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Literarisches
Zentrum:
Don DeLillos "Körperzeit"
Szenische Lesung nach "Körperzeit" Do. 24.2.05 20 Uhr Premiere Weitere Termine
1.3.05, 5.3.05, 8.3.05, 30.3.05, 14.4.05 und 27.4.05 -
Julia Hansen , Bernd Kaftan, Valerie Oberhof
Regie: Rouven Costanza DeLillo
ist in USA ein berühmter Autor. Bekannte Bücher von ihm sind z.B. der Roman "White
Noise" von 1985, der mit dem National Book Award ausgezeichnet wurde und
"Sieben Sekunden", ein Buch über die Ermordung Kennedys und das Epos Underworld
(1997) das DeLillo weltweit bekannt machte. Es ist ein Verdienst des literarischen
Zentrums diesen Autor ausgewählt zu haben, um ihn dem Göttinger Publikum näherzubringen,
und es ist ein Verdienst der SchauspielerInnen des Deutschen Theaters, dies durch
eine szenische Lesung umgesetzt zu haben. Valerie Oberhof spielt die Performance-Künstlerin
Lauren Hardtke, Bernd Kaftan spielt deren Ehemann Rey und eine imaginäre unklare
Figur die nach dem Tode des Mannes ersatzweise zum Gesprächpartner für seine Frau
wird. Julia Hansen spricht die erzählenden Passagen. Regie führte Rouven Costanza.
Bernd Kaftan
|
Valerie Oberhof
| Die
Novelle bzw. der Roman "Körperzeit" der im Original den Titel "The Body Artist"
trägt, verwendet Sprache in ungewohnten Formen. Bei der Darstellung von Alltäglichem,
ja Banalem betreibt DeLillo höchsten sprachlichen Aufwand, sehr auf Feinheiten
des Fühlens und Denkens achtend. Z.B. wenn er beschreibt wie eine Büroklammer
auf den Boden fällt und welche Gedanken und Wahrnehmungen dabei aufeinander folgen.
Wenn das Fruchtfleisch einer Feige auf dem Toast verstrichen wird, dann präzisiert
DeLillo, dass die "mit der Unterseite des Löffels" erfolgt oder für den alltäglichen
Umgang des Ehepaares am Morgen in der Küche findet er den Begriff "umeinander
stolpern". Der erzählerische Rahmen von "Körperzeit" passt besonders gut zu
den Räumlichkeiten des literarischen Zentrums; die Handlung des Romans spielt
ausschließlich in einem alten Haus und dafür bieten die Fachwerkbalken im
Literarischen Zentrum ein passendes Bühnenbild. Die "szenischen Lesung" reicht
sehr nahe an ein "Kammertheaterstück" heran, dasskörperliche Bewegung, Gestik,
Kleidungswechsel Bestandteile sind und außerdem werden dramaturgische Elemente
wie Telefonklingel, Telefongespräche, Radio, Tonband, Video eingesetzt. Letzteres,
um die im Roman vorkommende Webcam
aus Finnland bzw. genauer Kotka
zu illustrieren. |
Bernd Kaftan und Valerie
Oberhof mit Rouven Costanza (Regie) in der Mitte - Julia
Hansen fehlt leider auf dem Foto | dassdie Sprache DeLillos so sehr faszinierend ist, hätte die körperliche Bewegung
der Hauptdarstellerin durchaus sparsamer oder zumindest mit größerer
Langsamkeit erfolgen können (Immerhin gibt es im Text den Bezug zum japanischen
Nô-Theater). Die Begeisterung des Publikums könnte vielleicht auch
allein über die kunstvolle Wiedergabe der sprachlichen Qualitäten im Text
gewonnen werden. Auch Schreien oder besonders lautes oder leises Sprechen hat
der Text nicht nötig - es reicht die Sprache DeLillos selbst. Dies haben Bernd
Kaftan und Julia Hansen gut ausgeführt.
| Bei
Valerie Oberhof schien das Sprechen der Handlung untergeordnet zu sein - ich hätte
mir eine unterkühltere Wiedergabe des Textes gewünscht. Andererseits ist es ihr
aber gelungen, den Gegenpol zur sprachlichen Reflexion in Form von emotionalem
Leben zu verkörpern - Körperlichkeit zu repräsentieren: zu turnen, sich mit Filzstift
Texte auf den nackten Arm zu schreiben, Geschmack und Geruch der Dinge zu betonen.
"Ich habe mich immer eins mit meinem Körper gefühlt" sagt sie an einer Stelle.
Und schließlich geht es im Titel und im Text um den Körper - "Sie wollte den Biss
des Meeres auf ihrem Gesicht spüren, den Fluss der Zeit in ihrem Körper, um zu
erfahren, wer sie war." Insofern hat Valerie Oberhof wohl genau die richtige Rolle
gespielt während ich auf Präsentation von Sprache wartete. |
Dennoch: Es ging nicht um Handlung, es ging um Worte - so dicht auf die Seele
geschrieben, dass kein Platz für billiges Lachen war - No Comedy an diesem Abend
- Gott sei Dank! Wenige anfängliche Lachversuche im Publikum verebbten ohne weitere
Versuche. Einige Passagen können sicherlich in der ersten Phase der Wahrnehmung
absurd erscheinen, entpuppen sich dann aber als Teil einer ernsthaften komplexen
Fragestellung. Diese komplexe Fragestellung scheint zu sein: "Was ist Realität
und wie bringe ich emotionale Realität und körperliche Existenz mit Sprache zusammen?"
Und jetzt
nochmal das Buch lesen und nochmal das Stück ansehen ....und heute nacht
die Bilder finnischer Straßen-Webcams
anschauen und sehen, wie nichts passiert. zum
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