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Film OCTUBRE

(Dt. Titel: "Wunder werden im Oktober wahr")

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Der Film gewann beim Filmfestival in Cannes den "Prix Un Certain Regard" 2010. Mit der Reihe "Un Certain Regard" (Ein gewisser Blick) sollen Filme gefördert werden, die nicht in den Hauptwettbewerb passen und von wenig bekannten Leuten gemacht wurden. In der Tat, der Film ist nun alles andere als ein Hollywood-Streifen. Nebenbei eine Beschreibung der ärmlichen Lebensumstände in Lima / Peru. In einer Wohnung, die wir als Bruchbude bezeichnen würden lebt die Hauptfigur, der Pfandleiher Clemente.

Symbolisch für die alltägliche Kälte des Pfandleihergeschäftes die Eingangsszene: langsam drückt Clemente mit der Gabel auf sein geschältes Frühstücksei bis es auseinanderquillt. So kühl behandelt er auch seine Kunden, wenn er ihre Uhren und Ketten bewertet, wenn er die fälligen Kreditrückzahlungen oder die Zinszahlungen fordert.

Der Pfandleiher begegnet allen mit Kälte. Seine Beziehung zu allen ist tot wie das Geld. Statt eines persönlichen Gespräches weist er nach Geschäftsabwicklung dem Kunden wortlos die Tür. Selbstverständlich ist Geld auch der Tauschfaktor des Pfandleihers für Sex. Wortlos zieht er sich im Bordell wieder an, geht zur Tür sagt nur "Ciao" und geht..

Allerdings scheinen einige der Prostituierten Kinder von ihm zu bekommen. Und eines Tags steht die Tür offen als er nach hause kommt. Er denkt sofort nur an Gelddiebstahl aber stattdessen steht ein Korb mit einem Baby in seiner Wohnung.
 

"Und dann kam Jesus in die verruchte Welt und jagte die Händler aus dem Tempel ... " dieses Bibelbild kann der Hintergrund gewesen sein für die Wendung, die die Drehbuchautoren und Regisseure ihrer Hauptfigur angedeihen lassen wollten. Das Kind übernimmt die Aufgabe, Gefühl in die Welt des Pfandleihers zu bringen. Er wird in Situationen gedrängt, die ihn aus der Geld-Matrix herauszubrechen versuchen.

Sofia kommt hinzu, die die Funktion der Mutter Maria zu übernehmen scheint, zunächst nur in Form einer bezahlten Babysitterin. Aber sie hofft auf ein Wunder und betet zum Herrn der Wunder.. Sie stellt das Jesusbild mit Kerze auf den Fernseher und macht daraus den Altar.


Baby, Sofia, Clemente


Immer dabei, auch im Bordell, ..


Prozession / Dokumentaraufnahmen

Der an eine Häuserwand gemalte Jesus

Sofia geht auf den Oktoberprozessionen in Lima mit, mit Kopftuch und rückwärtslaufend im Kollektiv, den Blick auf den 2 Tonnen schweren Schrein gerichtet in dem das Bild vom "Herrn der Wunder" eingefügt ist. Dabei handelt es sich offensichtlich um Dokumentaraufnahmen. Sofia backt auch den ebenso religiös angehauchten Nougatkuchen, der als Dank für die Befreiung von Lähmung in die Tradition eingegangen ist.

Soweit die christlich-religiöse Symbolik wie die Liebe in die böse kalte gelddominierte Welt gebracht wird. Darüberhinaus greift Sofia zu einem Verfahren, das etwas unappetitlichen Charakter hat, auch wenn es vielleicht durch uralte Inka-Schamanen entwickelt worden sein sollte: sie wäscht ihren Slip im Trinkwasserkrug von Clemente in der Hoffnung, dass sie ihn durch diesen "Liebeszauber" für sich gewinnt. Das ist wohl wirklich "Un Certain Regard"

Die beiden Regisseure sind aber auch sonst keine Vertreter christlicher Prüderie. Vielmehr zeigen sie opulente, schamlose Nacktheit in heruntergekommenen Bordellzimmern aber nie würdelos. Eine Prostituierte spricht auch den für den Film programmatischen Satz, der am Ende des Lernprozesses für Clemente steht: "Man muß Veränderungen zulassen".

Die lebendige, natürliche unverkrampfte Einbindung der Intimbilder in die Handlung erinnert an Werke von Garcia Marques "100 Jahre Einsamkeit".

Das Ende des Filmes zeigt schließlich, was mit Clemente passiert, der Veränderung nicht zulassen konnte.

 

Ein paar Infos zum Tag des Herrn der Wunder

Unter den 3000 Feiern, von denen Touristenführer über Peru berichten ist der Feiertag im Oktober die Feier des Herrn der Wunder . Vom 18. bis 28. Oktober wird in Lima der "Herr der Wunder" (Señor de los Milagros) gefeiert.In einer Broschüre des peruanischen Außenministeriums wird die außerordentliche Bedeutung dieser Feier für ganz Peru erläutert, die nicht nur religiöse sondern aufgrund des massenhaften Zulaufes auch politische Bedeutung bekommen hat. Es ist einer größten Zusammenkünfte unter religiösen Vorzeichen in ganz Lateinamerika. Die Geschichten, die sich um diesen Feiertag ranken vermischen sich mit mystischem Wunderglauben und der Erinnerung an Sklaven aus Angola in Peru, der während der Kolonialzeit auf dem Landgut Pachacamilla bei Lima ein schwarzes bzw. violettes Jesusbild an die Wand gemalt hatte. Die Wand soll dann deshalb zwei schweren Erdbeben z.B. im Jahr 1746 widerstanden haben. Und auch der "Turrón de Doña Pepa" ein äußerst süßer Nougatkuchen wird der Legende nach auf ein Wunder zurückgeführt. Die von einer Lähmung geheilte Dona Pepa hat das Zeug sich ausgedacht und zu Ehren des Herrn der Wunder gebacken.

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>> Daniel Vega, Diego Vega
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Übrigens: 100 peruanische Soles entsprechen ca. 25 €...