|
Proteste gegen Sparmaßnahmen und Sozialabbau Die
Montagsdemos in Göttingen 1997/98 unterschieden sich fundamental
von jenen, die während der Corona-Pandemie 2020-2023 in Ostdeutschland
durchgeführt wurden. Die
Montagskundgebungen und -demos in Göttingen wurden von einem Bündnis
aus linken Gruppierungen, Gewerkschaften, Sozialverbänden getragen.
1997/98
Erste Phase - 1 Jahr Montagsdemos 2005
Nachfolgeorganisation mit Protesten am Montag Dokumentation "Montagsdemos in Gö" (Download einer .doc-datei , ca. 1 MB)
Während der Sozialabbauphase unter der CDU-Regierung 1997/98 gab es am Göttinger Gänseliesel jeden Montag Protestkundgebungen und -demonstrationen. Die TeilnehmerInnenzahl schwankte damals zwischen 20 und 800.
Seit dem 3. März 1997 wurden jeden Montag auf dem Marktplatz vor dem Alten Rathaus in Göttingens Innenstadt, am Gänseliesel Protestaktionen veranstaltet. Leute machten Musik live oder per Konserve, satirische Sketche, gespielte Dialoge oder Aktionskunst. Natürlich wurden auch Reden gehalten aber es gab Montags auch immer unser "offenes Mikrophon auf dem Markt", bei dem jede/r spontan seine Meinung äußern oder Informationen mitteilen darf. Ein Schwerpunkt war der Protest gegen Massenarbeitslosigkeit.
Alle, die in den unterschiedlichsten Bereichen
vom Sparterror und Ausgrenzung betroffen waren, sollten mit den Montagsdemos
einen Kristallisationspunkt für die Äußerung ihres Protestes haben. Irgendwann
wollten wir nicht mehr jeden Montag die "Party" auf dem Marktplatz
für andere organisieren, am
27. Mai 1998, ein Jahr und 2 Monate nach der ersten Montagsdemo, beim
Plenum des Bündnisses gegen Sozialabbau wurde beschlossen, die Montagsdemos
bis auf weiteres auszusetzen. Die Zahlen schwankten im Laufe der Zeit zwischen 10 und 800 . Die sozialen Verhältnisse haben sich in dieser ganzen Zeit kontinuierlich verschlechtert. Aber die Sicht auf Arbeitslose hat sich geändert. Hieß es anfangs "Wer Arbeit will, der findet auch welche", so traut sich jetzt niemand mehr eine solche zynische Bemerkung zu machen und ist inzwischen vielleicht sogar selbst arbeitslos. Wenn im Herbst die Wirtschaftskrise voll auf den Arbeitsmarkt durchgeschlagen ist, wird es noch mehr Leute geben, die anerkennend zurückblickend feststellen werden: Die da auf dem Markt haben viel früher als wir gemerkt was hier los ist. "Obwohl seit langem totgesagt, existieren in Deutschland noch 140 Montagsdemos in ebenso vielen Städten des Landes. Auf ihnen wird die unsoziale und einer reichen Gesellschaft nicht würdige Arbeits-, Sozial- und Steuerpolitik sowie der Umgang mit Arbeitslosigkeit und Arbeitslosen angeprangert. Liste der beteiligten Gruppen 1997/98
|
Montagsdemonstrationen 2004 - Neuer Aufschwung, große Beteiligung Bereits 1997/98 hatte ein Bündnis gegen den Sozialabbau ein Jahr lang jeden Montag Protest auf dem Marktplatz organisiert. Damals gings gegen Kohl - wer hätte damals gedacht, dass die SPD und die Grünen einen noch viel schlimmeren Sozialabbau betreiben würden. Im August 2004 fingen sie deshalb wieder an, zunächst mit 200, 300, 180 TeilnehmerInnen, dann mehrfach 50,60. Die lokale Print-Presse berichtete keine Zeile über die Proteste - ausgenommen dann, wenn der DGB besonders deutlich daran teilnahm. Waren
es am 16.8.04 nur 7 Leute, gab es eine Steigerung auf ca. 200 Leute.
Mal sehen wieviele es nächsten Montag werden.
Es gab im Anschluß an die Versammlung dann auch noch eine Demonstration die Weender runter, die Gotmastr. wieder rauf und über den Kornmarkt zurück vors Alte Rathaus.
Montag 30.8.04 Die Montagsdemos können auch live über zwei > Video-Kameras, die auf den Platz gerichtet sind mitverfolgt werden.
Die dezent auftretende Polizei stoppte zunächst den Demozug und überprüfte die Personalien des Versammlungsleiters, der die Kundgebung angemeldet hatte. Transparent mit rechtsoffener
Flanke in der Kritik
Jemand vom Bündnis gegen Sozialkahlschlag/MLPD (Marxistisch Leninistische Partei Deutschlands, der dieses eine mal die Kundgebung angemeldet hatte) meinte aber, das Transparent wäre ok; es würde den Gegensatz "Unten gegen Oben" am besten verdeutlichen. Dieser Spruch, so meinten andere kann in die rechte Propaganda integriert werden, dagegen sollte eine schärfere Abgrenzung versucht werden. Wenigstens sollte es nicht mehr vorneweggetragen werden.
Montag
30.8.04 17 Uhr Das Transparent
"Das Volk sind wir" war nicht mehr bei der Demo vorhanden diesmal.
Anders als z.B. in Leipzig gibt es keinen Ausschluß von DGB-Funkitonären
oder Parteienvertretern: Anfangs hielt der DGB Vorsitzende der Region
Südniedersachsen, Wertmüller und eine Vertreterin der "Wahlalternative"
eine Rede, danach sprach jemand vom Bündnis gegen Sozialkahlschlag. Es gab wieder ein offenes Mikrofon, das von mehreren RednerInnen genutzt wurde. Allerdings begann es in Strömen zu regnen aber dennoch hielte auch im starken Regen dann noch 60 Leute unter Schirmen aus. Wurde das offene Mikro 1997/98 in Göttingen "erfunden"? Neuerdings ist der Begriff ja auch im Fernsehen zu hören, wenn von Demos in Leipzig usw. berichtet wird. Parallel zu den Montagsdemos war für 30.8. der Beginn eines dubiosen Hungerstreiks vor der Arbeitsagentur angekündigt worden, der dann aber zunächst doch nicht stattfand. Montag
6.9.04 17 Uhr Montagsdemo-Song
Montag,
13.9.04, 17 Uhr -
DGB seilt sich ab
Es mußte
auf der Montagsdemo gesammelt werden für die Leihgebühr einer Lautsprecheranlage,
denn der Vertreter des DGB-Göttingen hat sich von den Montagsdemos zurückgezogen
und stellt die Lautsprecheranlage nicht mehr zur Verfügung. Seltsamerweise
war aber ein Stand von Verdi da. DGB springt wegen Autonomen ab - danach sind die Autonomen weg Zuerst
klinkte sich der DGB-Vorsitzende aus, weil ihm die Parolen der Linken
"Alles für alle" nicht gefielen. Dazu
paßte dann, dass das "Soziales
Zentrum" bei der gewerkschaftsnahen Bildungsvereinigung "Arbeit
und Leben"rausgeschmissen wurde. (..mehr Infos). Am
13.9. wurde bekannt, dass der DGB der Montagsdemo nun auch noch das Ausleihen
der Lautsprecheranlage verweigert hatte und sich nicht mehr an der Demo
beteiligt. Merkwürdiges aus Gewerkschaftskreisen Nachdem die Hartz4-kritische
Gruppe "Soziales Zentrum" bei der gewerkschaftsnahen Bildungsvereinigung
"Arbeit und Leben" in der Langen Geismar Str. 72 nicht mehr
reingelassen wird (>..mehr Infos), trifft sich eine "Vorbereitungsgruppe
Montagsdemos" ausgerechnet bei Arbeit und Leben, dienstags 19.30
Uhr. Auf Zetteln, die zu diesem Treffen bei Arbeit und Leben einladen
steht: "Jede(r) mit Wut im Bauch und Lust auf Widerstand kann dazu
stossen und mitmachen". Wegen solcher angeblichen Wortwahl war aber
gerade die Initiative "Soziales Zentrum" dort ausgesperrt worden.
Montag
20.9.04
Montagsdemo
27.9.04
Montag
4.10.04
Montag
11.10.04 Montag
18.10.04 Montag
22.11.04
Polizei schikaniert
Mit einer Unterbrechung zwischen Weihnachten und Neujahr liefen jeden Montag um 17 Uhr die Montagsdemos weiter. Trotz beißender Kälte oder Regen - kamen jedesmal 30-50 Personen Montag 3.1.05
Inzwischen ist die Zahl über den Winter 04/05 stark heruntergegangen und es treffen sich im März 05 nurmehr ca. 15-30 Personen an den Montagen. Dabei wird eine Lautsprecheranlage eingesetzt, über die Berichte über die neuesten Gemeinheiten verbreitet werden. Es gibt leider zu wenig Transparente, die sofort erkennbar machen worum es da geht. Leider wird auch der Eindruck erweckt, die Leute die da protestieren gehörten zur MLPD weil die MLPD mit Infotisch, Schriftzug, Zeitung und Flugblättern Werbung macht. Die Montagsdemos sollte grundsätzlich organisations-Neutral und betroffenenbezogen sein. Aber das wird nicht der entscheidende Grund sein, dass viele nicht kommen. Obwohl Tausende in Göttingen betroffen sind - denken wohl noch viele, man könne sich schon irgendwie durchmogeln, sicher gibt es einige die denken sie outen sich als Looser, wenn sie sich da hinstellen - kein Wunder nach der Hetze gegen Arbeitslose und SozialhilfeempfängerInnen - aber es laufen aber immer wieder Leute auf, die direkt betroffen sind von Entlassung, ALG2, Wohnungsfragen, Gesundheitsreform usw. Der Anlaufpunkt sollte deshalb erhalten bleiben.
|
Nachfolgeorganisation ab Juli 2005 TeilnehmerInnenzahl
stark zurückgegangen von 300 auf 20 Die Montagsdemo Göttingen ist inzwischen eingebunden in ein lockeres Netzwerk das >>Aktionsbündnis Sozialproteste Das neue Aktionsbündnis gründete sich am 9. Juli 2005 beim 7. bundesweiten Treffen der Sozialbündnisse, Organisatoren der Montagsdemonstrationen, Organisationen der sozialen Bewegung und von Vertretern der Gewerkschaften in Kassel. Im "Vernetzungsbüro" des Aktionsbündnisses befindet in Göttingen arbeitet Edgar Schu der aktiv bei der Montagsdemo beteiligt ist.
Pressemitteilung
des Große Koalition verschärft Sozialabbau Das Bundesverfassungsgericht urteilte, in der Folge verurteilte Bundestag, Bundesrat und die Regierung die Hartz-IV-Empfänger. Die vom Gericht vorgeschriebene Transparenz der Berechnungsgrundlage der Regelsätze wurde durch bewegliche Zahlen vorgeführt: 5 Euro mehr oder aber auch ein anderer Wert. Jedwede seriöse Bedarfsrechnung kommt allerdings auf mindestens 500 Euro Regelsatz. Was also kostet die im Grundgesetz festgelegte Würde des Menschen? Diese Würde soll schon gelten, aber kosten soll sie immer weniger. So bleiben mit dieser "Hartz-IV-Reform" die gesetzlichen Daumenschrauben für das Prekariat. Sie werden um noch weitere Drehungen angezogen. Das Prekariat stöhnt und schweigt. Es ist zu sehr mit der Prekarität seiner eigenen Existenz beschäftigt. Die Daumenschrauben ziehen hinter sich den gesamten Arbeitsmarkt weiter herunter. Wie weit noch, wo ist das Ende? Die Verachtung der Würde hat ihren Preis. Auch der macht letztlich vor niemandem Halt. In Tunesien und in Ägypten ist er schon fällig geworden. Mit wie vielen Opfern! Allerdings können wir noch ganz andere Opferzahlen in der deutschen Geschichte durch die Verletzung der Würde des Menschen vorweisen. Soll es noch mal so weit kommen? Diese "Hartz-IV-Reform" stellt aber genau dafür die ökonomischen Weichen. :http://www.die-soziale-bewegung.de
Montagsdemo / - kundgebungen 2007 Es
ist genug Geld für alle da – für ein neues Steuersystem! (...) Das deutsche Steuersystem ist jedoch zutiefst ungerecht. Wer viel Geld hat, zahlt in der Regel wenig Steuern, wer wenig hat besonders viel. Eine weitere Folge: die öffentlichen Kassen sind nicht so voll, wie sie sein sollten, damit der Staat Gemeinwohlaufgaben, uneingeschränkt erfüllen kann (Kindergärten, Schulen, Unis, Sozialkassen, AlgII, Rentenerhöhung etc.). Ein neues Steuerecht muss deshalb her, z.B die Solidarische Einfach-Steuer (SES), 2004 von attac und ver.di entwickelt. Sie stellt das Prinzip der ökonomischen Leistungsfähigkeit im Steuerrecht wieder her, sie berücksichtigt alle Einkommen, Steuerschlupflöcher werden gestopft und Steuerflucht verhindert. Zu diesem Zweck wird das Bankgeheimnis aufgehoben, Gewinntransfers sichtbar gemacht, Abschreibungen nur bei echten Wertminderungen ermöglicht, Minijobs nicht länger steuerlich begünstigt, Ehegattensplitting abgeschafft, Vermögen und Erbschaften stärker besteuert, statt der Gewerbesteuer wird die Gemeindewirtschaftssteuer mit Mindesthebesatz eingeführt und die Zahl der Steuerprüfer massiv erhöht. Die SES erbringt Mehreinnahmen, und dies trotz Senkung des Eingangssteuertarifs und eine durchgängig lineare Steuerprogression: 60 Mrd. Euro/Jahr, andere Konzepte bis 200 Mrd. Euro/Jahr, Geld genug für einen handlungsfähigen und sozial gerechten Staat. Das schwedische Steuerrecht würde 300 Mrd. Euro/Jahr mehr erbringen. (..) Es ist genug Geld für alle da und Politiker haben die Pflicht, es einzufordern – bei Wohlhabenden, nicht bei Armen!
16.7.07 / Bei der
Montagskundgebung ("Montagsdemo") am 16.7.07 kritisierten die
TeilnehmerInnen die irreführenden und falschen Zahlen der Arbeitslosenstatistik
des Arbeits- und Sozialministers und forderten die Veröffentlichung
der REALEN Arbeitslosenzahlen ! Zu dieser Forderung wurde auch bereits
ein Petitionsbegehren
an den Deutschen Bundestag im Online-Verfahren auf den Weg gebracht. Die offizielle Arbeitslosenzahl
lag im Juni 2007 bei 3,8 Millionen Hinzu kommen zum Beispiel etwa: Die reale Arbeitslosenzahl, d.h. die Zahl derjenigen, die eine existenzsichernde Erwerbsarbeit wollen, aber nicht genug Einkommen haben, Mini- oder Ein-Euro-Jobs oder gar keine Arbeit haben oder frühzeitig in die Rente manövriert wurden, damit Erfolgszahlen über die Arbeitslosenstatistik vermeldet werden können, ist also erheblich höher als vom Ministerium angegeben. Zum Schluß heißt es "Wir fordern deshalb eine Veröffentlichung von wahrheitsgemäßen Statistiken, die die Wirklichkeit der Erwerbslosen-, Armutslohn- und Zwangsberentungszahlen wiedergeben."
Recht auf Arbeit? Arbeit ist genug da - was fehlt ist das Recht auf Einkommen !
Stark
gekürzt und zusammengefasst nach einem Flugblatt der Montagsdemo
/ 24.7.07 Das
Recht auf Arbeit ist in einer Reihe von Länderverfassungen verankert:
2010 Montagsdemo und campact-Aktion: "Das letzte Hemd" Eigentlich heisst es: "Dafür gebe ich mein letztes Hemd" und man meint, dass es um etwas geht, wofür es sich lohnt das letzte Hemd zu geben - z.B. für die eigenen Kinder oder Freunde. Die Aktion letztes Hemd nun soll aber symbolisieren, dass hunderttausende armer Menschen in Deutschland bald nichts mehr anderes haben als das letzte Hemd, wenn der Sparterror so weitergeht. "Die
Verursacher der Krise müssen zu ihrer Finanzierung herangezogen werden
– etwa mit einer Finanztransaktionssteuer. Die Reichen sind aus der Krise
reicher hervorgegangen und müssen nun etwas abgeben, wir brauchen
eine einmalige Vermögensabgabe und eine langfristige Millionärssteuer." Arbeitende & Arbeitslose "Wir arbeiten nicht für 1 Euro/Stunde" Göttinger Montagsdemonstrationen! Widerstand gegen den Angriff auf Arbeitslöhne, Arbeitslose, MigrantInnen und SozialhilfeempfängerInnen" Letzte Hemden am 6.9.10 auf dem Göttinger Marktplatz: Fotos von St.K:
------------------------------------------------------------------ goest-Kommentar Eine auf Bittstellung vor Parlament und Regierung hin orientierte Bewegung läuft Gefahr lediglich von den bestehenden Parteien funktionalisiert zu werden. Da soll die Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer "vor den Bundestag" nach Berlin getragen werden. Und so steht die Montagsdemo 50 Meter von der Deutschen Bank entfernt, die zu den Adressaten solcher Forderungen gehört und orientiert zu einer Demo vor dem Bundestag. campact, das als Kampagnennetzwerk
aus attac hervorgegangen ist und in dessen Vorstand u.a. der ehemalige
Pressesprecher von attac Deutschland sitzt, sucht zu überregionalen
Kampagnen das Bündnis mit lokalen Initiativen. In Göttingen
wurde so bereits eine Kampagne gegen die AKW-Laufzeitverlängerung
angeleiert und nun kam es zusammen mit Bündnis gegen Ämterschikane,
Montagsdemo und attac Göttingen zur Montagsaktion "Soziale Bewegungen
sammeln "letzte Hemden" als Protest gegen "unsoziale Kürzungen"
bei Arbeitslosen und einkommensschwachen Familien" |