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Die
Räumlichkeiten
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Programmüberblick
Literarisches Zentrums 1.3.16 - 25.6.16 Der Literaturherbst
macht im Frühling für ein Wochenende (am 15.-17.4.16 )
zusammen mit dem Literarischen Zentrum Programm.
Veranstaltungen
mit Martin Walser und Jakob Augstein 24.2.16 /
Die Veranstaltung am 5.4.16 mit Jakob Augstein lässt an eine Kampagne 2013 erinnern in der
gegen den Auftritt von Augstein beim Literaturherbst vorgangen wurde. Der
Journalist Henryk Broder hatte Augstein als "little Streicher"
bezeichnet und mit Verweis auf Broder hat das Wiesenthal-Center Augstein auf
eine Liste der Antisemiten gesetzt. Micha Brumlik meinte dazu: „Ich
verstehe, was die sich dabei gedacht haben, jemanden wie Jakob Augstein auf
so eine Liste zu heben“, Dahinter so Brumlik stehe die Absicht, auch
linksliberale Kritiker der israelischen Regierungs- und Siedlungspolitik als
Antisemiten zu bezeichnen.>>TAZ Auch die am 16.4.16 geplante Veranstaltung mit Martin Walser hat eine ähnliche Vorgeschichte und erinnert an einen noch weiter zurückliegenden Konflikt 2003 als das literarische Zentrum schon einmal Walser eingeladen hatte. In einem Schreiben an das Literarische Zentrum schrieben die Kritiker*innen damals "Wir fordern Sie auf, die Veranstaltung mit Martin Walser abzusagen." (Siehe >Bericht dazu). Schließlich teilte das Literarische Zentrum in einer öffentlichen Erklärung mit: "Nach einem ausführlichen Gespräch mit Martin Walser teilt uns dieser heute mit: "Ich habe keine Lust, mit Parolen brüllenden Leuten in einen akustischen Wettbewerb zu treten. Nach allem, was ich aus Göttingen gehört habe, ist mit einem ruhigen, ungestörten Gespräch nicht zu rechnen. Also überlasse ich die Szene den Schreiern" Zur Einschätzung der Hauptakteure möglicher Proteste >...mehr Infos |
Carolin Emcke, Lichtenberg-Poetikvorlesung
"Wider die Gewalt" /
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goest/
g.schäfer 27.8.15
/ Die Umgebung sollte zum Thema der jetzigen Veranstaltung passen meinten die Veranstalterinnen des Literarischen Zentrums. Mit der Reihe "Hausbesuch" waren sie früher in privaten Wohnungen gewesen, haben aber nun zu öffentlichen Einrichtungen gewechselt. Für diese Veranstaltung wählten sie nun die antike Gipsabdrucksammlung im archäologischen Institut. Aber bei Laokoon, der Venus usw. ist kein sexueller Akt dargestellt, sondern nur Nacktheit, immerhin eine Annäherung an das Körperliche. Von Nacktheit zu Sex ist es oft nicht weit, und es passt auch indirekt zur kritisierten Formulierung "sie rissen sich die Kleider vom Leib" Die lange Zeit tabuisierten Themen literarisch zu umschreiben, eine literarische nicht-alberne oder nicht-verklemmte Sprache zu finden, scheint auch heute noch den wenigsten Autor_innen zu gelingen. Nicht nur Männer scheitern laut Moritz dabei, sondern auch Frauen wie er meint und er verweist ausgerechnet als Beispiel auf Verena Steffen, die mit ihrem Buch "Häutungen" eine Ikone der frühen Frauenbewegung war. Jelineks Sexbeschreibungen nimmt er hingegen ernst – bei ihr sei in der Beschreibung des Sexuellen die Analyse gesellschaftlicher Verhältnisse enthalten. Gesprächspartnerin
für Rainer Mortiz wird im Literarischen Zentrum Ina Hartwig sein. Sie ist mit
dem Thema auf wissenschaftliche Weise vertraut. Sie hat 1998 ein Buch mit dem
Titel "Sexuelle Poetik. Proust, Musil, Genet, Jelinek."
veröffentlicht. (Wobei Musil im "Mann ohne
Eigenschaften" Sexuelles lediglich in gekonnten Andeutungen sprachlich
umkreist, nie und nimmer aber die Worte Klitoris oder Penis geschrieben haben
würde) Das Verdienst Moritzens ist es, den Blick auf den unzulänglichen literarischen Umgang mit der Sexualität gelenkt zu haben und literarische Qualität auch für diesen Bereich einzufordern, in dem viele Autorinnen und Autoren eher drüberhuschen oder dilettieren. Diesem Ziel würde allerdings auch dienen, wenn man gute Beispiele erwähnt oder Kriterien für einen guten literarischen Umgang mit dem Thema Sex diskutiert.
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Nora Gomringer - Monster Poems 1.7.14 Kurzrezension
(Nicole
Paschek) |
Felicitas Hoppe
Felicitas Hoppe hat die "Biographie" einer Person vorgelegt, die "Hoppe" heisst, deren Fakten nicht mit der von Felicitas Hoppe übereinstimmen aber dennoch ihrer eigenen sehr nahe kommt ... wie geht das? 20.4.12 /
Hoppe meinte: "Die Methode funktioniert nur, wenn man ehrlich ist"
- das muß ausgerechnet sie sagen, deren Lieblingsfigur angeblich Pinoccio
ist. Sie "lügt" was das Zeug hält in ihrer
"Autobiographie", wo auch "Hoppe" draufsteht, aber wo
nicht Hoppe im streng formalen Sinn drin ist.
Und dann verwirrte der Moderator Steffen Martus - Gemanistikprofessor - mit seinen Interpretationen das Publikum, sprach von den "Röhrensystemen verschiedener Motive" des Buches und griff ein Motiv heraus: den Rucksack. Im Buch erklärt die Fantasie-Hoppe einem Dirigenten, dass sie den Rucksack beim Dirigieren nicht ablegen könne , "sie brauche den Rucksack als Gegengewicht, da sie sonst von der Musik "weggetragen" werde." Tatsächlich ist Hoppe, wie Hoppe in "Hoppe", immer mit einem Rucksack unterwegs; auch im Literarischen Zentrum ist sie mit einem Rucksack angekommen, hatte ihn aber nicht mit aufs Podium geschleppt, sondern in einem anderen Raum abgelegt, weil sie befürchtete, die Leute glaubten dann, das Buch sei autobiografisch. Man kann sich zeitweise nicht dem Eindruck entziehen, dass sie sich ein wenig lustig macht über ihre ZuhörerInnen. Als es um die Interpretation einer Textpassage geht sagt sie: "Ich habe ja das Buch selbst geschrieben" und deshalb wisse sie was Hoppe da meint. Nun wandelt sich die Eulenspiegelin plötzlich in eine Philosophin. Als die Fantasie in die Ecke der Unwahrheit zu geraten schien, meinte sie: Die Fantasie speise sich doch letztlich aus der Wirklichkeit! Und auch im Falle des Rucksackes würden zwar unglaubliche Dinge erzählt, aber "die Requisiten der Wirklichkeit sind unschlagbar". Und überhaupt: Wünsche seien von existentiellem Ernst! Angeblich, so heisst es, wurde Felicitas Hoppe 1960 in Hameln geboren - ich allerdings glaube ihr nichts mehr. Aber jedenfalls hat sie den Hamelner Rattenfänger-Erzählern einen ordentlichen Bären aufgebunden und erzählt eine Rattenfängergeschichte, bei der die Entführung der Kinder sich nicht als Unglück versteht, sondern die Kinder seien in ein anderes Land entführt worden, wo sie sich nicht so gelangweilt hätten wie in Hameln. Und dann ein weiteres Motiv in des Moderators "Röhrensystem": das Motiv Eishockey. D spielt der Eishockey-Spieler Wayne Gretzky eine Rolle. Den gibt anscheinend wirklich, jedenfalls lassen sich etliche Internetseiten und Fotos von ihm finden. Hoppe sagt (war es jetzt die reale oder die fantasierte?), sie habe sich in ein Kinderbild von diesem Hockeyspieler verliebt und die reale Hoppe habe dann gegoogelt und herausgefunden, dass sie ungefähr in einem passenden Alter zu diesem Spieler ist, so dass sie sich real hätte verlieben können und es deshalb in der Geschichte gut gepasst hätte.
Hoppe lässt sich hemmungslos von der Fantasie davontragen. (Während der Lesung notierte ich despektierlich "Assoziationen wie bekifft") . Sie wandert auf einem schmalen Grat, der sie von der wirklichen Welt trennt. Die Verbindung besteht darin, dass ehrliche Wünsche von einem realen Menschn (nämlich Hoppe - real) in der realen Welt der Ausgangspunkt für die Fantasie sind. Sie scheint von der Frage getrieben, wo man wohl landet, wenn man sich völlig der Fantasie hingibt. Sie gibt auf eine gezielte Frage des Moderators zu, auch eine "hemmungslose Romantikerin" zu sein. Dabei ist sie der Meinung, durch die "hemmungslose Fantasie" käme man der Wahrheit eher auf die Schliche. So wie die Wahl der Maske beim Karneval oft etwas über die Person der Verkleideten verrät. Gerade durch die Verkleidung würde sichtbar, was sonst verborgen geblieben wäre. Der Anschein sei dabei zwar faktisch falsch, treffe aber genau. Auch ihr Buch funktioniere wie das Prinzip Karneval. Und so meint sie, mit ihrer fantasierten Biografie sei sie sich als Person auf wahrhaftigere Weise näher gekommen, als je mit einer faktischen Beschreibung möglich gewesen wäre. Ja sogar das Schreiben in Ich-Form, wäre ihr noch zu nahe gewesen, die Fantasie hätte die Distanz benötigt. |
Rainer Merkel Ankündigungstext
Lit.zentrum |
Steuerung des
Buchmarktes mit dem Hauptziel Geldverdienen?
20.1.12 / Die Buchhandelsketten von Thalia, Bertelsmann (Weltbild) Hugendubel, verdrängen die klassischen kleineren Buchläden (siehe >goest-Artikel zur Situation in Göttingen). Das Literarische Zentrum beschäftigt sich am 26. Januar mit diesem Thema darüberhinaus auch mit der Frage welche Bücher in diesem Prozess noch Chancen haben, auf den Markt zu kommen. Die Mystifizierung, dass die völlige Unterwerfung der Buchproduktion und -distribution unter Kapitalgewinninteressen mit der "ordnenden Hand" des Marktes zu legitimieren sein könnte wird am 3. Februar dann hoffentlich mit Joseph Vogl bei der Diskussion seines Buches "Gespenst des Kapitals" entzaubert, wenn er den Glaube an den Markt als pure Ideologie erschüttert. Angelika Barth, Michael Buchmann und Christian Rößner Literaturverteiler. Orte, Medien, Akteure im literarischen Leben. No. 3: Der Buchmarkt 26. Januar 2012 Donnerstag 20:00 Uhr (Diskussionsveranstaltung) Literarisches Zentrum, Göttingen VVK € 5/7 AK € 6/8 "Wer entscheidet eigentlich darüber, welche Bücher stapelweise in den Buchhandlungen ausliegen und welche es nur - wenn überhaupt - ins hinterste Regal schaffen? Wieso ist das Sortiment in den Läden während der letzten Jahre so massiv geschrumpft? Was hat sich währenddessen in den Verlagen verändert? Bei Bertelsmann wird mittlerweile angeblich von der »Todeszone« gesprochen, wenn der Gewinn unter 10% liegt. Sind die Umwälzungen tatsächlich so massiv, dass wir uns um die Überlebenschancen der Literatur sorgen müssen? Oder reden so nur die Nostalgiker und Schwarzseher? Auf unserem Podium diskutiert die Key Account Managerin des Suhrkamp Verlags, Angelika Barth, mit dem Literaturbetriebs- und Buchhandelsspezialisten Michael Buchmann, und dem Unternehmensberater Christian Rößner, der lange Jahre Führungskraft bei Thalia war. Es moderiert der Literaturwissenschaftler und gelernte Buchhändler Matthias Beilein." |
Patrick Bahners
Streitschrift "Die Panikmacher"
Eindrücke
von der Veranstaltung goest, 11.10.11 /
Aber das Interessanteste am Abend war nicht die Islamdebatte inhaltlich. Interessant war es, die Methode Patrick Bahners zu erleben. Er ist seit 10 Jahren Chef des FAZ-Feuilletons. Und es gab folgenden Wiedererkennungseffekt: der Feuilletonchef spricht so gedrechselt wie es mehrfach in den Artikeln der FAZ zu finden ist. Die Moderatorin bereitete das Publikum auf den Sprachstil Bahners vor mit den Worten: "Seine Worte sind nicht "eindampfbar" wie das z.B. für Berichterstattungen im Fernsehen notwendig sei. Ja - er differenziert, beschreibt genau, argumentiert genau ... aber verliert sich gelegentlich derart in feine und noch feinere Bestimmungen, die er in den x-ten Nebensatz einschieben muß, so dass am Ende schwerfällt den Blick auf die zentrale Aussage des Satzes gerichtet zu halten. Einmal hat er tatsächlich 5 Nebensätze eingebaut. Also ganz FAZ-Stil.
Das extreme Differenzierungsbemühen Bahners ist wirklich erlebenswert. So nimmt er die Texte der deutschtürkischen Sozialwissenschaftlerin Necla Kelek auf interessante Weise auseinander ("Die fremde Braut"). Sie berufe sich auf Empirie aber es handele sich dabei um typische Mischung von Fakten und autobiografischer Positionsbestimmung. Die Islamkritik bediene sich des Narrativs und diese "Erzählende Momente erzeugen Wirksamkeit". Nun demonstriert Bahners die Stärke der minutiösen Differenzierung indem er die Erzählungen Keleks streng logisch auf den Prüfstand stellt und aufzeigt, wo es einfach nicht stimmen kann was da erzählt wird. Anfangs hatte er das anschauliche Beispiel des Kopftuchverbots dargestellt. Die um das Kopftuchverbot herum brodelnden Meinungen und Erwägungen analysiert er unter der Überschrift "Hermeneutik des Verdachts". Und auch hier wieder die minutiöse Analyse kleiner und kleinster Aspekte bzw. häufig übersehener Aspekte. Dies führt dazu, dass er eine Sache höchst genau unter die Lupe nimmt und es dadurch gelingt das nicht argumentativ begründete als Ideologie und "wahnhaften Zug der Kopftuchdebatte" zu entlarven. Die GegnerInnen Bahners haben auf diesem Feld der hochdifferenzierten Argumentation im Kleinen wenig Chance gegen ihn und machen ihm auf einem ganz anderen Feld Vorwürfe: Er würde den großen Rahmen nicht sehen in dem das stattfände. Er vergäße al-Qaida, die Selbstmordattentäter, Hassprediger und Frauenunterdrückung. Bahners aber beharrt darauf, dass er die Sachverhalte anhand "unserer Werte" im Kleinen beharrlich durchdekliniert. Ein Beispiel: Wenn moniert werde, dass ein schweigend getragenes Kopftuch Kinder in einen inneren Widerspruch brächte, was sei dann mit jenen Kindern, deren Mutter zuhause ein Kopftuch trage, Frauen der gleichen Glaubensrichtung aber in der Schule als Lehrerin keines tragen dürften? Die radikale Verfolgung der Werte im Kleinen zeigt hier auf entlarvende Weise die Widersprüche dieser Kinder auf. Bahner nimmt also die Werte in der Kindererziehung ernster, universeller ernst. Ankündigungstext des Literarischen Zentrums: Patrick Bahners Streitschrift Die Panikmacher. Die deutsche Angst vor dem Islam ist das Gegengewicht zur inzwischen fast salonfähigen sarrazinschen Untergangspolemik. (Diskussionsveranstaltung). In seinem »Meisterwerk der Aufklärung« (SZ) prüft er unaufgeregt und sachlich die Argumente der sogenannten Islamkritiker. Er rückt Statistiken und Zahlen ins richtige Licht und durchbricht ein geschlossenes Denksystem, das sich vor allem aus Vorurteilen speist. Dabei handelt es sich keineswegs um eine Verharmlosung des islamischen Fundamentalismus, wohl aber um eine Anklage des Generalverdachts gegenüber Muslimen. (Veranstaltung am 10.10.11) Randnotiz |
Ankündigungstext Literarisches Zentrum: Gerhard Kaiser, Klaus Modick und Rainer Moritz Die Lesebühne 4. Juli 2011 Montag 20:00 Uhr (Diskussionsveranstaltung) In den letzten Jahrzehnten haben Literaturveranstaltungen enorm an Bedeutung gewonnen: für Autoren, für Verlage – und nicht zuletzt für den Leser. Höchste Zeit also nachzufragen, was diese ›Eventisierung‹ mit der Literatur anstellt. Lesen wir anders, wenn wir den Autor haben lesen und reden hören? Schreibt man anders, wenn die Lesereise bereits im Kalender steht? Und braucht das Buch im ökonomischen Zeitalter vielleicht einfach die flankierende Personality-Show? Es debattieren Leute, die sich auskennen:
Eventisierung - Inszenierung oder einfacher: Das Buch als Ware / G. Schäfer 8.7.11 / 9.7.11 / Die Ankündigung war also noch mit kritischen Fragen bestückt wie "Braucht das Buch im ökonomischen Zeitalter etwa immer eine flankierende Personality-Show?" Dann aber zog sich die Rechtfertigung der Inszenierung von Literatur schlängelnd durch die Veranstaltung. Gerhard Kaiser von der Göttinger Uni bemühte ein Zitat Schillers zu den "Räubern" (es handelte sich wohl um die "Vorrede" zu "Die Räuber") die er als Beleg für die selbstverständlich immer schon existierende Inszenierung von Literatur anführte, "Literatur war schon immer Eventisierung". Und Rainer Moritz, Leiter des Hamburger Literaturhauses stellte in den Raum: jede Lesung auch die schlichte "Wasserglas-Lesung" sei "automatisch ein Event". Was in der Ankündigungsfrage an Kritik mitschwang wurde von Kaiser vorsorglich abgeblockt mit der Bemerkung: dass es sich bei der Ablehung des Event-Rummels um einen "bildungsbürgerlichen Beißreflex" handele, "so als ob Dinge zusammengebracht würden, die nicht zusammengehören", so als ob ein "Kulturgut entweiht" würde. Und Rainer Moritz fasste es in die Worte, "die Gralshüter" würden zu früh wertkonservativ. Die Vorstellung, dass nur das reine Versenken in den Text und das Sich-Ergreifen-Lassen der richtige Umgang mit Literatur sei, den es zu schützen gelte, wurde in Frage gestellt. Moritz meinte in diesem Zusammenhang, auch eine herkömmliche Lesung könne ja "dröge" sein. In Frankreich sei man übrigens erstaunt über das deutsche Publikum, wo sich die Leute bei Lesungen so lange das alles still anhörten.
Damit
hätten sich die Vertreter des Literaturbetriebs und deren wissenschaftliche
Begleiter in der Veranstaltung erst einmal Luft verschafft vor allzu
zudringlicher Kritik. Nun konnte man mit einigen Anekdoten auch ein wenig
kritisch werden. Von Moritz wurde dann zugegeben, dass es sich bei den
Inszenierungen durch die Verlage schon um eine Art "Karneval"
handele, der veranstaltet werden müsse, damit die Sponsorengelder kommen. Längst
geht es um mehr als besonders ausgefuchste Lesungen. Die als Event
gestalteten Lesungen reichten nicht mehr aus, auch das "Lesen an
ungewöhnlichen Orten" nicht. Vielmehr, so wurde durch verschiedene
Bemerkung deutlich, könne immer häufiger eine umfassende
Vermarktungsstrategie festgestellt werden. Da werden Buchthemen,
Veröffentlichungstermine, Lesereisen und Events detailliert geplant. Zu
alledem gäbe es die Einrichtung der "Medienpartnerschaft". Die
exklusive Zusammenarbeit mit einem Medium führe zum Ende der Literaturkritik
- es gäbe in der Zeitung des Medienpartners keine schlechte Presse mehr,
alles was bei dem gemeinsamen Event passiert würde positiv dargestellt. Der
Aufwand für umfassende Vermarktungsstrategien wird natürlich nicht für alle
AutorInnen betrieben. Vielmehr, so Moritz werde in dieser Hinsicht die Kluft
zwischen armen und reichen Autoren immer größer. Das Mittelfeld habe Auflagen
von 8.000-10.000, AutorInnen im unteren Bereich kämen nur auf ca. 3.000er
Auflagen. Die vorübergehend einsetzenden kritischen Töne im Podiumsgespräch wurden bald wieder gedämpft. Es kam der Einwand, dass dies alles keine neuen Methoden seien. Schließlich habe es die Werbelawine und Werbetricks auch schon bei der Einführung des Buches "Vom Winde verweht" gegeben. Und die Einführung des Buches "Die Brücke von Remagen" wäre vom Ullstein-Verlag ähnlich wie die Potter-Vermarktung durchgeführt worden. Klaus Modick verwies nebenbei darauf hin, dass früher schon in RoRoRo Bändchen Seiten im laufenden Text eingebunden waren, die Werbung für Pfandbriefe und Obligationen oder ähnliches enthielten. Auch wenn
alles schon dagewesen sein soll: die Hamburger fanden sich nicht mit einer
Inszenierung von Literatur durch einen Atomkonzern ab. Die "Vattenfall
Lesetage" in Hamburg, jährlich bis zu angeblich 12.000 BesucherInnen
(2010) an. Vattenfall sponsert diese Lesetage, aber seit 3 Jahren regt sich
Widerstand. Es wurde eine Gegenveranstaltung aufgezogen aus Protest gegen das
schmutzige Kerngeschäft von Vattenfall. Dieser Einbruch einer anderen
gesellschaftlichen Realität in den Literaturbetrieb wurde im Gespräch kurz
erwähnt aber leider nicht weiter verfolgt. Vielmehr kam später noch mal der
zaghafte Hinweis "Es würde viele Veranstaltungen nicht geben, wenn z.B.
E-On nicht sponsern würde." Kommentar: zwei
Links: |
"Das
Eigentliche" / Iris
Hanika (Autorin, Berlin)
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"gazelle" -
multi-ethnische deutsche Frauenzeitschrift
Die Zeitschrift erscheint als Printmedium zweimal im Jahr und ist bislang vor allem in Bahnhofs- und Flughafenbuchhandlungen zu finden. Als >> Gazelle-Online ist eine Internetfassung zu finden. Statt eines migrationsbezogenen Namens wurde der eher neutrale Name "Gazelle" gewählt. Gelegentlich weist die Herausgeberin darauf hin, Gazellen seien elegant aber gleichzeitig zäh und überlebten auch unter den schwierigen Bedingungen von Grassteppen und Wüsten. Herausgeberin Sineb El Masrar ist 1981 geboren als Tochter marokkanischer Eltern. Sie ist in vorwiegend nicht-migrantischer Umgebung aufgewachsen und wurde, wie sie erzählt, erst im Alter von 21 Jahren mit der Frage Migration konfrontiert. Sineb El Masrar Im Gespräch mit Luise Rist im Literarischen Zentrum 11.11.10 Luise Rist ist Autorin, Dramaturgin, Regisseurin. 1999-2007 hat sie als Dramaturgin am Deutschen Theater in Göttingen gearbeitet. Danach war sie eine der beiden Gründerinnen des boat-people-projektes, das Theaterstücke zum Thema "Flucht" entwickelt. Nach "Lampedusa" (2009) und "Keinsternhotel" (2010) ist als nächstes ein Stück geplant, das 2011 in Kinshasa realisiert wird.
Mehrfach
kreiste das Gespräch um die Wahrnehmung, dass die Zeitschrift einerseits multiethnisch
sei, andererseits das Migrantische zugunsten der Darstellung eines völlig
normalen Nebeneinanders nicht zu sehr im Vordergrund stehen solle. Gazelle
sei eben ein "deutsches Frauenmagazin" wie andere
Frauenzeitschriften auch, "deutsch-deutsche Frauen",
"türkisch-deutsche" usw. treten hier wie selbstverständlich
nebeneinander in Erscheinung, so wie sie auch nebeneinander im selben Land
leben. Sineb El
Masrar gab mehrfach Beispiele dafür, dass sie auf jene Frauen zielt, deren
Migrationshintergrund durch den Wandel über die Generationen hinweg langsam
verblasse, die aber dennoch Elemente davon mit sich tragen. Wie ändert sich
die Gewichtung des Migrationshintergrundes über viele Generationen hinweg?
Der einzige Unterschied zwischen den Frauen ist oft nur noch, dass irgendwann
die Eltern mal aus einem anderen Land nach Deutschland gekommen seien. Wenn
solche Frauen z.B. in ihr Migrationshintergrundsland fahren, dann fahren sie
ins Ausland und nicht mehr in die Heimat. Insofern sind es deutsche Frauen
mit eben etwas "Zusätzlichem". Gazelle - Zeitschrift für die fast voll integrierte Migrantinnen? Bei der Programmankündigung durch das Literarische Zentrum hieß es: "Gazelle ist ein eigenfinanziertes und unabhängiges Frauenmagazin,(...) Gazelle ist das erste und einzige multikulturelle Frauenmagazin in Deutschland. Gazelle beschäftigt sich mit spezifischen Problemen, Bedürfnissen und Interessen der in der Bundesrepublik lebenden Migrantinnen und deutschen Bürgerinnen und bietet somit eine einzigartige Plattform zum Austausch. Gazelle fördert daher das interkulturelle Verständnis auf Augenhöhe" Im >> Interview mit Roger Willemsen für DieZeit sagte Sineb El Masrar "Ich wollte eine Zeitschrift machen für biodeutsche Frauen und solche mit Migrationshintergrund" und die Sache mit dem Hintergrund relativiert sie "Ja, man wacht nicht morgens auf und fühlt sich als Afghanin, nur weil die Eltern da geboren sind. Setzen Sie eine Ukrainerin, eine Marokkanerin, eine Deutsche hinter eine Wand, fragen Sie sie, was sie vom Leben wollen. Sie werden sie nicht unterscheiden können." Dass die Gazelle eine normale Frauenzeitschrit sein soll, belegt sie mit der Bemerkung: "Oh ja, wir haben auch die Rubrik »Mode und Schönheit«. Zu einem Frauenmagazin gehört das dazu. Auch eine intelligente Frau will die Farben der Saison kennen." und "Manchmal testen wir auch Anti-Cellulite-Cremes. Frauengewebe eben. Davon kann Aisha genauso ein Lied singen wie Helga." In den
Artikeln und dem angeschlossenen Blog und Forum finden sich nach kurzer
Recherche folgende Beispiele: Die
Anzeigenvermarktungsfima von Gazelle-Online stellt das Projekt folgendermaßen
vor: In der
Gazelle-Online wirbt die Agentur "Maam" , die von sich selbst
schreibt: ------------------- |
Ulli Lust / Heute ist
der letzte Tag vom Rest deines Lebens
/ Sept 2010
Mi.
15.9.10, 20 Uhr,
Infos
über Buch und Autorin nach einer Veranstaltung im Kabale
Veranstaltung
2010 im Café Kabale: Die aus dem Buch ausgewählten Sequenzen, die Uli Lust
über Beamer auf die Leinwand projizierte zeigen unbefangen auch Darstellungen
sexueller Handlungen. Ungeniert auch die Texte, die Uli Lust laut vorliest
und die "Ficken", "Vögeln", "Möse" erwähnen,
wie sie in der Realität eben vorkommen und auch "Puff" und
"Fut" usw. . Durch all die Unbefangenheit in der Attitüde des
anarchistischen Punkmädchens hindurch zeigt die Bildergeschichte, wie sich
bei ihr die Erkenntnis entwickelt, das es so bekloppt wie es meist läuft wohl
doch nicht das Wahre ist. Und durch die Illusion vermeintlicher Freiheit in
der Zeit der sexuellen Befreiung schimmert immer mehr die Erkenntnis durch,
es sei wichtig "Nein" zu sagen, wenn frau nicht will. Das
Nein-Sagen ausgerechnet als allein reisende junge Frau auf Sizilien lernen zu
wollen, ist natürlich eine besonders harte Nummer. Im Kontrast dazu stellt
sie ihre mitreisende Gefährtin als "nicht die hellste" dar, die
dauernd ficken will und die auch noch meint das sei Befreiung. Dereb
zeitweise mitreisender Freund meint hingegen: "die begreift nicht, dass
sie nur als Fickmaschine ausgebeutet wird". Auch wenn
nur eine Auswahl von Sequenzen präsentiert wurde, so stellte sich in der
Wahrnehmung doch ein Eindruck davon her, wie eine Comicerzählung über 450
Seiten auf literarischem Niveau stattfinden kann. Zwar legt Ulli L. nach
eigenem Bekunden keinen gezielten Wert auf "schöne" Darstellungen,
aber sie konnte es wohl nicht verhindern, dass die Darstellung der Spanischen
Treppe von Rom und auch einige Landschaftszeichnungen durchaus ästhetischen
Reiz hatten. Und zwischendurch tauchen Zeichnungen auf, die nicht ohne Humor
sind, oft auch witzig durch den Kontrast zum Text: "ich will nicht
wandern ich will nach Italien", dazu das Bild der Mädchen wie sie durch
ein Pflanzenfeld in der Steiermark irren. Oder ganz am Anfang rein
zeichnerisch am Rande verändert eine kleine Nippesfigur eines Schweines auf
dem Sideboard eines Puffs völlig realitäts-fern ihre Haltung. Die Frau hat
Humor.
Zusatzinfos >> Illustration des Buches als Video-Clip |
Nobelpreisträgerin Herta
Müller im Literarischen Zentrum
15.10.09
Das Literarische Zentrum, das im März 2009 eine Lesung mit Herta Müller für
den 21.01.2010 verabredet und im Juni 2009 bekannt gemacht hat, verlegt die
Lesung mit Herta Müller (Berlin) an einen Ort, der es ermöglicht, der nunmehr
sehr großen Zuschauernachfrage gerecht zu werden. Also findet die
Veranstaltung nicht in den Räumen des Literarischen Zentrums, sondern in der
Lokhalle Göttingen statt. |
Auszug aus dem handschriftlichen Manuskript von Uwe Tellkamps "Der Turm" 14.10.08 / Bei dem Treffen Junger Magazine, die das Literarische Zentrum im Juli 2008 organisiert hatte war u.a. auch die Zeitschrift "Edit" aus Leipzig vertreten. In ihrer damals aktuellen Nummer 43/44 hatten sie einen Auszug aus dem Manuskript "Der Turm" von Uwe Tellkamp veröffentlicht. da zu diesem Zeitpunkt von den Herausgebern des "Edit" bereits mit Hochachtung auf das Werk hingewiesen wurde haben wir ein Foto vom "Blick-hinein-werfen" gemacht. 3 Monate später nun hat Uwe Tellkamp für dieses Buch die spektakulärste Auszeichnung, nämlich den Deutschen Buchpreis des Börsenvereins erhalten.
Sa
5.7.2008, Treffen Junger Magazine , ab 21 Uhr
Sommerschlussfest
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Beispiel der Programmvorstellungen
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Leitung seit 2010: Dr. Anja Johannsen Ohne große Einführungsrituale und ohne viel Aufhebens, vielmehr leise und fast unmerklich hat Anja Johannsen zum 1. Mai 2010 ihre Arbeit im Literarischen Zentrum begonnen
In ihren
bisherigen Vorträgen und in ihrer Uniarbeit kommt zum Ausdruck, dass sie die
"Produktions-, Distributions- und Rezeptionsbedingungen" für
Literatur zu reflektieren versucht und "literarisches Handeln als
soziales Handeln in institutionalisierten Rollen" versteht. Dies lässt
vermuten, dass sie beim Betrieb eines Literaturhauses kritisch das Verhältnis
zu eingefahrenen Mechanismen des Verlagsmarketings, der Verbreitung und
Popularisierung von Literatur im Auge behält.
MitarbeiterInnen im Team - im Wandel der Jahre (bis 2004-2010)
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Literarisches
Zentrum - Programm Herbst/Winter 2003
Programmankündigungstexte
des Literarischen Zentrums 3.10.03, 20 Uhr 7.10.03 20 Uhr 11.Oktober 2003, 20 Uhr
23.10.03, 20 Uhr 31.10.03, 20Uhr Mo. 03.11.03 20 Uhr Mi. 05.11.03 20 Uhr Di. 18.11.03 20 Uhr So. 23.11.03 19:30 Uhr Veranstaltung findet
diesmal im Cinemaxx statt About being Schmidt Louis
Begley (Autor/Anwalt, New York) im Gespräch mit Joachim Otte Sa. 29.11.03 20 Uhr Fr. 04.12.03 20 Uhr Mi. 10. Do.
11.12.03 20 Uhr
Vorstand und Finanzen Im
Sommerprogramm 2003 war gelaufen: |