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Medizin / Geschichte

Erinnerung an das Schicksal der Zwangsarbeiter/innen in der Göttinger Klinik
Gedenken an die Opfer der Zwangssterilisation im Nationalsozialismus
> Psychiatrie Geschichte

 

Stadtteilrundgang Medizin im Nationalsozialismus

29.4.16 Geschichtswerkstatt Göttingen e. V. über alte Universitätsklinikums. Der kostenlose Rundgang beginnt um 16.00 Uhr an der Schranke Goßlerstr./ Ecke Käte-Hamburger-Weg in Göttingen und dauert ca. 1,5 Stunden.Themen Klinikumsgeschichte und die Entwicklung der Medizinischen Fakultät in der NS-Zeit. Zwangssterilisationen in der Frauenklinik, die Rolle von Hebammen sowie ZwangsarbeiterInnen als PatientInnen und Personal, Umgang der Medizinischen Fakultät mit ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit.

 

Erinnerung an das Schicksal der Zwangsarbeiter/innen in der Göttinger Klinik

6.5.08 / Zur Einweihung einer Gedenktafel am Donnerstag 8.5.08, 14 Uhr, Humboldtallee 19 zur Erinnerung und Ehrung der Zwangsarbeitenden am Göttinger Klinikum sind uns "von studentischer Seite" einige kritische Bemerkungen in Form von Fragen zugestellt worden.

Die Kritik geht davon aus, dass keine ehemaligen Zwangsarbeiter/innen zur Gedenkfeier eingeladen sind und fragt: Warum ist kein Betroffener zur Gedenkfeier eingeladen? Bei der Untersuchung kamen wohl etliche Studierende zum vermutlich "ehrenamtlichen" Einsatz. Nun fragt man warum die Studierenden, die bei der Aktenbearbeitung des Zwangsarbeitereinsatzes beschäftigt waren nicht zur Gedenkfeier eingeladen sind. Es wird kritisiert, dass die Gedenkfeier "eigentlich öffentlich historische Verantwortung zeigen soll", offensichtlich aber nur für einen kleinen internen Kreis stattfinden soll und weiter wird gefragt: "Warum sind eigentlich die seinerzeit aktiv Arbeitenden nicht zur Gedenkfeier eingeladen?"
Die Gedenkfeier steht im Zusammenhang mit einer Untersuchung "Zur Rolle der Zwangsarbeiter am Universitätsklinikum Göttingen. "Der Vorstand des Bereichs Humanmedizin stellte im Jahr 2000 der Abteilung Ethik und Geschichte der Medizin (Leitung: Prof. Dr. Claudia Wiesemann) finanzielle Mittel zur Verfügung, um eine Arbeitsgruppe zur Erforschung der Geschichte der NS-Zwangsarbeiter am Universitätsklinikum Göttingen einzurichten, die unter der Leitung des Medizinhistorikers Professor Dr. Volker Zimmermann die Untersuchung durchführte, der anschließend auch als Herausgeber eines Buches zum Thema fungierte.

Wiesemann und Zimmermann werden "von studentischer Seite" gezielt kritische Fragen gestellt. So gehen die Fragenden davon aus, dass Zimmermann das Thema Universitätsmedizin "marginal behandelt" "Warum waren Zimmermann und Wiesemann bei keinem einzigen Arbeitstreffen der engagierten? Warum hielt Frau Wiesemann reine Wissenschaft für wichtiger als Entschädigung für die Betroffenen? Haben die Beteiligten am Institut für Ethik und Geschichte der Medizin in den letzten Jahren Korrespondenz mit den Opfern zur Entschädigung versucht?"
Schließlich wird gefragt ob " eigentlich "eine ehrliche Aufarbeitung der Ereignisse" interessiere. Warum, so wird weiter gefragt "bekommen Göttinger Medizinstudierende für Seminare Skripten, in dem die Göttinger Zwangsarbeitenden am Klinikum absichtlich ausgeblendet werden?"


Gedenkstein auf dem ehemaligen Kliniksgelände wo heute Uni-Institute untergebracht sind

Einige Hinweise auf die Schrecken der Zwangsarbeit in der Klinik

Im Dezember 2002 veröffentlichte das Klinikum eine Meldung über die Fertigstellung der Untersuchung in der u.a. zu lesen stand:
"125 ausländische Arbeitskräfte im Zeitraum von 1940 bis 1945 in unterschiedlichen Klinikeinrichtungen in Göttingen beschäftigt waren. Die meisten von ihnen wurden 1942/43 eingestellt und blieben bis zum Ende des Krieges in Göttingen. (...) 60 Prozent der Arbeitskräfte in den Kliniken Aufgaben als "Haus- und Stationsmädchen" oder Pflegende verrichtet. Knapp 30 Prozent davon waren in der Chirurgie eingesetzt. Im Versorgungsbereich waren fast alle Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in Küche und Wäscherei beschäftigt. 75 Prozent der Zwangsarbeitenden waren Frauen. Die meisten waren sehr jung und kamen aus Russland sowie der Ukraine. Über 60 Prozent aller ausländischen Arbeitskräfte waren unter 22 Jahre alt." und an anderer Stelle heißt es ebenfalls zu diesem Bericht: "Wie Unterlagen des Oberpräsidenten der Provinz Hannover belegen, benutzte die Universitätsfrauenklinik schwangere Zwangsarbeiterinnen für Lehrzwecke. Im April 1944 hatte Heinrich Martius, Göttinger Ordinarius für Gynäkologie und Geburtsmedizin, beim Amt für Volkswohlfahrt um die Zuweisung von Schwangeren als Lehrmaterial ersucht. Martius wollte Frauen aus dem Heim der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) in Göttingen rekrutieren. (...) Man wies die Schwangeren in ein "Gemeinschaftslager" der Göttinger Gewerbe- und Industriebetriebe ein und brachte sie zu Lehrzwecken in die Universitätsklinik. (...). Klar ist jedoch, dass gezielt herbeigeführte Mängelzustände für die Frauen und die Säuglinge bestanden, von denen viele zwischen dem erste und dritten Lebensmonat starben."

 

Gedenken an die Opfer der Zwangssterilisation im Nationalsozialismus
8. Februar 2011, 14-16 Uhr Philosophische Fakultät, Humboldtallee 19, Hörsaal PH 20

Göttinger Ärzte haben während des Nationalsozialismus mehr als 780 Frauen und über 800 Männer zwangssterilisiert. Zur Erinnerung an die Opfer findet am Dienstag, 8. Februar 2011, zwischen 14 und 16 Uhr eine öffentliche Gedenkveranstaltung im Hörsaal PH 20 in der Humboldtallee 19 statt. Im Anschluss an die Veranstaltung Grußworte überbringen die Dekanin der Philosophischen Fakultät, Prof. Dr. Hedwig Röckelein, und der Dekan der Medizinischen Fakultät, Prof. Dr. Cornelius Frömmel. Den Hauptvortrag zum Thema "Zwangssterilisationen im Nationalsozialismus" hält Prof. Dr. Gisela Bock, Historikerin an der Freien Universität Berlin. Die Vorsitzende der AG Bund der "Euthanasie"-Geschädigten und Zwangssterilisierten, Margret Hamm, informiert über "Die verschleppte Entschädigung der NS-Zwangssterilisierten nach 1945". Auch Studierende kommen zu Wort: Franziska Frome-Ziegler und Jonathan Kühne sprechen für die Göttinger Studentinnen und Studenten, die im vergangenen Jahr die Initiative ergriffen und das Gedenken an die Opfer der Zwangssterilisation angeregt hatten. Zwischen 1934 und 1945 gab es in Deutschland über 360.000 Zwangssterilisationen. Etwa 4500 Frauen und 500 Männer starben, unter ihnen auch mehrere Göttinger. Die Überlebenden erlitten häufig schwere physische und psychische Schäden. Grundlage der menschenverachtenden Praxis war das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" vom 14. Juli 1933.

Im Anschluß (nach 16 Uhr) an die Veranstaltung werden an den Gebäuden der ehemaligen Universitätskliniken zwei Gedenktafeln enthüllt: eine am Seminar für Deutsche Philologie am Käte-Hamburger-Weg 3, ehemals die Chirurgische Universitätsklinik, die andere am Dekanatsgebäude der Philosophischen Fakultät an der Humboldtallee 17, das einst zur Universitätsfrauenklinik gehörte.

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