Klinikum:
Bericht der Putzfrau A. 1.9.03
In
der Öffentlichkeit wurde massive Kritik an der Reinigungsfirma "Elwa"
wegen der Art des Umgangs mit ihren Arbeitskräften laut. >siehe Hintergrundinformationen.
Der Vertrag des Klinikums mit Elwa wurde gekündigt. Die Firma Elwa
hat prozessiert und steht nun plötzlich wieder auf der Matte. Hier der
Bericht einer Betroffenen über das was so an Ereignissen und Gefühlen
abläuft.
(Redaktionelle Anmerkung: - Also dieses Schreiben hat uns stark berührt
... wollten wir nur mal hier anfügen. Zwischenüberschriften sind
von uns)
"Also
ich habe im Januar bei Firma Dorfner angefangen und hauptsächlich im OP-Bereich
des Klinikums aber auch auf Station und in anderen Bereichen gearbeitet,
wo es um Desinfektion ging. Zuletzt habe ich in der Nachtschicht gearbeitet
und alle Aufgabengebiete der drei Schichten kennengelernt. Habe ein paar
Kollegen, die bei Elwa Clean vorher gearbeitet haben.
Die Betroffenen werden im Unklaren gelassen
Ich gebe zu, dass ich seit gestern ein absolutes Gefühlschaos und ebenso
ein absolutes Gedankenchaos in mir trage. Ich verstehe es nicht! Mich
berührt auch weniger die Kündigung, klar, mache auch ich mir Sorgen um
meine Existenz, aber ich hoffe, dass da etwas bereit steht für mich. Ich
muß es nur finden.
Was mich so aus der Bahn wirft, ist der Psychostress, der durch Firma
Elwa Clean entstanden ist. Der Psychostress, welcher durch *das Klinikum*
hervorgehoben wurde. Wir Arbeitsfrösche (grüngekleideten Reinigungskräfte)
kommen uns nun von allen Seiten veräppelt und verheizt vor. Ich habe nichts
mehr zu verlieren, und deswegen erzähle ich mal grob, was die letzten
vier Wochen bei uns ablief:
Keiner wußte dass der Gerichtstermin der Firma Elwa Clean im August stattfindet.
Bis dahin war auch alles diesbezüglich ruhig und niemand rechnete wirklich
nocheinmal mit dem Auftauchen der Firma. Eines Tages kam eine Person und
erzählte, Elwa Clean hätte gewonnen und würde am 1.9.03 wieder im Klinikum
zur OP-Reinigung antreten und wir würden alle entlassen werden. Wir glaubten
das alle nicht, weil wir ja von überall nur hörten, diese Firma kommt
nicht mehr rein.
Ach da fällt mir noch etwas ein....bevor meine Chefin (Objektleitung)
in Urlaub ging, sprach ich sie aus hohlem Bauch heraus an, ob es sein
könnte, dass die Firma Elwa Clean ein Angebot abgegeben haben könnte.
Ich begründetete das rein auf meinem Gefühl. Weil einige merkwürdige Dinge
passiert waren und ich mir nicht vorstellen konnte, dass das von den Mitarbeitern
des Zentral-OP gesteuert wurde. Nein dafür arbeiteten wir zu gut Hand
in Hand mit dem Personal.
Ich sagte ihr damals Anfang August, dass da irgendwas nicht stimmt, das
sei kein Zufall mehr und sie wollte nach dem Urlaub nachhaken. Auch verstand
ich nicht das ausgesprochene Hausverbot und trotz dessen kleinere Aufträge
an Elwa Clean. Naja gut ,das Hausverbot galt wohl nur für den ZOP?? Als
sie aus dem Urlaub wiederkam, bekam auch sie die Dinge zu hören, die wir
zu hören bekommen hatten von der einen gewissen Person und sie hakte nach.
Hm...da kam dann nur heraus, dass Elwa Clean den Prozess gewonnen habe,
sie aber *niemals* mehr den OP betreten werde. Lt. den wichtigen Persönlichkeiten
im Hause ;)
Extreme Arbeits-Anspannung - und gleichzeitig im Unklaren gelassen
Wir alle machten unsere Arbeit weiter und standen unter extremster Spannung,
weil letzendlich keiner wußte wie es nun enden wird. Immer mehr Gerüchte
flossen in den OP Bereich, bei Diebstählen fiel der Verdacht sofort auf
uns, falsch verpackte und versorgte Gegenstände wurden in Containern gefunden
auf Station und sofort fotografiert und uns vor die Nase gehalten. Gott
sei Dank konnte festgestellt werden, dass wir das nicht waren, sondern
Hauseigene.
Dann hörten wir noch, das Elwa Clean Leute einstellt für den 1.9. ...Vorstellungsgespräche
fanden statt, es wurde sogar im OP angerufen von intern (intern heißt,
dass irgendjemand irgendwo im Klinikum stand und von dort aus telefonierte)
und gesagt, dass man sich für den 1.9.bewerben wollte. Warum über unsere
Nummer? Zufall oder doch gezielte Weichklopferei?
Glaubt mir es ist nicht einfach, dort in einem so sensiblen Bereich, wo
es darum geht Menschenleben zu retten, ja wo es um Menschen geht....unter
so einer Hochspannung weiterzuarbeiten und sich nicht auf die Gerüchte
(Tatsachen?) einzulassen, sondern weiterhin die Arbeit ordentlich zu erledigen
und vor allem zusammenzuhalten.
Eines der Bettenhäuser des Klinikums - Tag und Nacht genug zu tun ..("ich
liebe unser Klinikum" ironisches Graffiti in einem Aufzug des
Klinikums.
Gut letzten
Freitag am 22.8.03 erfuhren wir, dass Firma Dorfner gekündigt sei und
uns war allen klar, was das bedeutet. Trotzdem wurde uns nur Mut gemacht
und wir wurden vertröstet. Noch mehr Spannung. Die letzte Woche nun, war
, ja ich muß es so sagen, der reinste Horror für uns. Wir hörten nur....nein,
die kommen hier nicht rein, keine Sorge. Wir alle dachten darüber nach
und versuchten positiv zu denken, gaben nocheinmal alles an Arbeitskraft,
sprangen für Krankheitsfälle ein, damit nur nicht das Personal des OP
darunter leidet.Ich möchte betonen, dass wir uns untereinander einig waren
und nur im erlaubten Rahmen arbeiteten. Wir sind ein sehr gut eingespieltes
Team, was sich gegenseitig hilft, wenn es zu so einer Notsituation kommt.
Und das finde ich, sagt eine Menge über unser Team aus.....!
Was mich etwas ärgert, dass bis zum heutigen Tage sich niemand der oberen
Herrschaften des Klinikums hat blicken lassen. Nicht ein Wort an uns,
nicht eine Silbe der Aufklärung...und dieses, ja nun könnt ihr mich gerne
verklagen, finde ich eine riesen Sauerei.
Ich finde es eine Unverschämtheit, einen so sensiblen Bereich eines Krankenhauses
so im Stich zu lassen und dort soviel Unruhe reinzubringen!
Und ich gehe noch weiter, dort wo es darum geht Menschenleben zu retten,
werden Menschenleben systematisch zerstört auf einer anderen Ebene. Und
nur weil es billiger ist??? So eine Führung hat nichts in einem Krankenhaus
verloren! Und ich kann nur den Kopf schütteln darüber, dass sie soviel
Skandale auf sich lasten lassen und nicht endlich mal Rückgrat
zeigen und dieses Spiel beenden!
Wenn ich nun der Leitung unrecht tue, so bin ich gerne bereit mich aufklären
zu lassen und für einige Zeit den Job zu wechseln, damit ich die Problematik
erkennen kann in den hohen Reihen. Ich bin mir aber 100 % sicher, dass
ich Lösungen schaffen kann! Ganz einfach weil ich nicht nur das Dollarzeichen
im Kopf habe! Sondern mein Herz am rechten Fleck und eine große Portion
an Menschenkenntnis.
Die Kollegen die früher bei Elwa waren ..
Ach und ich möchte hier noch etwas zu meinen Kollegen sagen, die früher
für Firma Elwa Clean gearbeitet haben: Diese haben damals Mut bewiesen
und ich habe sie nun über ein halbes Jahr erleben dürfen. Sobald der Name
Elwa Clean auch nur angedeutet wurde....bekamen sie Panik, wurden nervös.
Sie mußten erst einmal lernen, dass man frei heraus sagen kann, was einem
unter Kollegen nicht gefällt und sie mußten ersteinmal lernen, dass Mund
aufmachen nicht heißt : Kündigung oder Mobbing, oder auf Knien zur Strafe
den Fußboden schrubben zu müssen. Sie mußten lernen, dass man sich anschreien
kann und Kritik üben kann und es hinterher vergessen ist und eben keine
Schikane folgt.
Ja wir sind zusammen gewachsen und gerade in den letzten zwei Monaten,
haben haben wir wie Pech und Schwefel zusammen gehalten, trotz einiger
persönlicher Streitereien!
(...) Da ich privat *Lichtarbeiterin* bin, konnte ich über ein halbes
Jahr sehr viel lernen im Klinikum. Und sehr viel beobachten und vielleicht
auch ein wenig zur Beruhigung beitragen. Mir ist der Mensch sehr viel
wert, mehr wert als jegliches Geld. Und mir ist es wichtig, dass nicht
die Patienten dort darunter leiden müssen, denn das tun sie über kurz
oder lang. Das bleibt ja gar nicht aus, wenn systematisch Unruhe gesät
wird und auch irgendwann Ärzte und Pflegepersonal nervlich unten sind.
Gruß an die Mitarbeiter/innen
Falls mein Brief hier veröffentlicht wird, so wäre es mir sehr wichtig,
wenn dieser Satz mit drin steht:
Ich grüße alle Mitarbeiter/innen der vier Spangen und bedanke mich für
eure Fairness und eure lieben Gesten! Ich bedanke mich für Eure Hilfe
und dafür, dass Ihr euch nicht zu fein wart auch mal nett mit der *Putze*
XXX und den anderen meiner Gruppe einen netten Plausch zu halten. Es hat
wirklich sehr viel Spass gemacht mit Euch zu arbeiten und Ihr wart es,
die mir/uns letztlich die Kraft gegeben haben, bis zum bitteren Ende durchzuhalten
*schluchz*
Ich habe eine Hochachtung vor euch allen, denn das was ihr täglich leistet
, ist mit Worten nicht mehr zu beschreiben. Ich habe in der Zeit soviel
lernen dürfen und bin einfach nur dankbar einen Teil meines Lebens bei
euch verbracht haben zu dürfen. Ein Danke an euch alle!!! Ich knuddel
euch alle virtuell, denn persönlich werd ich es Montag nicht schaffen,
oder doch? ;)
So ...das war erstmal ein gefühlsausbruch....in meinen nächsten freien
Tagen werde ich wieder klar denken können und dir auf jeden Fall noch
etwas sachliches zukommen lassen:)"
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