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Die redaktionelle Aktualisierung und Neu-Berichterstattung von goest wurde nach 20 Jahren 2019 stark reduziert.
Besonders häufig abgerufene Archivseiten erhalten gelegentlich ein update; zu besonders wichtigen Themen werden auch weiterhin aktuelle Artikel verfasst, siehe Titelseite / Start


StadtRadio Göttingen

Zur Geschichte des Stadtradios
Das Stadtradio sollte unabhängig von Parteien und Behörden bleiben
Kommerzielle Medien, Kommerz und "nichtkommerzielles Stadtradio"
Das Stadtradio sollte unabhängig von Firmen bleiben

Neuer Geschäftsführer
Neuer Vorstand

>> Landesmediengesetz Niedersachsen / u.a. zu "Bürgerradios"


Stadtradio Göttingen, 107,1 Mhz - Groner Str.2, 37073 Gö, Tel.: 42520
redaktion@Stadtradio-goettingen.de
, >> Homepage Stadtradio

 

Zur Geschichte des StadtRadio Göttingen


Angefangen hat es mit diesem Transparent - damals nannte sich die Initiative noch "StattRadio", um sich deutlich von den anderen Radios abzugrenzen. Dieses alte, schon leicht verschlissene Transparent hängt heute noch in der Artikel-Agentur Artur am Marktplatz, weil der damalige Herausgeber der Zeitschrift "Radio von unten" Rainer Pinkau zu einem wesentlichen Förderer des Projektes gehörte und in seinen Räumen auch die Gründungsdiskussionen liefen.

Das StadtRadio Göttingen als nichtkommerzieller Lokalsender hat seinen Sendebetrieb am 1. April 1997 aufgenommen. Nach dem erfolgreich abgeschlossenen fünfjährigen Betriebsversuch wurde das StadtRadio Göttingen von der NLM 2002 als Bürgermedium für die kommenden sieben Jahre lizenziert. Es bietet ein redaktionelles Tagesprogramm mit Nachrichten und aktuellen Berichten aus der Region. Daneben können Göttinger BürgerInnen mit ihren eigenen Ideen und Anliegen auf Sendung gehen. Dieses Angebot wird momentan von ca.140 Bürgern aller Altersklassen genutzt. Besondere Projekte gibt es für Schulklassen. Das Programm des StadtRadios ist täglich auf der 107,1 Mhz und auf 95,35 Mhz im Göttinger Kabelnetz zu empfangen.

stadtradio_haus.JPG (13282 Byte)
Stadtradio Groner Str. 2

2003
Stadtradio überlebt den Versuch eines CDU-Oberbürgermeisters das Radio zu kippen

Das Stadtradio kämpft seit Beginn an mit knappen Finanzen. 2002/2003 versuchte CDU-Oberbürgermeister Danielowski das Radio zu kippen indem er gegen einen Ratsbeschluss Einspruch erhob, der den kommunalen Zuschuss zum Bürgerfunkprojekt sichern wollte. Das hätte bedeutet, dass auch die Gelder der Landesmedienanstalt wegfallen und das Radio hätte dicht machen können.
An den Beschluss des Rats der Stadt ist auch ein jährlicher Zuschuss des Landkreises gebunden. Ohne diese Mittel entfällt zusätzlich auch eine Bonusförderung der Niedersächsischen Landesmedienanstalt (NLM) über insgesamt 50.000 Euro. Insgesamt muss das StadtRadio Göttingen dann auf 100.000 Euro oder fast ein Drittel seines Jahreshaushaltes verzichten. Als Folge wären die Arbeitsplätze aller 9 festen und 25 freien Mitarbeiter und das redaktionelle Programm in seiner jetzigen Form gefährdet." (Zitat, Quellenangabe Presserklärung des Stadtradios)
Nachdem es Danielowski nicht gelungen war, die weitere Unterstützung zu verhindern, machte er sich auf den Weg zum Stadtradio um sich als Retter durch Überreichung des Schecks feiern zu lassen.

2007
Ein Jahr mit starken Turbulenzen für das Stadtradio

Der Vereinsvorstand hatte im Verlauf der Querelen den Geschäftsführer entlassen. Nach außen hin wollte man sich nicht erklären und betrieb eine Null-Informationspolitik. Auch Anfragen von goest wurden nicht beantwortet, weswegen wir ziemlich sauer waren und unter der Überschrift "Heimlicher Putsch oder was? Stadtradio beantwortet keine Fragen über die Krise im Haus" einen gewissen Erklärungsbedarf anmeldeten. Da angeblich ein "Mitarbeiter des Stadtradios" einen Bericht über Radiointernas an die lokale Monopolzeitung lanciert hatte, platzte schließlich der Kessel, der bereits gewaltig unter Druck stand. Da war plötzlich von einer möglichen Schließung durch die Landesmedienanstalt die Rede, was allerdings anschließend dementiert wurde. Fakt war, die Finanzierung und innere Organisation des Radios bedurfte dringend des Eingriffes einer ordnenden Hand.

2007/2008
Neue Geschäftsführung und Neuer Vorstand

2.5.08 / Nach den turbulenten Entwicklungen 2007, die eine grundlegende neue personelle Gestaltung mit sich brachten hat der Stadtradio-Vorstand mit der Einstellung von Dr. Ulrich Kurzer als neuem Geschäftsführer u.E. eine glückliche Wahl getroffen.


Foto: Dr. Ulrich Kurzer, Mai 2008

Kurzer vertrat vor Antritt der Stelle im Stadtradio neben seiner Tätigkeit als freiberuflicher Journalist bei Verdi auch die Freien JournalistInnen . Daher sind ihm die arbeitsrechtlichen Fragen, die Problematik der Verwertungsrechte und Verträge in diesem Bereich geläufig. Bleibt zu hoffen, dass die unterschiedlichen Interessengruppen im Stadtradio mit diesem neuen Geschäftsführer gut zusammenarbeiten und das ganze Projekt sich inhaltlich sowie insbesondere finanziell stabilisiert.

Für goest hat Ulrich Kurzer u.a. im Jahr 2000 die Veröffentlichung eines Artikels genehmigt in dem er über den britischen Historiker Ian Kershaw beim damaligen Literaturherbst geschrieben hatte. Wir wünschen dem nicht-kommerziellen Stadtradio mit dem neuen Geschäftsführer viel Erfolg und gutes Gelingen ganz im Sinne einer nicht-kommerziellen Medienkultur für Göttingen.

Pressemitteilung Stadtradio 2.5.08 / "Neuer Geschäftsführer beim StadtRadio Göttingen Der Vorstand des StadtRadio Göttingen hat sich nach eingehender Suche für einen neuen Geschäftsführer entschieden. Zum 1. Mai beginnt Dr. Ulrich Kurzer in dieser Funktion. Dr. Kurzer ist 49 Jahre alt, zuletzt freier Journalist mit Wohnsitz in Göttingen. Er hat Sozialwissenschaften in Göttingen studiert und wurde in Politologie promoviert. Nach einigen Jahren Lehrtätigkeit an der Universität arbeitet er nun seit knapp 10 Jahren als freier Journalist. Er arbeitete viel mit dem Deutschlandfunk zusammen und teils mit NDR und WDR. "Wir freuen uns sehr, einen so kompetenten Fachmann für unsere Geschäftsstelle gefunden zu haben", bestätigten einhellig die drei Vorstandsmitglieder Elke Lahmann, Siegfried Löprick und Horst Roth."

 

Kommerzielle Medien, Kommerz und "nichtkommerzielles Stadtradio"

5.11.07 / Das Göttinger Tageblatt gehört zur Verlagsgesellschaft Madsack. Ebenso gehört das Mittwochs-Anzeigenblatt "Blick" mit 100 % zu Madsack. Das Sonntags-Anzeigenblatt "Extra-Tip" wird von einer Madsacktochter verlegt. Neben dem Zeitungsgeschäft versucht der Konzern auch in den Bereichen Hörfunk, Film / Fernsehen und Internet seinen Einfluss auszubauen. Der Madsackkonzern mit Sitz in Hannover bzw. deren Tochterfirma "Radio Madsack Niedersachsen GmbH & Co. KG" hat Beteiligungen im Hörfunkbereich, die im folgenden aufgelistet werden, um das Interesse von Madsack und Tageblatt an diesem Bereich zu kennzeichnen:

  • Antenne Niedersachsen Hannover (21,6 %)
  • FFN Funk & Fernsehen Nordwestdeutschland / Hannover (13,7 %)
  • Rheinland-Pfälzische Rundfunk GmbH & Co. KG, (9,7 %)
  • Antenne Thüringen GmbH & Co. KG, Weimar (11,5 %)
  • Antenne Hörfunk-Sender GmbH & Co. (21,9 %)
  • Hit Radio SACHSEN GmbH (15,4 %)
  • Niedersachsen Rock 21 GmbH & Co. KG, Garbsen (7,1 %)
  • Antenne Mecklenburg-Vorpommern GmbH & Co.
  • Radio RocklandPfalz GmbH & Co. KG,
  • Radio/Tele FFH GmbH & Co. Betriebs-KG, Bad Vilbel

Chefredakteur Bernd Hilder (2000 bis Ende 2004 beim GT) griff das Konzept des "nichtkommerziellen Stadtradios" offen an. So schrieb Hilder im Tageblatt vom 8. Dez. 2001 z.B.: "Handstreichartig soll auf die Schnelle - ohne lange und lästige Ratsdebatten - dem Stadtradio ein guter Teil der eingesparten Summe zugeschanzt werden. (...).Auch wenn es das Landesmediengesetz leider so vorsieht: Es darf nicht Aufgabe der öffentlichen Hand sein, Medienorgane zu finanzieren, weil dadurch gefährliche Abhängigkeiten entstehen können." Und zuguterletzt kommt die Katze aus dem Sack: "Soll das Stadtradio aber auf Dauer weiter senden, muss es sich private Sponsoren suchen." Bernd Hilder wollte das Radio in die Abhängigkeit von privaten Sponsoren überführen. Wenn Madsack dann als großer Sponsor aufgetreten wäre, hätte der Konzern ein Multi-Medien-Monopol in Göttingen gehabt. Der damalige OB Danielowski spielte sich mit Hilder die Bälle zu und versuchte gleichzeitig , die Gelder von der Stadt zu blockieren. Diese konfrontative Strategie mißlang damals.

Ab 2004 wechselte dann die Strategie seitens des GT und das Stadtradio ließ sich darauf ein. Es kam plötzlich zur "Kooperationen" von Stadtradio und Göttinger Tageblatt. Die Anfeindungen Hilders noch in Erinnerung habend lasen wir besorgt im Juni 2004 folgende Meldung des Stadtradios : "Jugend-Reporter im StadtRadio Göttingen und Göttinger Tageblatt: Jugendliche werden zu Redakteuren - Das StadtRadio Göttingen und das Göttinger Tageblatt informieren täglich über spannende Dinge aus Stadt und Region. Und Ihr könnt mitmachen, denn das StadtRadio Göttingen und das Göttinger Tageblatt bieten in den Sommerferien allen interessierten Jugendlichen zwischen 16 und 18 eine eigene Redaktion an."
Danach haben wir damals auch garnicht erst gefragt, wieso der Link auf goest bei der Stadtradio-Homepage plötzlich verschwunden war, das Interesse an Kooperation im nichtkommerziellen Bereich war bis dato eh nie groß, Anfragen blieben schon vorher stets unbeantwortet - nun gab es auch die Erklärung: man orientierte sich in einer anderen Richtung.

Danach gab es beim Göttinger Tageblatt offensichtlich wieder mal einen Strategiewechsel und man schaltete zurück auf aggressiveres Verhalten: Es ist von der "Einstellung des Stadtradios" die Rede und es wird so dargestellt, als sei es vor dem Kaputtgehen. Hier ist möglicherweise der Wunsch der Vater des GT-Gedankens. Aber anscheinend gibt es auch innerhalb des Stadtradios Leute, die über Verbindungen zum GT verfügen, welche sie auf eine für das Stadtradio schädliche Weise für Stimmungsmache gebrauchen.

Während das GT die Agressionsvariante wieder auspackt, nimmt auf der anderen Seite das Flirten mit "Sponsoren" im Stadtradio zu. Der Übertragungswagen des werbefreien Stadtradios ist voll bepflastert mit Werbeaufschriften. Der Internetauftritt unter der domain www.stadtradio-goettingen.de lief lange auf den Rechnern des Internetprojektes "Marktplatz Südniedersachsen" (2010 schon längere Zeit nicht mehr). Das Marktplatz-Portal ist ein Projekt der Sparkasse und Teil einer millonenschweren überregionalen Internetstrategie des Sparkassenverbandes.
Auf der Hompage des Stadtradios befindet sich Werbung bzw. Hinweise von Volksbank, Sparkasse, Stadtwerke, Autofirma, Reifenfirma und eines Instituts für Marketing und Handel. U.a. heisst es auf der Homepage des Stadtradios auch : "Wir begrüßen unsere neuen Spendengeber und bedanken uns für ihr Engagement zu Gunsten der regionalen Berichterstattung: Harz Energie und Duderstadt Stadtmarketing." Und die Stadtradiosendung "Quergestreift" (Sonntags 19 Uhr) begrüßt uns auf der Homepage mit der Formel "Quergestreift begleitet Euch mit den aktuellen Göttingen Top 10, freundlicherweise ermittelt von Karstadt Göttingen, durch den Abend." Da wird der Stadtradio-Slogan "Werbung machen andere" irgendwie ad absurdum geführt.

Im Programm der CDU zur letzten Landtagswahl war auf S. 103 unter "Medien" zu lesen : "Wir setzen uns für ein Pilotprojekt mit je einem kommerziellen lokalen Hörfunkprojekt und einem kommerziellen lokalen Fernsehprojekt in einem zusammenhängenden Kommunikations-, Kultur- und Wirtschaftsraum mit mindestens 300.000 Menschen ein. Um wirtschaftlich leistungsfähige Lokalsender zu installieren, wollen wir bei Beteiligungen keine Einschränkungen machen." Beteiligungen ohne Einschränkungen öffnen der Abhängigkeit von Unternehmen Tür und Tor.

Das Stadtradio soll unabhängig von Firmen bleiben

Konzeption des Stadtradios als Radio von Unten unterstützen! Zentrales Moment der ursprünglichen Konzeption ist ein von der Wirtschaft und Verbänden unabhänigiges, nichtkommerzielles Radio mit Medienzugang für "BürgerInnen" und unterrepräsentierte Gruppen und Themen medial zur Geltung zu verhelfen. Daraufhin müssen Infrastruktur und die Aufmerksamkeit aller AkteurInnen ausgerichtet sein. Daher ist auch grundsätzlich die Haltung zum Göttinger Tageblatt und Sponsoring kritisch zu überdenken. Die Spaltungstendenz zwischen besser ausgestatteten festangestellten Redakteuren einerseits und Freien JournalistInnen oder gar laienhaften, unzureichend geförderten BürgerInnenfunkerInnen andererseits ist eine potentielle interne Spannungsquelle. Für dieses Problem finden Stadtradioerfahrene Bezeichnungen wie "struktureller Geburtsfehler" aber auch noch wesentlich schärfere Beschreibungen . Dieses Strukturproblem kann aufgelöst werden, wenn ein Vorstand sich die eigentlichen Entstehungsründe von nichtkommerziellen Radios ins Bewußtsein holt. Wer diese Richtung nicht will, soll gleich zum Privatfunk gehen und dort bleiben aber nicht die mühsam aufgebauten nichtkommerziellen Radios kaputt machen.

zum Anfang

 

Vorstand des StadtRadio Göttingen e.V.

Vorstandswahl Nov. 2021

Neuer ehrenamtlicher Vorstand seit Nov. 2021 , die Moderatorin Martina Frigge-Filbir und den . Gerd Aschoff (Journalist, ProBahn) und der Lehrer Frederik Skaide folgen auf die langjährigen Vorstandsmitglieder Jan Thomas Ockershausen und Horst Roth, die nicht erneut kandidierten.

 

Günter Schäfer / Red. goest / 10.4.18 /
Burschenschafter im Stadtradio e.V. Vorstand

Der Verein für Medienkultur Südniedersachsen e.V. als Trägerverein des „StadtRadio Göttingen 107,eins“ hatte auf seiner ordentlichen Mitgliederversammlung am Donnerstag, den 2.11.17 einen neuen Vorstand gewählt. Die bisherigen Vorstandsmitglieder Jan Thomas Ockershausen (Rechtsanwalt) und Horst Roth, (ehemals ver.di-Gewerkschaftssekretär und mehrere Jahre für die Grünen im Stadtrat), wurden erneut in den Vorstand gewählt. Neu gewählt wurde Martina Frigge-Filbir aus dem Bürger*innenfunkerbereich. Sie folgt auf Nadia Affani (stv. Vorsitzende im SPD-Vorstand) , die nach vierjähriger Amtszeit nicht mehr zur Wahl antrat, nun aber Kassenprüferin des Stadtradio-Vereins ist.

Vorstandsmitglied und Burschenschaft

Der erneut in den Vorstand gewählte Rechtsanwalt und Notar Ockershausen scheint die Nähe zu Burschenschaftern nicht zu scheuen. Nachdem ein goest-Redakteur im Jahr 2016 Zeuge wurde, als Ockershausen aus dem Standesamt kommend unter dem Säbelspalier von grün gewandeten Burschenschaftern die Rathaustreppe herabstieg, wurde dies offensichtlich.

Es ist anzunehmen, dass diese "Ehre" nur demjenigen zuteil wird, der selbst auch Mitglied einer Burschenschaft ist.

Es gibt zwar Burschenschaften unterschiedlicher politischer Ausrichtung, und es ist auch nicht klar, welcher Burschenschaft Ockershausen angehört, es überwiegt bei Burschenschaften jedoch die Tendenz zur nationalistischen, rechten politischen Haltung mit offenen Flanken zum Rechtsradikalismus bei verschiedenen Burschenschaften (siehe >>Dokumentation)

Die Ursprünge des aus basisdemokratischen Mediengruppen entstandenden nichtkommerziellen Hörfunks stehen im Widerspruch zu der vorherrschenden Ideologie in Burschenschafts-Kreisen. Die Tatsche, dass nun schon zum zweiten Mal ein Vorstandsmitglied im nichtkommerziellen Göttinger Stadtradio gewählt wurde, das anscheinend Burschenschaften nahesteht, spricht nicht nur dem politischen Engagement der Gründer*innenbewegung nichtkommerzieller Radios Hohn, sondern wirft auch ein bezeichnendes Licht auf die Mitgliederversammlung des Stadtradios, die solcherlei Wahl trifft.

Eine Kritik an diesem Zustand kann allerdings nicht ignorieren, dass Veränderungen im Stadtradio durchaus möglich wären, wenn die Kritiker selbst auch Mitglieder des Trägervereins würden und dort über das Schicksal des Stadtradios mitentscheiden würden.


(c) kwp-Foto, Vom Stadtradio der Presse zur Verfügung gestellt //
links Horst Roth und Martina Frigge-Filbir, rechts Jan Thomas Ockershausen

Der Vorstand hat formal keinen unmittelbaren Einfluß auf das inhaltlich redaktionelle Programm: Im Stadtradio-Redaktionsstatut § 2 Abs.3 heisst es: "Niemand darf veranlasst werden, in Sendungen und Programmbeiträgen, für die er selber als Autor verantwortlich ist, eine seiner Überzeugung wiedersprechende Meinung als die eigene zu verteten, eine seinen Informationen wiedersprechende Nachricht als richtig zu bezeichnen oder Nachrichten über Tatsachen und Meinungen zu unterdrücken, die zu einer umfassenden Information gehören." (Quelle)

Indirekt aber kann die inhaltliche Ausrichtung des Radios über die Auswahl der Personen und deren Überzeugungen beeinflußt werden, die das Radio gestalten. Denn der Vorstand entscheidet über die Aufnahme und den Ausschluss von Vereinsmitgliedern, die Auswahl des Geschäftsführers sowie die Einstellung von haupt- und nebenberuflich Beschäftigten im Radio. In der Satzung des Vereins heisst es §7 Abs. 9:
Der Vorstand ist berechtigt a) einen Geschäftsführer/eine Geschäftsführerin einzustellen und mit der Durchführung der sich aus der Leitung des Vereins ergebenen Aufgaben zu beauftragen b) einzelne Vereinsmitglieder und Kommissionen zu beauftragen haupt --und nebenberuflich Beschäftige einzustellen und diesen Personen rechtsge- schäftliche Vollmachten zu übertragen (Quelle)

** > Siehe auch:
Kritik an Anwalt
und Burschenschafter Jan Ockershausen, Vorstandsmitglied im Stadtradio Göttingen e.V. in Sachen Seenotrettung / Presseerklärung der Ratsfraktion Die Grünen

(Ockerhausen hatte geäußert, Carola Rackete hätte die aus Seenot im Mittelmeer von ihr geretteten Flüchtlinge in einen Hafen nach Nordafrika bringen sollen)

 

Bürger/innenradios unabhängig von Parteien und Behörden?

Seit 10 Jahren registrieren wir seitens der goest-Redaktion, wie die Vorstandswahlen des Stadtradio-Trägervereins ausgehen. Siehe dazu den Artikel " Bürger/innenradios unabhängig von Parteien und Behörden?
Wir haben kritisiert, dass eine Art CDU-SPD-Grüne-Proporz im Vorstand abgebildet wird, da alle Personen einen entsprechenden politischen Hintergrund mit Mandaten oder Nähe zu SPD, CDU oder Grünen aufwiesen. Angesichts dieser Nähe der Vorstandsmitglieder zu politischen Parteien hatten wir 2007 deutlich darauf hingewiesen, dass in der Entstehung nichtkommerzieller Radios eine Parteien- und Behördenferne intendiert gewesen war und auch entsprechende Richtlinien ins Gesetz einflossen. Entstprechen äußerten wir uns auch in Schreiben an die Landesmedienanstalt zu dieser Entwicklung im Stadtradio. Anschließend erreichte unsere Redaktion der Telefonanruf eines Grünen-Politikers. Er versicherte uns, die Besetzung des Vorstands mit Personen exponierter Parteizugehörigkeit sei doch nur von kurzer Dauer. Wir warteten ab und mußten feststellen, dass dieser Zustand noch 10 weitere Jahre fortdauerte.

Nichtkommerzieller BürgerInnenfunk ist Ergebnis langer politischer Kämpfe Erst aufgrund langwieriger politischer Anstrengungen von Basisinitiativen, die ein "Radio von Unten" bzw. BürgerInnenradios forderten kam es bundesweit zur Einrichtung von nichtkommerziellem Lokalfunk (Nachzulesen im goest-Archiv , Abteilung Infodienst Computer & Medien z.B. Artikel 1993/3 , 1992/2 oder 1991/4) /

Das Stadtradio soll ein nichtkommerzieller Sender sein mit einem Zugang für BürgerInnenfunk in der Region Südniedersachsen, bestehend aus den Landkreisen Göttingen (261.000) Northeim (145.000), Osterode (81.000) und Holzminden (76.000) käme auf ca. 465.000 EinwohnerInnen. (Zahlen von 2007). Das nichtkommerzielle Stadtradio ist ein politisches Projekt mit dem Ziel, mehr Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger am Medium Hörfunk, ohne kommerzielle Einflußnahme zu erreichen. Die öffentliche Finanzierung zur Sicherstellung der Unabhängigkeit war hart erkämpft worden gegen die CDU-Pläne zur Einführung ausschließlich privater lokaler Hörfunksender. Mal wurde versucht, sie zu blockieren, ein anderes mal wird versucht, sie zu vereinnahmen mit Kooperation und Sponsering. Deshalb muß die kritische Öffentlichkeit ein waches Auge auf die Vorgänge im Zusammenhang mit dem Radio haben - auch im Hinblick auf parteipolitische Einflußnahme.


Fortdauernd p
arteipolitische Verbindungen der Vorstandsmitglieder meist völlig unerwähnt bei der Präsentation des Vorstandes

Die Satzung des Radio-Vereins sieht vor, dass ein "Mitglied des Bundestages, der Bundesregierung, des Europäischen Parlaments sowie der Volksvertretung oder Regierungen der Bundesländer" kein Vorstandsmitglied werden kann. Nun werden aber Personen in den Vorstand gewählt, die enge Verbindungen zu solchen Mandatsträgern haben.

Rein juristisch ist die Mitgliedschaft nur ausgeschlossen für "Parteien" und abhängige "Organisationen" sowie "juristische Personen öffentlichen Rechts". Die Vorstandsmitglieder sind daher nicht von diesem Mitgliedsverbot betroffen. Die exponierte parteipolitische Einbindung von Personen, die z.B. von Mitgliedern des Bundestages oder des Landtages in einem abhängigen beschäftigungsverhältnis stehen widerspricht jedoch der parteipolitischen Unabhängigkeit und dem Geist der Radiosatzung. Bereits bei der Vorstandswahl 2007 kritisierten wir, dass die parteipolitische Einbindung im Vorstand unerwähnt blieb.


foto: stadtradio / Vorstandsmitglieder von links nach rechts: Roth, Affani, Ockershausen

Vorstandsmitglieder

Horst Roth (Grüne) ist Mitglied der Ratsfraktion Bündnis90/DieGrünen im Stadtrat Göttingen, im Vorstand seit 2007

Nadia Affani (SPD) arbeitete ab Juli 2012 im Wahlkreisbüro von >>Hubertus Heil (bis 2009 Generalsekretär der SPD Seit 2009 Stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion Seit Dezember 2011 Mitglied des SPD-Parteivorstandes) inzwischen (2018) Bundesminister für Arbeit. Affani ist stellvertretende Vorsitzende des >>SPD-Stadtverbands Göttingen. 2013-

Jan Thomas Ockerhausen ist in der Anwaltskanzlei Noack/Menge tätig und hat ebenso wie ehemals Elke Lahmann (Vorstand bis 2014) eine Verbindung zu Dr. Harald Noack. CDU, " (Quelle)

Sechs Jahre bestand der Vorstand aus Siegfried Löbrick (SPD-nah) bis 2014
2007-13


2014 parteipolitische Verbindungen bleiben unerwähnt

Auch nicht in der "Vorstellungsrunde" on air am 3.2.14 um 9.05 Uhr in einer Stadtradiosendung. Erst in einer Pressemitteilung des Radios am 3.2.14 hieß es

"Neu im Amt sind Nadia Affani und Jan Thomas Ockershausen, Horst Roth wurde wiedergewählt, während Elke Lahmann und Siegfried Löprick auf eigenen Wunsch nicht mehr erneut kandiert hatten. Horst Roth ist ver.di-Gewerkschaftssekratär a.D. Nadia Affani ist Journalistin und leitet die Wahlkreisbüros des SPD-MdB Hubertus Heil in Gifhorn und Peine. Sie ist außerdem Stellvertretende Vorsitzende des SPD-Stadtverbands Göttingen. Jan Thomas Ockershausen ist Rechtsanwalt in der Göttinger Kanzlei Menge Noack."

2007 parteipolitische Verbindungen bleiben unerwähnt

Am 10.12.07 wählte die Mitgliederversammlung des Vereins für Medienkultur Südniedersachsen e.V. einen neuen Vorstand: Elke Lahmann, Horst Roth und Siegfried Löprick. Elke Lahmann wurde in der Mitteilung des Radios lediglich als Vertreterin der Bürgerstiftung vorgestellt (die sie damals war, inzwischen wird sie dort nicht mehr genannt - Anmerkung 2014 ). In der Tat wurde sie meist im Zusammenhang mit der Göttinger Bürgerstiftung erwähnt. Darüber hinaus wäre aber zu erwähnen, dass Elke Lahmann anscheinend eng mit Rechtsanwalt, CDU (Ex-) Landtags- und Kreistagsabgeordnetem Dr. Noack (CDU) zusammengearbeitet hat, der übrigens auch Vorsitzender des Stiftungsrates der Bürgerstiftung ist. Sie verwaltete dessen Homepage als CDU-Mitglied. Die Geschäftsstelle der Bürgerstiftung befindet sich im gleichen Haus der Rechtsanwaltskanzlei von Noack in der Robert Kochstr. 2. Dies ist insofern plausibel, da sie auch als Kontaktperson für dessen Wahlkreisbüro genannt wird. Parteipolitisch ist ( oder war) Elke Lahmann auch Sprecherin des Göttinger Stadtverbandes der Frauen-Union und wird auch 2014 noch auf der CDU-Homepage des Stadtverbandes >>als "Referentin" abgebildet.


Mitteilungen zum Stadtradio

Sendungen für Familien mit "Zuwanderungsgeschichte"

Jeden Donnerstag um 15 und um 18:05 Uhr sendet das Stadtradio Göttingen 107,eins auf 107,1 MHZ im Bürgerfunk die Sendereihe „Perspektive Ausbildungsberuf“. Die Sendung wird im Wechsel in deutscher, arabischer, russischer und türkischer Sprache ausgestrahlt. Die Kampagne „Perspektive Ausbildungsberuf soll die Vorzüge der dualen Ausbildung transportieren, und das in einer verständlichen und persönlichen Ansprache für Familien mit einer Zuwanderungsgeschichte. Die Wege zum Berufsabschluss in Deutschland sollen durch die Kampagne überschaubar dargestellt werden, so dass Eltern als Ratgeber mit ihren Kindern darüber sprechen können. Die Sendreihe beteiligt Unternehmen und zeigt die Vielfalt der Ausbildung sowie weitere Chancen der Auszubildenden. Das deutsche System der dualen Ausbildung ist nahezu einmalig und bei Familien mit einem Zuwanderungshintergrund nicht oder kaum bekannt.

Die „dunkle“ Geschichte der Polizei im Nationalsozialismus
StadtRadio-Sendung von Ingeborg Lüdtke

3.2.17 *StadtRadio-Sendung von Ingeborg Lüdtke Teil 1 um 19 Uhr über die „dunkle“ Geschichte der Polizei im Nationalsozialismus mit Beteiligung von Roland Laich von dem Verein „NS-Familien-Geschichte:  hinterfragen - erforschen – aufklären e.V.“*

6.2.17 StadtRadio-Sendung von Ingeborg Lüdtke Teil 2 um 12 Uhr über die „dunkle“ Geschichte der Polizei im Nationalsozialismus mit Beteiligung von Roland Laich von dem Verein „NS-Familien-Geschichte:  hinterfragen - erforschen – aufklären e.V.“*

Während der Führung durch die Ausstellung „Die Polizei im Nationalsozialismus“  wurde sie von einem Polizeibeamten gefragt, ob sie darüber berichten wolle. Auch  ein passender Interviewpartner wurde genannt. Sie war zu diesem Zeitpunkt mitten  in der Recherche für eine andere Sendung.
Als sie sich dann ca. 2 Jahre später diesem Thema bezogen auf Göttingen  zuwandte, war das Göttinger Archivmaterial recht spärlich. Auch gab es keine  passenden Interviewpartner in und um Göttingen. Die Abteilung  Öffentlichkeitsarbeit der Göttinger Polizei verwies sie an den Leiter des  Polizeimuseums in Nienburg, Dr. Dirk Götting.
Sein umfangreiches Wissen führte zu vielen weiteren Fragen. Am Ende ist eine  informative Radiosendung herausgekommen, die bei der Weimarer Republik beginnt  und mit Fragen zur heutigen Zeit aufhört:
Zentrale Themen sind die Unterschiede im Aufbau und den Aufgabenbereichen der  Polizei in der Weimarer Republik und der NS-Zeit. Auch geht es um die Frage, wie  Heinrich Himmler an die Spitze der gesamten Polizei in Deutschland kommen  konnte. Nicht nur Himmler hatte Macht, sondern auch die einzelnen Polizeibeamten  hatten einen großen Handlungsspielraum. Diesen setzten sie entweder ein, um  Gegner zu terrorisieren oder ihre Hand schützend über sie zu halten.
Die Feuerwehr wurde der Polizei zugeordnet. Die Göttinger Polizei und die  Feuerwehr waren an dem Brand der Göttinger Synagoge beteiligt.
Durch neue Forschungen geriet das Bild der „anständigen“ Polizei ins Wanken.  Bekannt wurde die Beteiligung der Polizei an Deportationszügen in die  Konzentrationslager und Vernichtungslager.
Die Polizei beteiligte sich beim Völkermord an den Juden und an den Sinti und Roma.
Polizeieinheiten beteiligten sich an Massenerschießungen von Juden und der  Ermordung anderer NS-Opfer von 1941 bis 1944 in Polen, im Baltikum und in  Weißrussland.
Ingeborg Lüdtke berichtet auch über die Umstrukturierung der Polizei nach 1945  und den Umgang mit als belastet eingestuften Polizeibeamten. In diesem  Zusammenhang zeigt Roland Laich von dem Verein „NS-Familien-Geschichte:  hinterfragen - erforschen – aufklären“ seine Erkenntnisse zu dem in Göttingen  gebürtigen und in Trier und Luxemburg tätigen Gestapo-Mann Friedrich Schmidt auf.
Professor Werner Heun vom Institut für Allgemeine Staatslehre und Politische  zeigt auf, welche hemmenden Funktionen in das Grundgesetz eingebaut wurden, um  einen Polizeistaat zu verhindern.
Am Ende bliebt die Frage: Wäre es heute immer noch möglich, dass ein korrupter  Politiker seine eigenen Interessen per Gesetz mit einer 2/3 Mehrheit durchsetzen  könnte?
www.ns-familien-geschichte.de

Musik von Musiker_innen aus der Region im Stadtradio

1.2.16 / Ab sofort gibt es immer montags und mittwochs, jeweils um 13 Uhr, und samstags um 11 und 20 Uhr eine bunte Mischung von Musik aus der Region und ausgewählten Künstlern.. Wer seine eigenen Produktionen auf diesen Sendeplätzen im StadtRadio Göttingen spielen lassen möchte, wird gebeten, sich mit Andreas Goos per Telefon (0551 - 38 48 10 31) oder E-Mail (andreas.goos@stadtradio-goettingen.de) in Verbindung zu setzen.

Führungen im StadtRadio Göttingen nun auch regelmäßig

8.12.15 / In den vergangenen Jahren haben immer wieder Hörerinnen und Hörer sowie Koperations- und Projektpartner das StadtRadio besucht und sich über die Arbeit des südniedersächsischen Bürgersenders informiert. Nun soll dies auch regelmäßig angeboten werden, da es immer wieder entsprechende Anfragen gibt, erklären Chefredakteurin Jeanine Rudat und Geschäftsführer Ulrich Kurzer. Gruppen bis zu 10 Personen etwa aus Vereinen, Behörden oder Unternehmen, aber auch Einzelpersonen, können unter ulrich.kurzer@stadtradio-goettingen einen Termin einschließlich eines Besuchs im Studio während der Nachmittagssendung vereinbaren. Das Ganze ist selbstverständlich kostenlos.

Stadtradio-Sondersendung "RadioAktiv" zum Castortransport

Booaah das war eine Mammut-Sendung !- rekordverdächtig ! Die Sendezeit lief von Samstag 5.11.10 14 bis Sonntag 7.11. , 11 Uhr und Sonntag , 19-20 Uhr.
Die Ankündigung lautete "Immer wissen, wo ist gerade der Casortransport Musik aus 30 Jahren Widerstand gegen Atomenergie Vergiss Dein Radio nicht, beim Abendlichen Spaziergang.(...) Wer sein Radio dabei hat, ist immer gut informiert.

Mit der Unterstützung von Ralph, der für Musik zuständig war hielt Marco Woltermann als Verantwortlicher für die BürgerInnenfunksendung "Radioaktiv" 21 Stunden nahezu NonStopp im Studio aus.

 

Foto: Marco in themenbezogener Umgebung während einer Kundgebung auf dem Marktplatz im Sommer 2010.

Teilweise wurde auch das Radio Zusa/Wendland in diesem Rahmen vom Stadtradio übernommen und insbesondere mit den Nachrichten ausgestrahlt. Zwischendurch gab es Interviews mit Leuten, die irgendwo Informationen von der Transportstrecke hatten, Telefoninterviews mit PolitikerInnen, es gab auch Einlagen mit Emil, dem kleinen Sohn des Live-DJs im Studio "Ich war mit meinem Bobbycar da". 7.35 Uhr fuhr dann der Castor durch Göttingen und einige AktivistInnen, die die Nacht am Bahnhof und am Güterverkehrszentrum ausgeharrt hatten mußten zusehen, wie die 11 Wagen mit hochradioaktiven Substanzen zügig über die Göttinger Gleisstrecke fuhren. Die meisten AKW-GegnerInnen waren wohl mit den 6 Bussen ins Wendland gefahren. Kurz drauf kam das alte Lied der Band "Schneewitchen" ... "Unter dem Pflaster, ja da liegt der Strand, komm reiß auch du ein paar Steine aus dem Sand ... wirf die Ketten weg und wirf sie gegen die, die mit ihrer Macht, deine Kraft zerbrechen wollen ..."

 

Schreiben ("Offener Brief") von Horst Reinert an den Vorstand des Stadtradio e.V. und den Geschäftsführer des Stadtradios / Der goest-Redaktion am 31.7.19 zugegangen

Brief von Horst Reinert:

Liebe Vorstandsmitglieder, lieber Uli,

ich gerade einigermaßen entsetzt über die aktuellen Zustände im StadtRadio und mache mir ernsthaft Sorgen über die Zukunft des Senders. Eine Stellungnahme des Geschäftsführers zur Causa Bussmann wurde über die Mailinglisten an Bürgerfunker, Redaktion und Vereinsmitglieder verschickt und somit einem großen Kreis von Adressaten bekannt gemacht. Gleichzeitig wurde aber untersagt, die Mailinglisten zur Diskussion des Themas zu nutzen. Somit bleibt mir nur die Möglichkeit eines offenen Briefes, um erstens einem größeren Kreis eine andere Sicht der Dinge darzustellen und zweitens zu versuchen, die Diskussion zu versachlichen und bei der Gelegenheit weitere strukturelle Probleme des Senders zu benennen und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Aber der Reihe nach:
Den öffentlichen (und später gelöschten) Facebook-Post von Martina Frigge-Filbir im vergangenen Monat, in dem sie den öffentlichen Auftritt eines bekannten Bürgerfunkers (gemeint war Torsten Bussmann, auch wenn sein Name nicht genannt wurde) bei einer GSO-Veranstaltung herabgewürdigt hatte, fand ich schon sehr unangemessen für ein Vorstandsmitglied des Senders. Dass sie, als die Hintergründe dieses Auftritts aufgeklärt wurden, nicht bereit war, sich für ihre Äußerungen zu entschuldigen oder diese wenigstens zu relativieren, sondern ihren Eintrag samt allen Kommentaren gelöscht hat, zeugt von mangelnder Kritikfähigkeit und schlechter Diskussionskultur. Die Leute, die ihr – ebenfalls auf Facebook – geraten hatten, zurückzurudern, in einem Beitrag in der Zeitschrift Charakter als Trolle zu bezeichnen, von einem Shitstorm zu sprechen und sich damit zu brüsten, sofort einen Anwalt eingeschaltet zu haben … nun ja, ich würde es als mangelnde Wahrnehmungsfähigkeit bezeichnen, wenn nicht gar als Chuzpe. In diesem Artikel dann auch noch einen Bezug zum Mord an Walter Lübcke herzustellen, ihre Kritiker mithin mit Nazis zu vergleichen, hat aus meiner Sicht die Grenzen des guten Geschmacks vollends überschritten.

Zur etwa gleichen Zeit erschien ein Kommentar vom Vorstandsmitglied Jan Ockershausen im Extra Tip zum Thema Seenotrettung **, in dem er sich mit seiner Argumentation in gefährliche Nähe zur AfD begeben hat. Auch das aus meiner Sicht unwürdig für ein Vorstandsmitglied des Senders.

Beides hätte ich von Vorstandsmitgliedern des StadtRadios nicht erwartet und für beides wäre eine öffentliche Entschuldigung, besser noch ein Rücktritt, geboten. Dies insbesondere im Zusammenhang mit dem Sendeverbot für Torsten Bussmann, denn nichts anderes als ein Sendeverbot ist es aus meiner Sicht, wenn einerseits eine Livesendung nicht gestattet wird, andererseits aber eine vorproduzierte Sendung wegen organisatorischer Unfähigkeit des Senders über Wochen hinweg nicht eingereicht werden kann. Es kann und darf nicht sein, dass für Vorstandsmitglieder andere Maßstäbe gelten als für Bürgerfunker.

Dass der kritisierte Satz von Torsten, von dem sich gerade mal eine Person gestört fühlte, vielleicht grenzwertig war oder gar geschmacklos, darüber lässt sich streiten. Ob er strafrechtlich relevant ist, sollten lieber Juristen beurteilen. Dass dieser eine Satz aber dazu führt, dem wohl bekanntesten Aushängeschild des Senders gleich quasi das Senden zu verbieten, zeugt von mangelnder Souveränität und geringer Weitsicht, denn schließlich ist Torsten schon seit 20 Jahren erfolgreich für den Sender tätig, und zwar ehrenamtlich. Dass er jetzt zu Radio Leinewelle gewechselt ist, ist nicht nur ein Verlust, sondern auch ein Armutszeugnis für das Stadtradio und ein weiterer Sargnagel für den Sender.

Der Umgang mit Torsten Bussmann könnte dazu führen, dass andere Bürgerfunker künftig nur noch mit der Schere im Kopf senden, weil sie befürchten, dass auch sie der Bannstrahl treffen könnte. Das wären dann Zustände, die nicht in einen demokratischen Sender passen. Es könnte aber auch sein, dass der/die eine oder andere deswegen lieber das Senden einstellt oder, wie Torsten Bussmann, ebenfalls zu Radio Leinewelle wechselt.

Einschüchterungsversuche und Schikanen, wie sie aktuell praktiziert werden, sind leider keine neue Entwicklung, sondern schon seit Jahren ein viel genutztes Mittel gegen engagierte Mitarbeiter und Bürgerfunker. Eigenen Ideen oder gar Kritik soll anscheinend damit ein Riegel vorgeschoben werden, wohl in der Hoffnung, sich unbehelligt weiter durchwurschteln zu können. Dadurch wurde viel Potential des Senders verschwendet, so dass er aktuell für die Göttinger  Bürger*innen eigentlich kaum noch oder eher gar nicht wahrgenommen wird.

Ich habe in den letzten Wochen das StadtRadio häufiger eingeschaltet als sonst und mir dabei Sendungen angehört, die ich normalerweise nicht höre. Auch mir gefallen nicht alle Sendungen und nicht alle Bürgerfunker (viele sind es ja nicht mehr). Dennoch maße ich mir nicht an, darüber öffentlich zu urteilen. Sie alle  braucht der Sender, um seine Vielfalt und vor allem seine Existenz zu erhalten. Denn ohne Bürgerfunker würde eine der Säulen fehlen, die für die Sendelizenz gebraucht werden. Und an der Lizenz hängen auch einige Arbeitsplätze und somit menschliche Existenzen, die aufs Spiel gesetzt werden, wenn sich nicht schleunigst im Sender etwas ändert, vom Umgang miteinander bis zur Technik und zum Auftritt in der Öffentlichkeit.
Ich bin seit 15 Jahren Bürgerfunker und habe in dieser Zeit das StadtRadio technisch und organisatorisch schon in einem besseren Zustand erlebt. Ich appelliere daher an euch, schleunigst dafür zu sorgen, dass der Sender wieder in ruhiges Fahrwasser gerät und seinem Auftrag in vollem Umfang nachkommt. Ein erster Schritt in diese Richtung wäre ein sofortiger Rücktritt von mindestens der zwei oben erwähnten Vorstandsmitglieder, idealerweise aber des gesamten Vorstands, um ein „Weiter so“ zu vermeiden und einen einen Neuanfang unter anderer Führung zu ermöglichen, bevor das StadtRadio vollends in der Bedeutungslosigkeit versinkt. Denn die Probleme, unter denen das StadtRadio seit vielen Jahren zu leiden hat, sind nicht etwa durch Außeneinwirkungen entstanden, sondern sind allesamt hausgemacht durch Geschäftsführung und Vorstand.

Von einem Neuanfang erwarte ich unter anderem,
• dass die Technik für die Bürgerfunker besser funktioniert (einschließlich schnellem und frei zugänglichem WiFi im B-Studio).
• dass die Bürgerfunker besser an den Sender gebunden werden, anstatt sie einfach vor sich hin senden zu lassen.
• dass hauptamtliche Redaktion und Bürgerfunker nicht weiter nebeneinander her arbeiten, sondern Synergien genutzt werden. Es gibt immer mal wieder Bürgerfunk-Beiträge, die durchaus redaktionell „recycled“ werden könnten.
• dass das StadtRadio wieder und besser in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Mit Infoständen und einem Sommerempfang für Politiker*innen ist das nicht getan. Ohne „Social Media“ geht hier nichts mehr. Darüber hinaus sollten Kooperationen mit regionalen Akteuren, beispielsweise mit Konzertveranstaltern, eingegangen werden, umso mehr potentielle Hörer zu erreichen.
• dass für Bürgerfunk-Sendungen Qualitätsstandards aufgestellt werden. Nicht inhaltlich, sondern technisch, denn schlecht gemachte Sendungen führen dazu, dass Hörer*innen ab-, und im schlimmsten Fall nicht wieder einschalten. Auch Sprach- bzw. Sprecherschulung gehört dazu.
• dass auch die über 30.000 Studierenden in Göttingen als Zielgruppe angesprochen werden. Nicht nur thematisch, sondern vor allem auch technisch: „UKW 107,1“ ist für diese Generation ein Fremdwort, daher ist ein stabiler und qualitativ hochwertiger Livestream unerlässlich.
• dass mehr Werbeeinnahmen durch die Homepage generiert werden. Dass hier eine Wechselwirkung zwischen dem Bekanntheitsgrad des Stadtradios sowie der Qualität bzw. Attraktivität der Homepage besteht, sollte dabei berücksichtigt werden.
Je länger jetzt noch Entscheidungen hinausgezögert werden, desto größer ist die Gefahr, dass das StadtRadio Göttingen demnächst nur noch was für die Göttingen-Chronik ist. In diesem Sinne: Handelt bitte! Jetzt!

Mit besten Grüßen

Kommentar goest / 2.8.19 / 6.8.19
Nun ist bekannt geworden, dass ein Hörer* in einem Schreiben an das Stadtradio Kritik an einer Bemerkung Bussmans geäußert habe. Bussmann habe in einer Livesendung gesagt "" Ey Macron, kack Dich nicht ein, sonst schicke ich Dir unseren Zitteraal!" Dies wurde offensichtlich als Beleidigung der Bundeskanzlerin angesehen. Nun ist es aber so, dass die Verantwortung für den Inhalt einer Bürgersendung bei dem jeweiligen Bürger (Nutzer) liegt und erst nach einer Rüge durch die Landesmedienanstalt oder eine Verurteilung wegen Beleidigung eine Maßnahme gegen einen Bürgerfunker angemessen scheint. Auch wenn die inkriminierte Äußerung u.E. recht niveau- und geschmacklos ist, ist eine Beschränkung der Sendetätigkeit wegen dieser Äußerung aus prinzipiellen Erwägungen zur Medien- und Meinungsfreiheit abzulehnen. // Wenn die Menschenwürde von Macron und Merkel durch die Äußerung von Bussmann verletzt worden sein könnte, dann hätte das allerdings gegen die Nutzungsordnung des Stadtradios verstossen. Wahrscheinlich hätten die beiden Staatsoberhäupter nur müde abgewunken, hätte man ihnen diesen unbedeutenden Vorfall geschildert. Also wenn kein weiterer gravierender Grund wie z.B. fortgesetzte Schleichwerbung hinzukäme ist eine Sendebeschränkung abzulehnen. Zu dieser Auffassung sollte man kommen auch wenn man kein Fan dieser Sendung ist.
Ergänzung 5.8.19 / 6.8. :
Seitens der Geschäftsführung heißt es, es gäbe keine Sendesperre, sondern es handele sich um eine "Sendepause" und Thorsten Bussmann habe dem mündlich zugestimmt und späterhin diese Pause von sich aus verlängert.

In einem Schreiben, dass uns vorliegt wird bei der Begründung auf eine Stellungnahme der Landesmedienanstalt verwiesen in der die Äußerung „Zitteraal“ "mindestens unpassend, möglicherweise aber auch diskriminierend oder würdeverletzend" sei und wenn Bussmann weiter "Politiker und andere Personen angreift, dann ist nicht auszuschließen, dass er künftig wirklich in den Bereich des § 185 StGB (Beleidigung) kommt." Deshalb solle erwogen werden, Bussmann zu einer Vorproduktion statt Live-Sendung zu verpflichten. "So wie im Moment sollte es jedenfalls nicht weitergehen". Also um Bussmann davor zu schützen, dass er in Zukunft eine Beleidigung gegen Politiker äußern könnte, soll er nicht mehr Live senden.

Diese Begründung sollte unbedingt im Hinblick auf Meinungs und Pressefreiheit überdacht werden.

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2.den Krieg verherrlichen,
3.offensichtlich geeignet sind, Kinder und Jugendliche sittlich schwer zu gefährden
4.Menschen, die sterben oder schweren körperlichen oder seelischen Leiden ausgesetzt sind oder waren, in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellen und ein tatsächlichesGeschehen wiedergeben, ohne dass ein überwiegendes berechtigtes Interesse gerade andieser Form der Berichterstattung vorliegt; eine Einwilligung ist unbeachtlich
5.in sonstiger Weise die Menschenwürde verletzen,
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