Martin Walser - Veranstaltung und Absage >>
externer Link > interner Link Kurze Zusammenfassung Für den 11. Oktober 2003 plante das >Literarische Zentrum eine Veranstaltung mit Martin Walser durchzuführen. Moritz von Uslar (Autor/Dramatiker, Berlin) sollte Martin Walser mit der Technik seines speziellen Interviews befragen. 100 freche, unerwartete Fragen, die schnell beantwortet werden müssen und deren Beantwortung im Magazin der Süddeutschen Zeitung abgedruckt werden. U.a. hat er damit schon Mick Jagger und Hillary Clinton im Interview gehabt. Bei
der Vorstellung des Herbstprogramms schien es fast so, als ob die Veranstalter
die mögliche Problematik der geplanten Veranstaltung mit Martin Walser in Göttingen
nicht realistisch einschätzten. Martin Walsers hatte am 11. Oktober 1998, eine
Rede anlässlich des an ihn vergebenen Friedenspreises des Deutschen Buchhandels in
Frankfurt gehalten. Und in bezug auf die Frage, wie heute mit der Erinnerung an
den deutschen Faschismus, bzw. der Schuld umgegangen werden solle, hat er
fragwürdige Äußerungen gemacht. Ursula Apitzsch meinte dass er "als Angehöriger
der intellektuellen Elite der Bundesrepublik indirekt die Deutschen zum Vergessen
ermunterte" . Gegen die in Göttingen geplante Veranstaltung wurden Proteste angekündigt und das Literaturzentrum wurde in einem Schreiben aufgefordert, die Veranstaltung abzusagen. Die Veranstaltung, so gab das Literarische Zentrum am 7.10.03 bekannt, wird nun ersatzlos gestrichen. |
Stellungnahme
des Literarischen Zentrums Presserklärung 7.10.03: Stellungnahme zu der von verschiedenen Gruppen und Personen (u.a. OLAfA/ Offene Linke Alles für Alle) geforderten Absetzung der Gesprächs-Veranstaltung mit Martin Walser und Moritz von Uslar im Literarischen Zentrum Göttingen am Sa., 11.10.03 Die geplante Veranstaltung des Magazins der Süddeutschen Zeitung und des Literarischen Zentrums mit dem Schriftsteller Martin Walser und dem Journalisten Moritz von Uslar geht auf Initiative des Literarischen Zentrums Göttingen zurück. Das Literarische Zentrum hat während seines dreijährigen Bestehens einen wesentlichen Schwerpunkt auf das offene Gespräch zwischen Gästen und Moderatoren, zwischen Publikum und Podiumsgästen gelegt. Wir glauben, dass solche offenen Gespräche mit und über Autoren oder Bücher, Regisseure und Filme, Wissenschaftler und Wissenschaft, Medienmacher und Medien ein zuverlässig wirksames und nachhaltiges Mittel sind gegen Intoleranz, Indifferenz und doktrinäre Systeme. Literatur und Kunst entsprechen am meisten menschlicher Vielschichtigkeit. Wir glauben an das Fröhliche in der Literatur ebenso wie an ihr Tragisches und setzen auf die heitere zerstrittene Ehe von U und E, von Unterhaltung und Ernst. Bei der Veranstaltung mit Martin Walser und Moritz von Uslar ging es uns darum, die Gesprächsform, die von Uslar für seine "100 Fragen" zuvor u.a. an Mick Jagger, George Clooney oder auch Hillary Clinton erfolgreich erprobt hat, live und erstmals mit einem Schriftsteller erlebbar werden zu lassen. Ein Gespräch sollte hergestellt werden, das Publikum sollte daran teilnehmen und sich ein Urteil bilden. Dieses Gespräch sollte stattfinden im Rahmen der Zentrums-Gesprächsreihe, für die zuletzt unter anderem Sigrid Löffler mit W.G. Sebald, Ruth Klüger mit Lena Kugler, Gereon Klug mit Jenni Zylka, Manfred Eichel mit Georg Klein oder auch Antje Kunstmann mit Axel Hacke und Michael Sowa sprachen. Uns ist bewusst, dass es kontroverse Meinungen zu bestimmten Äußerungen und einzelnen Werken Martin Walsers gibt. Aber wir verstehen das Literarische Zentrum als ein demokratisches Diskussionsforum und als einen Ort der Meinungsfreiheit. Ruth Klüger, die im Zentrum zu Gast war, sagte zu den Störungsandrohungen scheinbar aufrechter Demokraten gegen diese Veranstaltung: "Man verbietet niemandem das Wort und schon gar nicht einem der prominentesten Schriftsteller Deutschlands." Salomon Korn, der neue Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland sagte gegenüber "Die Welt" (22.09.03): "Ich halte Walser nicht für einen Antisemiten. ... Im Übrigen halte ich Walser für einen intelligenten, politischen Essayisten, denn noch im Widerspruch zu ihm kann man eine Menge lernen." Nach einem ausführlichen Gespräch mit Martin Walser teilt uns dieser heute mit: "Ich habe keine Lust, mit Parolen brüllenden Leuten in einen akustischen Wettbewerb zu treten. Nach allem, was ich aus Göttingen gehört habe, ist mit einem ruhigen, ungestörten Gespräch nicht zu rechnen. Also überlasse ich die Szene den Schreiern." Die Veranstaltung ist damit ersatzlos gestrichen. Wir bedauern dies und bitten unser Publikum um Verständnis. Die unterzeichnenden Personen: Hauke Hückstädt (Geschäfts- und Programmleitung des Literarischen Zentrums Göttingen e.V.), Jean-Michel Berg, Lara Deneke, Sylvia Göthel, Ralph Winter als Volontäre des LZ, Thedel von Wallmoden, Professor Heinz Ludwig Arnold und Hilmar Beck für den Vorstand des Literarischen Zentrums; außerdem: Prof. Dr. Ruth Klüger (Californien) |
Protestschreiben an das Literarische Zentrum 30.9.03 OLAfA (Offene Linke Alles für Alle), Marc Czichy, Lange-Geismar-Strasse (Adresse und Tel. ausgelassen / Red. goest) An das Literarische Zentrum Göttingen e.V. Herrn Hauke Hückstädt Düstere Straße 20, 37073 Gö, 30. September 2003 "Im öffentlichen Bewußtsein ist die Verantwortung für Auschwitz nicht verankert. Jeder in Deutschland fühlt sich verantwortlich für Schiller, für Goethe und für Beethoven, aber keiner für Himmler. Ein Großteil der Bevölkerung denkt wie Martin Walser: Zeit, Schluß zu machen, nur noch nach vorne Schauen." (Ignatz Bubis im Stern-Gespräch vom 29. Juli 1999) Sehr
geehrter Herr Hückstädt, Die unterzeichnenden
Gruppen und Einzelpersonen Meike Böker, Göttingen; Micha Christ, Göttingen; Marc Czichy, Göttingen; Johanna Doliwa, Göttingen; Peter Dürrbeck (Sprecher VVN/BdA in Göttingen); Niklas Forreiter, Göttingen; Markus Götte, Göttingen; Florian Grötsch, Göttingen; Lisa Grow, (Geschichtswerkstatt Göttingen e.V.); Thomas Grützner, Göttingen; Sassan Kamka, Göttingen; Jan Kiepe, Göttingen; Berit Lusebrink, Göttingen; Katrin Lux, Göttingen; Sylke Meister, Göttingen; Dr. Karen Nolte (Geschichtswerkstatt Göttingen e.V.); Barbara Schauenburg, Göttingen; Ulrike Schilling, Göttingen; Arne Schröder, Göttingen; Rita Schu, Göttingen; Felix Schuppert, Augsburg; Gunnar Fabian Schuppert, Göttingen; Dr. Dietmar Sedlaczek, Göttingen; Dr. Gertrud Siller, Bünde; Michael Sturm, Göttingen; PD Dr. Ingrid Tomkowiak (Universität Zürich); Ansgar Weingarten, Göttingen; Sebastian Wertmüller (Vorsitzender der DGB-Region Südniedersachsen-Harz); Eva Wolff, Göttingen; Klaus-Peter Zachowski, Göttingen; |
Text, mit dem das Literarische Zentrum die Veranstaltung angekündigt hatte: Sa. 11.10.03, 20:00 von Uslar findet ... Martin Walser (Autor,
Nußdorf) |