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Repression gegen G8-Kritik

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Generalverdacht Terrorismus Die G 8 Proteste im Schatten des §129a

Veranstaltung in der Uni , Basisdemokratisches Bündnis 31.5.07, 19.30 Uhr , ZHG 104

Mit fast Tausend Beamten durchsuchte die Polizei im Auftrag der Bundesanwaltschaft 40 linke Projekte in ganz Deutschland, die an der Organisation von Protesten gegen den G 8 Gipfel in Heiligendamm beteiligt sein sollen. Dies soll nach Polizeiangaben der Ermittlung gegen 18 Tatverdächtige dienen. Vorwurf: Bildung einer Terroristischen Vereinigung nach §129a. Der Vorwurf, reicht jedoch nicht, um auch nur einen der Verdächtigen zu verhaften. Nur 5% aller Ermittlungen nach § 129a enden überhaupt mit einem Urteil. Unter kritischen JuristInnen gilt der § 129a vor allem als Gesinnungs und Schnüffelparagraph. Nicht einmal die Polizei scheint im aktuellen Fall ihren Beschuldigungen zu glauben und auch in der Presse werden die Stimmen lauter, die den Vorwurf der Bildung einer Terroristischen Vereinigung zumindest als "übertrieben" bezeichnen. Aber was bedeutet es für politisch Aktive und die Bewegung in der sie sich engagieren, wenn nach §129a ermittelt wird? Auch in Göttingen gab es in den 90er Jahren solche Ermittlungen gegen die Autonome Antifa (M). Auch hier kam es nicht zu rechtskräftigen Urteilen. Es gab 17 Angeklagte. Im Zuge der Ermittlungen wurden jedoch 143 Personen auf Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung überprüft. 500 Personen standen zusätzlich im Fadenkreuz der Ermittler. 13.929 Telefongespräche wurden abgehört. Ermöglicht wird durch §129a alles was das Polizeistaatsherz begehrt: Postkontrolle, Telefonabhöraktionen, Observationen, der Einsatz von V-Leuten, die Einschleusung von verdeckten Ermittlern, Razzien, und Rasterfahndung. D.h. für die Beschuldigten und ihr politisches Umfeld hat die rechtlich geschützte Privatsphäre aufgehört zu existieren. Was Ermittlungen nach § 129a bedeuten erklärt an diesem Abend Johannes Hentschel. Er er ist heute Rechtsanwalt in Göttingen und hat die Ereignisse damals verfolgt. Anschließend gibt es Raum für Diskussion.

 

Razzien, Demoeinkesselungen, Demoverbot, Schutzzonen und Observation

23.5.07 / Aufmärsche von Nazis werden mit einem unglaublichem Aufwand der Polizei vor GegendemonstrantInnen geschützt weil man angeblich das Grundrecht der Demonstrationsfreiheit schützen will (Nazidemo). Beim G8-Gipfel werden Polizisten hingegen eingesetzt, um das Demonstrationsrecht massivst einzuschränken.

Gegen OrganisatorInnen der Demonstrationen finden Razzien statt. Protestdemos gegen Razzien wiederum werden von Polizei eingekesselt begleitet. Die Polizei rät potentiellen TeilnehmerInnen von einer Teilnahme an Demonstrationen in Heiligendamm ab, obwohl diese Praxis laut Urteil des OVG Lüneburg von 2001 unzulässig ist.

Und Informationsveranstaltungen zum Protest gegen den G8 Gipfel werden immer häufiger von bekannten Zivilpolizisten observiert. Hiergegen rührt sich Protest. Als Antwort auf einen ersten Protest u.a. vom DGB und der jüdischen Gemeinde reagiert Polizeipräsident Wargel mit einer Strafanzeige zum Versammlungsrecht. Am 22.5. bei einer Veranstaltung im Apex zu G 8 wird weiter observiert. Da saßen in einem Auto, das in der Burgstraße stand zivile Polizeibeamte mit Blick auf den Eingang des Apex. Zwei Vertreter der Veranstalter wollten unter Hinzuziehung eines Journalisten die Beamten zur Rede stellen und gingen auf den Wagen zu, da starteten diese aus der Parklücke heraus und fuhren weg, obwohl man versuchte, sie durch Zurufe zum Warten zu bewegen.

Hierzu noch folgende Pressemitteilungen vom 23.5.07

Pressemitteilung Landesbezirksjugendsekretär , ver.di: Gegen die Bespitzelung von G8 Kritikern
ver.di-Jugend kritisiert Bespitzelung von G8-Kritikern, Verstärkte Mobilisierung zur Demonstration am 2. Juni angekündigt / Göttingen. - ver.di Jugendsekretär Patrick von Brandt verurteilt die Bespitzelung einer Informations- und Diskussionsveranstaltung in der Göttinger Galerie APEX durch Zivilpolizisten am gestrigen Abend: "Für uns als Teil des Göttinger Bündnisses gegen die G8 ist diese Bespitzelung ein weiterer Versuch, den legitimen und notwendigen Protest gegen den G8 Gipfel einzuschüchtern und zu kriminalisieren". Am Dienstag Abend wurde eine Informationsveranstaltung zu den friedlichen Aktionen des zivilen Ungehorsams durch stadtbekannte Zivilpolizisten observiert. Als zwei Vertreter des Göttinger Bündnisses gegen die G8 und ein Journalist auf die Zivilstreife zugingen, um die
Beamten nach den Gründen der Observation zu befragen, zogen sich diese fluchtartig zurück.
"Nach der Observation des antifaschistischen Stadtrundganges durch den Göttinger Staatsschutz, ist dies nun der zweite sehr fragwürdige Einsatz der Göttinger Polizei in kurzer Zeit" sagt von Brandt. Gleichzeitig zeigt von Brandt sich zuversichtlich, dass nun auch noch die letzten Busfahrkarten für die gemeinsame Fahrt zur Internationalen Großdemonstration in Rostock am 2. Juni verkauft werden: "Die Kriminalisierungsversuche haben nicht zur Spaltung der Globalisierungskritischen Bewegung geführt, sondern im Gegenteil der Mobilisierung gegen den illegitimen G8 Gipfel geholfen. Auch viele gemäßigte Globalisierungskritiker sagen sich ‚jetzt erst recht’ und entscheiden sich zur Internationalen Großdemonstration am 2. Juni in Rostock zu fahren. Die verbleibenden Busfahrkarten sind in Göttingen beim DGB und im Roten Buchladen zu kaufen".
Patrick von Brandt , Landesbezirksjugendsekretär , ver.di-LBZ Nds./HB , Goseriede 10

Pressemitteilung GöLINKE im Rat: Gegen Einschränkung von Grundrechten
Zur andauernden Überwachung von Göttinger G8-Gegnern und Antifaschisten erklärt der Fraktionsvorsitzende der GöLINKE im Rat der Stadt Göttingen Patrick Humke: Die Ratsfraktion der GöLINKE verurteilt die Überwachung von G 8-Gegnern und Antifaschisten durch den Göttinger Staatsschutz auf das Schärfste! So wurde am Abend des 22. Mai 2007 eine Informationsveranstaltung in der Göttinger Galerie APEX vom Göttinger Anti-G8-Bündnis zu dem unter anderem auch die GöLINKE und der Kreisverband DIE LINKE. Göttingen gehört - zum Themenbereich von friedlichen Aktionen des zivilen Ungehorsams von Beamten des Staatsschutzes vor, während und nach der Veranstaltung observiert. Damit sollen zum einen Bürgerinnen und Bürger abgeschreckt werden, derartige Veranstaltungen zu besuchen. Zum anderen verfolgt der Staatsschutz damit die Absicht, Globalisierungskritiker zu kriminalisieren. Das Bündnis aus Gewerkschaften, christlichen Gruppen, Parteien, autonomen Gruppen und vielen anderen wird sich mitnichten von diesen Einschüchterungsversuchen abschrecken lassen und weiter zu den vielfältigen Aktionen zum G 8 - Treffen in Heiligendamm mobilisieren. Als verantwortliche Organisatoren nach der Veranstaltung versuchten, die Beamten anzusprechen ‚flüchteten’ diese. Das zeigt neben anderem, dass diese Schnüffelei der Schlapphüte längst keine Posse mehr ist. Ich sehe im Agieren des Staatsschutzes in Göttingen zur Zeit das massive Bestreben, die Linke in Göttingen als Ganzes auszuschnüffeln - zumal nicht nur DIE LINKE im Wachsen begriffen ist. Die Mobilisierung gegen das G 8 - Treffen in Heiligendamm ist nur EIN Anlass. Schon während der antifaschistischen Kulturwoche scheute die Polizei keine Verschwendung von Steuergeldern, als sie den antifaschistischen Stadtrundgang des Göttinger Bündnisses gegen Rechts zur Geschichte des Nationalsozialismus in Göttingen observierte. Das Bündnis gegen Rechts und das Antiglobalisierungsbündnis gehen gestärkt aus der Mobilisierung und ihren Aktionen hervor. GöLINKE und DIE LINKE. werden sich weiterhin an den vielfältigen Aktionen des Bündnisses beteiligen und sich nicht in ihren Grundrechten einschränken lassen.

 

Anfrage im Landtag

Kleine mündliche Anfrage Abg. Stefan Wenzel (GRÜNE) Hannover,

Betr.: Antifaschistischer Stadtrundgang durch Polizei observiert
Am 10. Mai 2007 fand in Göttingen ein "Antifaschistischer Stadtrundgang - Göttingen und seine Universität im Nationalsozialismus" statt. Die Veranstaltung war Teil der Veranstaltungsreihe "Kultur gegen Rechts - Eine Stadt zeigt Gesicht". Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass diese Veranstaltung von mehreren zivilen Polizeibeamten observiert wurde. In der Zwischenzeit haben sich Vertreter des Bündnisses "Göttingen zeigt Gesicht", darunter der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Göttingen und der Regionsvorsitzende des DGB Südniedersachsen - Harz in einem Schreiben an den Göttinger Polizeipräsidenten gewandt und gegen die Observierung des Rundgangs protestiert. In der Presse vom vergangenen Samstag weist der Polizeipräsident den Vorwurf der "illegalen Observierung" zurück und will nun prüfen, ob die Veranstaltung "möglicherweise strafrechtlich verfolgt werden müsse, weil sie als Versammlung nicht angemeldet war". Zitat GT 19.5.07 Offenbar verträgt der Göttinger Polizeipräsident, seines Zeichens auch politischer Beamter, keine Kritik. Anders lässt sich die Reaktion auf die öffentlichen Äußerungen der Vertreter des Bündnisses "Göttingen zeigt Gesicht" kaum interpretieren. Pikant ist auch die Tatsache, dass ausgerechnet die TeilnehmerInnen einer Veranstaltung die darauf angelegt war "Gesicht zu zeigen" und damit gegen rechtsextremistische Aktivitäten der rechten Szene zu demonstrieren, heimlich observiert wurde. Dabei stellt sich auch die Frage, ob es nicht sinnvoll gewesen wäre, wenn der Polizeipräsident im Vorfeld einfach zum Telefonhörer gegriffen hätte, und den Veranstalter - in diesem Fall u.a. DGB und Jüdische Gemeinde - angerufen hätte und zum Verlauf der Veranstaltung befragt hätte. Denkbar wäre auch gewesen, dass der Polizeipräsident selbst Gesicht zeigt, sich bei den TeilnehmerInnen vorstellt, und um Auskunft bittet. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung: 1. Wie bewertet die Landesregierung die heimliche Observierung der o.g. Veranstaltung zu der u.a. die Jüdischen Gemeinde und der DGB in Göttingen eingeladen hatten? 2. Will die Polizeidirektion Göttingen tatsächlich strafrechtliche Schritte gegen die Durchführung eines "Antifaschistischen Stadtrundganges" u.a. durch DGB und Jüdische Gemeinde Göttingen einleiten? (Bericht GT vom 19.5.07) 3. Hält die Landesregierung die Aktivitäten der Polizeidirektion Göttingen im Zusammenhang mit rechtsextremistischen Aktivitäten im südniedersächsischen Raum, (u.a. Parteitag der NPD in Herzberg) für ausreichend? Stefan Wenzel

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