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Alcan / Novelis / Hindalco
Aluminiumwerk in Göttingen

Novelis und seine Einbindung in einen global agierenden Konzern
Email aus der Mitarbeiterschaft / Stellungnahmen von Novelis und IG Metall
Die Geschichte 2005-2007 aus ArbeitnehmerInnensicht

Foto unten: Gesamtansicht des Aluminiumwerkes in Göttingen / Foto: goest



Novelis und seine Einbindung in einen global agierenden Konzern

Die langezogene mit Aluminium verkleidete Werksfront in der Weender Landstr. / Hannoverschen Straße war 75 Jahre als "Alcan" bekannt und der neue Name Novelis dringt nur langsam ins Bewußtsein der Göttinger Bevölkerung vor. Wenig beachtet hat hier in Göttingen ein Global Player einen Standort entwickelt, der mit einem milliardenschweren indischen Konzern verbunden ist. Die Aditya Birla Group hat über ihre konzerneigene Firma Hindalco das nach dem Verkauf durch Alcan nur kurzzeitig selbständige Noveliswerk aufgekauft und in eine weltweite Strategie der Aluminiumherstellung und Verarbeitung eingebaut. Damit ist Novelis Teil einer Konzerngruppe mit 100.000 Beschäftigten geworden


Ansicht Alcan/Novelis von der Hannoverschen Straße / Foto: goest

Novelis, eine Tochtergesellschaft von Hindalco Industries Limited, ist der weltweit führende Hersteller von Aluminiumwalzerzeugnissen und Recycler von Aluminiumdosen. Das Unternehmen ist in 11 Ländern geschäftstätig, beschäftigt ca. 12.900 Mitarbeiter und wies 2006 einen Umsatz von 9,8 Mrd. USD aus. Novelis kann Kunden in ganz Asien, Europa, Nord- und Südamerika mit hochwertigen Aluminiumwalzerzeugnissen versorgen. Mit hochmodernen Produktionsanlagen beliefert das Unternehmen Kunden in der Automobil- und Transportbranche, der Getränke- und Nahrungsmittelverpackungsindustrie, der Baubranche, der Druckindustrie und anderen Industriesektoren mit Aluminiumblechen und -folien.>> www.novelis.com Novelis betreibt einige der "modernsten Walzanlagen der Welt und ist der weltgrößte Hersteller von Aluminium-Walzerzeugnissen.


Novelis Aluminiumfolien-Rollen-Lager 2010 /
Foto: (c) goest mit freundlicher Genehmigung während des Rundgangs mit dem Verpackungscluster

Novelis ist auch das weltgrößte Unternehmen zur Wiederaufbereitung von Aluminiumgetränkedosen. Die Produktlinien ("Value Streams") in Göttingen sind Konservendosen, Lebensmittelbehälter ("Can"), Litho (Alufolien zur Fotobeschichtung) und Kartuschen. Zu Novelis gehört auch eine Beteiligung am Aluminiumhersteller Alunor in Neuss - mit mehr als 2000 Beschäftigten und eines der größten Aluminiumwerke der Welt. Von dort bekommt Novelis Göttingen das Aluminium zum Walzen geliefert. Ausserdem gehört auch ein Aluminiumwerk in Nachterstedt zu Novelis, eines der großen Industrieunternehmen im Raum Sachsen Anhalt.
Novelis in Göttingen gibt für 2010 als Personalstand ca. 828 MitarbeiterInnen (incl Auszubildende) an.
In Göttingen befinden sich u.a. die Abteilungen Verkauf, Technischer Kundenservice, SCM Produktion, Instandhaltung, Personalabteilung, Controlling, Finanzen, Rechtsabteilung, Metallplanung IT, Einkauf

 

Umsatz 2006

Mitarbeiter

Walzprodukte

Primärproduktion

Novelis

9,8 Mrd USD

12.500

2.960 kt

110 kt

Hindalco Industries Limited ist Asiens größter integrierter Hersteller von Primäraluminium sowie ein führender Kupferproduzent. Das in Mumbai, Indien, ansässige Unternehmen wies für das am 31. März 2007 endende Rechnungsjahr Umsätze in Höhe von ca. 4,3 Mrd. USD aus. , mit Sitz in Mumbai, Indien, ist das Flaggschiff-Unternehmen der Aditya Birla Group, einem multinationalen Mischkonzern mit einem Jahresumsatz von 14 Mrd. USD und einer Marktkapitalisierung von über 23 Mrd. USD. >>www.hindalco.com

Hindalco gehört zur indischen Aditya Birla Group (vergleichbar mit Thyssen Krupp in Deutschland) . Nach dem Tod des Patriarchen Aditya Birla 1995 ist es dessen Sohn Kumar Mangalam Birla der eine vielfach beachtete neue Strategie fährt und enorme Umsatzsteigerungen erzielte: Marktkapitalisierung von 31,5 Mrd USD, 100.000 MitarbeiterInnen, in 25 Ländern tätig . Zur Birla Group gehören die Firmen Grasim, UltraTech, Idea Cellular, Aditya Birla Nuvo, Novelis, Hindalco.

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Email aus der Mitarbeiterschaft / Stellungnahmen von Novelis und IG Metall

14.2.11 / Die Goest-Redaktion hat ein Schreiben bekommen, deren Absender sich als "Mitarbeiter der Firma Novelis" Sorgen um die Arbeitsplätze bei der Firma Novelis machen und dem Betriebsrat Untätigkeit vorwerfen. Wir dokumentieren den Brief und die Stellungnahmen dazu.

Email von Mitarbeitern

Hallo; Wir sind Mitarbeiter der Firma Novelis in Göttingen und versuchen gegen ein sich abzeichnendes Missmanagement anzukämpfen. Das werden wir bis auf weiteres anonym tun und ausserhalb der Firma. Daher wenden wir uns an die Medien.

Missmanagement bei Novelis zu Lasten der Mitarbeiter?
Am 9.2. teilte das europäische Management mit das Teile der Verwaltung im Jahre 2011 an einen Dienstleister in Bulgarien verlagert wird. Was bedeutet das für die Mitarbeiter: In Deutschland werden ca. 25 Verwaltungsmitarbeiter im Bereich der Buchhaltung ihren Arbeitsplatz verlieren. Im 2ten Schritt dürften weitere Teile der Verwaltung in Europa folgen. Welche Anzahl an Mitarbeiter davon betroffen sein wird ist nicht abzuschätzen. Die daraus resultierenden Einsparungen entsprechen ca. der Produktion eines Arbeitstages im Werk Göttingen. Die Folgekosten (bzgl. Prozessänderungen; Nebenkosten der Verlagerung etc.) sind offen und daher der Zeitpunkt einer Amortisierung rein spekulativ. Ich würde mal mindestens 5 Jahre ansetzen bis Break even.
Diese Meldung an sich würde nicht besonders nachdenklich machen; jedoch: Der Konzern Novelis (mit Werken in Göttingen, Nachterstedt und dem Sauerland in Deutschland) fährt im Geschäftsjahr 2011 einen Rekordgewinn vor Steuern ein. In dem gleichen Geschäftsjahr wird bekannt gegeben, dass das Werk für Folienprodukte in Bridgenorth /England geschlossen wird. Das bedeutet, dass insgesamt ca. 300 Mitarbeiter in einem Rekordjahr abgebaut werden. Die Werke für Folienprodukte stehen seit geraumer Zeit zur Disposition. Was mit diesen geschehen wird ist offen. Sicher scheint, dass ein Verbleib im Konzern äußerst unwahrscheinlich ist. Hier ist eine Schließung oder ein Verlauf [Anmerkung der goest-red.: soll wohl Verkauf heissen] denkbar (Werke im Sauerland, Luxemburg und Frankreich).
Alle Werke sind profitabel; jedoch ist die erziele Rendite anscheinend nicht ausreichend in den Augen des Managements. Investitionen werden seit Jahren zurückgehalten; so dass die Prozesse bei Anlagen oder auch in der Verwaltung veraltet sind. Im schwachen Konjunkturjahr 2008 wurde das Walzwerk in Rogerstone (Wales) geschlossen. Die Folgen sind das nun Walzkapazität fehlt und so die Marktnachfrage nicht immer befriedigt werden konnte. Profitable Produkte wurden auf "nicht strategisch" gesetzt und damit nur bei freier Kapazität bedient. Die Folge daraus dürfte jedem klar sein. Weiterhin wurden den Mitarbeitern Zugeständnisse bzgl. Einkommen etc. abgerungen. In Rogerstone waren die Mitarbeiter bereit auf 30% der Bezüge zu verzichten. Auch das war nicht ausreichend.
Der Betriebsrat in Deutschland erinnert an eine Marionette; welcher angehört wird, ohne dass Aktivitäten etc. von dieser Seite ausgehen. Hier gilt dann primär der Weg des geringsten Widerstandes. Von einer Mitarbeitervertretung erwartet man sicher anderes. Insgesamt gewinnt man den Eindruck, dass das Management primär auf kurzfristige Kennzahlen und Börsenentwicklungen orientiert ist; als an eine langfristige Marktpositionierung. Somit bleibt festzustellen, dass das Management der Novelis sich primär damit beschäftigt die egoistischen Ziele zur Einkommenssicherung des Managements und seiner Helfer betreibt und die Mitarbeiter die Wertigkeit von Produktionsmitteln bekommen. Da ist dann die Frage zu stellen, wann man preiswertere Produktionsmittel findet; welche man in die europäischen Werke schafft. Spätestens in der nächsten Konjunkturflaute dürften Massenentlassungen und erhebliche Einschnitte in den europäischen Werken anstehen.

(siehe hierzu die Gegendarstellung des Gesamtbetriebsrates)

Auf Anfrage erreichte uns 14.2.11 eine Stellungnahme von Joan Chesney (Communications Novelis Europe, Warrington UK)
"Novelis ist derzeit in Gesprächen mit seinen Arbeitnehmervertretungen über Vorschläge einige Aktivitäten im Rechnungswesen outzusourcen. Wie alle erfolgreichen Unternehmen muss auch Novelis beständig seine Abläufe und Aktivitäten neu bewerten - das ist Teil des Geschäftslebens in einer Welt globalen Wettbewerbs. Wo immer Veränderungen anstehen die unsere Mitarbeiter betreffen, wir besprechen und beraten dies so früh wie möglich; und das ist in der Tat auch das, was wir hinsichtlich der vorgeschlagenen Änderungen tun. Sollten diese Vorschläge umgesetzt werden, wird Novelis sicherstellen, dass alle Schritte unternommen werden die dazu beitragen, diejenigen die davon betroffen sind, rücksichtsvoll und fair zu behandeln."

Manfred Zaffke, 2. Bevollmächtigter IG Metall Süd-Niedersachsen-Harz nahm 14.2.11 Stellung zu den angeschnittenen Fragen:
"Die IG Metall Süd-Niedersachsen-Harz kann die in dem Schreiben angekündigte Betriebsänderung (geplante Verlagerung des Rechnungswesen nach Bulgarien) seitens der Novelis bestätigen. Der Betriebsrat wurde in der letzten Woche darüber in Kenntnis gesetzt. Aus unserer Sicht ist nicht auszuschließen, dass noch weitere Funktionsbereiche zu einem späteren Zeitpunkt betroffen sein können. Der Betriebsrat wird gemäß Betriebsverfassungsgesetz alle notwendigen Schritte zur Klärung der Auswirkungen auf die Belegschaft einleiten und entsprechende Maßnahmen mit der Geschäftsführung beraten.(...) Fakt ist aber, dass aus Sicht der IG Metall die angekündigte Verlagerung des Rechnungswesen nach Bulgarien ökonomisch nicht nachvollziehbar sind. Novelis ist nachweisbar ein hochprofitables Unternehmen. Das erwünschte und errechnete Einsparungsvolumen (das aber seitens der Arbeitnehmer stark bezweifelt wird), welches durch diese Verlagerung bewirkt werden soll, hat aussschließlich das Ziel einer Profitmaximierung. Die IG Metall wird zusammen mit dem Betriebsrat und Belegschaft versuchen, diese falsche Unternehmenentscheidung abzuwehren."

 

Gegendarstellung des Gesamtbetriebsrates der Novelis Deutschland GmbH
Am 16.3.2011 erreichte uns ein Schreiben des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden der Novelis Deutschland GmbH in dem er als Erwiderung auf die Veröffentlichung der Email von Novelis-Mitarbeitern die Veröffentlichung einer Gegendarstellung verlangt, die im folgenden dokumentiert wird.

In der Ausgabe der Göttinger Stadtinfo vom 14. Februar 20011 wird die Email von Mitarbeitern der Firma Novelis dokumentiert, die unter der Überschrift "Missmanagement bei Novelis zu Lasten der Mitarbeiter?" überschrieben ist. Diese von der Göttinger Stadtinfo wiedergegebeme Email enthält in Bezug auf den Gesamtbetriebsrat (im Bericht als Betriebsrat von Deutschland bezeichnet) der Firma Novelis Deutschland GmbH unzutreffende Tatsachenbehauptungen, die der Gesamtbetriebsrat hiermit und nachstehend richtig stellt:

Unrichtig ist die Behauptung:
Der Betriebsrat in Deutschland sei angehört worden betreffend,
- der Schließung des Walzwerkes in Rogerstone (Wales),
- der nicht immer zu befriedigenden Marktnachfrage,
- der Setzung von Produkten auf "nicht strategisch",
- der Bereitschaft der Mitarbeiter in Rogerstone auf 30% ihrer Bezüge zu verzichten,
- die Aussage "die Werke für Folienproduktion stehen seit geraumer Zeit zur Disposition",
- des Verbleibs der Werke für Folienprodukte im Konzern,

Und es seien keine Aktivitäten etc. von dem Betriebsrat in Deutschland ausgegangen.

Wahr ist: Der Betriebsrat in Deutschland, d.h. der Gesamtbetriebsrat der Novelist Deutschland GmbH ist zu den in der Email angesprochenen und vorgenannten Punkten nicht angehört und auch sonst nicht beteiligt worden. Die in der Email der Mitarbeiter angeführten Tatsachen sind nicht Gegenstand der Erörterungen der Firma Novelis Deutschland GmbH durch ihr Management mit dem Gesamtbetriebsrat gewesen - weder in der Vergangenheit noch aktuell. Da eine Anhörung nicht stattgefunden hat betreffend der in der "Email der Mitarbeiter" dargestellten Tatsachenbehauptungen waren dem Betriebsrat Aktivitäten nicht möglich, wobei dahingestellt sein kann, ob die o.g. Tatsachenbehauptungen in Bezug auf die Firma Novelis zutreffend sind.

Unterzeichnet von Ingo Schmidtke,
Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats Novelis Deutschland GmbH, Werk Lüdenscheid

der Text im Kasten wurde aus dem Brief (siehe Faksimilie unten) auf diese Webseite übertragen

 

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Die Geschichte 2005-2007 aus ArbeitnehmerInnensicht
(Nach Informationen aus: Göttinger Betriebsexpress 2005 / 2007)

Ehemals Alcan / Eingang mit Namensschild 2005

Firmengebäude Alcan/Novalis
/ Foto goest

Aus Alcan (1930 - 2005) wird Novelis und dann Novelis/Hindalco

1. Alcan wird Novelis

Seit 1930 gehörte dieses Werk zum kanadischen Konzern Aluminium Ltd. Canada (Alcan). 2005 mußten die Göttinger sich umgewöhnen: 75 Jahre Alcan in Göttingen sind Geschichte. Als der Alcan-Konzern im Jahr 2003 den französischen Aluminiumhersteller Pechiney aufkaufte, war das Maß für die europäischen Kartellwächter voll: der Alcan-Konzern hatte eine beherrschende Vormachtstellung auf dem Markt erreicht, so dass die Genehmigung für das Geschäft nicht erteilt wurde. Die Konzernlenker entschlossen sich dazu, einen Teil des Alcankonzerns in einen Schwesterkonzern auszugliedern. So entstand die Firma Novelis Inc., der weltgrößte Hersteller von Aluminiumwalzprodukten. Die gesamte Produktion von gewalztem Aluminium (Bleche, Alufolien, Getränkedosen, Tablettenverpackungen wurde in die neue Firma überführt. Die weltweite Konzernzentrale von Novelis wurde aus Toronto in Kanada nach Atlanta in den USA verlegt.
Bei den Finanztransaktionen wurde die neue Schwesterfirma von Alcan kräftig mit ca. 3 Milliarden Dollar Schulden belastet . Auf diese Weise konnte der Mutterkonzern sich hervorragend sanieren. Und es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass in den Konzernzentralen schon zu diesem Zeitpunkt einen Verkauf von Novelis im Auge hatten.

Die Geschicke der fünf deutschen Noveliswerke mit ca. 2.500 KollegInnen werden jetzt von Göttingen aus geleitet. Aber sie bekommen ihre Anweisungen von der Europazentrale in Zürich, die das Sagen über alle 12 europäischen Standorte hat. Diese Zentrale hat den deutschen Standorten ein Sparpaket verordnet, das eine Senkung der Personalkosten um 5 Millionen Euro vorsieht. Im Werk Nachterstedt in Sachsen-Anhalt gibt es bereits einen Sanierungstarifvertrag.
In Göttingen sollen die etwa 970 Arbeitsplätze um ca. 60 reduziert werden. Einige Kündigungen sind schon erfolgt und die weiteren Entlassungen folgen dem üblichen Muster: vorgezogener Ruhestand, keine Verlängerung von Zeitverträgen und so weiter. Obwohl in Europa die produzierte Menge um 1,2% gegenüber 2004 gewachsen und der Gewinn um glatte 35 % gestiegen war.

2007 Die Alcan-Schwesterfirma Novelis wird von Hindalco (Indien) gekauft

Am 13. Februar wurde den Beschäftigten erst durch Zeitungslektüre bekannt, dass ihre Firma vom indischen Hindalco-Konzern gekauft werden soll. Für den Betriebsrat kam es ebenfalls überraschend Selbst der Vertreter der Göttinger IG-Metall im Aufsichtsrat von Novelis Deutschland Gerd-Uwe Boguslawski wusste nichts Näheres. Anzeichen eines Wechsels waren lediglich ein stetiger Aktienkurs und Besuchergruppen im Werk, die sorgfältig von den KollegInnen abgeschirmt worden waren.

Von Novelis künstlich produzierte Schuldenlasten der zum Verkauf stehenden Firma mußten von den Beschäftigten ausgebadet werden

Für die KollegInnen waren die letzten zwei Jahre nicht besonders angenehm. Wegen der enormen Schuldenlast wurde ihnen ein gewaltiges Sparpaket aufgedrückt. Investitionen wurden immer zurückgestellt und die europäische Zentrale in Zürich verlangte den Abbau von 100 Stellen in Göttingen. Immer wieder hat der Betriebsrat versucht, die Manager in Zürich davon zu überzeugen, dass ein rascher Abbau von Arbeitsplätzen in Göttingen, wo der Konzern richtig Geld verdient und wo auch reichlich zu tun ist, fehl am Platze ist. Es wäre sicher möglich gewesen, über einen Zeitraum von 5 Jahren durch natürliche Fluktuation die Anzahl der KollegInnen zu verringern. Aber trotz voller Auftragsbücher in Göttingen haben die Manager in der Zentrale auf einem schnelleren Stellenabbau bestanden. So wurde also 2006 ein Sozialplan verhandelt, mit dem die 100 Stellen innerhalb von zwei Jahren gestrichen werden sollen.

In dieser Situation hoffen die KollegInnen natürlich, dass der neue Investor in Göttingen einiges zum Guten wendet. Offensichtlich ist ja zunächst einmal, dass der indische Investor genug Kapital für den Kauf des Konzerns und für die Übernahme der 2,5 Milliarden US-$ Konzernschulden hat. Immerhin soll Hindalco 6 Milliarden US-$ für den Kauf von Novelis hinblättern. In der indischen Finanzwelt gilt das durchaus als 'Megadeal'. Hindalco ist seit längerem im Kupfer- und Aluminiumgeschäft international tätig. Nicht nur in Asien - auch in Kanada und Australien hat Hindalco Produktionsstätten. Hindalco hat in den letzten Jahren ein gewaltiges Wachstum hingelegt, das dem Konzern 2006 zu einem Gewinn von 370 Millionen US-$ verhalf. Aber Hindalco ist sehr viel kleiner als Novelis und daher wohl nicht in der Lage, so viel Kapital aufzubringen. Allerdings gehört Hindalco zur Aditya Birla Gruppe, einem indischen Mischkonzern, der von Textilfasern über Zellstoff und Zement bis zu Telekommunikation in allen möglichen Feldern Geschäfte betreibt. Die Aditya Birla Gruppe wird zur Zeit auf einen Börsenwert von ca. 10 Milliarden US-$ geschätzt. Auch für sie ist Novelis also ein ziemlich großer Brocken. Tatsächlich kommen nur ca. 0,45 Milliarden US-$ aus der Schatulle der Birlagruppe. Die restlichen 5,5 Milliarden US-$ werden bei einem amerikanisch-schweizerisch-holländischen Bankkonsortium zusammengeliehen.

Betriebsratsvorsitzender Wildner hoffte, dass sich durch den neuen Investor die Schuldenlast des Noveliskonzerns sich verringern würde. Tatsächlich scheint es die Absicht des Investors zu sein, Novelis weitere 2,5 Milliarden US-$ Schulden aufzudrücken. Da Hindalco bisher kein Werk in Europa hat, ist es vorerst unwahrscheinlich, dass die deutschen und anderen europäischen Werke dicht gemacht werden. Vielmehr könnte die Fusion mit dem indischen Konzern auch für die Novelisprodukte neue Märkte erschließen. Und da Hindalco selbst Rohaluminium erzeugt, könnte Novelis etwas aus der Abhängigkeit vom ehemaligen Mutterkonzern Alcan befreien.

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