Sacre du printemps Aufführung am 7.9.13 in der Göttinger Lokhalle 9.9.13 / G. Schäfer / Auf eine Sache
wartete ich sehr gespannt: wie würde die pentetrant andauernde Wiederholung
eines archaisch dumpfen Rhytmus vergleichbar dem Takt einer Dampflok vom
Publikum aufgenommen werden. Ich wartete vergebens. sollte ich eine derart
markante Stelle überhört haben, weil sie nur moderat gespielt
worden war? Unmöglich! Ist dieser wesentliche Teil aus Strawinskys
Musik "herausgekürzt" worden? Ich bin immer noch irritiert
und kann es noch nicht glauben dass dieser Teil wirklich gefehlt haben
könnte. Die von anderen Sacre-Ballett-Aufführungen gezeigte
Dramatik und Archaik war in Göttingen weitgehend unterschritten,
bis auf das furiose Solo Ufuoma Essi, bei dem sie sich symbolisch für
die Befreiung von auferlegten Zwängen von den aufgenötigten
mehrfach übereinander angezogenen Kleidungsstücke mit Körperwindungen
befreite und sie schließlich vom Leib riß (was augenscheinlich
ganz ihrem kraftvollen Temperatment entsprach). Korrespondierend zu dieser auffälligen Milderung in der Musik war auch die Chroeografie ausgerichtet. Unter der Beteiligung von zahlreichen Kindern und Jugendlichen konnte die Aufführung offenbar nicht den Opfertod eines jungen Mädchens zum zentralen Punkt der Choregrafie machen, sondern thematisierte Entwicklung, Einschränkung und Befreiung eines Mädchens von der Kindheit zum Erwachsenwerden. Das wurde von den beteiligten professionellen TänzerInnen gut dargestellt, mittendrin als Darstellerin des jungen Kindes die Tanzschülerin Moana Krewenka überzeugend intensiv dabei. Alexander Teutscher und Marie Theres Zechiel - die symbolischen Eltern - zeigten wunderbare Ausschnitte aus ihrem Können und haben sicher dazu beigetragen, dass etliche ZuschauerInnen nach zukünftigen Modern Dance - Aufführungen Ausschau halten (z.B. in Wolfsburg). Die Beteiligung von Tanzschülerinnen sowie von Kindern und Jugendlichen aus verschiedenen Schulen wirkten etwas unverbunden mit dem Hauptteil, der von den Professionellen getanzt wurde. Aber die gesamte Veranstaltung war auch mehr als ein abgezirkeltes Konzert/Ballett-Ereignis; es war durch die Beteiligung einer so großen Zahl an Aufführenden (MusikerInnen und Tanzenden) wie auch des Publikums in zwei ausverkauften Aufführungen und den Zusatzuveranstaltungen im Foyer der Lokhalle rundum ein gesellschaftliches Ereignis. Erfreulicherweise wurde durch die kostenlosen Veranstaltungen im Foyer und durch die Vergabe von Freikarten an die Schulen das Gefühl vermittelt: hier geht es vor allem erst einmal um die Sache selbst, um die Kunst, die Musik, das Ballett. Der tosende Beifall des Publikums galt damit sicher auch dem Gesamtkonzept. Vor dem Festival schrieben die VeranstalterInnen: "Das Festival möchte durch die Aufführung von "Sacre du printemps" mit einem fast 80-köpfigen Ballettensemble (...) in der beeindruckenden Kulisse der Göttinger Lokhalle bei Jung und Alt das Interesse an klassischer Musik und Modernem Tanz wecken." Sagen wir mal "Mission erfüllt!"
Resumeè der Veranstalter "Festival "Sacre du Printemps" großer Erfolg! Fast 3000 Menschen bejubeln emotionale Choreographie auf 3 Lichtbühnen 10.9.13 / Text der Veranstalter:
Während bei Judith Karas
Choreographie zu Beethovens 5. Sinfonie – der "Schicksalssinfonie"
– noch die Musik im Vordergrund stand und die 17 Tänzerinnen ihrer
Ballettschule das Werk mit eindringlichen Tanzbildern untermalte, zog
sie bei Strawinskys "Le Sacre du Printemps" alle Register der
tänzerischen Ausdrucksmöglichkeiten und zauberte eindrucksvolle
Szenen in das farbige Bühnenlicht. Dabei gelang es ihr wunderbar,
den Alterstufen und tänzerischen Fähigkeiten der Schülerinnen
und Schüler entsprechende Tanzbilder zu entwerfen, die neben den
faszinierenden und großartigen Auftritten der SolistInnen in ihrer
Einfachheit und Frische emotional berührten. So erfreuten die Drittklässler
der Albanischule mit ihren Kuscheltieren das Publikum genauso wie die
schon sehr professionell wirkenden Tanzformationen der Ballettschul-Mädchen. Dass das Publikum ergriffen
und gebannt die Auftritte verfolgte, lag aber nicht zuletzt an der expressiven
und rhythmischen Musik Strawinskys, die das GSO in einer Präzision
und musikalischen Qualität darbot, wie man es nicht oft bei dieser
schwer zu spielenden Musik erleben kann. Christoph-Mathias Mueller führte
das Orchester eindringlich und mit faszinierenden Spannungsbögen
zu einer Höchstleistung wie selten zuvor und vollendete so den Genuss
der Tanzaufführung. Zum
Schluss gab es tosenden Beifall für alle Beteiligten; und das sowohl
für die Schülerinnen und Schüler aus dem MPG, der Montessorischule,
der Albanischule und der Oberschule Groß Schneen als auch für
die wunderbaren Solistinnen und den Solisten und das großartig aufspielende
Orchester. Dieses
hatte am Samstag Nachmittag bei der "Tanzreigen"-Veranstaltung
im Lokhallen-Foyer zusammen mit Schülerinnen und Schülern aus
Musikklassen der IGS und des Hainberg Gymnasiums Ausschnitte aus Werken
von Strawinsky und Beethoven gespielt und die stolzen Kinder, die zum
Teil erst ein Jahr ihr Instrument lernen, glücklich gemacht. Auch
die jungen Tänzerinnen und Tänzer zeigten ihr Gelerntes auf
fröhliche Weise in Kurzauftritten und rundeten so den Nachmittag
ab. -------------Ankündigungstexte----------------------------------------------
14.8.13 / goest / Als der Kulturpromoter Nils König die Ballettschulen-Inhaberin Judith Kara im Rahmen ihrer Zusammenarbeit (u.a. bei der Kunst-Gala) fragte, was "die größte Sache" für sie wäre, die sie sich zu bewerkstelligen wünsche, da meinte sie, das Größte sei, einmal "Sacre du printemps" zu choreographieren. Wie schon die Umsetzung von großen, komplexen und anspruchsvollen Projekten wie "il treno" von John Cage und Daniel Otts Raum-Musik zeigten schreckt Nils König vor solchen Herausforderungen nicht zurück. Und wie mit den genannten ungewöhnlich anspruchsvollen Projekten tritt auch das neue Projekt "Sacre du printemps" in große Fußstapfen. Schließlich wurde "Sacre du printemps" schon von Pierre Boulez und auch Pina Bausch (in zwei übrigens grundlegend unterschiedlichen Versionen) choreographiert. >>Video Pina Bausch, >>Video Pierre Boulez Auch die Musik selbst hat es in sich! Als das Stück vor 100 Jahren in Paris uraufgeführt wurde, da tobte das Publikum ... vor Empörung! Es sind, wie der Chef des GSO in der Pressekonferenz mitzuteilen wußte, damals sogar Stühle geworfen worden! Allzu ungewohnt schockierte Strawinsky damals das Publikum mit seiner Musik, die ganz und gar nicht den Erwartungen lieblicher Musikfreuden entsprach, sondern teilweise düstere, archaische Rhytmen und frappierende Dissonanzen beinhaltete. Auch heute noch mag mancheinem der Atem stocken wenn die voodoo-ähnlichen Passagen des Stückes erklingen. Wer den leidvollen Weg Strawinskys bis zur schließlichen Anerkennung von "Sacre" und Strawinskys Biographie, insbesondere seine Liaison mit Coco Chanel bildlich erleben möchte, sei auf den Film "Igor&Coco" von 2003 verwiesen. (>>10 minütige Fassung des Konzerts im Film , er enthält eine Nachempfindung des Skandals um die sacre du printemps - Uraufführung) Das Göttinger Vorhaben weckt auch eine Erinnerung an ein anderes international Aufsehen erregendes Projekt: und zwar an "Rythm is it". Tanzpädagoge Royston Maldoom probte in 6 Wochen mit 250 Kindern und Jugendlichen aus 25 Nationen eine Aufführung von Igor Stravinskys Ballett Le sacre du printemps kombiniert mit professionellen TänzerInnen (>>40 minütiges Video) Dabei wurde die persönliche Entwickung von beteiligten SchülerInnen in der anschließenden Berichterstattung hervorgehoben. Zuerst erschienen sie unmotiviert, ihre Lehrer hielten sie für überfordert, aner schließlich legten sie eine umjubelte Aufführung hin. Auf einen Vergleich mit "Rythm ist it" angesprochen winkte Nils König ab, die exorbitanten finanziellen Bedingungen und personellen Ausstattungen des Rythm-Projektes würden keinen Vergleich mit dem Göttinger Projekt erlauben. "Rythm ist it" hat möglicherweise dazu inspiriert, ebenfalls eine große Zahl von SchülerInnen in die Göttinger Aufführung auf verschiedene Weise einzubinden. Am Samstag, den 7.9.13 werden im Foyer der Lokhalle zunächst bei freiem Eintritt SchülerInnen der Albanischule, Montessorischule, IGS, dem Hainberg Gymnasium, der Oberschule Groß Schneen und des Max-Planck-Gymnasiums Tanzvorführungen zeigen und auch an der abends stattfindende "Sacre"-Aufführung mit großem Ballettensemble beteiligt sein: "Es tanzen professionell ausgebildete Tänzerinnen mit semiprofessionellen Tanzstudentinnen sowie Laien der Göttinger Ballettschule Art la Danse. Ergänzt wird das Ensemble durch 4 Schulklassen verschiedener Göttinger Schulen, die tanzpädagogisch ein etwa ein halbes Jahr lang zuvor von der Choreographin wöchentlich begleitet und unterrichtet wurden Das gesamte Ensemble besteht aus etwa 80 Tänzer/innen (8 Solisten, 20 Ballettschülerinnen, 50 Schüler/innen)"
Das Festival-Programm: Freitag | 6.9.2013 | Lokhalle
Göttingen Samstag | 7.9.2013 | Lokhalle
Göttingen, Foyer Samstag | 7.9.2013 | Lokhalle
Göttingen -----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Das 1913 in Paris uraufgeführte Balett "Sacre du Printemps" von Igor Strawinsky ist ein Schlüsselwerk der Moderne in der klassischen Musik. Als Ballettmusik hat es unzählige Choreographinnen und Choreographen zu immer neuen Versionen angeregt und so die Entwicklung des modernen Tanzes stark beeinflusst. Aus Anlass seines 100-jährigen Geburtstags wird das Stück im Rahmen des Festivals "Sacre du Printemps – ein Festival für Modernen Tanz und klassische Musik" am 6. und 7. September 2013 in der Göttinger Lokhalle vom Göttinger Symphonie Orchester unter der Leitung von Christoph-Mathias Müller zusammen mit einem großen Ballettensemble aufgeführt. Neben der zentralen Aufführung von "Sacre du printemps" wird eine für dieses Festival entwickelte moderne Tanzchoreographie zu Beethovens 5. Sinfonie zu bewundern sein. Beide Choreographien stammen von Judith Kara. Das Festival möchte durch die Aufführung von "Sacre du printemps" mit einem fast 80-köpfigen Ballettensemble auf 3 großen , kreisrunden Bühnenelementen in der beeindruckenden Kulisse der Göttinger Lokhalle bei Jung und Alt das Interesse an klassischer Musik und Modernem Tanz wecken. Dazu werden Schüler/innen von Judith Karas Göttinger Ballettschule Art la Danse und der Göttinger Albanischule, der Oberschule Groß Schneen, der Montessorischule, des Max-Planck-Gymnasiums, des Hainberg Gymnasiums und der IGS Geismar ein halbes Jahr in Tanz- und Musikworkshops an die klassische Musik und den modernen Tanz herangeführt. Durch die Zusammenarbeit mit professionellen Tänzer/innen und Orchestermusiker/innen sollen sie für die Ausdrucks- und Entfaltungsmöglichkeiten durch Tanz und Musik begeistert werden. Neben der Mitwirkung der Tanzschüler/innen an der großen Ballettaufführung präsentieren alle Schüler/innen in der "Tanzreigen"-Veranstaltung des Festivals am Samstag Nachmittag die Ergebnisse ihrer Workshop-Arbeit in Form 20-minütiger Tanz- und Musikaufführungen. Möglich wird dieses Festival durch die kooperative Zusammenarbeit des Göttinger Symphonie Orchesters mit der GWG als Veranstalter und die großzügige finanzielle Unterstützung der Stiftung Niedersachsen, der Niedersächsischen Sparkassenstiftung und der Sparkasse Göttingen, der Göttinger Kulturstiftung und der Stadt Göttingen, der Stadtwerke AG, der Städtischen Wohn ungsbau GmbH und der GWS sowie der AKB Stiftung der Familie Büchting und der Klosterkammer Hannover, die insbesondere die umfangreiche Jugendbildungsarbeit des Projekts unterstützen. Veranstalter: Göttinger Symphonie Orchester (GSO) und Gesellschaft für Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung Göttingen (GWG) Projektpartner: Göttinger Ballettschule Art la Danse, Albanischule, Hainberg Gymnasium, IGS Göttingen, Max-Planck-Gymnasium, Montessorischule Göttingen, Oberschule Groß Schneen Künstlerische Leitung: Christoph-Mathias Mueller (GMD) und Judith Kara (Choreographin) Projektkoordination: Nils König Organisationsleitung Lokhalle: Julia Mausch |