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Neuer Studi-Ausweis
An der Uni wird ein neuer Studienausweis eingeführt. Das Ding ist ungefähr das,
wogegen sich die ganze Datenschutzdebatte der Achtziger Jahre gerichtet hatte. Einerseits
werden damit bisher bezahlte Arbeit in elektronische Selbstbedienung umgewandelt,
andererseits kann die Uni damit besser überwacht werden (Schließlich haben einige Al
Kaida Leute ja auch in Hamburg studiert könnte sich jemand gedacht haben).
Mithilfe von Zugangskontrollsystemen kann man auch mal unerwünschten Leuten den Zugang zu
beliebigen Einrichtungen verwehren. Z.B. könnte man die Meinung
"Sozialwissenschaftler haben einfach nichts in der Norduni verloren" mittels
Zugangssperren umsetzen.
Die Ausweis-Chipkarte wird zum Sommersemester 2004 eingeführt und ersetzt ab
Wintersemester 2004/2005 den bisherigen Studienausweis. Bei dem Studienausweis handelt es
sich zunächst um einen Sichtausweis mit Daten über Fakultät, Porträtfoto, Name,
Matrikelnummer, Gültigkeitszeitraum auf der Vorderseite und den Barcode für die SUB
sowie die Unterschrift auf der Rückseite.
Darüberhinaus ist auf der Karte aber auch ein Chip, dessen Daten kontaktlos gelesen
werden können. Also vermutlich die so genannte RFID-Technik (Radio Frequency
Identification) bei der mittels Radiofrequenzen die Datensätze des Studentenausweises
kontaktlos zu lesen sind. D.h. man kann den Ausweis in der Hosentasche behalten und er
kann trotzdem gelesen werden, wenn man an einem Lesegerät vorbeigeht. Man sagt, man
müßte auf 10 cm ans Lesegerät heran - wer garantiert, dass es nicht auch mit 1 Meter
geht?
Die Unileitung behauptet zwar "Der Datenschutzbeauftragte hat das
Studienausweisprojekt begutachtet. Die Auflagen des Datenschutzes sind erfüllt."
aber wenn sie damit den universitären Datenschutzbeauftragten meinen, der ist ja eh der
EDV-Abteilung unterstellt, die das Ding einführt, was soll man da erwarten - das ist so
als wenn man Dracula als Bewacher einer Blutbank einsetzt. Solche Ausweis-Systeme sind
regelrechte Daten-Staubsauger, die jede Menge personenbezogene Daten produzieren
können und letztlich auch Nutzerprofile erlauben.
Funktionen des Ausweises
Zugangskontrolle Als erstes wird der Ausweis auch für die Kontrolle der
Zutrittsberechtigung für den Hochschulsport sowie in den Fakultäten für Physik,
Biologie und Medizin eingesetzt. Mit Beginn des Sommersemesters 2004 führt der
Hochschulsport Göttingen eine generelle Nutzungsgebühr ein. Das Semesterticket ist
gekoppelt mit dem neuen digitalen Studentenausweis der Universität Göttingen. Die Kontrolle der Zugangsberechtigung erfolgt mittels Drehsperren
in den zentralen Eingängen des Sportzentrums.
Dadurch lässt sich technisch auch eine Zugangsselektion einprogrammieren. Durch Sperrung
von Zugängen für eine Matrikel.Nummer wird der/die betreffende Studierende an den
Zugangskontroll-Automaten zurückgewiesen. Das läßt sich auch geschwind für ganze
Gruppen durchführen.
Die Studierenden übernehmen Arbeiten der Angestellten aus dem Studentensekretariat
und tragen zum Abbau von Arbeitsplätzen in der Uni bei
Folgende Arbeiten werden in Selbstbedienung von den Studierenden übernommen:
Ausdruck von Studienbescheinigungen
Bescheinigungen für Rente, BAFÖG
Bescheinigung ´über Immatrikulation, Exmatrikulation
Studienzeitbescheinigung
Adressdaten aktualisieren
Rückmeldungen ab Juli 2004 in Selbstbedienung nöglich: durch Auslösung eines
Lastschriftverfahrens kann der Semesterbeitrag vom Konto abgebucht und der Studierende
automatisch rückgemeldet werden.
Wie beim Online-Banking werden zur Online-Selbstbedienung mit der Chipkarte zusammen PIN
und TANs vergeben.
Geplante weitere Kartenfunktionen sind: Bezahlfunktionen für das Kopieren in der
Universität, Abfragen von Prüfungsdaten, Bezahlfunktionen für die Mensa (am Klinikum
bereits möglich) Bezahlen von Druckaufträgen innerhalb der Universität, Anmelden zu
Klausuren werden im Laufe der Zeit hinzugefügt. Der Studienausweis ist im
Kartenverwaltungssystem personenbezogen zugeordnet und besitzt eine eindeutige
Kartenseriennummer.
Der Studienausweis ist immer für ein Semester gültig und kann nach erfolgter
Rückmeldung (Zahlung des Semesterbeitrages / Lastschriftverfahren) in Selbstbedienung bei
den Chipkartenstellen verlängert werden.
Überwachungs- und Herrschaftstechnologie
Besonderes Augenmerk sollte auf die kontaktlose Datenerfassung und die Frage des
dazu nötigen Abstands zu Lesegeräten gelegt werden. Sehr wünschenswert wäre auch die
Freiwilligkeit einen solchen Ausweis anzunehmen. Für die meisten Studierenden wird
allerdings der Satz gelten: Wer sich nicht bewegt spürt nicht seine Fesseln.
dass mit diesem Ausweis-System und den dahintersteckenden Datenbanken eine Überwachungs-
und Herrschaftstechnologie eingeführt wird, das wurde bereits ausreichend an anderen
Stellen jahrelang früher dargelegt. Als Hintergrundmaterial eignet sich eigentlich immer
noch die Broschüre "Computerisierung der Hochschulen - HIS GmbH und
Studenten-Operations-System - herausgegeben 1985 vom damaligen AStA. Exemplare dieser
Broschüre legen wir ab Dienstag 25.5.04 in den Zeitschriftenbereich (im Keller) des Buchladens Rote Straße zum kostenlosen Mitnehmen. Darin sind
z.B. auch Musteranfragen von Studierenden an den Datenschutzbeauftragten enthalten.
Vielleicht bringt es auch etwas, in den Heften "Computer&Medien"
nachzulesen, die im Volltext bei goest.de archiviert sind. z.B. im Heft 1/94 über Chipkarten
Neuere Texte: Reader der TU Darmstadt zu Chipkarten an Unis
Wahrscheinlich müssen erst noch praktische
Beispiele aufgedeckt werden bis sich effektiver Widerstand gegen solche Technik
entwickelt. Was mit RFID-Chips so alles möglich ist müßte eigentlich fast jedem
Studierenden etwas zu denken geben.
Aus dem Brief einer Datenschützerin 2003 an goest:
Nach Protesten mußte die Metro-AG mitteilen, dass sie den Chip aus den Kundenkarten.
wieder entfernt. Das war ein Riesen-Erfolg von 10-15 rührigen Datenschützern gegen
Europas drittgrößten Handelskonzern! Und dieser Schritt wird Metro mindestens 100.000
Euro kosten, der Imageschaden ist kaum zu beziffern (die Metro-Kurse fielen anschließend,
DAX-Abschlussbericht und ARD-Börsenbericht haben es als "Niederlage" für die
Metro bezeichnet.
Die Chips sollen aus dem Kundenbereich der Metro verschwinden und die Tests sollen
unterbrochen werden, bis über die gesellschaftsverträgliche Einführung der
RFID-Technologie politisch beraten und entschieden wurde!
Da sagen wir Bravo - aber die Göttinger Uni ist inzwischen
so weichgespült, da rührt sich kaum Protest. Angeblich sei die
"Studierendenvertretung ... von Anfang an in die Entwicklung mit eingebunden"
sagt die Uni-Leitung. Erstaunlich wenig, d.h. garnichts ist darüber an die
Öffentlichkeit gelangt.
ABER es gibt doch eine kritische
Initiative,
>> "noChip.de ist eine
Göttinger Initiative die sich kritisch mit der Einführung der kontaktlosen
Studienausweiskarte an der Universität Göttingen auseinandersetzt."
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