Goettinger Stadtinfo Finanzkrise und kommunale Finanzen
Die Städte gehen pleite und das kann auch keine bessere Konjunktur verhindern "Es wird erst noch schlechter bevor es dann besser wird ..." (Irreführende Durchhalteparole der Kanzlerin Merkel) Für die Finanzsituation der Städte gilt jedenfalls: nachdem es immer schlechter geworden ist, wird es noch schlechter werden und es gibt keine Aussicht darauf dass es besser wird. 20.2.10
/ Es gibt eine verbreitete falsche Vorstellung: Die Krise der kommunalen Finanzen
hängt nur von der Konjunktur ab. Irgendwann wird die Konjunktur wieder anspringen.
Mit einem Wachstum der Wirtschaft steigen dann die Gewerbesteuer und die Einkommenssteuer.
Die Zahl der Arbeitslosen und damit die Sozialausgaben sinken dann und alles ist
wieder im Lot. Leider sind die Sozialausgaben und die Schulden auch in den Zeiten
des Wachstums immer weiter gestiegen, weil die Kommunen durch Gesetze des Bundes
zu mehr Aufgaben verpflichtet wurden als sie tatsächlich bezahlen können.
Selbst in Zeiten guter
Konjunktur sind die Schulden bei den Banken, die Dispokredite der Stadt und sogenannten
"Kassenkredite" weiter angestiegen. Auch ohne Finanzkrise waren die
Städte dabei,langsam auf die Pleite zuzusteuern - jetzt geht es durch die
Finanzkrise nur viel schneller. Seit 15 Jahren hat man versucht in Göttingen den Haushalt zu konsolidieren. Es ist nicht gelungen gegen die Tendenz der steigenden Defizite vorzugehen. Dies ist die Folge einer Gesetzgebung des Bundes, die den Kommunen immer mehr finanzielle Lasten aufbürdet für Aufgaben, die der Bund formuliert aber nicht bezahlen will. Z.B. bleiben Sozialhilfe und Kosten der Unterkunft an der Stadt bzw. dem Kreis hängen. Die Sozialausgaben umfassen inzwischen durchweg einen Anteil von ca. 25 % an den kommunalen Haushalten. Der Bund hat nun angekündigt, seine Beiteiligung an den KdU Zahlungen sogar noch weiter zu reduzieren und andererseits auch noch die Gewerbesteuer abschaffen zu wollen. Das bedeutet nichts anderes als die Kommunen noch schneller in den Ruin treiben zu wollen. Veranstaltung
Mi 17.2.2010 Alle
waren sich einig: die Finanzkrise der Städte ist nicht die Folge der sogenannten
Finanzkrise - die Probleme der Stadtfinanzen wurden duch die Finanzkrise nur extrem
verstärkt. Das Denken bei dieser Veranstaltung blieb in engen Grenzen, die
man sich von außen vorgeben lässt. Am erfrischendsten war noch die
Bundestagsabgeordente Britta Hasselmann. Sie beschrieb den dramatischen Fall Oberhausen:
Die sind so pleite, da kann nicht mal was gepfändet werden, das würde
zeigen, dass die Schaffung eines Insolvenzrechtes für Gemeinden nötig
ist. Sie wies als Ausweg darauf hin, dass sich Gemeinden im Bergischen Land
z.B. über Parteigrenzen hinweg zusammengeschlossen haben, um gegen die Verarmung
der Kommunen vorzugehen. (Siehe das Aktionsbündnis "Raus
aus der Schuldenfalle". ) Sie erwähnte auch den "Charme"
der Kölnschen Antwort auf die Steuererleichterung für Hotels. Die hätten
gesagt: Wenn der Bund uns die ganzen Sozialabgaben auflastet und die Hotels entlastet,
dann beschließen wir eine Hotelsteuer (Bettensteuer) im Gegenzug. Dieses
grenzüberschreitende Denken zündete aber kaum beim Publikum. Irgendwie weitermachen und die Gratwanderung mit einem Haushaltssicherungskonzept zu probieren, ohne die Stadt kaputtzusparen. Das Dilemma wurde von Rolf Becker mit folgendem Satz treffend kommentiert: "Was nützt es, wenn da am Ende eine schwarze Null steht und wir sind ruiniert!? " Die strukturellen Probleme sind nur lösbar, wenn sich grundsätzlich etwas mit der Gemeindefinanzierung ändert. Grundsätzliche Veränderungen zu diskutieren sind schwierig für die Ratsfraktion der Grünen, die den Städtischen Haushalt im Bündnis mit der SPD mit beschliessen und öffentlich vertreten muß. Aus dem Publikum kam die Frage, wie die "Liste der Grausamkeiten" - also der "Sparmaßnahmen" denn aussehe, über die die sogenannte "Elefantenrunde" (die Zusammenkunft der Ratsfraktionsvorsitzenden) nachgedacht hatte bevor sie gleich wieder auseinanderfiel. Dazu gab Becker keine Auskunft., Begründung: das würde ein kompliziertes Paket und wenn man da zu früh drüber redet, würden konstruktive Vorschläge gleich zu früh zerpflückt. Eine "Grausamkeit" wurde schon in der Neujahrsansprache von OB Meyer angekündigt : Er meinte, Schulden und Sparen in der Verwaltung " erfordert vor allem natürlich weiterhin höchste Sparsamkeit beim Umgang mit öffentlichen Mitteln. Wir drehen in der eigenen Verwaltung jeden Euro drei mal um, bevor wir ihn ausgeben. Wir sparen bei den Sach- und Personalkosten, ohne das Angebot für die Bürgerinnen und Bürger einzuschränken. Das bedeutet aber auch eine weitere Arbeitsverdichtung für meine Beschäftigten. " Weitere "Grausamkeiten" kann man sich ausmalen, wenn man die Geschichte des Sparterrors 1997-2009 anschaut.
Druck zur Privatisierung Die Kommunen haben zwar inzwischen erkannt (ausgenommen natürlich die FDP-Vertreter/innen z.B. im Rat der Stadt Göttingen) , dass die Privatisierung eher Nachteile bringt und deshalb ist bundesweit eine Tendenz zur Rekommunalisierung zu verzeichnen gewesen. Städte haben z.B. wieder ihre Stadtwerke übernommen und machen Gewinn damit. Nebenbei bemerkt: In Göttingen hat die Privatisierung der Putzdienste für die Schulen dazu geführt, dass zu wenig geputzt wird (Auskunft im Bereich der KGS). Nun gab es bei der Veranstaltung mehrheitlich die Meinung (außer Becker, der das nicht so sehen wollte), dass durch die Finanzkrise ein politischer Druck in Richtung Privatisierung entstünde. Ein Druck, der z.B. auf den Verkauf stadteigener Vermögensanteile an Stadtwerken oder Städtischer Wohnungsbau ziele. Das Thema sickerte in der Vergangenheit immer wieder mal durch. Die Privatisierung der Göttinger Stadtentwässerung und Stadtreinigung war 2008 schon einmal in die Diskussion gebracht worden. Die FDP-Ratsfraktion hat die Forderung nach Privatisierung zu ihrem Fraktions-Mantra-Song gemacht und auch CDU-Fraktionsvorsitzender Güntzler packte die Forderung nach einer Privatisierung der Stadtwerke neuerlich in eine Nebenbemerkung seiner Haushaltsrede am 5.2.2010. Die Städtische Wohnbau gehört der Stadt nur noch zu 85 % , die Stadtwerke sind eh zu 49,9 % privatisiert. Kommentar:
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