Theaterprojekt
KAZ und JT: "Gedächtnis einer Stadt" >
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zum 40jährigen Jubiläum
Foto: (c) Dorothea Heise / Gedächtnis einer Stadt, Uraufführung auf dem Platz vor KAZ/JT Uraufführung/Premiere:
20.5.17, 20 Uhr Es war zu erwarten, dass es knallevoll würde; war es auch. Eine der vielen Bühnen war am Anfang leicht auszumachen, vorne an der Gaststätte. Die anderen Bühnen und Spielorte entdeckte man erst nach und nach, wenn dort jemand auftrat. Der Eröffnungsgong von Nils König mit den riesigen Gong-Instrumenten kam aus der rechten Säulen-Nische des Hauses. Eine Weile suchte man nach dem Menschen, dessen Stimme dann über den Lautsprecher schallte, irgendwann konnte man ihn auf einem extra installierten Podest hoch oben auf dem Dach des gegenüberliegenden Hauses an der Hospitalstraße entdecken, vorschriftsmäßig angeseilt und auf dem Podest hin und her gehend. (Das Podestgeländer ist auf dem Dach im untenstehenden Foto zu sehen)
Dann richtet der Blick sich auf eine andere Spielstätte, auf die Dachterrasse des Restaurants gegenüber vom KAZ/JT wo der ChantyChor sang. (Man muß KAZ und JT zusammenschreiben, denn nie war die Zusammenarbeit enger und produktiver zwischen beiden.) Die Akrobaten des KAZ erhielten erwartungsgemäß begeisterten Beifall für ihre wunderbare Wasser-Schwimm Choreografie auf der trockenden Bühne. Auf dem Balkon vom KAZ-Spiegelsaal im ersten Stock war der KAZ-Chor zu hören, zwischendurch die Dialoge der Schauspieler*innen und der Bewohner*innen von Veneta. Die professionellen Schauspieler*innen des JT gaben dem Ablauf einen gewissen dramaturgischen Halt. Den roten Faden der Handlung zu verfolgen war dennoch etwas schwierig, aber dafür war dauernd etwas anderes los. Eigentlich hatte ich die Ankündigung des Projektes mit dem Begriff "Spektakel" für übertrieben angesehen, aber genau das war es: ein riesiges Spektakel, bei dem an jeder Ecke des Platzes plötzlich eine neue Show loslegte. Bei dem Versuch einen ruhigeren Stehplatz zu finden, landete ich z.B. ausgerechnet an 1,50 m hohen Kisten, auf die aber plötzlich schwarzgekleidete Jugendliche zurannten und sie mit ihren wirbelnden Parcours-Sprüngen überquerten - die Einordnung in eine Handlung des Stückes blieb mir schleierhaft - aber es sah toll aus. Dass der Hubschrauber in der Luft während der Parcoursprünge auch noch dazugehörte, wurde erst zur Gewisseheit als er um den Platz kreiste. Dann sangen wieder Kinder auf dem Balkon mit vollem Körpereinsatz - leider waren sie zu leise - ein Grundproblem bei Chören Open Air. Später ein Beatles-Lieder-Chor außer Rand und Band mit very indisch akzentuiertem Englisch. Eine als Polizisten vekleidete Truppe bevölkerte die Bühne und zeigte sich widersprechende Verkehrsregelungsgesten. Auf der Straße hielt ein Wagen des städtischen Bauhofes mit ca. 15 Umleitungsschildern und verstreute Kork-Krümel. Ein Polizeiblaulichteinsatz läutete die Ankunft des Londonbusses ein in dem der Kängeruh-Darsteller vom JT mit dem Basketball-Maskottchen angeliefert wurden. Am anderen Ende des Platzes ragte irgendwann der 20 Meter hohe Arm eines Teleskop-Krans in den Abendhimmel und machte mit gelbem Blinklicht auf sich aufmerksam. Gegen Ende der Vorstellung hing daran ein großes Transparent mit rotem Herz und der Aufschrift "Inka willst du mich heiraten? Chiller" - wobei unklar war, ob das auch zum Theaterstück gehörte. Bei einigen Ereignissen konnte man nicht ganz sicher sein, ob sie zum Theaterstück gehörten oder einfach nur passierten ohne Zusammenhang mit dem Proejkt. Hätte sich irgendjemand hingestellt und irgendetwas gesungen, getanzt oder sonstwie agiert - man hätte geglaubt, es gehöre vielleicht doch dazu. Die Projektleiterin Vanessa Wilcke stand neben dem Ton-Steuerungszelt auf einem Podest und gab mit hochgehaltener roter Fahne Zeichen an die Spielenden, den Blick auf den Ablaufplan gerichtet. Tobias Sosinka rief jeweils über Funk "grünes Mikro auf , blaues Mikro zu" oder ähnliches ans Zelt mit der Tonsteuerung. Ballett, Break-Dance und HipHop gab es auch auf den Bühnen. Eine Schotten-Rockband in Schotten-Röcken spielte Rock. An einen Dudelsackspieler erinnere ich mich. Auf der Hospitalstraße rasselten als Wikinger o.ä. gekleidete Personen in Schwertkämpfen aneinander. Unmöglich alles wiederzugeben was da abgelaufen ist. Es entstand der Eindruck, dass irgendwie jede*r in der Stadt etwas zu so einem gemeinsamen Spektakel beitragen könne. Aber beim Bier in den Sesseln eines angrenzenden Lokales bemerkte eine Freundin, es sei doch auffällig, dass Flüchtlinge, die nun schon so viele Monate in unserer Stadt etwas verändert haben, nicht als Gruppierung vorgekommen wären, auch wenn auf einem Lastwagen übergroß der Schriftzug "Flüchten" angebracht war. Habe ich was vergessen - ja sicher, bestimmt sogar! Mein Gedächtnis! |
Symposium zu dem Theaterprojekt Am Tag der Uraufführung am 20. Mai um 12 Uhr im Theatersaal des JT. Das
Stück folgt Motiven von Jura Soyfers "Vineta.
Das Projekt "Gedächtnis einer Stadt" hat sich - anlässlich des 40jährigen Bestehens des KAZ und des 60jährigen Jubiläums des Jungen Theaters - mit theatralen Mitteln auf eine Recherche zur Geschichte von JT und KAZ begeben. Die Recherche begann mit der Geschichte der beiden Kultureinrichtungen, bis hin zu den Visionen der Teilnehmer für die Zukunft des Otfried-Müller-Hauses. Am Ende des Projekts steht nun die Präsentation der Ergebnisse im Rahmen dieses Open-Air-Theaters. |