EHEC
Vorbemerkung Lokale
Ereignisse und überregionale, ja globale Ereignisse lassen sich in einer
hochkomplex vernetzten Welt oft nicht mehr trennen. Dies gilt nicht nur für
die Energiewirtschaft sondern auch z.B. für Epidemien und Nahrungsmittelkontaminierungen.
Inhalt: --
Stand der Dinge EHEC und HUS-Fälle, Todesfälle -- Meldungen zu Göttingen --
Suche nach den Verursachern von EHEC -- Skepsis gegenüber der Angstkampagne
aber auch Zweifel und Sorge -- Ratschläge zur Lebensmittelhygiene --
Landesgesundheitsamt Hotline Was
fehlt in der Diskussion (19.6.11)
1.
Eine naheliegende Konsequenz aus dem Epidemiegeschehen wäre, die Überlegungen
in Richtung regionaler, saison-orientierter Argrarmärkte zu lenken. Wenn
ein regionaler Anbieter von Blattsalaten in Göttingen sowohl in regionalem
Eigenanbau produziert als auch regional verkauft, dann lassen sich die Risiken
überregional begrenzen. Gleichzeitig kann mit geringerem Aufwand der Status
des Betriebes als "nicht betroffen" besser ermittelt werden und böte
dadurch eine abgesicherte regionale Versorgung mit frischem Gemüse bzw. Salat.
(Eigene und kollektive Gärten gewinnen durch solche Ereignisse natürlich
ebenso an Attraktivität).
2.
Durch abgedrehte Verschwörungstheorien sollte keine weitere Verwirrung gestiftet
werden, aber es ist auffällig, dass die Möglichkeit eines politisch
motivierten Anschlags oder einer Erpressung mit finanziellen Interessen nahezu
vollständig ausgeblendet wird. Für einen politisch motivierten Anschlag
fehlt bislang allerdings ein Bekennerschreiben. Stand
der Dinge 16.6.11
/ Beim aktuellen EHEC/HUS-Ausbruch sind dem RKI gemäß Infektionsschutzgesetz bislang
2.610 Fälle mit einer Infektion mit EHEC übermittelt worden. Seit etwa 9.6.11
nahmen die Meldungen deutlich ab. | Göttingen
Gesundheitsamt | Niedersachsen
seit 1.5 Landesgesundheitsamt | Deutschland
Robert Koch-Institut | |
EHEC-Fälle (Keine Infos zu HUS) |
EHEC-Fälle HUS-Fälle | HUS-Fälle u.
Todesfälle | 15.6.11 | | RKI-Daten: 524
EHEC-Fälle 134 HUS Fälle | 798
HUS-Fälle 38 HUS/EHEC Tote | 10.6.11 | | 464
EHEC-Fälle 122 HUS-Fälle | 759
HUS-Fälle 30 HUS/EHEC Tote | 9.6.11 | |
452 EHEC-Fälle
112 HUS-Fälle | 722
HUS-Fälle 26 HUS/EHEC Tote | 8.6.11 | 16
EHEC-Fälle 10 in der Klinik (lt. Andretta) | 415
EHEC-Fälle 109 HUS-Fälle | 689
HUS-Fälle 24 HUS/EHEC Tote | 7.6.11 | |
410 EHEC-Fälle 104 HUS-Fälle 6 Tote in Nds. (lt.
Spiegel) | 22
Todesfälle HUS/EHEC (lt. ARD) | 6.6.11
| 14
EHEC-Fälle 4 in der Klinik |
385 EHEC-Fälle
96 HUS-Fälle | | 5.6.11 | | 355
EHEC-Fälle 93 HUS-Fälle | 630
HUS-Fälle darunter 15 Todesfälle | 3.6.11
| | 309
EHEC-Fälle 86 HUS-Fälle | 520
HUS-Fälle , darunter 11 Todesfälle Medien:
21 Uhr 18 Tote | 1.6.11 | | 250
EHEC-Fälle 68 HUS-Fälle. | 470
HUS-Fälle darunter 9 Todesfälle | 30.5.11 | 9
EHEC-Fälle | | |
Göttingen
10.6.11 Naturkost
Elkershausen Auszug
aus einer Erklärung des Göttinger Großhandelsunternehmens
naturkost-elkershausen.de "Bei Ausbruch der Epidemie hat Naturkost
Elkershausen von allen regionalen Erzeugern, deren Produkte der Großhändler vertreibt
und mit denen in allen Fällen bereits eine langjährige Zusammenarbeit besteht,
Informationen zu ihren Produktions-, Anbau und Düngemethoden angefordert und auf
seiner Homepage unter www.naturkost-elkershausen.de zur Einsicht veröffentlicht."
"Von
jedem regionalen Anbaubetrieb, dessen Gemüse über Naturkost Elkershausen gehandelt
wird, wurde mindestens eine Probe jedes in Frage kommenden Produkts wie Gurken
und Salate eingeschickt. Darüber hinaus wurden Biotomaten aus Italien und Spanien
sowie Biogurken aus Spanien untersucht. Sämtliche Tests, sowohl die der regionalen
Erzeuger wie auch die aus internationalen Anbaukooperativen, ergaben negative
Ergebnisse, waren also frei von EHEC-Erregern." 8.6.11
PM Andretta MdL/SPD: "In Niedersachsen ist neben der MHH in Hannover auch
die Universitätsmedizin Göttingen ein wichtiges Zentrum für die Behandlung von
Patienten, die an dem gefährlichen HU-Syndrom erkrankt sind. Derzeit werden noch
10 EHEC-Patienten im Klinikum ärztlich betreut. Nun droht, dass die durch die
Mehrbelastung für die Klinik entstandenen zusätzlichen Kosten von den Krankenkassen
nicht in vollem Umfang ersetzt werden..(...) Im derzeitig geltenden Vergütungssystem
seien Sonderbelastungen durch Epidemien oder Sonderfälle wie EHEC nicht abgebildet.
..." 5.6.11
lt. Homepage
Stadt Göttingen: Im
Uni-Klinikum werden 3 Personen mit EHEC-Infektion intensivmedizinisch betreut:
eine 40-jährige Frau aus dem Raum Paderborn, eine 60-jährige Frau aus Höxter,
eine 73-jährige Frau aus Kassel. Eine 27-jährige Frau aus dem Landkreis
Göttingen mit nachgewiesener EHEC-Infektion wird stationär betreut. Eine weitere
Patientin aus Göttingen, konnte nach Hause entlassen werden. 30.5.11
Gesundheitsamt für Stadt und Landkreis Göttingen verzeichnet
bislang 9 Verdachtsfälle 29.5.11 Uniklinik meldete am 6 Patientinnen
mit EHEC Infektion. Vier davon (aus anderen Bundesländern) werden intensivmedizinisch,
zwei weitere, aus Dransfeld bzw. Göttingen, lediglich stationär betreut.
27.5.11 Studentenwerk
Keine Gurken, Salate und rohe Tomaten in Mensen/Cafeterien "So
lange es keine Klarheit über die Quellen der EHEC-Infektionen gibt, nehmen wir
ab sofort Salatgurken, rohe Tomaten und Blattsalate in allen Mensen und Cafeterien
des Studentenwerks Göttingen vom Speiseplan. Weiterhin arbeiten wir streng nach
den Richtlinien der Großgastronomie und achten genau darauf, diese Richtlinien
einzuhalten. Zudem haben wir unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nochmals
in Sachen Hygiene und der Vorgehensweise, um das Risiko von EHEC-Infektionen zu
reduzieren, unterwiesen." Suche
nach den Verursachern von EHEC Sprossen,
Personen, Saatgut oder Wasser in einem Betrieb 10.6.11
/ Nachdem die Sprossenproduktion in dem Bienenbütteler Biobetrieb als ein
Schwerpunkt der Epidemieverursachung ausgemacht werden konnte teilt das RKI mit:
"Es kann nach derzeitigem Kenntnisstand nicht ausgeschlossen werden, dass
der Eintrag des Ausbruchserregers in den Gartenbaubetrieb durch Personen erfolgt
ist. Auch ein Eintrag über Wasser, Vorlieferanten oder Saatgut ist denkbar. Dieses
wird derzeit
durch eine Überprüfung der Lieferbeziehungen und durch Labortests untersucht.(...)Da
eine mögliche Quelle des Eintrags auch das verwendete Sprossen-Saatgut sein kann,
kommen auch andere sprossenproduzierende Betriebe als mögliche Verteiler von EHEC
O104:H4 in Frage." Sprossen? In
Verlautbarungen des Landwirtschaftsministeriums heißt es, die Sprossen seien
bei allen Orte mit gehäuften Infektionen an die gastronomischen Einrichtungen
geliefert worden in denen erkrankte Personen gegessen hatten. Am 6.6. verkündete
das Nds. Landwirtschaftsministerium
jedoch zunächst "Bisher konnte der fragliche Ausbruchsstamm noch
nicht nachgewiesen werden. Von 40 eingesendeten Proben wurden bisher 23 Proben
mit einem negativen Ergebnis abgeschlossen." waren also EHEC-frei.
"Bei
der Pressekonferenz in Hannover nannte Niedersachsens Landwirtschaftsminister
Lindemann namentlich folgende Sprossen, Keime und Sprossenprodukte: Adzukibohnenkeime,
Alfalfa-Sprossen, Brokkoli-Sprossen, "Crunchy-Mix", Erbsenkeime, Kichererbsenkeime,
Knoblauchsprossen, Linsensprossen, "Milde Mischung" (aus verschiedenen Keimsprossen:
Bockshornklee, Mungobohnen, Linsen, Adzukibohne, Alfalfa), Mungobohnenkeime, Radieschensprossen,
Rettichsprossen, Rotkohlsprossen, Sonnenblumenkeime, Weizenkeime, "Würzige Mischung"
und Zwiebelsprossen." ARD-Online
5.6. In der
Neuen Osnabrücker Zeitung wird der Geschäftsführer des betroffenen
Betriebes Klaus Verbeck zitiert: In dem Artikel heisst es "er könne sich
keinen Reim auf die Vorgänge und Vorwürfe machen. Die Salatsprossen wüchsen nur
aus Saatgut und Wasser. Sie würden überhaupt nicht gedüngt." Die
Bio-Gärtnerei wirbt auch auf ihrer Webseite damit, dass "keine tierischen
Düngemittel wie Gülle, Mist oder Horn" benutzt werden. In
einer Presseerklärung schreibt
der Betrieb sowohl im Januar 2011 als auch in der zweiten Maihälfte seien
verschiedene Sprossen auf EHEC untersucht worden und die Laborergebnisse seien
"alle negativ (also EHEC-frei)" gewesen. Andererseits
hieß es in der ARD Tagesschau, 5.6.11, 20 Uhr, Der EHEC-Erreger könnte
bereits in den Keimen enthalten gewesen sein. Mit
gleicher Adresse wie der Gärtnerhof existiert dort auch die Handels-Speicher
GmbH deren Geschäftstätigkeit mit "ökologischer
Gemüsebau, große Keimsprossen Anzucht, Obst mit Verkauf am Gemüse Großmarkt Hamburg"
charakterisiert wird.
Wasser? Möglich,
dass verunreinigtes Wasser die Kontamination erzeugt hat. Bereits im Juni 2010
schrieb das Bundesamt
für Risikobewertung "Die Kontamination mit Keimen kann bereits
während der Wachstums- oder Erntephase durch die Düngung mit Kompost, Mist, Gülle
oder durch das Beregnen mit verunreinigtem Wasser auf Salat, Gemüse oder Sprossen
geschehen." Sollte
das in dem Betrieb verwendete Wasser die Ursache sein, würde das die dringende
Frage aufwerfen, wo dieses Wasser noch überall zum Einsatz gekommen ist. Tierkot Weiterhin
gilt gleichzeitig die Warnung vor anderen Verursachermöglichkeiten "Die
das HUS verursachenden EHEC-Bakterien werden direkt oder indirekt vom Tier auf
den Menschen übertragen. Als Reservoir gelten Wiederkäuer, vor allem Rinder, Schafe,
Ziegen. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt fäkal-oral, wobei die Erregeraufnahme
über den Kontakt mit Tierkot, über kontaminierte Lebensmittel oder Wasser erfolgt,
aber auch durch direkten Kontakt von Mensch zu Mensch (Schmierinfektion). "
Robert
Koch Institut 1.6.11
Produkte
unter Verdacht Bei der Suche nach den Ursachen werden die Menschen gefragt:
Haben Sie in der Woche
vor Beginn Ihres Durchfalls rohe Tomaten, Mozzarella, Spargel, Ziegen- und Schafskäse,
Salatgurke, rohe Möhren, grünen Salat, Rinderhackfleisch oder Erdbeeren gegessen?
Falls ja, wie oft? Wo gekauft?
Skepsis
gegenüber der Angstkampagne in den Medien aber auch Zweifel und Sorge
Nach Vogelgrippe (2006)
und Schweinegrippe (2009-2010) (siehe goest-GrippeSeite
sorgt nun also die bakterielle Infektion EHEC zu Beginn der Sommerferien
für Aufregung und nimmt breiten Raum in den Medien ein. Schweinegrippe
und Impfungskampagne entpuppten sich als Teil eines grandiosen Geschäfts
der Pharmaindustrie. Bei allem Respekt gegenüber den an EHEC leidenden
PatientInnen und angesichts der Todesfälle sollte doch die Relation
von Anlass und medialem Aufwand beachtet werden. Jährlich gibt es
z.B. immerhin mehr als 3.000 Verkehrstote und mehr als 300.000 Verletzte
bei Verkehrsunfällen ohne dass z.B. ein Tempolimit eingeführt
würde.
Wir haben einige Göttinger/innen befragt, die im Gesundheitsbereich
tätig sind. Dabei wurde überwiegend Skepsis zum Ausdruck gebracht
und auf die oben beschriebenen Relationen bzgl. Verkehrstoten hingewiesen
oder auch ein Vergleich zu Todesfällen der jährlichen normalen
Grippewellen gezogen. Darüber hinaus wurde
kritisch gegen die Pharmaindustrie die Vermutung geäußert,
dass besonders viel Wirbel gemacht werde, weil dadurch das entsprechende
sehr teuere Medikament wesentlich schneller auf dem Markt zugelassen werde.
Eine Kliniksmitarbeiterin meinte "Ich habe mir erstmal einen knackigen
Salat gekauft!" , währenddessen meinte z.B. eine Ärztin
dass die HUS-Erkrankungen und damit verbundenen Krämpfe wirklich
übel seien und sie drückte ihre Sorge darüber aus, dass
man ja noch gar nicht absehen könnte, wie weit sich die Epidemie
noch ausbreite, weil man die Quelle noch nicht habe,
Ratschläge
zur Lebensmittelhygiene Bundesinstitut
für Risikobewertung 14.1.11 (im Januar bereits hellseherisch voraussorgend?!):
Die effektivsten Maßnahmen zum Schutz vor lebensmittelbedingten EHEC-Infektionen
im Privathaushalt sind: -- Rohmilch vor dem Verzehr abkochen; pasteurisierte
und ultrahocherhitzte Milch ist als sicher anzusehen. -- Hände vor der
Zubereitung von Speisen und nach Kontakt mit rohem Fleisch gründlich mit
Wasser und Seife waschen und sorgfältig abtrocknen. -- Rohes Fleisch
getrennt von anderen Lebensmitteln lagern und zubereiten, auch beim Grillen (dabei
auch verschiedene Bretter, Teller, Zangen verwenden). -- Flächen und
Gegenstande nach Kontakt mit rohem Fleisch, Verpackungen oder Tauwasser sofort
gründlich reinigen und abtrocknen. -- Lappen und Handtücher nach
der Zubereitung von rohem Fleisch möglichst auswechseln und bei mindestens
60 °C waschen. -- Rohes Gemüse und Obst vor dem Konsum schälen
oder zumindest gründlich waschen. Bundeszentrale
für gesundheitliche Aufklärung 1.6.2011 : -- Roh verzehrtes Gemüse
und Obst gründlich waschen oder schälen -- Fleisch und Hackfleisch von Wiederkäuern
ausreichend erhitzen (70°C für mind. 10 Minuten).
Landesgesundheitsamt
Hotline Landesgesundheitsamt
ab 1.6.11 ist werktags von 10.00 Uhr bis 12.00 Uhr eine Hotline beim Landesgesundheitsamt
(Hannover) geschaltet unter der Tel.-Nr. 0511 - 4505 555 . Nicht
EHEC, sondern EAHEC
Aus:>>
Pressemitteilung der Universität vom 15.6.11 Wissenschaftler der
Universität Göttingen haben die genetische Information des Bakteriums Escherichia
coli (E. coli O104:H4) entschlüsselt.. Die untersuchten Proben stammen von zwei
Patienten aus Hamburg. Die neuen Sequenzdaten deuten darauf hin, dass die Patientenisolate
nicht etwa aus einem EHEC-Erreger hervorgegangen sind, sondern vielmehr aus einem
Keim, den man als EAEC (Entero-Aggregativer Escherichia coli) bezeichnet. Dieser
zeichnet sich dadurch aus, dass er sich besonders fest an Epithelien bindet, Zellaggregate
bildet und sein normales, krank machendes Programm abspult. Mehr als 96 Prozent
des nun untersuchten genetischen Materials aus Hamburg und eines EAEC-Stammes
sind identisch. Der EAEC-Keim hat sein krank machendes Potenzial erheblich gesteigert,
indem er aus anderen E. coli-Stämmen wie beispielsweise EHEC mit Hilfe von Bakterienviren
(Phagen) ein spezielles Gen übernommen und fest in seinem eigenen Chromosom verankert
hat. Dieses Gen bildet das sogenannte Shiga-Toxin, welches ursprünglich aus dem
Erreger der Bakterienruhr stammt. Es ist ein besonderes Gift, das das hämorrhagisch-urämische
Syndrom (HUS) auslösen kann. Seine Zellen können durch Anheftung und Aggregation
einen massiven Infektionsherd im Darm bilden, und diese Zellmasse produziert mit
dem Shiga-Toxin ein sehr wirksames Gift. Darüber hinaus schützt ein sogenanntes
Resis-tenzplasmid den Keim vor einem breiten Spektrum von Antibiotika. Die Göttinger
Wissenschaftler schlagen für den neuen Erreger die Bezeichnung EAHEC (Entero-Aggre-gativer-Hämorrhagischer
E. coli) vor. |