Ursprünge der Göttinger
Band-Kultur Das folgende Interview fiel uns beim Durchstöbern des Archivs in die Hände, es entstammt dem seit längerem verblichenen Stadtmagazin "Hieroitzo" und wir veröffentlichen Teile daraus mit Genehmigung des Interviewten hier noch einmal. Darin wird u.a. die Entstehung einer Bandkultur ab 1964 in Göttingen beleuchtet. Ralph Otto und Detlev Vogt vom "Hieroitzo" hörten zu und stellten Zwischenfragen / kursiv).
"Mein Ursprung,
also meine erste Gruppe waren die Morlock Five, was zeitlich parallel
zu den Original Blue Moons lief. (..) Wir hießen zwar »Five«, waren aber
nur vier. Der Fünfte war halt der Geist oder auch der Manager. Im Vergleich
zu den Orignial Blue Moons lief Ähnliches ab wie bei dem alten
Streit »Beatles oder Stones?«. Die Blue Moons waren mittelständischer
Herkunft, besaßen schon von vornherein eine fast optimale Anlage. Wir,
die eher aus dem Arbeitermilieu kamen, mußten uns dagegen alles zusammenpumpen.
Das war 1964, da war ich fünfzehn. Unsere ersten Auftritte in dem Sinne
fanden in der "Walnuß" statt. Nach der Walnuß war's dann die
»OldRanch«, später kam dann das »Plüsch«.Da waren ja früher nur Live-Konzerte,
fast jeden Tag, da wurde eigentlich die Göttinger Szene aufgebaut. Schon
als die Walnuß noch garnicht existierte gabs hier schon Beatmusik. Just
als die Beatles, kurz danach die Stones in Deutschland rauskamen, fing
hier die Beatmusik an. Es entwickelten sich die ersten Kellerbands und
es gab die ersten Impulse in den Jugendfreizeitheimen. Dadurch. dass das
Walnuß eröffnet wurd, die hatten da nen Keller und Übungsräume, legten
die Leute los. Für DM 80,- pro Band und Abend bekamen dort viele ihre
ersten Auftrittschancen. *** Die Blue Moons haben doch sogar ,ne Platte gemacht "Selber nicht. Sondern sie haben als Love & Tears »Needles And Pins« aufgenommen." *** Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, ich hab nämlich zu der Zeit im Jugendraum Discjockey gemacht, waren die doch auch auf irgendeinem DeutschrockSampier drauf; da war Can auch drauf; und dann kam aufeinmal.... "Nee, nee, das war nur der Michalski, der von den Blue Moons kam, das heißt ganz früher von den Bine Moons, der ist ja dann ausgestiegen, dafür ist der Jaß eingestiegen, und der Jaß hat dann bei den Love &Tears gespielt, und hat später mit Michalski als Folk-Duo was gemacht. Hat mit den Blue Moons nix zu tun, glaub' ich. Das mit dem Sampler kann aber doch möglich sein, ja, »Mama« oder sowas. (Fragt seine Frau Elke.) Hatten wir nicht mal ,ne Platte mit Love & Tears, wo mit »Mama« irgendwas war? Vor Needles And Pins' oder wie sich das schimpft? Naja, die hatten dann also ihre Platte. Wir nicht" *** Wie ging es dann nach Morlock Five bei Dir weiter? "Morlock Five machten weiter und ich ging ja dann 1968 weg, nach München. Ich wollte einfach mal raus hier aus Göttingen. Da hatte ich dann eine Band - ansonsten hab' ich gejobbt - die nannte sich Freeball, auch so Kelleramateure. Wir hatten ganz schön viel Auftritte für damalige Zeiten. (...)."
Ich bekam schließlich die Möglichkeit, einrnal im Monat zu spielen. Damals waren's noch DM 40,- pro Abend oder sowas. Mein Programm war in der ersten Zeit sehr mit Skandal verbunden, weil die Leute das gar nicht so gut fanden. Die im Nörgelbuff ließen sich aber nicht beirren und haben gesagt ,Mach mal weiter.' Bis ich dann den George, also ich nannte ihn George Hampton..." * Den Namen trägt
er jetzt noch herum..."George hieß ja. »Die Krähe«..." , ...und Uli Turner, der Dicke am Schlagzeug. Der kam aus irgendeiner Band, die hatte ich mal gesehen, und daher kannte ich ihn. Das war also am Anfang die Fin-Band und spielte auch schon ganz eigene Sachen. Und dann kam der Slogan raus, wir müßten Punk spielen, was sehr simpel ist. Wir hatten durch englische Zeitungen, Melody Maker und so, schon den Einblick darin und meinten, das wäre doch genau das, was wir eventuell verfolgen, laß uns das durchziehen. Auf unsere selbstgemachten Plakate haben wir dann immer ganz groß raufgeschrieben Punk-Rock in Göttingen! Die Leute sagten: ,Mensch, Punk-Rock - was ist das denn?', und wir haben natürlich schön laut losgelegt. Irgenwann hießen wir danach Fin & Alleycats, weil die Jungs, besonders George, sich zu sehr in den Hintergrund gedrängt fühlten. 1978 waren die dann weg. Musikalische Zerwürfrijsse um mal amtlich zu reden. Ich war der Meinung, wir sollten mehr Blues machen, und Georg war eben derjenige, der überhaupt nicht auf Blues steht. Vielleicht konnte er es auch nicht. Ich habe daraufhin gesagt: ,Okay,· schaue ich mich nach was anderem um
"Hier D-Dur,
in diesem Tempo vielleicht. .
* Stehen die so auf Dich oder machen sie's nur wegen des bißchen Geldes? "Teils, teils.
Bei den meistenGruppen, die hier spielen, was in Richtung Blues und Rock
läuft, steht viel Konzeption und Arbeit dahinter; da wird einstudiert.
Bei mir sieht das so aus, dass alles auf Session-Art abläuft. * Texte weißt Du vorher auch nicht, oder? "Nein" * Kannst Du überhaupt Englisch? "Ich würde sagen, ja. Meine Kunst ist eher die phonetische Aussage, weil Vieles, was da über's Mikro kommt, nur englisch klingt. Es gab da für mich eine Konzeption. Ich hatte mal zwei Jahre Kontakt mit Gunther Hampel, hab' für ihn etwas Papierkram, sagen wir ruhig »Management« gemacht. Und die Jazzer haben mich drauf gebracht, dass man eine Stimme auch als Instrument einsetzen kann. Mit dem Englisch, was ich kann, laß ich mich dann von der Atmosphäre inspirleren. (...) * Ich fand immer dass Dein Auftreten auf der Bühne sich insofern von anderen Göttiegern unterschied, dass es weniger studentsch ... "Das ist gut,
das soll auch so sein. Ich wollte noch nie den intellektuellen Beat." "Ich operiere eben mit einem gewissen Stamm. Manfred Hammerschmidt von der Stunk-Band kam dazu, dann der Drummer von Short Bisquits, Rainer. Als Gitarristen Alex Gölsdorf und Andreas Bertels, Ex-Lazy Daisy und Second Hand Band. Im allgemeinen werden die Leute angerufen, wenn irgendwelche Gigs sind. Wenn die terminlich können, kommen die runter und spielen." *Erzähi doch mal was aus alten Zeiten. Die Alley Cats und Du warst doch mal Vorgruppe bei Chicken Shack "War sehr erfrischend.
Ich kannte ja Stan Webb schon aus München, weil ich da mit Leuten zusammen
war, die auch den Zirkus Krone Bau gemanagt hatten. So hatte ich natürlich
Kontakt zur Bühne hin. Das war so'n Festival mit Gruppen wie Colosseum
und T.Rex. Ich saß dann an der Theke, haute mir meinen Hot Dog rein, da
saß der Webb daneben, .. * Nochmal zu Deinen eventuellen Chancen. Derzeit wird doch soviel Deutsches unter Vertrag genommen... ,Ja, richtig, viele
sagen ,Mach doch mal Deutsch!'. Ich persönlich, also, was man bei mir
kritisierte, dass ich einen auf der Klatsche hätte, würde ich für mich
persönlich sehen,wenn ich mit Deutsch ankäme und Dadäda oder Didado singen
würde. Kohle hätte ich dann genug, aber da fängt für mich die Kopfmacke
an. (Gekürzte Version des Interviews, die in der Ausgabe vom 12. Dezember 1982 des Hieroitzo (den es schon lange nicht mehr gibt) veröffentlicht worden war. Mehr Infos und Kontakt: >> Fin-Band / Fin-Music Folk, Pop & Rock, Blues, Email: P_Hochberger[at]web[dot]de |