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Wertgutscheine

Die (heimliche) Rückkehr eines Gutschein-Versuches?
Entscheidungsspielräume werden nicht genutzt
Landkreis Sozialausschuss für Abschaffung der Gutscheine
Stadt verabschiedet Resolution gegen Wertgutscheinsystem
Sodexho möchte Schikanen aufrechterhalten und macht Druck
Tauscht Gutscheine! (Artikel der Gutscheingruppe)

>>Homepage der Gutscheingruppe
>>Homepage "Bargeld statt Wertgutscheinen"

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fluecht_gutschein.JPG (13874 Byte)

Stadt bestätigt Existenz von Wertgutscheinen 13.5.16

Mit der Abbildung eines Wergutscheines wollten wir die Behauptung widerlegen, es gäbe keine Gutscheine mehr.
Nun wird von der Stadt mit einem Gerichtsverfahren gegen goest gedroht. goest soll den Namen der städtischen Warengutschein-Ausstellerin unkenntlich machen oder die Abbildung ganz löschen. Die Stadt bestätigt damit allerdings auch die Existenz der Wertgutscheine.
13.5.16

Dürfen in der Presse die Verantwortlichen für kritikwürdigen Umgang mit Flüchtlingen nicht mehr genannt werden?
Wenn Namen der städtischen Mitarbeiter*innen veröffentlicht werden, die Wertgutscheine für Flüchtlinge ausstellen, dann sieht die rechtliche Vertretung der Stadt Göttingen darin eine Verletzung des Persönlichkeitsrechtes. Die Abbildung eines Wertgutscheines hat zur Androhung eines rechtlichen Vorgehens gegen goest geführt. Und das wegen Wertgutscheinen, die es angeblich gar nicht mehr gibt! Wo ist die Grenze bei der Nennung von Namen ? Gilt das auch für den verantwortlichen Fachbereichsleiter Soziales und den Leiter des Fachdienstes Sozialverwaltung. Soll behördliches Handeln nur noch anonym erfolgen.

Wenn seitens der Stadt (Städt. Rechtsdirektor) mit Gerichtsverfahren gedroht wird, weil der Name einer Mitarbeiterin zu sehen war, die den Gutschein ausgestellt hatte, dann ist die Stadt Göttingen rigider als Landkreise im tiefsten Bayern, die es klaglos hinnehmen, wenn Wertgutscheine mit Namen und Unterschrift veröffentlicht werden Siehe >>http://www.br.de/nachrichten/oberbayern

Wer die Würde von Menschen nicht beachtet indem er/sie verantwortlich ist für die Entscheidung, Warengutscheine an Flüchtlinge auszustellen, der/die kann sich doch nicht ernsthaft legitimiert fühlen, diese Namensnennung als "Verletzung seines Persönlichkeitsrechtes" ins Feld zu führen. (Siehe auch >Kommentar Nier).

Für die Bewertung des konkreten Falles wäre allerdings zu bedenken, ob die Sachbearbeiterin die Warengutscheine aufgrund einer dezidierten Dienstanweisung ausgegeben hat oder ob sie dies aufgrund einer eigenen Entscheidung vornahm. Insbesondere bei einer Ausstellung von Wertgutscheinen nach eigenem Ermessen muß die Sachberarbeiterin auch die Verantwortung für ihr Handeln übernehmen.

Nachtrag: Merkwürdigerweise ist der Name der Person nicht als Mitarbeiterin der Stadt Göttingen (für die sie unterschrieben hat) zu finden, sondern der Name findest sich nur beim Landkreis Göttingen. Handelt es sich vielleicht um eine Arbeitnehmerin-Überlassung deren Offenlegung verdeckt werden soll?

 

 

Warengutschein-Vergabepraxis / Trotz "Abschaffung der Gutscheine"

 

Flüchtlinge können bei Alnatura nicht mit Warengutscheinen einkaufen

Bei Alnatura und bei Edeka-Läden gibt es Schwierigkeiten, die Gutscheine einzutauschen. Bei einer Nachfrage im Alnaturaladen, Lange Geismar Str. hieß es, es gäbe eine Anweisung aus der Zentrale, dass keine Gutscheine angenommen werden dürfen. Sie weigern sich den Flüchtlingen Waren auf Gutscheine auszuhändigen, vermutlich weil ihnen die Arbeit zuviel ist, Rechnungen zu schreiben um dann das Bargeld von der Stadt zu erhalten. 110 Euro Einkauf ohne Transportmittel und ohne dass Reste als Rückgeld ausgezahlt werden. Und dann ohne Sprachkenntnisse so geschickt einkaufen, dass die Waren auch noch ein paar Wochen halten. 2.5.16

2013 wurde nach 15 jährigem Kampf die Abschaffung des Wertgutscheinsystems in Göttingen erreicht und mit einer "Jubelparty" gefeiert (>Artikel) Ab da wurde wieder Bargeld an Flüchtlinge ausgezahlt. Seit 2015 gibt es Anzeichen dafür, dass die Behörden doch wieder Gutscheine statt Bargeld ausgeben.Schon am 1.7.15 verschickte Ratsherr M. Ramaswamy folgenden Hinweis:
"
Entgegen den Behauptungen aus der SPD Fraktion, es gäbe keine Gutscheine mehr an Stelle von Bargeld für die Flüchtlinge - sie, die SPD hätte dafür gesorgt, dass es das in Göttingen nicht mehr gibt, wurden am Montag zum wiederholten Male an eine Familie Gutscheine ausgegeben. Diese werden aber nicht von allen Läden eingetauscht. Diese Massnahme der Gutscheinausgabe ist entwürdigend und diskriminierend. Damals rief Ramaswamy dazu auf, 180 € in Bargeld für die Gutscheine einzutauschen bei einem dafür angesetzten Termin vor dem Rathaus.
Am 8.7.15 teilte die
Ratsfraktion der WählerInneninitiative GöLinke mit : Entgegen der allgemeinen Auffassung, es gäbe keine Gutscheinausgabe an Flüchtlinge an Stelle von Bargeld nach dem Asylbewerberleistungsgesetzes (mehr), ist bekannt geworden, dass es Einzelfälle gibt, in denen die Sozialbehörde Gutscheine in den vergangenen Monaten ausgegeben hat.
In einer dringlichen Anfrage an den Sozialasschuss heisst es: "Wir waren der Auffassung, dass es die bisherige Position der Verwaltung ist, dass "aus humanitären aber auch aus verwaltungstechnischen Gründen geboten [ist], auf die Ausgabe von Wertgutscheinen an Asylbewerber zu verzichten und Bargeld auszuzahlen." (Verwaltungsvorlage aus dem Jahre 2013) "Wir müssen wissen, welche Kriterien angelegt werden und wer aus welchem Grund diese Entscheidung trifft, es steht zu befürchten dass hier eine diskriminierende Wirkung bewusst in Kauf genommen wird ", "Hier handelt es sich zumindest um ein nicht akzeptables vormundschaftliches Verhalten der Behörde." Zudem sind die bekannt gewordenen Stückelungen der Gutscheine (100 € bzw. 80 €) so gewählt, dass eine Versorgung mit frischen Lebensmitteln und einer sozial-kulturelle Teilhabe der Familienmitglieder verhindert wird.

 

 

2015: Die neue Fassung des alten Wertgutschein-Systems ist schärfer denn je

Die allgemeine Sozialhilfe ist am Existenzminimum orientiert. Die Hilfe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ist noch niedriger. Dies ist existenzgefährdend.

Asylbewerberleistungsgesetz bisher
(schlimm genug)
Verschärfte Änderungen im Asylbewerber-leistungsgesetzes vom 21.9.15

§ 3 Grundleistungen

(1) Der notwendige Bedarf an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts wird bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen im Sinne von § 44 des Asylverfahrensgesetzes durch Sachleistungen gedeckt.

.

§ 3 Grundleistungen

(1) Bei einer Unterbringung in Aufnahme-einrichtungen im Sinne von § 44 des Asylgesetzes erhalten Leistungsberechtigte nach § 1 Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger Bedarf). Der notwendige Bedarf wird durch Sachleistungen gedeckt.

(wie bisher) Kann Kleidung nicht geleistet werden, so kann sie in Form von Wertgutscheinen oder anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen gewährt werden. Gebrauchsgüter des Haushalts können leihweise zur Verfügung gestellt werden

 

 

Zusätzlich erhalten Leistungsberechtigte monatlich einen Geldbetrag zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens (Bargeldbedarf). Der Bargeldbedarf beträgt für

Zusätzlich werden ihnen Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens gewährt (notwendiger persönlicher Bedarf). Diese sind soweit wie möglich durch Sachleistungen zu decken. Sofern der notwendige persönliche Bedarf nicht durch Sachleistungen gedeckt werden kann, sind an ihrer Stelle die entsprechenden Leistungen in Form von Wertgut-scheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen zu gewähren.

Werden alle notwendigen persönlichen Bedarfe durch Geldleistungen gedeckt, so beträgt der Geldbetrag zur Deckung aller notwendigen persönlichen Bedarfe monatlich für
(Anmerkung goest: d.h. wenn genügend politischer Druck gemacht würde, könnte man sich genötigt sehen, doch auf Wertgutscheine zu verzichten!)

(wie bisher)
1. alleinstehende Leistungsberechtigte 140 Euro,
2. zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Partner einen gemeinsamen Haushalt führen, je 126 Euro,
3. weitere erwachsene Leistungsberechtigte ohne eigenen Haushalt je 111 Euro,
4. sonstige jugendliche Leistungsberechtigte vom Beginn des 15. und bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres 83 Euro,
5. leistungsberechtigte Kinder vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 90 Euro,
6. leistungsberechtigte Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres 82 Euro.

2012 hatte die Stadt Göttingen erklärt:
"Die Stadt Göttingen bleibt bei ihrer politischen Auffassung, dass es aus humanitären aber auch aus verwaltungstechnischen Gründen geboten wäre, auf die Ausgabe von Wertgutscheinen an Asylbewerber zu verzichten und Bargeld auszuzahlen. Das hat Sozialdezernentin Dr. Dagmar Schlapeit-Beck am Freitag, 23. November 2012, erklärt. Auch der Deutsche Städtetag fordert hierzu einen Ermessensspielraum für die einzelne Gemeinde, entweder Sachleistungen oder Geldleistungen auszugeben.(...)
Die Stadt Göttingen erhofft sich jedoch eine Änderung der Rechtslage auf Bundesebene auf Grundlage des Bundesratsantrages der Länder Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Schleswig-Holstein vom 1.10.2012 zur "Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und Einbeziehung der betroffenen Personengruppen in die bestehenden Leistungssysteme nach den Sozialgesetzbüchern II und XII".

Die WählerInnengemeinschaft GöLinke Ratsfraktion kritisierte aktuell in einer Erklärung am 20.10.15
"...die erneute Einführung eines Gutscheinsystems zum Erhalt von Sachleistungen anstelle der Auszahlung von Bargeld. (...) Leistungen für Flüchtlinge würden mit diesem Gesetz erneut gekürzt werden. Darüber hinaus würden Menschen, die in ihrer Not nach Deutschland gekommen seien, weiter entmündigt. Mit dem Vorhaben der Bundesregierung aus CDU und SPD werde Flüchtlingen unterstellt, dass sie nicht in der Lage seien, eigenständig mit dem wenigen umzugehen und sie Bargeld zum Kauf von nicht lebensnotwendigen Dingen missbrauchen würden. Unabhängig von der ohnehin diskriminierenden Praxis der Ausländergesetzgebung werde mit solchen Initiativen der Regierenden ein spürbar hoher Verwaltungsaufwand auf die Kommunen – so auch auf die Stadt Göttingen abgewälzt. „Damit würden Mittel gebunden, die man besser für die Förderung der Integration und Mobilität von Flüchtlingen ausgeben sollte“,(...). Integration, die Wahrnehmung wichtiger behördlicher und privater Termine und die Mobilität werde noch weiter eingeschränkt.

 

Die Wertgutscheine werden (sind) abgeschafft ! - Nach 15 Jahren Protest.

Jubelparty zur Abschaffung des Wertgutscheinsystems in Göttingen
4. Mai ab 22 Uhr im Juzi, Bürgerstr. 41

29.4.13 / Rückblick der Gutscheingruppe :
Nach 15 Jahren Kampf um die Abschaffung des diskriminierenden Wertgutscheinsystems in Göttingen wird jetzt wieder Bargeld an Flüchtlinge ausgezahlt. Damit ist die Gutscheingruppe überflüssig geworden und kann sich endlich auflösen! Wir wollen dies mit einer Party am 4. Mai im Juzi richtig feiern, zu der wir alle ganz herzlich einladen!
In Göttingen wurde 1998 die Gutscheinpraxis für Flüchtlinge eingeführt. Vorangegangen war ein Erlass der damaligen SPD-geführten Landesregierung, der den Kommunen diesen Schritt nahelegte. Doch dies wurde von den Flüchtlingen und der antirassistischen Szene in Göttingen nicht einfach hingenommen. Die Gutscheinannahme wurde öffentlichkeitswirksam mit Protesten vor dem Neuen Rathaus verweigert, die mehrere Tage andauerten. Parallel dazu entstand der Gutscheinumtausch, bei dem UnterstützerInnen mit Gutscheinen einkaufen gingen, so dass die Flüchtlinge zumindest für einen Teil ihrer Gutscheine Bargeld bekamen. In den darauf folgenden Jahren gab es immer wieder Aktionen gegen das diskriminierende Wertgutscheinsystem, wie Demonstrationen, antirassistischen Einkäufe, Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit in Schulen, an der Uni und in der Göttinger FußgängerInnenzone. 2007 hatte sich der Rat der Stadt Göttingen, auf Initiative der Gutscheingruppe, zu einer Resolution gegen das Gutscheinsystem durchgerungen, ein entsprechender Beschluss war dann jedoch am Umfallen der SPD gescheitert. Anders im Kreistag: Hier war 2007 sogar zweimal beschlossen worden, Bargeld einzuführen. Letztendlich wurden diese Beschlüsse aber nie umgesetzt, weil das Niedersächsische Innenministerium die Beibehaltung des Gutscheinsystems im Rahmen einer fachaufsichtlichen Beschwerde einforderte. Da sich trotz Kreistagsbeschluss in Sachen Bargeldausgabe nichts bewegte, fokussierte sich der Widerstand gegen das Gutscheinsystem zunehmend auf die rechtliche Ebene. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Juli 2012, in dem die niedrigen Leistungen für Flüchtlinge für menschenunwürdig erklärt wurden, brachte schließlich die entscheidende Bewegung in den festgefahrenen Gutscheinstreit. Es folgten mehrere Gerichtsverfahren, die überregional für Aufmerksamkeit sorgten. Der rassistische und diskriminierenden Charakter dieses Gutscheinsystems wurde dabei verurteilt. Kurz bevor ein weiterer Fall bei Gericht entschieden werden sollte, stellte die neue Niedersächsische Landesregierung in ihrem Koalitionsvertrag die Weichen für die Bargeldausgabe. Es folgte ein entsprechender Erlass, der es den Kommunen künftig freistellt, Bargeld oder Wertgutscheine an Flüchtlinge auszugeben. Bereits Ende Februar zahlte die Göttinger Stadtverwaltung Bargeld aus, einen Monat später folgte auch der Landkreis. Das diskriminierende Gutscheinsystem für Flüchtlinge in Göttingen ist seitdem Geschichte!

Die Gutscheine sind weg, aber es gibt weitere Probleme:
Wir fordern jetzt, dass alle niedersächsischen Kommunen umgehend auf die Ausgabe von Bargeld umstellen. Die Abschaffung des Gutscheinsystems ist erst der Anfang: Die Abschaffung des Sachleistungsprinzips und andere Selbstverständlichkeiten wie das Recht, eine eigene Wohnung zu beziehen, eine Arbeit aufzunehmen und sich frei in Deutschland bewegen zu können sowie eine umfassende medizinische Versorgung müssen dringend folgen!

 

Der Gutscheine sind genug gewechselt -
nun lasst uns endlich Taten sehen!
... und sie abschaffen

24.2.13 / Für eine Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am Montag, dem 25. Februar 2013, bei der es um die widerwärtigen Wertgutscheine für AsylbewerberInnen gehen sollte, war eine Protestaktion geplant, die nunmehr abgesagt wurde. Das Sozialgericht Hildesheim hat die für den 25.2.13 im Verwaltungsgericht in Göttingen festgesetzte Verhandlung aufgehoben. In dieser sollte es um die rassistische und diskriminierende Gutscheinpraxis gehen. Grund für die Aufhebung ist die Ankündigung des neuen niedersächsischen Innenministers Pistorius, innerhalb der nächsten Wochen einen neuen Erlass für die Behörden zu veröffentlichen, der es ihnen freistellt ob sie die Leistungen in Form von Bargeld oder in Form von Wertgutscheinen ausgeben. Statt am 25.2.13 soll nun die Stadt am Mittwoch, den 27. Februar, um 8 Uhr vor dem Rathaus daran erinnert werden, dass sie eigentlich keine Wertgutscheine mehr ausgeben sollte.An diesem Tag werden vermutlich erneut Wertgutscheine ausgegeben.

Stadt und Landkreis Göttingen hatten bisher immer wieder nur Absichtserklärungen zur Abschaffung von Wertgutscheinen von sich gegeben aber sich nie getraut, gegen die Anweisungen des Abschiebe-Innenministers Schünemann aufzumucken. Jetzt, wo der neue Innenminister die Abschaffung der diskriminierenden Gutscheinpraxis angekündigt hat werden ihre Absichtserklärungen noch einmal lauter. Man vermutet wohl, jetzt wo es keinen Mut mehr erfordert es endlich umzusetzen könnte man noch einmal richtig laut seine Ablehnung kundtun. Sollte es wirklich zu einem neuen Erlass des Innenministeriums kommen, dann sieht es allerdings so aus ob Stadt und Landkreis noch einmal auf der Zielgerade mit Gebrüll ein offenes Scheunentore "eingerannt hätten und anschließend sagen, sie hätten das Tor gestürmt.

Aber: Zu oft gab es Beschlüsse der Stadt gegen Gutscheine und sie wurden immer wieder ausgegeben. Jetzt gibt es keine Ausreden mehr mit Hinweis auf das Innenministerium. Die AufruferInnen zur Protestaktion schreiben:
"Weg mit dem bevormundenden Gutscheinsystem! Uns ist bewusst, dass die Gutscheine nur ein kleiner Teil sind, die Abschaffung ein erster kleiner Schritt - lasst uns weiterhin gemeinsam den rassistischen Normalzustand in Behörden, in den Gesetzen und in den Köpfen bekämpfen! (...) Denn Rassismus besteht aus einem großen Netzwerk, welches sehr deutlich in Gesetzen verankert ist - Gutscheinpraxis, Diskriminierung, Isolation in Lagern und Heimen, Abschiebungen, Kettenduldung, Arbeitsverbot, Verweigerung des Zuganges zur Bildung.....Diese Liste ist zu lang als dass sie hier vollständig aufgeführt werden kann. Daher ist es absurd, dass wir auf etwaige positive bzw. negative Entscheidungen oder Erlasse dieser Gesetzgebung warten."

 

Das "Spielchen"
"Entscheidungsspielräume werden nicht genutzt"

Am 13.7.12 sprach sich er Rat der Stadt Göttingen wieder einmal wie öfter seit Ende der 1990er Jahre mit den Stimmen von SPD, Grünen, GöLinke und den Piraten für Bargeld statt Gutscheine aus. Aber wie immer nach einer solchen Entscheidung ändert sich doch nichts. Die "Gutscheingruppe Göttingen" hat dies kommentiert. Auszüge daraus:

23.7.12 / Das "Spielchen" geht wie folgt: Die Damen und Herren der es gut meinenden Fraktionen monieren den Zustand als "unhaltbar", die Gutscheine seien "diskriminierend", "stigmatisierend" und auch noch "teuer", ihre "dauerhafte Anwendung mit der Würde des Menschen nicht vereinbar". Im nächsten Schritt werden dann die rechtlichen Begriffe so verdreht, bis es aussieht, als gäbe es "für die Stadt Göttingen keinerlei Handlungsspielraum, Bargeld auszuzahlen". Danach gibt man sich zufrieden, denn man hat sich für eine gute Sache, "die Würde des Menschen" stark gemacht, und alles kann bleiben, wie es ist. (...)
Aber der verabschiedete SPD-Antrag stellt nicht nur absurde Forderungen an das Niedersächsische Innenministerium, er fantasiert auch "Aufnahmegesetze" anderer Bundesländer "(z.B. NRW, Hessen, Hamburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt)" herbei, die den dortigen Kommunen das "Entscheidungsrecht" einräumten, Bargeld auszugeben. Tatsächlich wird im überwiegenden Teil der Kommunen der genannten Bundesländer (und nicht nur dort) Geld ausgezahlt und somit anders verfahren, als in den meisten niedersächsischen Kommunen. Und doch geschieht all dies nach dem gleichen, natürlich in ganz Deutschland gleichermaßen gültigen Bundesgesetz, dem AsylbLG. Offenbar ein äußerst ominöses Gesetz, das den einen ermöglicht, Bargeld ausgegeben, während für Göttingen "keinerlei Handlungsspielraum besteht", eben selbiges zu tun. Wer's glaubt, wird SPD-Mitglied. (...)
Keine Frage, würde Göttingen ab sofort generell Bargeld statt Wertgutscheine auszahlen, so würde dies aller Wahrscheinlichkeit nach das Innenministerium in Hannover aufbringen. Wie im Falle von Holzminden wird es dann heißen: "Wenn sich Kommunen nicht an das Bundesgesetz halten, dann können Sie sich ganz klar darauf verlassen, dass wir einschreiten. Wenn es überhaupt nicht mehr anders geht, ist die letzte Konsequenz, dass man das Geld nicht erstattet." (Schünemann am 17.10.2008 im Landtag). Sorgen machen, dass Hannover ernst macht, müsste sich Göttingen freilich nicht. Denn wie gesehen verstößt es gerade nicht gegen Bundesrecht, Sachleistungen durch Geldleistungen anstatt durch Wertgutscheine zu ersetzen, eben so, wie in zahlreichen anderen Orten längst geschehen.
Und noch weiterer Handlungsspielraum bestünde: Sollte Göttingen die Konfrontation mit Hannover scheuen, so könnte die Stadt zumindest auf konkreten Antrag des Leistungsberechtigten hin, also tatsächlich im Einzelfall, Bargeld ausgeben. Ein entsprechender Musterantrag würde mit Sicherheit schnell die Runde machen. Handlungsspielraum also, wohin man nur blickt, man muss ihn nur nutzen!

Genauere Darlegung der rechtlichen Aspekte unter: >>gutscheingruppe/rechtslage
Gutscheingruppe Göttingen c/o arbeitskreis asyl goettingen geismarlandstrasse 19, 37083 goettingen, fon: +49.551.58894 fax: +49.551.58898 , akasylgoe[at]emdash.org , gutscheingruppe[at]gmx.de
http://bargeldstattgutscheine.de.tf/
http://www.papiere-fuer-alle.org/

 

Beginnend mit der neuesten Meldung - zurückgehend bis auf den Beschluß 2007

3.1.13 Weil Schünemanns Innenministerium die Gutscheinabschaffung "gerügt" habe, meldet die Stadt, sie mache weiter mit den diskriminierenden Wertgutscheinen

18.12.12 Ratsfraktion der Grünen meldet "Stadtverwaltung verabschiedet sich von Gutscheinpraxis - endlich!" Zwar hat die Stadt verständlich dargelegt, dass sie bislang nichts anderes getan hat als den Weisungen des Landes zu folgen, trotzdem wäre es spätestens nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts bereits an der Zeit gewesen, den blinden Gehorsam zu beenden."

18.12.12 Ratsfraktion GöLinke Der in der Erklärung der Stadt schon wieder erkennbare Rückzug auf Maßgaben des Innenministeriums ist für die Göttinger Linke viel zu defensiv und zeigt wenig Mut, zu einer als richtig erkannten, von der großen Mehrheit des Rates seit langem geforderten Entscheidung. Für die Göttinger Linke stellt sich schon längst die Frage, wozu wir überhaupt noch ein Asylbewerberleistungsgesetz benötigen, wo doch das BVG klar entschieden hat, dass Asylbewerber/innen in ihren Leistungsansprüchen mit anderen Hilfeempfängern gleich zu stellen sind.

18.12.12 Stadt Göttingen teilt mit "Die Stadt Göttingen beabsichtigt nach den Worten von Oberbürgermeister Wolfgang Meyer, die Leistungen des sogenannten physischen Existenzminimums für Asylbewerber/innen ab 2013 zum frühestmöglichen Zeitpunkt als Bargeld auszuzahlen, sofern das Niedersächsische Innenministerium bis dahin nicht widerspricht.(...) Bisher hatte das Innenministerium, zuletzt in einem Erlass vom 03.08.2012, die Stadt Göttingen angewiesen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz grundsätzlich in Form von Wertgutscheinen zu erbringen. Angesichts des nunmehr bestehenden Ermessensspielraums für die Kommunen hoffe man, dass das Land zu seinem Wort stehe und der Stadt endlich zugestehe, Bargeld an Asylbewerber/innen auszahlen zu können, heißt es in einer Erklärung der Stadtverwaltung.

Zwischenzeitlich gab es eine Auseinandersetzung darum ob auch Nachzahlung nach dem AsylbLG mit Gutscheinen bezahlt werden oder Barauszahlung verlangt werden kann. Hierzu hatte es am 12.12.12 ein Urtel des Sozialgerichts Hildesheim vgegen die Gutscheinpraxis der Stadt Göttingen gegeben, die freiwillig nicht davon abrücken wollte (obwohl es doch so eindeutige Beschlüsse des Rates gab). Die Stadt mußte gerichtlich gezwungen werden die Leistungen, die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.12 als Nachzahlung an Flüchtlinge erfolgen, in bar auszuzahlen. z.B. Oldenburg, Cuxhaven, Osterholz, Landkreis Vechta hatten dies von sich aus schon ohne Gerichtsurteil gemacht. Warum nicht auch Göttingen?

27.11.12 / Zu dem eigenen Versäumnis bei der Nachzahlung nimmt die Sozialdezernentin keine Stellung sondern verweist auf die Bundespolitik "Nachdem das Bundesverfassungsgericht nunmehr die finanzielle Gleichstellung der Asylbewerber mit der Grundsicherung nach dem SGB II festgelegt hat, müssen endlich auch die übrigen diskriminierenden Einschränkungen vom Bundesgesetzgeber aufgehoben werden, wie etwa die Begrenzungen bei der Krankenversorgung, das Sachleistungsprinzip mit der Ausgabe der Wertgutscheinen sowie die Einschränkungen bei der Arbeitsaufnahme. Dieser Schritt ist überfällig und wird die soziale Integration von Asylbewerbern in unsere Gesellschaft fördern," führte Stadträtin Dr. Schlapeit-Beck aus. (Stellungnahme vom 23.11.12)

23.11.12 Rechtsanwalt Sven Adam macht bekannt, dass die Stadt Ermessensspielarum nicht nutzt: In einer eMail des Innenministeriums vom 15.08.2012 an den Landkreis Göttingen heißt es: "Bei den durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vorzunehmenden Nachzahlungen ist es naheliegend, eine besondere Sachkonstellation anzunehmen. Ich stelle Ihnen somit anheim, in den entsprechenden Fällen ausnahmsweise vom Vorrang des Sachleistungsprinzips abzuweichen." Dies lässt eine Erklärung der zuständigen Dezernentin Schlapeit-Beck (SPD) erforderlich erscheinen.

17.12.12
Rechtsanwalt Adam wies in einer Pressemitteilung darauf hin, das in diesem speziellen Ausnahmefall sogar das Niedersächsische Innenministerium den Kommunen ausdrücklich freigestellt hatte, Nachzahlungen von Leistungen nach dem AsylbLG in Bargeld und nicht in Wertgutscheinen zu erbringen. "Noch am 23.11.2012 hatte Göttingens Sozialdezernentin Dr. Dagmar Schlapeit-Beck für die Stadtverwaltung erklärt, sie lehne die inhumane Vergabe von "Wertgutscheinen" ab, um durch die Vergabe von Bargeld die soziale Integration von Asylbewerbern zu fördern. Gleichzeitig führte sie aber aus, dass die Erlaubnis des Ministeriums für den Landkreis keinen Präzedenzfall darstelle, lediglich für den Monat August 2012 gelte und sich auf technische Probleme des Landkreises bezogen habe."

17.12.12 Der Integrationsrat bedauert, dass die Stadt Göttingen trotz anderslautender Willensäußerungen an der diskriminierenden Praxis festgehalten hat, anstatt für die Rechte der Flüchtlinge einzutreten.

7.7.07 Gutscheingruppe Göttingen kritisiert in einer Stellungnahme, dass die Ratsmitglieder der SPD die Forderung nach einer Abschaffung der Wertgutscheine blockiert habe. "Der SPD-Abgeordnete Hermann führte für seine Fraktion aus, der für das Gutscheinsystem einschlägige §3 des AsylbewerberInnenleistungsgesetzes lasse die generelle Ausgabe von Bargeld nicht zu, die Gesetzeslage sei "eindeutig". Dem entgegen stehen zahlreiche Gesetzeskommentare und Rechtsgutachten sowie die Praxis in Kommunen von zahlreichen Bundesländern, in denen generell Bargeld ausgegeben wird.
Das Abstimmungsverhalten der SPD wurde von den Fraktionen der Grünen und der GöLinken wütend zur Kenntnis genommen. Die Gutscheingruppe kritisiert die Entscheidung des Rates. Die offensichtliche Fadenscheinigkeit der "Argumentation" mittels vorgeschobener rechtlicher Schranken lässt darauf schließen, dass es letztlich doch politischer Wille der Göttinger SozialdemokratInnen ist, rassistische, diskriminierende und bevormundende Behandlung von Flüchtlingen durchzusetzen. Der Gutscheinumtausch sowie der Kampf gegen das Gutscheinsystem wird in Göttingen fortgesetzt werden müssen.


9.2.07 Rat verlangt von der Verwaltung sich für eine Abschaffung der Gutscheine einzusetzen
Interfraktioneller Antrag der GöLINKE-, Bündnis90/Die Grünen-, SPD- und FDPRatsfraktionen betr. 'Wertgutscheine abschaffen'
Der Rat beschließt "mit Mehrheit: Die Ausgabe der Leistungen nach dem AsylbLG in Form von Wertgutscheinen stellt eine für die Betroffenen diskriminierende und bevormundende Praxis dar.
1. Aus diesem Grunde lehnt der Rat der Stadt Göttingen das Gutscheinsystem für Flüchtlinge ab und setzt sich aktiv für die Wiedereinführung der Bargeldausgabe ein.
2. Die Verwaltung wird beauftragt sich bei der Landesregierung und auf dem Deutschen- und Niedersächsischen Städtetag für die Rücknahme der Erlasse des Innenministeriums vom 28. 07. 1997 und 31. 07. 1997 einzusetzen, damit die Wertgutscheine grundsätzlich abgeschafft werden können.
3. Darüber hinaus wird die Verwaltung beauftragt, den juristischen Stellenwert der Erlasse des Innenministeriums vom 28.7.97 und 31.7.97 bzgl. der Ausgabe von Bargeld an Flüchtlinge zu prüfen und dem Rat der Stadt Göttingen über die rechtliche Bindung der Weisung, Wertgutscheine auszugeben, Bericht zu erstatten und ggf. Klagemöglichkeiten aufzuzeigen.
7/36 4. (zurückgezogen)
5. Unabhängig davon wird die Verwaltung beauftragt, eine Regelung mit der Firma SodexhoPass zu treffen, die es den Flüchtlingen ermöglicht, sich bei ihren Einkäufen mit Wertgutscheinen von Dritten vertreten zu lassen.
6. Die unterstützenden Fraktionen im Rat der Stadt Göttingen erklären, dass sie sich in ihren Parteien landesweit für die Unterstützung der "Göttinger Resolution zur Abschaffung des Gutscheinsystems" einsetzen."

Landkreis Göttingen
Sozialausschuss empfiehlt Abschaffung des Wertgutscheinsystems - Verwaltung sträubt sich

30.4.07 / Der Sozial- und Gesundheitsausschuss des Landkreises Göttingen hat sich in seiner Sitzung am 25.4.2007 mehrheitlich (6:4) für die Abschaffung des Wertgutscheinsystems für Flüchtlinge zu Gunsten zukünftiger Bargeldauszahlung ausgesprochen. Der Kreistag wird sich dieser Entscheidung voraussichtlich in seiner nächsten Sitzung am 9.5.2007 anschließen. Wörtlich heißt es in dem Antrag: "Der Kreistag [lehnt] das Gutscheinsystem für Flüchtlinge ab" und "fordert die Verwaltung auf, den Vertrag zur Abrechnung von Sodexho Pass Wertgutscheinen zum nächstmöglichen Zeitpunkt mit dem Ziel einer künftigen Barauszahlung zu kündigen." Zur Begründung heißt es unter anderem, die Gutscheinregelung sei "diskriminierend" und bedeute für die Betroffenen "Bevormundung, Demütigung und Stigmatisierung".

Von Seiten der Verwaltung wurde bestätigt, dass die Erlasse des Landes Niedersachsen von 1997, welche die Kommunen verpflichteten, vorrangig Gutscheine statt Bargeld auszugeben, seit 2005 außer Kraft gesetzt sind. Demnach gelten in Niedersachsen bezüglich der Grundleistungen für AsylbewerberInnen nur die bundesrechtlichen Vorschriften des AsylbewerberInnenleistungsgesetzes (AsylbLG). In der Sitzung des Sozialauschusses vertrat die Verwaltung allerdings die Ansicht, dass das Bundesrecht ein Abrücken von der derzeitigen Praxis zu Gunsten der Bargeldausgabe nicht zulasse. Dem entgegen steht der Wortlaut des geänderten AsylbLG, zahlreiche Rechtsgutachten und Kommentare sowie die Handhabung in zahlreichen Bundesländern und Kommunen: In Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Bremen, Hamburg und Berlin wird Bargeld ausgegeben, mit wenigen Ausnahmen auch in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Bereits im Februar hat sich auch der Rat der Stadt Göttingen in einem ähnlichen Antrag für die Abschaffung des Wertgutscheinsystems ausgesprochen.

Bericht von der Gutscheingruppe c/o arbeitskreis asyl goettingen geismarlandstrasse 19

 

Stadt Göttingen verabschiedet Resolution gegen Wertgutscheinsystem

Der Rat der Stadt Göttingen hat in seiner Sitzung am 9. Februar 2007 eine Resolution für die Abschaffung des rassistischen Wertgutscheinsystems verabschiedet.
12.2.07 / "Die Fraktionen der Göttinger Linken, von Bündnis 90/Die Grünen, der SPD sowie der FDP stimmten dem Antrag zu, einzig die CDU-Fraktion votierte dagegen. In Niedersachsen erhalten Flüchtlinge die ihnen zustehenden Leistungen in Form spezieller Wertgutscheine. Mit diesen Gutscheinen können nur bestimmte Produkte in wenigen Läden gekauft werden. Diese Praxis empfinden die Flüchtlinge bevormundend und diskriminierend. Mit der heutigen Entscheidung stellt sich der Rat der Stadt Göttingen hinter die Forderungen der Flüchtlinge anstatt der Wertgutscheine wieder Bargeld auszugeben. Somit wendet sich der Rat auch gegen den Erlass des niedersächsischen Innenministeriums von 1997, der die Kommunen verpflichtet, vorrangig Gutscheine statt Bargeld auszugeben. Alle Nachbarländer Niedersachsens verzichten auf ähnliche Weisungen an ihre Kommunen: in Hessen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern wird flächendeckend Bargeld ausgegeben. Neben der Stadt Göttingen hat der Rat der Stadt Oldenburg bereits im Herbst einstimmig die Abschaffung der Wertgutscheine zugunsten der Wiedereinführung von Bargeld gefordert. Die Sozialdezernentin der Stadt, Schlapeit-Beck, begrüßte in diesem Zusammenhang ausdrücklich das „humanitäre“ Engagement der lokalen Umtauschinitiative. Diese tauscht bereits seit Jahren Gutscheine gegen Bargeld, um der schikanösen und ausgrenzenden Behandlung der Flüchtlinge entgegenzutreten."

http://bargeldstattgutscheine.de.tf/
http://www.papiere-fuer-alle.org/

 

Firma gegen Hilfsaktion
Sodexho möchte Schickanen aufrechterhalten und macht Druck

30.9.06 / Die Firma >> Sodexho betreibt die Abwicklung von Sozialleistungen" als Geschäft. SIe wirbt damit, dass durch Gutscheine statt Bargeld für AsylbewerberInnen eine "Minimierung des Verwaltungsaufwands" und eine "Gesetzeskonforme Umsetzung des AsylblG und SGB II (§ 31)" erreicht würde. Gleichzeitig sei eine "Kostenreduzierung gegenüber eigenen bargeldlosen Systemen" erreichbar. Die angeblichen Vorteile aus der Sicht von Sodexho sind Nachteile und Entwürdigung für die AsylbewerberInnen: "Auswahl an Akzeptanzpartnern im Einzelhandel gemäß Absprache" (...) Der Leistungsträger legt selbst die regionale und zeitliche Gültigkeit der Wertgutscheine fest. Der Leistungsträger bestimmt den Verwendungszweck." ( Quelle ) D.h. es wird festgelegt, bei wem gekauft werden darf und welche Waren überhaupt gekauft werden dürfen - das ist wie im Gefängnis obwohl die Leute ins Geschäft gehen dürfen.

Dass es Leute gibt, die eine Methode gefunden haben wie man den AsylbewerberInnen helfen kann aus diesem Knast-System auszubrechen gefällt der Firma nun ganz und garnicht. Sodexho versucht, jede soziale Strategie gegen ihr Schikanesystem zu unterbinden. Dazu gibt es eine Stellungnahme der Göttinger Gutscheingruppe in der es heisst:

"Ende letzter Woche hat sich die die Firma Sodexho Pass GmbH, die ja von der Stadt Göttingen mit der Abwicklung des Wertgutscheinsystems beauftragt ist, in einem Schreiben an die Akzeptanzstellen gewandt. Darin behauptet Sodexho, die von den Verwendern ausgestellten Vollmachten dürften nicht (mehr) akzeptiert werden. Beim Bezahlen -so Sodexho- sei die Vorlage der "Originalkundenkarte" erforderlich - diese KundInnenkarte liegt beim Einkauf mit einem getauschten Gutschein in Kopie auf der Vollmacht vor. Sodexho versucht offenbar die Akzeptanzstellen unter Druck zu setzen, um den Gutscheinumtausch unmöglich zu machen. Dies ist nicht hinzunehmen, weder politisch noch rechtlich!
(...) Alle beteiligten Geschäfte fordern wir auf, das Schreiben von Sodexho unbeachtet zu lassen und die Vollmachten (weiterhin) zu akzeptieren; es gibt keinen Grund von der bisherigen Praxis abzuweichen, auch keinen rechtlichen. (...) Es wäre gut, wenn der Gutscheingruppe aktuelle Erfahrungen (positive wie negative) beim Einkauf mit Gutschein und Vollmacht mitgeteilt würden, zum Beispiel per mail."

(http://www.bargeldstattgutscheine.de.tf/) Gutscheingruppe c/o Arbeitskreis Asyl Geismarlandstr. 19 37083 Göttingen , gutscheingruppe@gmx.de

Tauscht Gutscheine! (Artikel der Gutscheingruppe)

Flüchtlinge können nur kaufen, was es auf Gutscheine gibt
Flüchtlinge mit prekärem Aufenthaltsstatus erhalten das ihnen zustehende Geld in Niedersachsen nicht in bar sondern in Form spezieller Gutscheine, für die nur bestimmte Produkte in einzelnen Läden gekauft werden können (mal von einem geringen 'Taschengeld' abgesehen). Für die Betroffenen bedeutet diese rassistische Praxis Bevormundung und Demütigung, sowie die an jeder Kasse sichtbare Abstempelung als unerwünschte Person. Die Ausgabe von Gutscheinen dient dazu, das Leben für MigrantInnen zusätzlich zu erschweren und ihnen deutlich zu machen, nicht willkommen zu sein. Die Wertgutscheine können lediglich zum Erwerb von Lebensmitteln, Kleidung und Hausrat von geringem Anschaffungswert verwendet werden und das auch nur in bestimmten Geschäften. Viele alltägliche Dinge wie Busfahrkarten, Briefmarken oder ausländische Presse können nicht mit Gutschein bezahlt werden, genauso wie alkoholische Getränke, Zigaretten, Medikamente, Eintrittskarten für Schwimmbad oder Kino, die Telefonrechnung oder auch die für das Asylverfahren und die Sicherung des Aufenthaltes von MigrantInnen unverzichtbare Inanspruchnahme eineR RechtsanwältIn.
Gutscheinumtausch schafft Bargeld für Flüchtlinge
Um sich gegen die durch die Gutscheinpraxis geschaffenen Probleme zur Wehr zu setzen, wird in Göttingen seit Jahren ein Gutscheinumtausch organisiert. Bei diesem Tausch können und sollen alle mitmachen und dazu aufzurufen ist ein wesentliches Anliegen dieses Textes: An verschiedenen Stellen der Stadt * im Roten Buchladen * im Weltladen * in der Theo-Caféte * im Café Kabale * im Salamanca * in der Mathe-Caféte kann man Gutscheine mitsamt einer Vollmacht bekommen, um sie dann im Namen deR MigrantIn zu benutzen, wenn man (ohnehin) Lebensmittel im Supermarkt einkaufen geht. Die Flüchtlinge erhalten dafür das Bargeld und haben so wenigstens etwas mehr Geld, über das sie selbstbestimmt verfügen können -- natürlich umso mehr, je mehr Leute sich am Tausch beteiligen.
Wie es funktioniert wird im folgenden beschrieben
Deswegen: Erledigt Eure alltäglichen Einkäufe mit Gutscheinen und denkt insbesondere auch bei Großeinkäufen für Veranstaltungen und Partys daran. Der Gutscheintausch ist einfach zu handhaben und bedeutet keinen großen Zeitaufwand: An den Umtauschstellen bekommt Ihr die Gutscheine und die dazugehörigen Vollmachten in 'Paketen' unterschiedlicher Höhe und Stückelung. Auf den Gutscheinen ist ihr Gültigkeitszeitraum und ihr Gültigkeitsbereich aufgedruckt. Ersterer beträgt mehrere Monate, letzterer ist entweder die Stadt oder der Landkreis Göttingen, wobei Stadt-Gutscheine nur in der Stadt, Landkreis-Gutscheine in der Stadt und im Landkreis eingelöst werden können. Auf der Vollmacht ist die Kundenkarte deR MigrantIn kopiert, in deren Namen Ihr einkaufen geht. Die meisten Läden wünschen diese Vollmacht zu sehen, aber behalten sie nicht. Das heißt Ihr müßt nicht alle Gutscheine, die mit einer Vollmacht zusammengefasst sind, auch auf einmal benutzen, sondern könnt sie nach und nach ausgeben. Weitgehend problemlos kann mit Vollmacht und Gutschein bei den Märkten der Ketten tegut, Penny, Lidl und Aldi eingekauft werden. Auch zahlreiche kleinere Läden nehmen die Gutscheine mit Vollmacht an, zum Beispiel Boyer.
Allerdings gibt es auch Geschäfte, die zwar grundsätzlich am Gutscheinsystem beteiligt sind, sich aber weigern, Gutscheine mit Vollmacht anzunehmen. In Göttingen sind das derzeit Rewe, H&M, C&A und einige Abteilungen des Kaufhauses Karstadt, aber bestimmt auch noch einige mehr. (....) . Beim Bezahlen mit Gutscheinen gibt's übrigens maximal 10% Wechselgeld, liegt der Wert des Einkaufs höher als der des Gutscheins, kann die Differenz in bar beglichen werden. Und noch was: Achtet bitte immer auf den aufgedruckten Gültigkeitszeitraum der Gutscheine! Insbesondere ist es unfair zu versuchen, abgelaufene Gutscheine bei den wenigen sich kooperativ verhaltenden Läden wegzutauschen. Diese Läden bleiben dann auf dem Verlust sitzen und sind entsprechend sauer. Außerdem gilt ganz prinzipiell: Gutscheine, die verfallen, bedeuten Reingewinn für die (...) Firma sodexho, die in Göttingen mit der Ausgabe der Gutscheine beauftragt ist.

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