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Literarisches
Zentrum: Gerhard Paul Bilder
des Krieges - Krieg der Bilder 20.9.05 >
Literarisches Zentrum Gerhard
Paul, (Historiker/Sozialwissenschaftler, Flensburg) und Martin Rethmeier (Lektor/Göttingen)
gestalteten den ersten Abend im Herbstprogramm des mit zahlreichen Besucher/innen
gut gefüllten Literarischen Zentrums. >> Vita
und Veröffentlichungen von Gerhard Paul
Links,
Prof. Gerhard Paul (Flensburg) - rechts: Martin Rethmeier (V&R-Lektor) Gerhard
Paul, so die Einleitung seines Freundes Martin Rethmeier, gewichtet Bilder und
Texte in gleichem Maß: bei einem neuen Projekt kommt er mit einem Stapel
Bilder und einem Stapel Texte und beides zusammen soll dann ein Buch werden. Paul
hielt an diesem Abend im Literarischen Zentrum einen Vortrag über 150 Jahre
Geschichte der Kriegsbilder. Leider war das Gleichgewicht zwischen Bild und Wort
etwas verschoben, denn die Bilderpräsentation war für eine große
Leinwand gedacht und konnte im kleinen Format auf den Monitoren des Literarischen
Zentrums nur mit Anstrengung verfolgt werden. Erstes
Bild in der Reihe der gezeigten Fotografen aus 150 Jahren Kriegsfotografie zeigte
einen Offizier, der sich nach getaner Kriegsarbeit im Krimkrieg von seinem Adjudanten
bedienen lässt und suggeriert das, was man später Picnic War nannte,
Krieg als normale Tätigkeit, es wurden keine Toten, keine Gewalt und keine
Waffen gezeigt. >> Fotos
von Roger Fenton >> Infos
über Roger Fenton . Auch mit Filme wie "Love and War" (anzusehen
auf der Internetseite der Library of Congress) wird der Krieg lediglich als "besonderer
Umstand" dargestellt innerhalb dessen das sonstige Leben normal weitergeht.
Dies taucht auch in späteren Kriegsfotos wieder auf, die eine "Kultivierung"
der Kriegsbilder betreiben, wie z.B. mit der Darstellung eines Geige spielenden
Soldaten in der Kriegspause. Die
Inszenierung von Kriegbildern: Berühmteste
Inszenierung ist das Foto von einer amerikanischen Soldatengruppe, die 1945 in
Asien gemeinsam eine Fahnenstange mit der US-Flagge aufrichtet. Dieses Foto ist
inszeniert, zwar hat eine Flaggenhissung stattgefunden, aber die Flagge war klein
und alles sah nicht so toll aus, also wurde die Sache nochmal gestellt und wiederholt
und von Joe Rosenthal fotografiert. Grundsätzlich
lassen sich einige plumpe Inszenierungen in der Geschichte der Kriegs-Fotografie
daran erkennen, dass die heroischen Soldaten mit z.B. aufgepflanztem Bajonett
von vorne auf den Fotografen zulaufen. Beeindruckend
und erhellend waren die Informationen über das berühmte Foto des Vietnamkrieges,
das u.a. ein nacktes schreiendes Mädchen auf der Flucht vor Napalm zeigt
die ihre brennenden Kleider weggeworfen hatte. Zynische Realität war: hinter
und neben dem Mädchen waren zahlreiche Fotografen, von denen einer ungerührt
gerade seinen Film wechselt während die Kinder vor Entsetzen fliehen, u.a.
aber auch erschreckt von den Männern mit den vielen Kameras. Das neunjährige
Mädchen Kim Phúc war vom amerikanischen Fotografen Nick Uts 1972 fotografiert
worden und es wurde eine Ikone des Kriegsschreckens. Schrecklich daran war vor
allem der Zynismus, wie verbrannte Kinder erst fotografiert wurden und niemand
zuerst an Hilfe dachte. (>>Geschichte
dieses Fotos)
Auch das berühmte Foto von Robert Capa aus dem spanischen Bürgergkries,
das einen Soldaten zeigt wie er getroffen zu Boden fällt (>>Foto)
scheint nicht frei von Zweifeln bezüglich der Authentizität. Generelle
Muster im Bilderkrieg Es gibt interkulturell gültige, unabhängig
von Politik und Kultur Muster in den 150 Jahren Bildergeschichte vom Krieg: Der
eigene Tod bleibt verborgen, höchstens werden tote Gegner gezeigt, das Zeigen
unmittelbarer Gewaltanwendung wird vermieden, durchgehend wird versucht, den Krieg
als "sauberer Krieg dazustellen", Hygienisierung und Humanisierung in
der Kriegsdarstellung Einharter
Satz nebenbei - Der
Krieg soll als so etwas wie die Fortsetzung der Sozialarbeit dargestellt werden
- und Paul wörtlich: "so wollten uns das ja auch die Grünen beim
Krieg im Kosovo verkaufen."
(Gif-animation / goest ) Bilder einer
Zielkamera in der Bombe |
Krieg im
Kosovo - es kommt kein Opfer vor, kein Täter, eine Enthumanisierung des Krieges
- suggeriert
wird der "saubere Krieg", die "chirurgischen Eingriffe" -
die Bilder dazu liefern die in der Raketenbombe eingebauten Kameras selbst. (im
Original ist es eine Videosequenz, die auf der >> Nato-Homepage
abrufbar ist) "Nur
die Toten haben den Krieg wirklich gesehen" (In diesem Fall sieht man den
Tod der Bombe durch deren eigenes Auge.) | Neue
Strategien an der Kriegsbilder-Front In
der Geschichte der Kriegsbilder trat ein Wandel ein. Nach Vietnam dachten die
US-Regierungen sie müssten die Bilder kontrollieren, weil die Bilder aus
Vietnam den Antikriegsprotest gefördert hatten. Auch die Fernsehbilder von
einem toten US-Soldat, der in Mogadischu durch die Straßen geschleift wird
hatte die Wirkung, dass die US-Militärs sich dort zurückziehen mußten.
Im Irakkrieg wurden
die Bilder extrem kontrolliert, die Journalisten wurden in Gebiete gefahren wo
nichts zu sehen war. Ansonsten zeigten die Militärs die Videoaufnahmen von
Angriffen. Das Bildmaterial des Pentagon wurde von den Medien unkritisch teilweise
direkt auf Titelseiten übernommen. Aber
nun entwickelte sich der Irakkrieg zu einem Krieg der Bilder: durch das Internet
sickerten Bilder von der Gegenseite in die Öffentlichkeit. Die US-Militärs
mußtes erkennen, dass sie die Bilder nicht verhindern konnten. Deshalb begann
ein Krieg der Bilder. Skurile Vorgänge wurden bekannt: die getöteten
Söhne von Sadam Hussein mußten von Maskenbildnern für Pressefotos
hergerichtet werden, weil sie sonst nicht wirksam inszeniert werden konnten.
Die neue strategische Orientierung der US-Regierung an der Bilderfront läuft
darauf hinaus, keine Bilder mehr zurückzuhalten, sondern im Gegenteil die
Welt mit Bildern zuzuschütten und so wurde der Irak schließlich zum
hyperdokumentierten Krieg. Es
ging darum, die "Bilderhoheit" zu gewinnen, aber die USA haben den Irakkrieg
an der Bilderfront verloren. Sie haben die Wirkung der neuen Medien unterschätzt.
Einen großen Anteil daran haben die authentischen Berichte von War-Bloggern Auswahl
zur Illustration (goest)
Alternative
Nachrichtendienste
Alertnet Electronic
Iraq Cursor Cursor’s >>Al
Jazeera Link IX.
|
War-Blogs >> Kevin
Sites (Irak) (CNN Journalist) >> Where
is Raed (Irak) (Student in Bagdad) The War in Context (USA) The Agonist
(USA) Dogfood (Deutschland) Donald Sensing (USA) The American Kaiser
(USA) >> Back to Iraq (Irak)
L.T. Smash: Live from the Sandbox (Irak) | Bildersäuberung:
Gerhard Paul machte beiläufig aber eindringlich auf einen Prozess aufmerksam,
den er neuerdings beobachte: Die USA betreiben eine Art "Bildersäuberung",
eine digitale Manipulation des visuellen Gedächtnisses. Bilddatenbanken und
Archive werden durchforstet und Bilder verschwinden oder werden verändert.
Büchertisch
am Abend der Veranstaltung mit Gerhard Paul mit dessen Publikationen
Ankündigungstext
aus dem Flyer des Literarischen Zentrums: "Ein Soldat, der die Sowjet-Flagge
auf dem Berliner Reichstag hisst. Ein im Lauf sterbender Soldat im Spanischen
Bürgerkrieg. Ein nacktes vietnamesisches Mädchen nach einem Napalm-Angriff.
Lautlose Explosionen im Fadenkreuz amerikanischer Nachtsicht-Kameras. – »Moderne
Kriege sind immer auch Kriege der Bilder. Sie werden durch Bilder legitimiert,
sie setzen sich in Bildern um, sie werden in Bildern erinnert«, sagt Gerhard Paul,
der mit "Bilder des Krieges - Krieg der Bilder" eine Geschichte
des visuellen Kriegsjournalismus geschrieben hat. Zugleich ist diese ein gelungener
Versuch, auf die Bildinstrumentalisierung der kriegsführenden Parteien aufmerksam
zu machen, die ihre Taten seit jeher mit Kriegsdarstellungen rechtfertigen, heroisieren
oder verharmlosen. Dass Bilder vom Krieg angesichts ihrer ständigen Präsenz
für uns im Wohnzimmer schon zum Krieg selbst geworden sind, kann diesen nur
recht sein. In einem bildunterstützten Vortrag und einem anschließenden
Gespräch mit dem Historiker und V&R-Lektor Martin Rethmeier (Göttingen)
blättert Paul in unserem kollektiven Bildgedächtnis."
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