und Technik-Euphorie

Bondfilme waren meist eine fast sience-fictionhafte Präsentation von Modernität: die verrücktesten Waffen und technischen Hilfsmittel (Laser in der Armbanduhr, Einmann-Fluggerät, Autos mit Schleudersitz und Raketenwerfer usw.) Nun verkündet Skyfall die Botschaft "back to the roots" . Q. der Technikassistent des Geheimdienstes und Vertreter der Modernität meint zwar überheblich zu Bond: "Ich kann im Pyjama an meinem Laptop noch vor der ersten Tasse Tee mehr Unheil anrichten, als Sie je verhindert haben". Aber am Ende wird der Feind nicht mit Hightech-Waffen, sondern mit improvisierten Explosives aufgehalten und der Ober-Bösewicht wird letztlich mittels einer geradezu "antiken" Waffe getötet.
Der ganze rein mechanische, chemische Schnickschnack der technischen Abteilung fällt weg ("Wir machen keine explodierenden Stifte mehr"). Bond wird lediglich eine spezielle Pistole und ein kleiner Sender zur Standortmeldung ausgehändigt. Nach dem erfolgreichen Einsatz des Standortmelders verhöhnt er die Technikversessenheit der Gegenseite mit der lakonischen Bemerkung "sowas nennt man Sender". Auch beim Rasieren, natürlich mit nackter Männerbrust in Großaufnahme, ist die Botschaft "back to the roots". Rasiert wird mit Rasierpinsel, viel Schaum und Rasiermesser statt mit Rasierklingenhalter oder gar elektrischem Rasierapparat.
Die Flucht aufs Land kommt auch noch vor. Sie ist die Rettung, weil dort der Mangel an technischer Infrastruktur keine Cyberangriffe erlaubt. Wir gehen in ein Gebiet auf dem sie uns nicht überlegen sind meint Bond dazu. Ein Verweis auf ein Leben jenseits der Computernetze und des Cyberspace als Rückzugsraum und Sicherheit ! (Es erinnert ein wenig an die Hinweise zum einfachen Leben in Erwartung der Folgen aus dem Oil-Peak)
Die Techno-Modernität wird in Skyfall, anders als früher , nicht mehr als Heilversprechen zelebriert. Technischer "Fortschritt" allein, so die Botschaft, verspricht nicht automatisch den Sieg. Auch einfachste Dinge (und Alte) können einen Beitrag im Kampf leisten. Nur weil etwas alt ist, ist es nicht gleich wertlos.

Altes Schiff und neues Schiff - zugespitzte Metapher

Im Museum sitzen Bond und Q vor dem, in Großbritannien sehr bekannten Gemälde des bedeutenden William Turners >>"Die Kämpfende Temeraire" . Das 40 Jahre alte Segelschiff "HMS Temeraire" wird von einem Dampf betriebenen kleinen Schlepper zu seinem letzten Liegeplatz gebracht , um abgewrackt zu werden. Das Schiff spielte eine wichtige Rolle in der Schlacht von Trafalgar, indem es der HMS Victory unter dem Kommando von Horatio Nelson zu Hilfe kam und somit zum Sieg der britischen Flotte beitrug. (Wikipedia). Also das alte Schlachtschiff hat auch noch einen Wert, kann zum Sieg beitragen. Bond darf noch britische Nüchternheit demonstrieren als Q ihn fragt, "was sehen Sie auf dem Bild?" antwortet Bond nur: "zwei Schiffe". Er macht keinen Unterschied zwischen alt und neu.

Bloß keine Romantik!

Bevor die Alten sich nun romantisierend an irgendwelchen alten Krempel hängen, wird nochmal klar gemacht, dass auch ein altes, geschichtsbeladenes Haus auf dem Land durchaus in die Luft gesprengt werden sollte, wenn es denn der höheren Sache dient. Und dann wird es auch noch mit der Bemerkung entwertet: "Ich konnte das Haus eh nie leiden". Ähnlich unromantisch erfolgt die Legitimation, Entscheidungen, die Agenten das Leben kosteten, weil sie der Verteidigung einer größeren Sache dienten. Wer das nicht einsieht, wie Silva, wird zum Bösewicht. Wer, wie Bond sagt "Sie haben richtig entschieden", bleibt im Dienst. Immerhin werden Bond 1,5 Tränen erlaubt - als M stirbt.

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