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Verfassungsschutz gegen den Journalisten Kai Budler

Verfassungsschutz legt Akte über die berufliche Tätigkeit eines Journalisten an

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Prozess gegen Verfassungsschutz 2013

Am 6.11.13 um 9 Uhr lief im Verwaltungsgericht die Auseinandersetzung zwischen Verfassungsschutz und einem Journalisten vom Stadtradio. An der Tür stand als Thema "wg. Datenschutz / Löschung von Daten". Im NDR-Hörfunk wurde bei einem Vorbericht über den Prozess kolportiert, der Verfassungsschutz habe angeblich noch ein As im Ärmel, das er bisher nur nicht offengelegt hätte. Allerdings war der VS nun eher bemüht, sich auf keinen Fall noch mehr in die Karten schauen zu lassen. Er nahm die Möglichkeit in Anspruch, seine verdeckten Ermittlungen nicht offenzulegen zu müssen. Die Tatsache, dass sie den Journalisten überwacht haben, weil er zwecks Berichterstattung Demos beobachtet hatte, reichte auch schon so für erhebliche Wellen in den Medien. Da wären weitere Offenlegungen evtl. über die Ergebnisse von Lauschangriffen medienstrategisch ungünstig gewesen. Der klagende Journalist und sein Anwalt dagegen hätten es gerne gesehen, wenn der VS das angekündigte "As" mal auf den Tisch gelegelegt und erklärt hätte. Dann wäre erstens deutlich geworden mit welchen Methoden und aufgrund welcher Quellen Informationen über den Journalisten beschafft worden sind. Und zweitens hätte man dann auch überhaupt sagen können welche der Daten gelöscht werden müssen. Das Vertrackte ist, dass dann wenn die gespeicherten Daten nicht offengelegt werden müssen, auch nicht daraufhin geklagt werden kann, von diesen Daten etwas löschen zu lassen. Auskunft auf Anfragen im Rahmen von Datenschutz-Auskunftsbegehren gab es bisher nur in ausgedünnter Form. Es gibt Miniinformationen wie die, dass der Journalist auf einer Demo gesehen worden sei auf der auch Linksextreme demonstriert hätten - ja Himmel noch mal, das ist doch seine Arbeit, bei der er darüber berichtete.

Ein Gutachter der lechts und rinks velwechsert
Udo Baron trat im Prozess als Gutachter auf um zu erklären, was überwacht werden muß weil es angeblich linksextrem ist. Udo Baron ist seit 2008 Referent im Niedersächsischen Ministerium des Innern für den Bereich Linksextremismus. Er bringt in seinen Publikationen solche infamen Verdrehungen wie den folgenden in einem Aufsatz von 2012 "Auch wenn es gegenwärtig noch keinen Linksterrorismus gibt, so lassen Gewaltintensität, Professionalität und Konspiration es aber legitim erscheinen, von einer "Vorstufe" zum Linksterrorismus zu sprechen. Wie schnell und zugleich klandestin ein solcher Radikalisierungsprozess vonstattengehen kann, verdeutlich nicht zuletzt der Fall der rechtsextremistischen Terrorzelle NSU." Bei den Verbrechen der rassistischen Mörderbande "NSU" wird der Verfassungsschutz wegen der unkontrollierten Finanzierung von V-Leuten in jener Szene und seiner späteren Untätigkeit bei der Aufklärung und seinem Aktenverschwindenlassen vielfach kritisiert. Aber Udo Baron will die "Gefahr eines Linksterrorismus" ausgerchnet mit Hinweis auf diese rechtsterroristische NSU Mörderbande begründen! (Udo Baron "An der Schwelle zum Linkterrorismus?" >>pdf-Dokument der Konrad Adenauer Stiftung )

 

Resolutionen im Kreistag und im Rat der Stadt Göttingen

19.12.11 / Nachdem im Kreistag eine Resolution mit einer Kritik an der Überwachung eines Journalisten durch den Verfassungsschutz verabschiedet worden war, reagierte die Göttinger Polizeidirektion mit einem ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten an der Spitze sauer: "Mit Befremden nimmt die Polizeidirektion Göttingen Pressemeldungen zur Kenntnis, denen zufolge der Göttinger Kreistag die Polizei wegen ihres Vorgehens gegen einen Göttinger Journalisten "verurteilt"." Und Polizeipräsident Kruse wird in der Pressemeldung der Polizei zitiert mit: "Leider sind wir an einer inhaltlichen Stellungnahme gerade wegen des noch offenen Verfahrens und aus Datenschutzgründen gehindert. Wir warten rechtsstaatlichen Prinzipien folgend die Entscheidung des Gerichts ab und werden erforderlichenfalls danach reagieren." Hier wird angedeutet, man habe noch einige Argumente, bleibt abzuwarten, ob dieser Andeutung auch Substanz folgen kann.
Nun folgte aber kurz darauf auch noch am 19.12.11 eine Resolution im Rat der Stadt, die gemeinsam von den Fraktionen der Grünen, der GöLinken, der SPD und der Piratenpartei eingebracht worden war. (Im Kreistag hatte der Vertreter der Piratenpartei nicht für die Resolution gestimmt). In der Ratsresolution jetzt heisst es u.a. "Der Rat der Stadt Göttingen verurteilt das Vorgehen der Polizei und des Verfassungsschutzes gegen den Göttinger Journalisten Kai Budler. Der Rat verlangt überdies die Einstellungen der Überwachung des Journalisten und die Offenlegung und anschließende Löschung aller gesammelten Daten. Überdies hält er eine Entschuldigung gegenüber Kai Budler für angezeigt." Die daran anschließenden Begründungen beziehen sich ausführlich auf die Grundrechte der Pressefreiheit, der Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit.
In einer direkt nach der Ratssitzung veröffentlichten Pressemitteilung kritisiert die Fraktion der Grünen mit Bezug auf die verabschiedete Resolution die fehlende Einsicht der Polizei und rät ihr, "sich bei Herrn Budler für die offensichtlich unangemessene Verfolgung, die falschen Auskünfte, das Zurückhalten von Informationen und das Löschen verfahrensrelevanter Datensätze zu entschuldigen." Die Grüne Ratsfraktion verknüpft die Kritik an der Polizei mit der Gefahr des rechtsradikalen Terrors, der offensichtlich von der Polizei unterschätzt werde womit erneut ihre Einseitigkeit deutlich werde. Angesichts rechtsradikalen Terrors so die Erklärung "käme es auf die Stärkung aller demokratischer Gruppen an", diese fördere "man nicht indem man zum Beispiel einen Journalisten, der zum Thema Rechtsradikalismus und Antifaschismus Hintergrundinformationen sammelt und darüber in öffentlichem Auftrag berichtet, in unangemessener Weise verfassungsrechtlich verfolgt, überwacht und diskreditiert und dabei die Schutzrechte von Journalisten in besonderer Weise außer Acht lässt."

 

goest-Kommentar / Okt 2011
Verfassungschutz und Polizei - Wege aus dem Rechtsstaat
Polizei, Verfassungsschutz und Geheimdienste zeigen Tendenzen zur Verselbständigung gegenüber rechtsstaatlicher Kontrolle. Da es nur in den seltensten Fällen zu einer Bestrafung von Verfassungsschützern und Polizei bei der Verletzung von Gesetzen kommt, wird in diesem Bereich Stück für Stück die Grenze des Machbaren verschoben in Richtung ungesetzliche Überwachungen und Einschränkungen demokratischer Rechte im Bereich Versammlungsfreiheit, Demonstrationsrecht, Meinungsäußerung und Pressefreiheit. Wenn Gesetzesverletzungen von Verfassungsschutz und Polizei nicht vom Justizsystem geahndet werden weil die Verzahnung von Justiz und Polizei zu eng ist, dann entsteht eine tendenziell strafrechtsfreie Macht im Staat. Schlimmer noch, damit die Aushöhlung demokratischer Rechte ungestörter erfolgen kann werden die passenden Gesetze zur undemokratischen Praxis nachgeschoben. Wenn sich nun in diesem Bereich und den flankierenden Innenministerien Personen tummeln, die grundgesetzlich geschützte Freiheiten eher für gefährliche Freiräume halten, dann entsteht ein Konglomerat verfassungsfeindlicher Strukturen innerhalb der Bereiche die ironischerweise auch noch vorgeben, die Ordnung und die Verfassung schützen zu wollen.
Wer unsoziale, menschenfeindliche Politik betreibt muß offensichtlich auch Vorsorge treffen gegen zu erwartende Proteste und Widerstand, d.h. Überwachung und Repressionsapparat müssen ausgebaut werden. Dieses Vorgehenorientiert sich nicht am Gesellschaftsmodell einer freiheitlicher Demokratie sondern trägt den Keim eines totalitären Regimes in sich.
Diese Kräfte gilt es massiver einzuschränken als bisher. Es fehlen Menschen bei Polizei und Justiz, die eine positive Vorstellung von der Freiheit in einer Demokratie haben und diese verteidigen.

 

Gesammelte Pressemitteilungen zu Verfassungsschutz gegen Göttinger Journalist

Pressemitteilung der Anti-Atom-Initiative Göttingen 13.10.11
zur Bespitzelung eines Journalisten durch den Verfassungsschutz

(...) Und was
hat der Überwachte staatsgefährdend getan? Dazu schreibt der Verfassungsschutz in seinem Bericht: „Am 19. März 2011 war Ihr Mandant, aufgrund der Ereignisse in Japan, Teilnehmer einer Anti-Atom-Demonstration in Göttingen.“ (Taz 10.10.2011) Zumindest haben die zuständigen Beamten ermitteln können, warum eine Anti-Atom Demo stattgefunden hat. Wurden auch gegen die anderen tausend Teilnehmer/innen nachrichtendienstliche Maßnahmen ergriffen? Was war mit den Journalisten der Printmedien, was mit dem NDR-Fernsehteam? An dieser Demo nahmen viele ältere Menschen, Familien, Schüler/innen und Studierende teil. Das sind jetzt alles potentielle Staatsfeinde, nur weil der Göttinger Polizei mit dem schwarzen Block das Feindbild abhanden gekommen ist? Für den gesunden Menschenverstand, für die vielen tausend Demonstrant/innen gegen die Atomkraft war nur zu deutlich, dass Atomkraftwerke nicht nur in Japan die körperliche Unversehrtheit des Menschen, ein hohes Grundrecht, eklatant gefährden. Wenn sich der Verfassungsschutz langweilt, kann er sich gerne mit der Atomlobby beschäftigen, die unser aller Gesundheit dauerhaft gefährdet. Stattdessen werden verdeckt Staatsschutzbeamte bzw. Zivilpolizisten auf angemeldeten friedlichen Veranstaltungen eingesetzt. So geschehen bei Demonstration gegen das Güterverkehrszentrum sowie bei den Anti-Atom-Mahnwachen. Bei Letzteren wurde dies auf unsere Nachfrage von der immer massiver auftretenden Polizei bestätigt. Friedliche Proteste werden so kriminalisiert, interessierte Menschen abgeschreckt. Es ist erfreulich zu sehen, dass sich seit längerem auch die bürgerliche Presse, trotz scharfen Gegenwinds durch die Polizei, sehr kritisch mit der Thematik beschäftigt. Wir sehen uns in der Verantwortung, die Grundrechte von Teilnehmer/innen auf von uns organisierten Demonstrationen, wie der am 19. März 2011, zu schützen. Diese Rechte sind in der Verfassung garantiert. Diese Erklärung der Anti-Atom-Initiative Göttingen unterschreiben einige von uns mit ihrem Namen, um ein deutliches Zeichen zu setzten: Wir lassen uns nicht einschüchtern! Solidarität mit dem Betroffenen! Wo Recht zu Unrecht wird, ist der Widerstand unsere Pflicht! Anti-Atom-Initiative Göttingen, Annette Ramaswamy, Ute Simmerling, Dirk Glowatz.

Pressemitteilung DieGrünen 12.10.11
Journalisten-Bespitzelung durch Verfassungsschutz - Grüne fordern Rücktritt von Polizeipräsident Kruse und Verfassungsschutzchef Wargel

Am 10. Oktober 2011 ist in der Presse bekannt geworden, dass der Niedersächsische Verfassungsschutz den Göttinger Journalisten Kai Budler seit dem Jahr 2000 beobachten lässt. Seine Informationenbekommt der VS dabei u.a. von der Göttinger Polizei, die ihrerseits jedoch vorgibt, keine personenbezogenen Daten über Budler zu sammeln. Verdächtig gemacht hat sich der Journalist anscheinend dadurch, dass er „für das Stadtradio arbeitet“ und einige Demonstrationen in Göttingen zur Berichterstattung besucht hatte."Anscheinend ist journalistische Arbeit der freien Presse für die Göttinger Polizei und den Niedersächsischen VS jetzt verdächtig", fasst Hans-Georg-Schwedhelm, Sprecher des Kreisvorstand von Bündnis 90 / DIE GRÜNEN das absurde Rechtsstaatsverständnis der Sicherheitsbehörden zusammen. BÜNDNIS90 / DIE GRÜNEN Göttingen verurteilen die Überwachung der freien Presse in Göttingen durch den Inlandsgeheimdienst auf das Schärfste! Einen entsprechenden einstimmigen Beschluss fasste die Mitglieder des Göttinger Kreisverbandes am vergangenen Dienstag. Dass Informationen, von denen die Göttinger Polizei gar nichts wissen will, von ihr an den VS weitergegeben wurden, ist vor dem Hintergrundeiner problematischen Verzahnung zwischen Göttinger Polizei und Nds.VS nicht besonders überraschend. Der ehemalige Göttinger Polizeipräsident, Hans-Werner Wargel wechselte ohne weiteres in die Leitung des Niedersächsischen Verfassungsschutzes. Ersetzt wurde er durch Robert Kruse, der seinen beruflichen Werdegang bis dahin beim Verfassungsschutz begangen hatte. Eine demokratische Gesellschaft darf sich niemals willkürlich von Polizei und Geheimdienst kontrollieren lassen. "Leider sehen wir hier nur die Spitze des Eisberges eines sehr problematischen Umgangs von staatlichen Ermittlungs- und Überwachungsbehörden mit demokratischen Grundsätzen", meint Ute Haferburg, Sprecherin des Kreisvorstandes. "Innenminister Schünemann und die lokalen Behördenleiter Wargel und Kruse müssen die Konsequenzen ziehen und von ihren Ämtern zurücktreten".

Erklärung des Stadtradio-Vorstands 11.10.11
Der Vorstand des Vereins für Medienkultur Südniedersachsen e.V. (als Trägerverein des StadtRadio Göttingen 107,eins) unterstützt die Klage des im StadtRadio Göttingen beschäftigten Redakteurs Kai Budler beim Verwaltungsgericht Göttingen, mit der das niedersächsische Innenministerium angewiesen werden soll, vollständige Auskunft über die in der Behörde gespeicherten personenbezogenen Daten des StadtRadio-Mitarbeiters zu erteilen. Ein Auskunftsersuchen Kai Budlers hat ans Licht gebracht, dass die Göttinger Polizei dem niedersächsischen Innenministerium seine Beschäftigung beim StadtRadio Göttingen als „Erkenntnis“ mitgeteilt hat. Ebenso wurde seine Teilnahme an Demonstrationen zur Berichterstattung in seiner Eigenschaft als Journalist übermittelt. Der Vorstand des Vereins für Medienkultur Südniedersachsen e.V. betrachtet eine derartige Überwachung als einen Angriff auf die grundgesetzlich garantierte Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Dem Vorstand des Vereins für Medienkultur Südniedersachsen e.V. drängt sich die Frage auf, ob Polizei und Verfassungsschutz keine anderen Aufgaben haben.

Pressemitteilung Partei DieLinke Göttingen 11.10.11
Göttinger Linke entsetzt über Verfolgung eines Journalisten durch Verfassungsschutz
Die Praktiken des Niedersächsischen Verfassungsschutzes werden immer dubioser. Während sich der Skandal des Staatstrojaners bundesweit ausbreitet und damit auch das Gefühl von zunehmend illegaler, verfassungswidriger Überwachung, hat auch Göttingen sein nächstes Beispiel undemokratischer Observierungspraktiken durch den Niedersächsischen Verfassungsschutz. Dass wir LINKEN unter permanenter Beobachtung stehen ist weder für uns noch die Öffentlichkeit neu. Falsch und ehrverletzend ist und bleibt es dennoch. Dr. Eckhard Fascher (Sprecher im Sprecher/innenkreis des Kreisverbandes der Linken in Göttingen): “Auch Genossen aus unseren Reihen werden immer wieder bespitzelt und in diffamierender Weise in den Berichten des Verfassungsschutzes erwähnt, insbesondere Patrick Humke (MdL) bekommt die ungerechtfertigte Verfolgung durch den Verfassungsschutz seit Jahren zu spüren.“ Dass bestimmte Berufsgruppen, darunter auch Journalisten „abgeschöpft“ werden und man versucht, sie einzuschüchtern ist eigentlich auch kein Geheimnis. Das belegen vor Ort der Umgang des Verfassungsschutzes mit der Internetinformationsseite „goest“ und aktuell das Aufdecken der jahrelangen Beobachtung des Mitarbeiters des Stadtradios Kai Budler. Kreisverband, Kreistagsfraktion und Ratsfraktion der LINKEN bekunden ihre Solidarität mit Kai Budler und fordern die sofortige Einstellung seiner Observation, die Löschung sämtlicher Eintragung und eine Entschuldigung durch die Spitze des VS. „Die Ausspähung und Bespitzelung von kritischen Bürger/innen hat aus meiner Sicht längst demokratiegefährdende und –feindliche Formen angenommen. Statt zum Schutze der Verfassung beizutragen ist man dabei, diese offen zu unterminieren, “ so Gerd Nier, künftiger Fraktionsvorsitzender der Ratsfraktion Göttinger LINKE.

Pressemitteilung Stefan Wenzel MdL Die Grünen 11.10.11
Verfassungsschutz überschreitet rechtliche Grenzen

Grüne wollen Aufklärung über Spitzelei beim Stadtradio in Göttingen Als unerträglich bezeichnete der Göttinger Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Stefan Wenzel, dass ein Journalist des Göttinger Stadtradios über 14 Jahre vom Verfassungsschutz bespitzelt wurde. Mehr als befremdlich sei zudem, dass Bundes- und Landeskriminalamt zuvor mitgeteilt hatten, dass über den Journalisten "keinerlei personenbezogene Daten" gespeichert worden seien. Offenbar wollte man den Journalisten über Umfang, Ausmaß und Dauer der Spitzelei täuschen. Wenzel bezeichnete die jahrelange Beobachtung als Angriff auf die Pressefreiheit. "Der Wesensgehalt des Grundrechts auf Pressefreiheit wird verletzt, wenn Journalisten in dieser Form von staatlichen Organen verfolgt werden", sagte er. Wenzel forderte vom niedersächsischen Innenminister vollständige Aufklärung und kündigte eine parlamentarische Anfrage seiner Fraktion an. Die Pressefreiheit sei zentraler Eckpfeiler einer freiheitlichen Demokratie.

Pressemitteilung Rechtsanwalt Sven Adam 10.10.2011
Göttinger Journalist im Visier des Nds. Verfassungsschutzes

Wer in Göttingen als Journalist seinem Beruf nachgeht und über Demonstrationen in der Universitätsstadt berichtet, kann schnell ins Visier des niedersächsischen Verfassungsschutzes (VS) geraten. So ist es einem 43-jährigen Hörfunkredakteur ergangen, dessen journalistische Tätigkeiten ihm jetzt als Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörde präsentiert wurden. Auch seine Beschäftigung bei einem Göttinger Lokalradio war der Polizei eine Übermittlung an den VS wert. Im Auftrag des Journalisten hat Rechtsanwalt Sven Adam jetzt Klage beim Verwaltungsgericht Göttingen eingereicht. Dem voraus gegangen war ein Auskunftsersuchen des Redakteurs nach dem skandalösen Vorgehen der Polizei in Dresden während einer Neonazi-Demonstration im Februar 2011, die der Redakteur begleitet hatte. Die Dresdner Polizei hatte bei mehreren Funkzellen-Abfragen die Daten von rund einer Million Mobiltelefonaten erfasst. Angesichts dieses „Handygate“ sprach der sächsische Datenschutzbeauftragte von einem unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte – gerade von Journalisten und Anwälten. Nach dem Auskunftsersuchen bei verschiedenen Behörden teilte der niedersächsische Verfassungsschutz nun unter anderem mit, der 43-jährige arbeite seit dem Jahr 2000 bei dem Lokalradio und habe an drei Demonstrationen in Göttingen teilgenommen. Für Rechtsanwalt Adam ein alarmierendes Signal: „Die Behörde macht aus der journalistischen Begleitung eine offenbar staatsgefährdende Teilnahme an legalen und angemeldeten Demonstrationen. Dies führt dazu, dass die angeblichen 'Erkenntnisse' über meinen Mandanten jedes Mal erweitert werden, wenn er seiner beruflichen Pflicht nachgeht und über Demonstrationen berichtet“. Die als „Erkenntnisse der Polizei“ präsentierte Beschäftigung des Mannes bei dem Lokalradio zeugt zumal von einem zweifelhaften Verständnis der Göttinger Polizei, wenn es um den Beruf des Journalisten geht. Immerhin hat sie die Einträge offensichtlich zu verantworten. „Der „schützenswerte Beruf“, als den der Bundestag den Journalismus vor rund 30 Jahren eingestuft hatte, ist hier offenbar ein Fremdwort“, so Adam. Er kritisiert außerdem die unvollständige Antwort des Verfassungsschutzes, in der die Behörde eine weitere Einsicht in die personenbezogenen Daten seines Mandanten verweigert. Aus diesem Grund ist jetzt der Niedersächsische Landesbeauftragte für den Datenschutz eingeschaltet worden. „Mit einer Verpflichtungsklage habe ich zusätzlich rechtliche Schritte eingeleitet, damit mein Mandant endlich erfährt, welche angeblichen 'Erkenntnisse' der VS noch für ihn bereithält Außerdem muss sich die Behörde vor Gericht nun für die mehr als 14-jährige Überwachung meines Mandanten verantworten“.

Pressemitteilung Verdi Göttingen 10.10.11
Verfassungsschutz bespitzelt Göttinger Journalisten
Ein Göttinger Journalist wird durch die Ausübung seines Berufs zur Zielscheibe des Verfassungsschutzes (VS). Ein eingeschränkter Einblick in die Verfassungsschutzakte zeigt, dass die Göttinger Polizei das Beschäftigungsverhältnis des Journalisten beim Göttinger Lokalradio selbst als „Erkenntnis“ dem Verfassungsschutz meldet und der Verfassungsschutz Buch führt über die Demonstrationen an denen er als Journalist teilnimmt. Dieses skandalöse Vorgehen der Göttinger Polizei und des Verfassungsschutzes kam ans Tageslicht, nachdem der Redakteur ein Auskunftsersuchen bei verschiedenen Behörden gestellt hatte. Anlass hierzu war das Vorgehen der Staatsanwaltschaft Dresden und des sächsischen Landeskriminalamtes im Februar 2011. Damals hatten die Staatsanwaltschaft und das LKA bei einer Demonstration gegen eine Neonazi-Veranstaltung die Daten von rund einer Million Mobiltelefonaten erfasst. Angesichts dieses „Handygate“ sprach der sächsische Datenschutzbeauftragte von einem unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte. In Reaktion auf das Auskunftsersuchen teilte der niedersächsische Verfassungsschutz nun mit, dass der VS die „Erkenntnis“ hätte, dass der 43-jährige seit dem Jahr 2000 bei dem Lokalradio arbeite und an drei Demonstrationen in Göttingen teilgenommen habe. Für die Gewerkschaft ver.di ein alarmierendes Signal: „Die Beschäftigung unseres Kollegen beim Lokalradio als „polizeiliche Erkenntnis“ zu präsentieren ist ein ungeheuerlicher Vorgang. Dass der Journalismus vom Bundestag als ein besonders „schützenswerter Beruf“ eingestuft wurde, ist bei der Göttingen Polizei offenbar unbekannt. Dass nun die Ausübung seines Berufs für den Kollegen zu ständig erweiterten Einträgen in einer Verfassungsschutzakte führt, weckt ungute Erinnerungen an längst vergangene Zeiten. Solch eine Überwachung eines Journalisten bei der Arbeit bedroht die Pressefreiheit und ist absolut inakzeptabel“ so Patrick von Brandt, Gewerkschaftssekretär bei ver.di in Göttingen.

>>NDR Fernsehen zu Kai Budler 10.10.11
>>Hannoversche Allgemeine Zeitung 11.10.11
>>Hamburger Abendblatt 10.10.11
>>Die Tageszeitung taz 10.10.11
>>Weserkurier 10.10.11
>>BILD-Zeitung
10.10.11
>>Göttinger Tageblatt 10.10.11

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