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Göttinger Keller
Heizungskeller im Alten Rathaus - Heisslufttechnik
Gefängnisraum im Alten Rathaus
Allgemeines über Göttinger Keller
Franziskanerkloster auf dem Wilhelmsplatz
Keller Akademie der Wissenschaften - Südseezauber?
Keller des Kaufmannshauses Rote Straße

>Stadtarchäologie Lünemanngelände / Gutingi
>Denkmale / Historische Stätten in Göttingen
>Jüdisches Ritualbad in der Roten Straße

Tourist-Information Altes Rathaus, Markt 9 37073 Göttingen Tel. +49(0)551/49980-0 und 19433 Fax +49 (0)551/ 49980-10
tourismus@goettingen.de   Öffnungszeiten: April-Oktober: Mo - Fr 9.30 - 18 Uhr, Sa, So 10 -16 Uhr November-März: Mo - Fr 9.30-18, Sa 10-13 Uhr

Die Besichtigungstour, die von der Touristik angeboten wird, kostete 10 DM und dauert ca. 1,5 Stunden. Die Bilder entstanden während der Stadtführung von Frau Christel Rosky am 9.Mai 2001

Bild rechts: Stadtführerin Frau Rosky während der Gedenkfeier für Lichtenberg Februar 2004

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Heizungskeller im Alten Rathaus - Heisslufttechnik
Unter dem ehemaligen alten Ratssitzungssaal im Alten Rathaus befindet sich ein Keller, der als Heizung benutzt wurde. Es handelt sich dabei um eine "gotische Heizung" als Fußboden- und Warmluftheizung die 1369 bei der Erweiterung des Rathauses eingebaut wurde (das Rathaus wurde ca. 1270 gebaut). Ein Raum in dem Holzfeuer gemacht und dabei die Steinwände wie auch Steine auf einem darüberliegenden Gitter erhitzt wurden. Nachdem der Rauch durch Fenster verzogen und das Heizmaterial vollständig verbrannt war, wurden die Bennmaterialreste entfernt und nun erzeugte die gespeicherte Wärme der Steine einen Heisluftstrom. Ein so beheizbarer Raum wurde Dorntze genannt.

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Im Fußboden des alten Ratssaales befanden sich 12 Löcher, die mit herausnehmbaren Deckeln verschlossen waren. Wenn die Ratsleute im Winter tagen, hatte jeder sein eigenes Heizungsloch, das er nach Belieben öffnen oder schließen konnte und konnte z.B. so warme Luft unter seinen Umhang strömen lassen.

Gefängnisraum im Alten Rathaus
Nachdem eine neue Heizungsanlage gebaut worden war (1405) wurde der Heizungskeller mit Vorraum und Holzlagerraum 1580 -1620 als Arrestzelle benutzt.
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Mit Gefängnis wurde bestraft, wer wegen Ruhestörung auffiel, wer Frauen schlecht behandelte, wer wegen schlechten Lebenswandels auffiel. Die Gerichtsbarkeit war für eine Stadt nicht selbstverständlich, aber Göttingen, zweitweise sogar Hansestadt, hatte dieses Recht bei kleineren Delikten. Auf dem Sandstein der Türrahmen eingravierte Inschriften verweisen auf Namen von Gefängnisinsassen : z.B. Hans Hacken, der gegen die Hygienevorschriften verstieß weil er 1581 in die Wasserversorgungsquelle Göttingens, den den Reinsborn  gepinkelt hatte. Weil er sich so über die Strafe ärgerte verunreinigte er den Reinsgraben nach Haftverbüssung erneut auf eine Art, die sich auf seinen Namen reimt, so dass er ein zweites Mal ins Gefängnis kam.

Als Zeichen seiner Bürgerschaft, die ihn auch zum Besitz eines Gewehrs und der Verteidigung der Stadt verpflichtete gravierte der mehrfach eingebuchtete Hans Borken auch ein Gewehr-Symbol in den Stein.
Auch ein anderer namens Heinrich Frien saß zweimal. Das erste Mal 1586 saß er, weil er eine Frau bedrängte, "ihm zu Willen zu sein" und zwar saß er so lange bis er einwilligte, sie zu heiraten um die Schande wieder gut zu machen. Das zweite Mal - reichlich absurd - saß er, weil er "seinen ehelichen Pflichten nicht nachkam".
Der Dritte, der sich im Stein verewigt hatte, war ein gewalttätiger Gesell, namens Zacharias Schwartzen.  Als er einem Bürger im Ratskeller eine Kanne auf den Kopf gehauen hatte wurde er im Jahre 1600 inhaftiert, 1604 wurde er erneut festgenommen, weil der unter Mordverdacht stand. Er wurde erst ein Jahr später gegen die Zahlung von 500 Talern Kaution freigelassen.
Insgesamt war die Gefängniszelle jedoch nur für kleinere Strafen im Tages und WOchenbereich gedacht. Für Fälle nachgewiesenen Mordes wurden die Personen übrigens der höheren Gerichtsbarkeit unterstellt, weil die Stadt nicht für "peinliche Verbrechen" wie Mord zuständig war. Todesstrafen wurden dann an der Gerichtslinde auf dem Leineberg vollzogen.

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Inschrift des gewaltätigen Zacharias Schwartzen im Gefängnis

Allgemeines über Göttinger Keller
Keller wurden früher eigentlich nur ab Rote Straße aufwärts gebaut und zwar im relativ reichen Göttingen für die Einlagerung von Gerste und Fässern, z.T mit der idealen Lagertemperatur von +2 °C . Bis zum Alten Rathaus wurde die Stadt nämlich regelmäßig durch die Leineüberschwemmung geflutet und das Alte Rathaus selbst steht nur z.T auf festem Fundament, z.T. quasi auf Pfählen.
Die Keller waren verhältnismäßig groß gewesen, so groß, dass z.B. in der Roten Straße heute 3 Häuser über einem einzigen damaligen Keller entstanden sind. Über die vielen Keller entstanden Gerüchte: z.B. wurde vermutet, dass das gesamte Stadtgebiet von untereinander verbundenen Kellern durchzogen sei, dass die Keller eine Verbindung zu dem einzigen Frauenkloster der Stadt hätten, dass es unterirdische Fluchtwege mit Ausgängen vor den Stadtmauern gäbe usw. . Neben den vielen zu besichtigenden Gewölbekellern in denen heute Kneipen sind: z.B. Nörgelbuff, Weinstein, Blue Note, Trou gibt es noch interessante Objekte im Wall wo jede Menge Keller sind und z.B. auch im Wall am Botanischen Garten, den sogenannten Fledermauskeller.

Franziskanerkloster auf dem Wilhelmsplatz

keller11.jpg (12946 Byte)Unter dem Wilhelmsplatz, wo heute bei verträglicher WItterung des nächtens hundert Jugendlicher rumhängen, befand sich früher ein kleines aber vollständiges Franziskanerkloster - daher übrigens auch der Name Barfüsser Straße, die vom Wilhelmsplatz zur Weender führt. Die Klosterarchitektur orientierte sich an dem "Ideal-Bauplan aus St. Gallen" und dazu gehörte ein separierter Hygienebereich, sprich Klo. Dieser Bau ist im Keller des Foyers für internationale Beziehungen erhalten geblieben und wird archäologisch erforscht.

Im Grunde handelt es sich um eine riesige Zisterne, interessant ist, dass für die Allgemeinheit ein großer Gemeinschaftsdonnerbalken existierte, es für den Abt jedoch ein einzelnes stilles Örtchen gab von dem aus, wie im linken Bild oben zu sehen ist, ein eigener Zugang zur Zisterne führte.

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Keller / Zisterne des ehemaligen Franziskanerklosters - Bild links, Blick an die Decke, wo der Fallkanal des Abtes zu sehen ist - die anderen Klo..sterbrüder hatten ein davon getrenntes Klo...rohr. Bild rechts .. Grube , in der auch allerlei Geschirr und Abfall landete.

Keller Akademie der Wissenschaften - Südseezauber?
Im Haus der Akademie der Wissenschaften in der Theaterstraße befindet sich an der rechten Seite ein Holzanbau unter dem sich der ehemalige Eingang zum Keller des Besitzers einer "Belustigungsstätte" befand. Belustigungstätte heißt soviel wie Biergarten.
Über dem Bogen des Gewölbes finden sich Reliefe eines Löwen und Gesichter, bei denen man eine Anknüpfung an Südsee-Insulaner vermutet, dasszur damaligen Zeit die Geschichten von Herrn Forster und Cook in Göttingen zu einem Südseefieber geführt hatten.

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Keller unter der heutigen Akademie der Wissenschaften

Zu der Vermutung des Zusammenhanges zwischen dieser Stukatur mit einer ehemals verbreiteten Göttinger Südsee-Euphorie ein Kommentar aus   qualifizierter Quelle:
"der Zusammenhang mit der vermuteten Südsee-Euphorie erscheint mir durchaus stichhaltig, dassForster von Kassel aus, wo er am Carolinum als Lehrer wirkte, häufig Göttingen besuchte und ein gern gesehener Gast und Redner bei gesellschaftlichen Anlässen war. Die Südsee war durch die Reisen Cooks in der Tat bei kulturbeflissenen Bürgern seinerzeit als "paradiesische Gegenwelt" sehr angesagt. Was nun die Abbildung  betrifft, so gibt sie meines Erachtens ikonographisch keinen Hinweis auf eine Anleihe bei irgenwelchen Südsee-Vorlagen. Entweder ist sie Ergebnis einer fiktiven Südsee-Vorstellung des Stukateurs oder sie ist, das erscheint etwas realistischer, in Anlehnung an gängige Vorstellungen von Indianern Südamerikas entstanden (denn dorthin führten ja in etwas späterer Zeit auch namhafte Expeditionen, die von der Allgemeinheit wahrgenommen wurden).
Es gibt allerdings von der Zweiten Reise Cooks, an der ja die beiden Forsters teilnahmen, bildliche Darstellungen von Häuptlingen der Tonga-Inseln, der Marquesas-Inseln und der Neuen Hebriden (hergestellt von dem Maler William Hodges, im Jahr 1777 als Kupferstiche veröffentlich und massenhaft vertrieben), die entfernte Ähnlichkeiten mit der Stukatur aufweisen! Vielleicht also doch ein Hinweis in diese Richtung?" (aus der Mail eine Ethnologie-Wissenschaftlers) - siehe auch > Südseeforschung in Göttingen

Keller des Kaufmannshauses Rote Straße

Es handelt sich um das älteste Steinhaus der Stadt und zeugt von erheblichem Reichtum der ehemaligen Besitzer. Denn eine romanische Säule im Keller konnte sich nur leisten der viel Geld besaß. Die Rote Straße war Teil einer Salzstraße, eines Kauf- und Handelsweges und das Haus im Besitz von Kaufleuten. Der Keller war ursprünglich quasie der Eingang des Hauses. Von der Straße kam man erst durch den Keller, wenn man ins Haus hinein wollte. In diesem Keller finden noch weitere Ausgrabungen statt.

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Gewölbekeller mit romanischer Säule in der Roten Straße