goettinger stadtinfo 
 Texte und Bilder © Impressum

Frauen gegen Sparterror

> Frauen - Leitseite

Bericht von der Kundgebung in Hannover 15.12.04
FrauenLesben Demo vor dem Landtag in Hannover

Etwa 50 FrauenLesben (und 1 Mann) haben heute lautstark vor dem niedersächsischen Landtag protestiert, wo heute, am Mittwoch den 15.12.04 über die geplanten Haushaltskürzungen für 2005 im Bereich Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit verhandelt wurde.
Sie forderten die zuständige Ministerin Ursula von der Leyen auf, heraus zu kommen und sich einer Diskussion zu stellen. Als dies nicht geschah, und nach zahlreichen Platzverweisen und Anzeigen, zog die Demo durch die Innenstadt in Hannover. Die Teilnehmerinnen kamen vor allem aus Göttingen und Hannover - in Göttingen sind zum 1. Januar 05 gleich drei Frauenprojekte von drastischen Kürzungen betroffen: Das Frauengesundheitszentrum, die Therapeutische Frauenberatung und die Sozialberatung im Frauen- und Mädchenzentrum Kore. In Hannover betrifft es die Frauenberatungsstelle Amanda.

Dokumentation eines Redebeitrags:
Zur Situation Autonomer FrauenLesben und Mädchenprojekte
Ganz im mainstream der bundesdeutschen Kürzungspolitik hat nun das Land Niedersachsen mal eben schnell beschlossen, vielen sozialen Projekte die Finanzierung zu streichen. Die betroffenen Projekte sind teilweise sehr spät von den bevorstehenden Streichungen informiert worden, in Göttingen z.B. wurden sie erst am 25. 11. in Kenntnis gesetzt, dieser Tag ist der Internationale Tag zu Gewalt gegen Frauen - wie passend, lässt sich da nur sarkastisch bemerken, denn von diesem Kürzungswahn sind auch viele FrauenLesben- und Mädchenprojekte betroffen.
Wir nehmen diese frauenverachtende Kürzungspolitik nicht hin!!! Bundesweit wurden zahlreiche Frauenprojekte in den letzten Jahren bereits zu Tode gekürzt. Frauen und Mädchen, die von Gewalt betroffen sind, stehen vor verschlossenen Türen. Ein Großteil der Beratungsstellen für Frauen und Mädchen gibt es nicht mehr, weil ihrnen die Gelder gestrichen wurden!!! Diese Projekte sind vor dreißig Jahren aus der FrauenLesbenbewegung gegen und trotz vielfältiger Widerstände entstanden. Und zwar aus der Tatsache heraus, dass viele Frauen und Mädchen täglich von Männern ausgeübte Gewalt erleben. Frauenparteilich arbeitende Beratungsstellen und auch Frauenhäuser waren und sind mehr als ein lebensnotwendiges Schutzdach. Sie sind für viele Frauen und Mädchen der Ort eines Neuanfanges, ein Ort der Solidarität und Unterstützung und vor allem auch ein Ort, die lange ertragene und erlebte Isolation und Angst aufzubrechen. Die Kürzungen und Streichungen mit dem Verweis auf die entleerten öffentlichen Kassen scheinen zynisch allein vor dem Hintergrund steigender Rüstungsausgaben der Bundesrepublik Deutschland. In Zeiten des Gendermainstreaming ist es auch eine Frage der gesellschaftspolitischen Prioritätensetzung im Patriarchat! Männergewalt ist trotz der Frauenhäuser und der Beratungsstellen für Frauen und Mädchen und auch nach dreißig Jahren FrauenLesbenbewegung ein ungelöstes Problem, welches die Lebenssituation von unzähligen FrauenLesben und Mädchen prägt. Diese Gewalt richtet einen unermesslichen physischen und psychischen Schaden an. Gewalt gegen Frauen steht in der Statistik über Menschenrechtsverletzung auf Platz 1, und zwar weltweit. Laut einer neuen vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend herausgegebenen Studie ist jede dritte Frau schon mal Opfer von Gewalt geworden. Die politisch Verantwortlichen müssen die logische Reihenfolge einhalten: Erst muss die Männergewalt bekämpft und beseitigt werden und dann können die Frauenhäuser und Beratungsstellen ihre Arbeit einstellen.
Wir fordern: - mehr Beratungsstellen für Frauen, Lesben und Mädchen - kostenfreie Beratungen und Therapien - Einen Entschädigungsfond für Menschen, die Gewalt durch Männer und durch Frauen erlebt haben

 

Vorbereitungen der landesweiten Kundgebung
Am Mittwoch, den 08.12.04 haben sich Einzelpersonen und Projekte, hauptsächlich aus der Frauenszene, getroffen, um eine landesweite Kundgebung in Hannover zu planen. "Wir wollen so viele Menschen wie möglich auf die Strasse bringen und auch eine Breite an Projekten ansprechen, da nicht nur Frauenprojekte betroffen sind, sondern auch Projekte z.B. zur Unterstützung von MigrantInnen, von Obdachlosen, Aidskranken....Ebenso massiv betroffen sind Kulturprojekte. Alle fordern wir auf, am 15.12.04 nach Hannover zu kommen. An diesem Tag wird der entsprechende Haushaltspunkt im Landtag entschieden. Wir bitten Euch/Sie diese mail ind den Aufruf im Anhang weiterzuverteilen. Infos oder Beiträge, die auf der Kundgebung durchgegeben werden sollen, falls eigene Anwesenheit nicht möglich, bitte an folgende Adresse mailen: lesbentelefon-goettingen@web.de   Das nächste Treffen in Göttingen findet am Montag, den 13.12.04 um 19.00 Uhr im Cafe Kabale, Geismarlandstr. 19 statt.

Am 25.11.04 teilte die Landesregierung den Göttinger Frauen- und Gesundheitsprojekten mit, dass sie die Projektförderung 2005 einstellen wird. Es handelt sich u.a. um

Schließungen , Projekteabbruch
Das Frauengesundheitszentrum muß eine Personalstelle streichen und es fallen weitere 3 Stellen weg bei denen Frauen auf der Basis "geringfügiger Beschäftigung" angestellt sind. Weitere Projekte in den Bereichen der Beschäftigungsförderung, bei Intergrationmaßnmahmen für Straffällig gewordene, Betreuung Drogenabhängiger im Strafvollzug, die Aidshilfe u.a. sind ebenfalls von deutlichen Kürzungen betroffen. Es wird nicht ohne Schließung einzelner Einrichtungen gehen und die übrige Arbeit wird stark eingeschränkt.

1 Euro-Stellen sind kein Ersatz
Beim Pressegespräch mit institutionellen Vertreterinnen am 3.12.04 wurde deutlich gemacht, dass nicht die Absicht und auch nicht die Möglichkeit besteht, die wegfallenden Stellen durch 1 Euro-Jobs auszugleichen. Zwar existiert eine solche Stelle im Gesundheitszentrum aber lediglich zur Datenerfassung für den Gesundheitswegweiser. Die therapeutische Frauenberatung z.B. so eine Mitarbeiterin, kann man nicht von Personen machen lassen, die mal eben für ein halbes Jahr auf 1 Euro-Basis eine solche Tätigkeit ausüben sollen.

Widerstand ohne die Nutzerinnen der Beratungsstellen?
Auf die Frage, ob denn die vielen Frauen die die Beratungseinrichtungen durchlaufen (Frauengesundheitszentrum z.B. sprach von ca. 2000 jährlich, Kore ebenfalls) nun auch Unterstützung beim Protest mithelfen werden, kam im Pressegespräch eine eindeutig ablehnende Antwort, Begründung, die Frauen seien so sehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt, dass sie keinerlei Ressourcen für Protestaktionen übrig hätten.
Statt den Protest von der Basis her aufzubauen erhoffte man sich anscheinend mehr vom Kontakt mit MdL Andretta und Sozialdezernentin Schlapeit-Beck sowie der grünen Kreistagsabgeordneten Maria Gerl-Plein, die auch am Pressegespräch teilnahmen. Eine merkwürdige Hoffnung, denn mit den Kürzungen im Sozialbereich setzt die CDU-Landesregierung nur fort, was die SPD angefangen hat und was SPD und Grüne in der Bundesregierung zur Zeit in unglaublicher Schärfe mit Hartz4, der Gesundheitsreform und anderen Armutsreformen veranstalten.

Nein: Aufruf von Nutzerinnen zum verschärften Protest
Umso erfreuliche war dann, dass sich offensichtlich Frauen außerhalb der institutionellen VertreterInnen zusammengefunden haben, um Protest zu entwickeln: so entsand ein Aufruf auf einem kurzfristig zustandegekommenen Treffen von ehemaligen und aktuellen Klientinnen / Nutzerinnen der drei betroffenen Frauenprojekte in Göttingen und einigen anderen interessierten FrauenLesben aus Göttingen und Hannover.
"Wir hatten zwar von dem Pressegespräch auf GoeSt gelesen, aber wussten weder wann noch wo das stattfinden sollte. Die Idee mit der Kundgebung ist entstanden, weil wir den Eindruck haben, dass wir uns um Protest wohl selbst kümmern müssen, wenn überhaupt mal was stattfinden soll. Immerhin  sind wir Klientinnen / Nutzerinnen auch von der Projekten selbst nicht gut  informiert worden. Wir haben die Projekte aber heute von der geplanten  Kundgebung in Kenntnis gesetzt, in der Hoffnung, dass sie sich unserem Protest anschliessen."

zum Anfang

 

Aufruf

Landesweite Kundgebung am Mittwoch den 15.12. in Hannover
Gegen die Streichungs- und Zerstörungspolitik der Landesregierung. Nehmt Ihr uns unsere Häuser und Projekte, nehmen wir uns den Landtag! Der soziale Kahlschlag geht im Galopp weiter: Perfide, verantwortungslos und schon lange nicht mehr zu akzeptieren! Die Niedersächsische Landesregierung ist wild entschlossen bei über 100 Projekten aus dem Bereich Frauen, Soziales, Gesundheit die Projektförderung ab 2005 zu streichen. De facto bedeutet das für viele Projekte das Aus. In Göttingen sind durch die Streichung u.a. 3 Frauenprojekte von der
Schließung bedroht:
- die Therapeutische Frauenberatung
- das Frauen- und Mädchenzentrum Kore
- das Frauengesundheitszentrum
Mit der Schließung würde ein großer Teil der Unterstützungsstrukturen für von Gewalt betroffenen Frauen und Mädchen wegfallen. Wir fordern alle auf, gemeinsam am Mittwoch, den 15.12.05, gegen die  menschenverachtende Streichungspolitik der niedersächsischen Landesregierung in Hannover vor dem Landtag zu demonstrieren. "Euch machen die Diäten fett und wir können weiterkotzen."
Nächstes Vorbereitungstreffen: Mittwoch, 08.12.04 um 19:00 im Café Kabale (Geismarlandstr. 19) Treffpunkt in Göttingen zur Kundgebung:
Mittwoch 15.12.05 um 8.45 Uhr vor dem Bahnhof

Betroffen von den Kürzungen sind Projekte aus den Bereichen Gesundheitsförderung,  Beschäftigungsförderung, Sozialberatung, Psychosoziale und medizinische Betreuung von Flüchtlingen, sog. Integrationsmaßnahmen für Straffällige, sog. Integration von MigrantInnen, Unterstützung und Beratung von Aidskranken und ganz massiv Frauenprojekte! Parallel dazu werden im sog. Sparwahn die Gelder für kulturelle Projekte um die Hälfte gekürzt, das Blindengeld soll abgeschafft werden und die Landeszentrale für politische Bildung wird aufgelöst.
In den letzten Jahren wurden zahlreiche Frauenprojekt in der ganzen Bundesrepublik zu Tode gekürzt. Frauen, die von Gewalt betroffen sind, stehen seitdem vor verschlossenen Türen. Ein Großteil der Frauenhäuser, Notrufe, Beratungs- und Therapiestellen gibt es nicht mehr. Auch in Niedersachsen ist es das Ziel der Landesregierung ab dem Jahr 2005 einen großen Teil des Frauen-Unterstützungsnetzwerkes für von Männergewalt betroffene Frauen zu zerstören. Damit wird feministischer Frauen- und Mädchenarbeit, Feministischer Beratung und Therapie der Garaus gemacht. Unter dem Deckmantel der angeblichen Sparnotwendigkeit ( Geld ist genug da, doch für wen?) wird schon seit längerem ein groß angelegter sozialer Angriff durchgeführt; angenommene Standards und Gewissheiten gehen hierbei auch über Bord: Gewaltopfer werden in einer sich zunehmend ökonomisierenden und auf Effektivität, Effizienz und Vereinzelung setzenden Gesellschaft nur noch als lästige Kostenverursacherinnen gesehen. Die Folgen des gesellschaftlichen Unterdrückungsmechanismus Männergewalt sollen die Opfer, die Frauen wieder komplett individuell tragen.
Diese frauenfeindliche, sexistische Politik muss gestoppt werden! Von der Streichung der Projektförderung in Niedersachsen sind Projekte betroffen, die parteilich Menschen unterstützt haben, die von der Gesellschaft ausgegrenzt bzw. unterdrückt werden:Frauen, MigrantInnen, Kranke, Arbeitslose, SozialhilfeempfängerInnen.Durch die Kürzungen werden sie weiter an den Rand gedrängt, stigmatisiert, ihre Unterdrückung wird weiter manifestiert. Der Staat formiert sich weiter entlang der Kriterien Nation, Geschlecht und Verwertbarkeit. Diesen allgemeinen sozialen Angriff werden wir nicht hinnehmen!
Die Landsregierung hat die Projekte erst sehr spät von den bevorstehenden   Streichungen informiert; in Göttingen z.B. wurden die Projekte erst am 25.11. in Kenntnis gesetzt.Eine Strategie, um eine Organisierung gegen die Kürzungen zu verhindern. Die Regierung setzt offensichtlich darauf, dass sich kein breiter Widerstand  gegen diese Kahlschlagpolitik regen wird. Sie geht davon aus, dass alle, auch die Projekte, individuelleÜberlebensstrategien entwickeln und nicht gemeinsam agiert wird. Dieser Strategie der Vereinzelung und Konkurrenz setzen wir unsere Solidarität entgegen!