Stadtwald Göttingen> Bäume
in Göttingen
BSG,
BUND, NABU, Naturfreunde Gö, Naturschutzbeauftragte Unser naturnaher Stadtwald
gehört in den Fachbereich "Stadtgrün und Umwelt"! Jede/r
unbefangene Bürger/in würde wohl den Stadtwald organisatorisch bei der
Verwaltungseinheit "Stadtgrün und Umwelt" vermuten - da war er bisher
und dort gehört er auch hin! Unlängst hat die Stadtverwaltung den Fachdienst
Stadtwald aber in den technisch orientierten Baubetriebshof eingegliedert,
was diametral den Erfordernissen einer modernen urbanen Forstwirtschaft
entgegenläuft! Unser bereits seit
1925 naturnah bewirtschafteter Stadtwald ist bei den Bürgern als wichtiges
Erholungsgebiet sehr beliebt. So wurde in Umfragen immer wieder das Interesse
der Göttinger am Erholungserlebnis sowie am Erhalt des Artenreichtums
in unserem stadtnahen Waldgebiet deutlich. Große Teile des Göttinger Waldes
stehen unter Naturschutz und sind Teil des europaweiten Biotopnetzes Natura
2000. Als einer von wenigen Wäldern Deutschlands besitzt er ein Naturlandzertifikat
und wurde von Greenpeace als bundesweit vorbildlich für eine naturnahe
urbane Forstwirtschaft ausgezeichnet! All diese Aspekte
müssen durch intensive Zusammenarbeit zwischen den Forstmitarbeitern und
den anderen Umweltexperten in Verwaltung, Politik und Universität weiterentwickelt
werden. Sie dürfen auf gar keinen Fall durch eine Degradierung des Stadtforstes
zu einem ausgelagerten technischen Betrieb verkümmern. Als umweltpolitisch
Engagierte in der Stadt sprechen wir uns daher entschieden gegen die geradezu
widernatürliche Zuordnung zum Baubetrieb aus, denn wir
befürchten konkrete negative Konsequenzen in vielerlei Hinsicht: Mögliche negative Konsequenzen -personell: Die neue Leiterin des Stadtforstamtes ist jetzt gleichzeitig stellvertretende Leiterin des Fachbereiches "Baubetrieb" mit 120 Mitarbeitern und dadurch mit zuständig für große fachfremde Arbeitsfelder wie Straßenbau, Hochbau und Kinderspielplätze. Somit ist die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, dass viele der äußerst zahlreichen Aufgaben im Stadtwald zukünftig zu kurz kommen werden: Der Leistungskatalog des Stadtforstamts weist ca. 50 fachlich wichtige Aufgaben aus, die ganz unterschiedliche Bereiche umfassen wie Waldbewirtschaftung (Naturverjüngung und Pflanzungen, Durchforstung, Holzernte und -verkauf, Waldinventur) Forschung (Lehrforstamt, Kooperation mit Uni und FH), Naturschutz (Waldpflege, Management Kerstlingeröder Feld, Artenerfassung), Erholung (Wanderwege, Ruhebänke, Wildgehege), Umweltpädagogik (Exkursionen, Jugendarbeit, Schülerprojekte) und Pressearbeit. -inhaltlich: Der Göttinger Stadtwald ist kein normaler Wirtschaftswald, sondern ein zu großen Teilen unter Naturschutz stehender Wald, in dem eine umweltverträgliche Forstwirtschaft mit der Bereitstellung von Erholungsfunktionen für die Stadtbevölkerung an oberster Stelle stehen (Naturlandzertifizierung, Lübecker Modell). Hier gibt es viele Überlappungsbereiche mit den Aufgaben des Grünflächenamtes und der Unteren Naturschutzbehörde. Eine fachliche Eingliederung in den Baubetriebshof, dessen Tätigkeitsbereich überwiegend technischer Natur ist, ist dagegen geradezu absurd. -räumlich: Die neue Stadtförsterin sitzt jetzt beim Baubetriebshof im Rinschenrott, verfügt nur über ein kleineres Zimmer ohne Besprechungsraum. Auf diese Weise ist der Austausch mit den Fachkollegen im Neuen Rathaus (Grünflächenamt, Untere Naturschutzbehörde), aber auch die Kommunikation mit der Bevölkerung stark eingeschränkt. Die sicherlich sinnvolle Zusammenarbeit zwischen Forstarbeitern und Mitarbeitern des Baubetriebs bei der städtischen Baum- und Heckenpflege kann hingegen auch gut ohne Zusammenlegung der beiden Bereiche erfolgen. -finanziell: Gelder, die dringend für die vielfältigen Aufgaben im naturnahen Wald benötigt werden (z.B. für Waldpädagogische Führungen, Einsatz der Rückepferde, Schafbeweidung auf dem Kerstlingeröder Feld), drohen nun im Etat des Baubetriebshofs aufzugehen und anderweitig verwendet zu werden (z.B. für Beschaffung von Großgeräten). -administrativ: Der Stadtwald ist durch die Zuordnung zum Baubetrieb nicht mehr dem Fachbereich Stadtgrün und Umwelt unterstellt und untersteht auch politisch nicht mehr dem fachlich versierten Umweltausschuss, sondern dem Betriebsausschuss. Dadurch sind sowohl der fachliche Austausch als auch eine sinnvolle politische Kontrolle nicht mehr möglich. Fazit: Wir alle wissen, dass unser Stadtwald kein öder Forst ist, der nur technisch betreut werden muss - es handelt sich im Gegenteil um ein extrem wertvolles Natur- und Erholungsgebiet mit Vorbildfunktion, dass durch die Koordination aller Umweltbereiche der Verwaltung weiterhin behutsam naturnah bewirtschaftet werden und betreut muss. Daher darf der Fachdienst Stadtwald nicht abgewertet werden - er sollte organisatorisch wieder dem Fachbereich "Stadtgrün und Umwelt" unterstellt werden! Diese Forderung unterstützen auch die Professoren und Dozenten aus den Bereichen Waldökologie, Waldökosystemforschung und Naturschutz Prof. Dr. Erwin Bergmeier, Prof. i. R. Dr. Hartmut Dierschke, Dr. Bernhard Gehlken, Dr. Eckhard Gottschalk, Prof. Dr. Christoph Leuschner und Prof. i. R. Wolfgang Schmidt. |
Buchen-Urwald
"von allen Wegen kannst du dicke Bäume sehen" November
2012 goest /
Seit über 15 Jahren haben die Stadt Göttingen und die unabhängige Umweltschutzorganisation Greenpeace eine Kooperation zur naturnahen Nutzung des Stadtwaldes. Am 1995 hat die Stadt Göttingen zugesagt, ihren Wald nach den Grundsätzen der Umweltverbände (Greenpeace, Robin Wood, BUND und Naturland-Verband) zu bewirtschaften. Martin Levin beschreibt hierzu in einem Text anlässlich der Vor-Ort-Begehung den geschichtlichen Hintergrund: "Seit 666 Jahren besitzt die Stadt Göttingen einen eigenen Wald.Der Stadtwald ist schon immer ein Bürgerwald: Der von den Göttingem gewählte Rat bestimmte die Geschicke des Waldes und das hat er in dieser langen Zeit mit sehr viel Verantwortung betrieben: Seit dem 15. Jahrhundert gibt es eigene Stadförster, die Eichen für die Häuser der Stadt und Buchen für die Öfen der Städter zu pflanzen und zu pflegen hatten Im 17. Jhd. gab es bereits ein eigenes System zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung. Im 19.Jhd forstete die Stadt ihren Hausberg ,,Hainberg" auf- eines der frühesten Beispiele eines stadtnahen Erholungswaldes. 1925 beschloss die Stadt, ihren Wald naturnah aufzubauen und zu pflegen. Dies stand sehr im Gegensatz zu der damals üblichen Forstwirtschaft. In dieser Zeit galten Fichten- und Kiefermonokulturen als die wirtschaftlichere Form der Forstwirtschaft. Die Stadtväter machten sich seitdem im Bezug auf die Pflege ihres Waldes frei von aktuellen Zeitströmen und ließen das Ziel, ihren Bürgern einen naturnahen Wald zu schaffen, nie aus den Augen." (...) Wie die Waldinventuren von 2000 und 2010 zeigen, hat sich seitdem einiges im Stadtwald getan; Der Holzvorrat ist deutlich angestiegen, es gibt mehr dicke und alte Bäume, das Totholz hat sich angesammelt und die Tier- und Pflanzenwelt ist reicher geworden. Der Mittelspecht ist ein häufiger Vogel geworden, Wildkatzen und gelegentlich sogar der Lux streichen durch den Stadtwald und in manch morchen Baum finden sich ,,Urwaldkäfer". Das Naturschutzgebiet Göttinger Stadtwaldin dem Eingriffe und Störungen durch Menschen verboten sind "bietet zahlreichen schutzbedürftigen Pflanzen- und deren Lebensgemeinschaften wie z. B. einer außergewöhnlichen Vielzahl von z. T. stark gefährdeten Schmetterlingsarten, verschiedenen Fledermausarten, der Wildkatze sowie seltenen Vogelarten wie Neuntöter, Wendehals, Mittel-, Grauspecht und Rotmilan Lebensraum." (>>NLWK) Unter dem Stichwort Biodiversität müßte der Erhalt der Buchenwälder von großem Interesse sein, merkwürdigerweise schenken das Zentrum für Biodiversität oder die Forstwirtschaftliche Fakultät der Göttinger Uni dem Göttinger Stadtwald und ihrem neuen Projekt wenig bzw. keine Beachtung. 1995 hieß es noch "Die forstliche Fakultät der Universität Göttingen wird das Modellprojekt im Stadtforst wissenschaftlich begleiten und die gesammelten Erfahrungen in die Öffentlichkeit vermitteln." Wenn allerdings plötzlich besondere Arten in diesem Wald auftauchen sollten, die weiter folgende Veränderungen signalisieren werden die akademischen Institutionen sicherlich wachgerüttelt werden. Die Rettung speziell der Buchenwälder ist auch in Bezug auf die zu erwartende Erderwärmung eine äußerst wünschenswerte Maßnahme, denn "Unsere Fichtenmonokulturen werden dem Klimawandel wohl als Erstes zum Opfer fallen – schon bei einer Erwärmung von zwei Grad Celsius wird der Boden für diese Pflanzen viel zu trocken. Retten wir also die alten Buchen- und Laubwälder, auch für die einzigartigen Tiere, die dort leben." (>>Greenpeace) Einen Schutz der Wälder wird man eher erreichen, wenn er nicht gegen Wirtschaftlichkeitsinteressen in starken Widerspruch gerät. In dem Konzept von Greenpeace "wird aufgezeigt, wie die Ansprüche der Gesellschaft an Erholung und Naturschutz, aber auch an die wirtschaftliche Nutzung von Holz zu vereinbaren sind." (pm greenpeace 8.11.12). Hierfür Daten zu sammeln soll das Projekt dienen. An der Grenze zwischen Naturschutzgebiet und forstwirtschaftlich genutzten Flächen bei Herberhausen am Schaperberg hat man zwei Fläche aus diesen verschiedenen Bereichen ausgewählt, die miteinander verglichen werden um herauszufinden wie sich naturbelassener Buchenwald entwickelt.
Aus beiden Bereichen wird nun eine Stichprobe vermessen und datenmäßig erfasst: "Greenpeace-Aktivisten vermessen den Wald mit Maßbändern und GPS-Geräten. Ziel ist es, bewirtschaftete mit unbewirtschafteten Flächen zu vergleichen und so die Wirkung einer naturnahen Waldbewirtschaftung zu erfassen. Zudem wird in einigen Flächen der "Waldvorrat" gemessen. Dabei wird die Dicke und Höhe jedes Baumes vermessen." So kann verglichen werden, wie der naturbelassene Wald im Vergleich sich weiterentwickelt hat.
Das Waldprojekt bietet so die Chance herauszufinden, wie unter heutigen gegenüber früher veränderten Umwelt-Bedingungen Urwald entstehen würde meint Martin Levin, Leiter des Göttinger Stadtwalds, der das Projekt in Vertretung des Oberbürgermeisters der Presseöffentlichkeit vorstellte.
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