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Krebsfälle in Groß-Schneen

Untersuchung zu den Krebsfällen fragwürdig

7.2.13 / Auf die Frage einer Einwohnerin "Hat man auch mal die verschiedenen Arten der Krebsfälle berücksichtigt und auf besondere Häufung hin geprüft?" wurde seitens der Untersuchungskommission geantwortet "Nein". Dies wurde damit begründet, dass die Zahl der Krebsfälle insgesamt nicht höher als erwartet gewesen seien, deshalb habe sich das erübrigt. Das ist mit nichten der Fall! Dies soll am Beispiel einer Untersuchung von Krebsfällen in der Samtgemeinde Asse (Atommülllager) erläutert werden. Das epidemilogische Krebsregister Niedersachsen hat z.B. die Samtgemeinde Asse untersucht und zunächst festgestellt "die Häufigkeit von Krebsneuerkrankungen insgesamt (C00-C97 ohne C44) ist in der SG Asse unauffällig." Gleichzeit wurde aber "für den Diagnosezeitraum 2002 bis 2009 eine signifikant erhöhte Zahl von Krebsneuerkrankungen für Leukämien (C91-C95) und Schilddrüsenkrebs (C73) festgestellt. Auch die Sterblichkeit an Leukämien ist in der SG Asse auffällig erhöht." (Quelle) In Friedland hat man sich mit der Zahl der Krebsfälle insgesamt begnügt. Bei der SG Asse hat erst die Differenzierung nach Krebsarten die Möglichkeit ergeben, eine mögliche Wirkung radioaktiver Substanzen als Ursache für typische Krebserkrankungen der Schilddrüse (radioaktives Jod) und Leukämie in die Diskussion zu bringen.
In Friedland war eine besondere Häufung von Bauschspeicheldrüsenkrebs zu finden, In einer NDR-Meldung vom 23.11.12 wird Elke Bruns-Phillips vom Krebsregister beim Landesgesundheitsamt in Hannover zitiert, sie "findet es auffällig, dass allein in einer Straße fünf Menschen an Bauspeicheldrüsenkrebs erkrankt oder bereits verstorben sein sollen. "Da würde ich denken, da guckt man nach", sagte sie NDR 1 Niedersachsen.

 

Publikumsveranstaltung der Krebs-Untersuchungs-Kommission

29.1.13 / Überbringer einer schlechten Nachricht wurden in der Antike des öfteren geköpft. Ursache und Bote wurden als Einheit empfunden. Von der Bekämpfung der schlechten Nachricht erhofft man sich die Beseitigung des Übels.

Statistik des Hinweisgebers:
52 Bewohner an Krebs erkrankt, 27 davon verstorben.
"Fast alle lebten in einem Wohngebiet in der Hauptwindrichtung eines Betriebs der Metallschilder herstellt und dabei mit Trichlorethen arbeitet."


Publikum bei der Veranstaltung in Groß-Schneen am 28.1.13

Der gute Mann, der sich Sorgen um die Gesundheit seiner MitbürgerInnen in Groß Schneen und Aufzeichnungen über häufige Krebsfälle in der Nähe zu einer Firma gemacht hatte, wird wohl bei einem Großteil der Gemeinde nicht mehr auf viel Sympathie stossen. Die Infoveranstaltung am 28.1.13 in Groß-Schneen zeigte bei der Mehrheit der ca. 250 Personen das Bedürfniss nach einem kollektiven Verdrängungsprozess. Symptomatisch dafür war folgende Situation: Ein Mann rief ins Publikum "Ich habe 13 Jahre in der Firma gearbeitet. Ich habe kein Krebs.". Daraufhin folgte starker Applaus.
Die Situation erinnert an ein typisches Problem in Katastrophenfilmen: sei es der Weiße Hai oder ein drohender Vulkanausbruch, da gibt es dann immer einen, der wirtschaftliche Nachteile von einer öffentlichen Information über Bedrohungen erwartet und deshalb abwiegelt. Die wirtschaftlichen Nachteile in Groß Schneen wären bei einer Schließung der Firma verlorene Arbeitsplätze und Gewerbesteuereinnahmen, zum anderen aber ein Wertverlust der Eigenheime in der Umgebung. Ausserdem wäre die Gewissheit, dass man sich in dem ersparten Eigenheim gesundheitlich gefährdet, es aber nur mit hohem Wertverlust verkaufen kann etwas, was man nur allzugerne vermeiden möchte.
Nachtrag 7.2.13: Ein anderer wichtiger Aspekt ist der allzu verständliche Versuch, sich psychisch zu entlasten indem man eine mögliche Gefahr herunterspielt und aus dem Bewußtsein verdrängen möchte. Wer dagegen beharrlich weiterhin Gegenargumente ins Feld führt wird irgendwann die Aggression der Gar-nicht-die-Wahrheit-Wissen- Wollenden auf sich ziehen.


Podium von links: Dr. Suchenwirth (NLGA), Wemheuer (Landkreis), Schomaker (Gewerbeaufsicht), Hoopmann (NLGA), Dr. Mayr Gesundheitsamt Göttingen, Friedrich (Bürgermeister Friedland), Ortsbürgermeister Zeuner, Schaleit-Beck (Stadt Göttingen),

Nun hat ein vorwiegend auf statistischen Methoden herumreitender Vertreter des Landesgesundheitsamtes, Michael Hoopmann (Umweltepidemiologe) auf der Veranstaltung dargelegt, dass die Zahl der Krebserkrankungen nicht auffällig hoch sei. Das >>Verfahren mit dem er zu dieser Erkenntnis kommt ist auf einer Webseite des Landesgesundheitsamtes beschrieben.

Seine Behauptung lautete: "Bislang gibt es keinen Hinweis, dass in Groß Schneen in den letzten Jahren Krebserkrankungen gehäuft aufgetreten sind." und "Die Ende 2012 berichtete "deutliche Krebshäufung" basiert auf unzutreffenden Fallzuordnungen und Berechnungen. Bislang liegt kein Hinweis auf eine außergewöhnliche Häufung von Krebserkrankungen in Groß Schneen vor. Die aktuellen Zahlen verweisen auf eine durchschnittliche Häufigkeit von Krebsfällen in Groß Schneen, speziell auch in den nordöstlichen Wohngebieten." "Kritische Werte" oder Schwellenwerte, ab denen von einer statistischen Auffälligkeit gesprochen werden kann ("signifikant" zum 5%-Niveau): Untersuchungsgebiet ab 52" (>>Vortragstext / Folien, Hoopmann)

Bei einer Nachfrage aus dem Publikum konnte man aber meinen, dass hier nicht genau genug gearbeitet wurde. Die Frage lautete "Hat man auch mal die verschiedenen Arten der Krebsfälle berücksichtigt und auf besondere Häufung hin geprüft?" Antwort "Nein", weil die Zahl der Krebsfälle insgesamt nicht höher als erwartet gewesen seien, habe man das auch nicht gebraucht.

Bauchspeicheldrüsenkrebsfälle Hinweis auf Chrom?
In einer NDR-Meldung vom 23.11.12 wird Elke Bruns-Phillips vom Krebsregister beim Landesgesundheitsamt in Hannover zitiert, sie "findet es auffällig, dass allein in einer Straße fünf Menschen an Bauspeicheldrüsenkrebs erkrankt oder bereits verstorben sein sollen. "Da würde ich denken, da guckt man nach", sagte sie NDR 1 Niedersachsen. Denn Bauspeicheldrüsenkrebs entstehe häufig in der Nähe zu chemischer Industrie.".
Im >>Krebsinformationsdienst heißt es u.a. "Auch manche Chemikalien können das Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs erhöhen. Zu diesen gehören zum Beispiel Schädlingsbekämpfungsmittel, Unkrautvernichtungsmittel oder Antipilzmittel, weiter sogenannte chlorierte Kohlenwasserstoffe sowie Chrom und Chromverbindungen." Neben der Frage von Lösungsmittel (Trichlorethen) wäre die in der infrage stehenden Firma Arbeit mit "chromatiertem Aluminium" zu prüfen. Sollten z.B. Cr(VI)-Verbindungen dort verwendet worden sein, so ist zu bedenken, sie sind "äußerst giftig. Sie sind mutagen und schädigen die DNA. Sie gelangen über die Atemwege in den Körper und schädigen das Lungengewebe. Menschen, die chronisch solchen Verbindungen ausgesetzt sind, haben ein erhöhtes Risiko für Lungenkrebs." (Wikipedia)

Eine Nachfrage von goest bei der Staatsanwaltschaft am 4.12.12, ob Bodenproben auch auf Chrom hin untersucht würden, wurde beantwortet mit: "die Bodenproben werden vollumfänglich untersucht im Hinblick auf alle Stoffe, die in dem Betrieb verwendet werden oder wurden, soweit diese im Verdacht stehen, für Krebserkrankungen ursächlich sein zu können." Genaueres ist aber nicht bekannt

Das Gesundheitsamt Göttingen, dessen Vertreter Dr. Mayr einen sehr vertrauenswürdigen Eindruck machte bittet die Bevölkerung weiterhin um Mithilfe und schreibt:

"Die aktuelle Fall-Liste ist möglicherweise noch nicht vollständig. Zur sicheren Vervollständigung der Liste möchten wir alle Bewohnerinnen & Bewohner des Untersuchungsgebietes bitten, sich bis Ende Februar 2013 im Gesundheitsamt zu melden, wenn Sie noch nicht von der Polizei befragt worden sind Sie bei der Befragung durch die Polizei keine Angaben gemacht haben und bei Ihnen in den letzten 20 Jahren eine Krebserkrankung festgestellt worden ist , oder Sie unmittelbarer Angehöriger eines Verstorbenen aus dem Untersuchungsgebiet sind, bei dem nach 1992 eine Krebserkrankung festgestellt worden ist. Das Gesundheitsamt würde dann die standardisierte Befragung telefonisch durchführen (Tel. 0551/400-4807)"

Dies ist umso wichtiger als eine Frau aus dem Publikum darauf hinwies, dass die Fragebögen gar nicht flächendeckend verteilt worden seien. Und die Aushändigungsversuche durch die Polizei erfolgte um die Mittagszeit, wo sie Berufstätige nicht erreicht hätten.

Zu den toxikoloschen Untersuchungen berichtete der vereidigte Sachverständige Dr. Rainer Hartmann >>Gesellschaft für angewandte Biologie & Geologie mbH, Göttingen . Er berichtete zwar über Untersuchungen zu Trichlorethylen, nach Chromverbindungen wurde anscheinend nicht gesucht. Zu diesen Untersuchungsergebnissen hätte man gerne die Gutachten einsehen mögen.


Publikum bei der Veranstaltung in Groß-Schneen am 28.1.13

Am 18.1.13 meldet die Stadt Göttingen, die Staatsanwaltschaft Göttingen habe "ihre Ermittlungen wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung, fahrlässigen Körperverletzung u.a. Umweltstraftaten eingestellt, da sich nach den inzwischen ermittelten Fakten und dem Ergebnis der Sachverständigengutachten keine Anhaltspunkte für einen unsachgemäßen Umgang der beschuldigten Firma mit dem Lösungsmittel Trichlorethen oder anderen Gefahrstoffen ergeben haben."

 

Häufung von Krebsfällen in der Umgebung einer Firma

Die Situation im November 2012

29.11.12 / In Friedland Ortsteil Groß Schneen sind einem Biologen die vielen Krebsfälle im Ortsteil aufgefallen und er hat angefangen nachzuforschen. In den letzten 50 Jahren handelt es sich in einem relativ kleinen Ort um 50 Krebsfälle. Er hat mit den Leuten gesprochen und auf einer Karte ihre Wohnung eingezeichnet. Heraus kam eine Häufung rund um einen Betrieb. Es besteht die Vermutung, dass ein Zusammenhang mit krebserregenden Materialien dieses metallverarbeitenden Betriebes besteht. Der NDR zeigt in einem Film das Werksgebäude einer Firma (>>Video) . Die Staatsanwaltschaft Göttingen hält einen Anfangsverdacht auf eine Straftat für gegeben und ermittelt gegen diese Firma. Bislang richtet sich der Verdacht vor allem gegen die Verwendung von Trichlorethylen.

Trichlorethen (Trivialname: Trichlorethylen, Trichlor, Tri) ist eine farblose, klare Flüssigkeit. Sie riecht nach Chloroform und ist unentzündlich. Sie wirkt als starkes Lösungsmittel und wurde deshalb früher in Formen- und Walzenwaschmitteln in der Druckindustrie und in metallverarbeitenden Betrieben als Teilereinigungsmittel eingesetzt. Trichlorethen ist gesundheitsschädlich ... Es wurde von der MAK-Kommission als krebserzeugend (vor allem Nierenkrebs) (...) eingestuft.
Einem Bericht der HNA vom 23.11.12 heisst es "Das Lösungsmittel Trichlorethylen war in dem Lackier-Betrieb bis 1999 im Einsatz. Seitdem wird ein anderes Verfahren eingesetzt."

Bürgermeister Friedrichs bezweifelt die Krebsfälle
Friedlands "Bürgermeister Andreas Friedrichs (SPD) bezweifelte die angebliche Häufung von Krebserkrankungen in der Umgebung der Lackiererei. "Davon hätte ich mit Sicherheit erfahren", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Das angezeigte Unternehmen habe zudem noch nie für negative Schlagzeilen gesorgt." Neue Presse 22.11.12. Friedlands Bürgermeister Friedrichs ist bereits schon einmal aufgefallen, als er mit allen Mitteln eine Asphaltmischanlage in Deiderode gegen den Willen der BürgerInnen durchsetzen wollte. Der Widerstand zwang ihn damals, das Projekt aufzugeben (siehe >goest-Artikel hierzu) Friedrichs selbst wohnt nicht direkt in der Umgebung des in Frage stehenden Betriebes in Groß Schneen, sondern ca. 4 km entfernt in Ballenhausen.

Das Gesundheitsamt Stadt und Landkreis Göttingen teilte am 23.11.12 mit, dass es "bislang in das Verfahren wegen der Beobachtungen in Groß Schneen nicht eingebunden war" und werde "das EKN um eine Beurteilung der Sachlage sowie um die Berechnung von Erwartungswerten für Krebserkrankungen bitten. Außerdem werden derzeit im Gesundheitsamt die Todesbescheinigungen der vergangenen Jahre aus diesem Bereich hinsichtlich von Hinweisen auf Krebserkrankungen analysiert. Schließlich bemüht sich das Amt um die Kontaktaufnahme mit dem in Groß Schneen wohnhaften Biologen, der die Häufung von Krebsfällen in einer Liste zusammengefasst hat."

Untersuchungen Dezember 2012
4.12.12 / In einer Pressemitteilung der Stadt Göttingen vom 4.12.12 werden die bisherigen Informationen als nicht gesicherte "Mutmassliche Häufung von Krebserkrankungen in Gross Schneen" und "mögliche Krebshäufung" bezeichnet. Dies korrespondiert mit der Reaktion des Friedländer Bürgermeisters, der die Sache versuchte herunterzuspielen. Dass nicht nur "Mutmaßungen" vorliegen zeigt die Tatsache, dass sich am 28.11.12 Vertreter des Sozialministeriums, des Landesgesundheitsamtes (NLGA) sowie des Epidemiologischen Krebsregisters (alle aus Niedersachsen) und des Gesundheitsamtes Göttingen getroffen haben, um den fundierten Hinweisen eines Biologen nachzugehen."Die Todesbescheinigungen seit dem 01.01.1992 aus dem Ortsteil Groß Schneen wurden im Gesundheitsamt durchgesehen. "Es wurden die Todesbescheinigungen herausgesucht und gezählt, bei denen entweder in der Todesursache oder in der Epikrise [Krankenberichte] Erkrankungen im Zusammenhang mit Krebs aufgeführt sind." Das Landesgesundheitsamt NLGA will diese Daten mit "umweltepidemiologischen Berechnungen" bewerten. Die Staatsanwaltschaft wird auf der Grundlage eines detaillierten Befragungsbogens vom 4.12.-7.12.12 alle Erkrankten bzw. der Angehörigen von an Krebs erkrankten Menschen befragen. Weiter heißt es: "Die Ergebnisse der durchgeführten Boden-Luftproben liegen vermutlich bis Ende des Jahres 2012 vor. Aktuell steht die staatsanwaltschaftliche Ermittlungsarbeit im Vordergrund. Bürgeranfragen werden unterdessen sowohl telefonisch als auch per E-Mail laufend und so umfassend wie unter Berücksichtigung der staatsanwaltschaftlichen Vorgaben möglich vom Fachbereich Gesundheitsamt für die Stadt und den Landkreis Göttingen beantwortet." "Ein Sprecher des Sozialministeriums gab am Freitag [23.11.] bekannt, dass eine Experten-Gruppe nach den Ursachen forschen soll. (...). Seither laufen die Ermittlungen in dem Fall. Ermittler der Staatsanwaltschaft hatten am Mittwoch bei der Durchsuchung des Firmengeländes der Lackiererei Unterlagen wie Bestelllisten und Entsorgungsnachweise sichergestellt. Außerdem seien Bodenproben genommen worden, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft". (europaticker 25.11.12)

Stadt Göttingen 13.12.12.: Im Vordergrund der Arbeit der sogenannten „Expertengruppe Groß Schneen“, die am Donnerstag, 13. Dezember 2012, in Hannover zusammengetroffen ist, steht momentan die Vervollständigung der Fallliste. Dazu werden auch die Fragebögen der durch die Staatsanwaltschaft durchgeführten Befragung im Landesgesundheitsamt ausgewertet. Die Expertengruppe, in der das Niedersächsische Sozialministerium, das Niedersächsische Landesgesundheitsamt, das Epidemiologische Krebsregister und der Fachbereich Gesundheitsamt für Stadt und Landkreis Göttingen vertreten sind, wird zur Beurteilung einen Zeitraum von 20 Jahren betrachten. Möglich ist aber, dass unter Berücksichtigung der Vollständigkeit der Daten belastbare Aussagen nur für einen kürzeren Zeitraum von ca. 10 Jahren getroffen werden können.