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Abschiebungen durch Ausländerbehörde im Landkreis Göttingen


Pilotprojekt "Willkommenskultur der Ausländerbehörden"
Leiter der Ausländerbehörde im Landkreis Göttingen seit 2004 in der öffentlichen Kritik
Ausländerbehörde erhält Preis für besonders flüchtlingsfeindliches Engagement
Unrühmliche Aktivitäten der Ausländerbehörde im Landkreis gegen Familie Sardi
Abschiebeskandal im Landkreis Göttingen: Sohrab A.
Ausländerbehörde LK Göttingen - Ahmed Saado trotz aller Proteste abgeschoben

Landkreis beliefert goest nicht mehr mit Pressemitteilungen

Nachdem die Landkreisverwaltung die goest-Redaktion 2018 aus ihrem Verteiler für Informationen des Landkreises herausgenommen hat ergab auch eine Nachfrage seitens goest keine Antwort . Es wurde auch nicht die Vorlage eines Presseausweises verlangt aufgrund dessen eine rechtliche Verpflichtung des Landkreises als öffentlicher Einrichtung dazu besteht, die Presse zu informieren. Grund aber keine Rechtsgrundlage für die undemokratische Maßnahme könnten die vielen kritischen Artikel über den Landkreis in goest gewesen sein.

Dazu gehörten auch neben den Berichten über die Abschiebepraxis Kritisches auf anderen Seiten
> Fusion von KVHS und VHS
> Weigerung die Ausstellung über zwangsarbeit.htm zu unterstützen
> Absurde Beamtenlogik des Landkreises beim Thema Baggersee.htm
> Initiative gegen Ämterschikane

> Bleiberecht (Leitseite)

 

Pilotprojekt "Willkommenskultur der Ausländerbehörden"

Nach all den Skandalen um Abschiebungen durch die Ausländerbehörde des Landkreises Göttingen hört es sich an wie ein Witz, wenn der Landkreis nun ein Pilotprojekt "Willkommenskultur der Ausländerbehörden" durchführen will.

5.4.14 // Während der Vorstellung des neuen Pressesprechers des Landkreises erwähnte Landrat Reuter, er müsse noch am selben Tag nach Hannover wegen einer Bewerbung des Landkreises für ein Pilotprojekt zur "Willkommenskultur der Ausländerbehörde". Inzwischen wurde bekannt, dass folgende Landkreise für Pilotprojekte ausgewählt wurden: Celle, Oldenburg und Wolfsburg sowie die Landkreise Emsland, Harburg, Hameln-Pyrmont, Göttingen/Osterode, Osnabrück und Osterholz (haz.de 5.4.14) Dabei geht es um Folgendes:

"Anfang Januar 2014 informierte die Niedersächsische Ministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration den Landkreis über die Möglichkeit, sich für die Teilnahme an einem Pilotprojekt zur Stärkung der Serviceorientierung, der Mittlerfunktion und der Willkommenskultur der Ausländerbehörden zu bewerben. Das MS hat zusammen mit dem Institut für Sozialpädagogische Forschung gGmbH und dem Innenministerium ein Konzept entwickelt, mit dem im Rahmen des Pilotprojekts noch auszuwählende Ausländerbehörden durch Beratung und organisationsentwicklerische Prozessbegleitung auf dem Weg zur Stärkung ihrer Serviceorientierung und interkulturellen Ausrichtung unterstützt werden sollen. Die Organisation interner Prozesse und Arbeitsabläufe sowie die Vernetzung mit anderen Akteuren des Integrationsmanagements gehören ebenso dazu wie Maßnahmen der Personalentwicklung zur Stärkung des service- und kundenorientierten Handelns auf der Grundlage interkultureller Beratungskompetenzen. Die Beratung und Unterstützung soll im Rahmen von Gesprächen am Standort der Ausländerbehörde, regionalen Workshops und telefonischen Kontakten erfolgen. Insgesamt sollen neun Ausländerbehörden beteiligt werden. (...) Den ausgewählten Ausländerbehörden sollen neben der Bereitstellung von Personalressourcen/Reisekosten keine weiteren Kosten entstehen. Von den insgesamt 59 Ausländerbehörden in Niedersachsen haben nur 22 ein Interesse bekundet;" (Quelle)

Einige Hinweise verstärken den Verdacht, dass die Willkommenskultur eine Aussieb-Kultur werden soll. Dabei sollen verwertbare Menschen aussortiert werden, die wegen des demographischen Wandels zum Auffüllen der schrumpfenden Bevölkerung als Arbeitskräfte gewünscht sind.

"Es gibt schon eine Art von Pilotprojekt des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Dabei ist beispielsweise Hamburg mit seinem Welcome Center bekannt. So etwas wünschen wir uns ausdrücklich nicht. Im Welcome Center in Hamburg ist es so: Die Hochqualifizierten gehen in die dritte Etage. Dort ist die Atmosphäre freundlich, weil bei ihnen oftmals ein sicherer Aufenthaltsstatus im Hintergrund steht. In der zweiten Etage besteht aber eine ganz schlechte Atmosphäre, ein anderer Charakter. Dort sind die Asylbewerber und andere Zuwanderungs-gruppen mit unterschiedlichen Migrationsprozessen." >>Filiz Polat 14.3.2014

Und für diejenigen, die sich nicht als Arbeitskräfte verwerten lassen gibt es keine Willkommenskultur sondern die Abschiebung und So heißt es in einer Kommune bei der Behandlung dieses Themas auch "Diese Vorgehensweise kann leider nicht verhindern, dass in verschiedenen Fällen für die Betroffenen schwer nachvollziehbare und einschneidende Entscheidungen getroffen werden müssen. Aufenthaltsbeendigungen gehören zum Aufgabenfeld jeder Ausländerbehörde. Gewünschte Aufenthaltstitel können nicht ohne das Vorliegen der gesetzlichen Anforderungen erteilt werden."Quelle

Kommentar:
Wird der Leiter der Ausländerbehörde im Landkreis zukünftig "Abschiebungen in der Willkommenskultur" dadurch vorbereiten, dass die von Abschiebung bedrohten Gutscheine für den Besuch eines Yoga-Lachseminars erhalten?

Leiter der Ausländerbehörde im Landkreis Göttingen seit 2004 in der öffentlichen Kritik

Der Leiter des Sachgebiets "Asylangelegenheiten Aufenthaltsgenehmigungen und allgemeine Ausländerangelegenheiten" im Landkreis Göttingen ist Manfred Fraatz. Er ist schon mehrfach von den Gruppen, die sich gegen Abschiebungen engagieren kritisiert worden. Im Jahr 2004 wurde er symbolisch mit dem "Blutigen Füller" ausgezeichnet. Man wolle "auf die unmenschliche Abschiebepraxis der für die Belange von ausländischen Mibürgerinnen und Mitbürgern zuständigen Behörde aufmerksam machen und die verantwortlichen Schreibtischtäter, wie Herr Fraatz, für ihre willkürlichen Entscheidungen über das Leben anderer Menschen aufs schärfste kritisieren." (>>Indymedia dort sind auch Fotos zu sehen) Man warf ihm vor, die Abschiebung von Ahmed Saado betrieben zu haben, der seit 19 Jahren mit seiner Familie im Landkreis Göttingen lebte und dabei die Familie auseinandergerissen zu haben. Das Antirassismusplenum berichtete damals: "Unangekündigt erschienen morgens um halb acht zwei Polizisten vor dem Haus der Familie Saado in Ossenfeld, Landkreis Göttingen. Sie wollten den kranken Vater der Familie zur Abschiebung in die Türkei abholen. Weil die Familienmitglieder sich dagegen wehrten, wurden 15 Beamte aus Göttingen zur Verstärkung geholt. Sie nahmen den Vater mit. Auf dem Flughafen brach der Vater zusammen und musste ins Krankenhaus." (>>Quelle) Damit war der Abschiebeversuch vorerst gescheitert, aber die Ausländerbehörde arbeitete weiter hartnäckig am Ziel der Abschiebung.

Am 8. Juni kam die Polizei zum Haus der Familie Saado und begründete im nachhinein damit, dass einer der Söhne angeblich eine Kamera gestohlen habe. Die Familie hingegen mußte, es handele sich um einen erneuten Abschiebungsversuch. Die Söhne verwehrten der Polizei handgreiflich den Zugang zum Haus. Eine Woche später erfolgte die nächste Polizeiaktion gegen die Familie. Um 6.30 wurde die Tür eingeschlagen und die Söhne wurden allesamt vorübergehend festgenommen, die Mutter erlitt einen Zusammenbruch und mußte in die Klinik gebracht werden. (Pressemitteilung des AK Asyl 15.6.2005). Wenige Wochen später am 23.8.2005 kam die Polizei erneut zur Familie Saado, brachte den Vater unter Zwang in Abschiebehaft und ließ ihn außer Landes fliegen. Der AK Asyl kritisierte damals "Dass die übliche Praxis wenigstens das Gericht zu informieren von der Ausländerbehörde nicht eingehalten worden ist und damit die Ausländerbehörde einer gerichtlichen Entscheidung vorgegriffen hat, belegt wie selbstherrlich Herr Fraatz seine Behörde leitet"

Duldung und Rückendeckung durch Vorgesetzte
Braun, Wemheuer (Grüne), Reuter (SPD)

Aber der Leiter der Ausländerbehörde, Manfred Fraatz handelt unter der Aufsicht seiner Vorgesetzten und mit deren Rückendeckung und Duldung. Der Integrationsrat der Stadt Göttingen zeigte sich empört über den Vorgesetzten von Fraatz, M. Braun, Leiter des Amtes für Ordnung und Verkehr im Landkreis Göttingen, innerhalb dessen die Ausländerbehörde angesiedelt ist. M. Braun habe bezüglich des Vorwurfs, die Familie auseinanderzureissen gesagt, Frau Saado "stehe es frei zu entscheiden, ob sie ihren Mann in die Türkei begleiten will". Dies zeige "in erschreckender Weise, den Zynismus, der offensichtlich in deutschen Amtsstuben herrscht." (Erklärung des Integrationsrates , 10.6.2005)

Amtsleiter Braun untersteht wiederum einer Aufsicht die ihm Rückendeckung und Duldung von oben geben muß. Das Amt für Ordnung und Verkehr mit Leiter Braun befindet sich im Dezernat II dessen Leitung die stellvertretende Landrätin Christel Wemheuer (Grüne) innehat, die zusammen mit Landrat Bernhard Reuter (SPD) die Verantwortung dafür trägt, was an der unteren Stelle der Ausländerbehörde entschieden wird. Solange Schünemann Innenminister war, setzten diese Verantwortlichen der unmenschlichen Abschiebepraxis keinen Protest und schon gar nicht Insubordination entgegen. Die Handlangerdienste für den starrköpfigen Innenminister wurden immer damit legitimiert, dass es eben Anweisungen wären.

Exemplarischer Fall nach den Versprechungen der neuen Regierung

Am 14.3.13, das war nun nach dem Regierungswechsel, der "Abschiebung" von Schünemann und nach Amtseinführung des neuen Innenministers Pistorius (SPD) war wiederum eine Abschiebung zweier junger Menschen nach Serbien angekündigt worden. Die Abschiebung wurde in letzter Minute vom Landkreis "ausgesetzt" nachdem wütender Protest angekündigt worden war. Berichte über das Verhalten des Manfred Fraatz im Zusammenhang mit diesem Fall empörte jedoch die Grüne Jugend Göttingens derart, dass sie seine Entlassung forderten: "Nach dem skandalösen und menschenfeindlichen Verhalten des Leiters der Ausländer*innenbehörde des Landkreises Göttingen, Manfred Fraatz, im Zuge der geplanten Abschiebung von Emran und Djeljana Isljami (Shaquiri) nach Serbien, fordert die GJ Göttingen seine Entlassung." (>>Quelle) Dabei beriefen sie sich auf folgende Erklärung von Kai Weber vom Niedersächsischen Flüchtlingsrat: "Der Leiter der Ausländerbehörde des LK Göttingen soll es fertig gebracht haben, die behandelnde Ärztin von Djeljana aus der Asklepios Fachklinik anzurufen und ultimativ eine Schweigepflichtentbindung von Frau Isljami zu fordern. Sofern bis 10 Uhr heute morgen keine Rückmeldung vorliege, so die Ausländerbehörde, werde man Djeljana von der Polizei aus der Klinik abholen lassen. Djeljana werde man dann einem Flughafenarzt vorführen, der dann sicherlich Reisefähigkeit bescheinigen würde. Außerdem würde eine Ärztin bei der Abschiebung anwesend sein." Gleichzeitig aber konnte Kai Weber mitteilen "Offenkundig hat in letzter Sekunde die Dienst und Fachaufsicht dafür gesorgt, dass nicht das eintrat, was die Ausländerbehörde zuvor angekündigt hatte:" und die Anwältin habe darüberhinaus mitgeteilt, die Abschiebung sei storniert worden. (12.3.13)

Auf Nachfrage beim Landkreis erklärte Marcel Riethig (Pressesprecher) dazu am 19.3.13 : Kai Weber könne nicht wissen, was am 11.3. besprochen worden sei, da er nicht dabei gewesen sei. Damit gemeint war wohl das Telefonat zwischen Fraatz und der Kliniksärztin. Dieses Gespräch so Ritehig habe Montagnachmittag stattgefunden, der Landkreis habe aber schon am Montagvormittag die Abschiebung ausgesetzt. Deshalb sei die Darstellung von Kai Weber überholt und die "Darstellung über dieses Gespräch durch Herrn Weber vom 12.03. wird seitens des Landkreises dementiert.".

Kai Weber konzidierte, dass er das Gespräch nicht selbst mit angehört habe und erklärte am 19.3.13: "Alle Vorwürfe gegen den Landkreis fußen auf der Wahrnehmung und Darstellung der Klinikärztin, die nach dem Gespräch für den Dienstag mit einem Polizeieinsatz in der Klinik rechnete und für den Dienstagmorgen deshalb eine Krisensitzung in der Klinik einberufen hat." Erklärungsbedürftig so Kai Weber weiter bliebe jedoch "warum der Leiter der Ausländerbehörde nicht in der Lage war, den am Montagmittag getroffenen Beschluss, die Abschiebung auszusetzen, der Betroffenen sowie der Klinik eindeutig mitzuteilen. Für diese Information bedurfte es keiner ausführlichen Erklärungen oder sonstiger ausländerrechtlicher Kenntnisse. Es hätte gereicht, wenn die Ausländerbehörde erklärt hätte: "Machen Sie sich keine Sorgen, die Abschiebung ist ausgesetzt." Nicht einmal die Anwältin wurde informiert. Im Interesse einer frühzeitigen Deeskalation hätte es nahe gelegen, die Betroffene und ihre Unterstützer/innen frühzeitig von der Entscheidung in Kenntnis zu setzen und allen Beteiligten so die Angst vor einem Polizeieinsatz zu nehmen."

Zum Schluß Unerfreuliches: Die Hoffnung auf Änderung wird enttäuscht

Wir hatten hier zunächst geschrieben: dass Reuter und Wemheuer ihre Beamten mit den Versprechungen der neuen Landesregierung (ihrer Parteien) bezüglich eines Endes unmenschlicher Abschiebemaßnahmen vertraut machen sollten. Und beim mehrfachen Verstoß gegen Dienstanweisungen müßten dann aber auch personalrechtliche Konsequenzen für den Amtsleiter und den Leiter der Sachgebiestgruppe "Ausländerbehörde" möglich sein.
Heue, am
14.3.13 erreicht uns aber die Nachricht, dass Innenminister Pistorius erklärt habe, zukünftig bei den Abschiebungen die Familien nicht mehr auseinanderzureissen, sondern nur ganze Familien abzuschieben. Für die Abschiebung in menschenunwürdige oder gar lebensgefährliche Umstände ist dies blanker Zynismus.

Die Hoffnung sinkt, es bleibt die Botschaft an die ausführenden Organe "Niemand hat das Recht - einfach nur zu gehorchen."

Zum Anfang

 

Ausländerbehörde des Landkreises Göttingen den ersten Preis für ein besonders flüchtlingsfeindliches Engagement

Bericht G.Schäfer / Red. goest // Am 24.4.12 vormittags hat eine Gruppe von ca. 20 Personen die Ausländerbehörde im Behördengebäude des Landkreises, Reinhäuser Landstr. im 2. Stock aufgesucht um mit einer ironisch-sarkastischen Aktion zum wiederholten Mal die Kritik an der Abschiebpraxis deutlich zu machen. Die Gruppe nannte sich in einer Erklärung "Delegierte des Committees der Integrationsverweiger_innen". Das Gebäude und die Etage der Ausländerbehörde sind videoüberwacht, Besuche in der Ausländerbehörde sind eigentlich nur nach vorheriger Terminabsprache möglich. Die Gruppe besuchte die dort tätigen SachbearbeiterInnen. und überreichte Ihnen einen Preis für besonders flüchtlingsfeindliches Engagement. Der 1. Preis so die satirische Formulierung war ein Gutschein für eine Reise in eines der beliebtesten Abschiebeziele überreicht.

Bei der Überreichung wurde folgende Rede gehalten:

"Sie haben gewonnen! Eine Reise in eines der beliebtesten Abschiebeziele!! Sehr geehrte Damen und Herren, Hiermit möchten wir Ihnen, der Ausländerbehörde des Landkreises Göttingen den ersten Preis für ein besonders flüchtlingsfeindliches Engagement überreichen.(...) Der Preis ist eine Reise , ganz speziell abgestimmt auf die Bedürfnisse von .Mitarbeiter_innen der Ausländerbehörde.

"Delegierter der Integrationsverweigerer" mit Urkunde für für die Ausländerbehörde
Allerdings müssen Sie selbst unter sich den oder die Mitarbeiter_in auswählen, deren Leistung diese Anerkennung verdient den Preis entgegenzunehmen. Wählen können Sie zwischen einem Fünf-Sterne Hotel in Armenien, Syrien, Afghanistan oder dem Kosovo. Der exklusive Blick aus Ihrem Hotelzimmer auf ein Flüchtlingslager wird Ihre Freude an diesem Urlaub vervollständigen, damit Ihnen auch hier Ihre vollbrachten Leistungen täglich bewußt werden. Natürlich ist auch Ihre Familie herzlich eingeladen die Früchte Ihrer Arbeit zu genießen, sodass auch Ihre Kinder anerkennen müssen welche großartigen Leistungen Sie tagtäglich vollbringen. (...)

Oberste Zuständigkeit im Landkreis liegt bei Landrat Bernhard Reuter (SPD), die zuständige Dezernetin ist Frau Wemheuer (DieGrünen) ist Kreisdezernentin für Planen, Bauen, Umwelt, Ordnung und Verkehr im Landkreis Göttingen und stellvertretende Landrätin. Unter ihre Leitung fallen u.a. die Gruppe Ordnungsangelegenheiten mit dessen Leiter M. Braun worin wiederum die Ausländerbehörde unter der Leitung von Manfred Fraatz zu finden ist, in der ca. 6 SachbearbeiterInnen Asylangelegenheiten, Aufenthaltsgenehmigungen und allgemeine Ausländerangelegenheiten bearbeiten.

Dezernentin bietet Gespräch an

Nach der kritisch-satirischen Protestaktion hatte goest Gelegenheit mit der für die Ausländerbehörde zuständigen Dezernentin Christel Wemheuer kurz zu sprechen. Zunächst betonte Wemheuer, dass prinzipiell von ihrer Seite immer Gesprächsbereitschaft bestehe und es doch sinnvoller gewesen wäre, wenn sich die Protestgruppe zu einem ruhigen Gespräch mit ihr getroffen hätte, anstatt die SachbearbeiterInnen der Ausländerbehörde zu ängstigen. Immerhin habe ja auch schon mal ein "Brandanschlag" stattgefunden.

Niemand hat das Recht einfach nur zu gehorchen (Spruch auf Transparent bei Bleiberechtdemo)

Im Rahmen des Wahlkampfes war sie am 5.9.11 vom Göttinger Tageblatt zu ihren Aufgabengebieten befragt worden und wurde zitiert, davon sei ihr "jeder Bereich auf besondere Art lieb". Der schwierigste aber sei die Ausländerbehörde, "dasshabe ich andere Vorstellungen als Bund und Land". GT 5.9.2011 . Daher sagte ich, ich könne mir vorstellen, dass sie persönlich nicht mit diesen Abschiebungen einverstanden sei und man wisse ja inzwischen, dass die Menschen ins Elend und in lebensbedrohliche Situationen geschickt würden. Wemheuer verwies darauf, dass die Ausländerbehörde des Landkreises nicht beurteilen könne, wie die Bedingungen im Aufnahmeland seien. Gut wäre deshalb, dass sich gegenwärtig erneut eine Gruppe des Landtages zur Prüfung der Situation im Kosovo aufhalte.
Anschließend
fragte ich Frau Wemheuer, welche Konsequenzen es denn hätte, wenn ihr deutlich nachgewiesen würde, dass die Abschiebungen für einige Menschen lebensbedrohlich seien und sie sich deshalb schlichtweg weigern würde, die Abschiebungen durchzuführen. Wenn sich mit ihr auch Landrat Reuter weigern würde, dann, so Wemheuer, würde die Landesbehörde an Stelle des Landkreises die Abschiebung durchführen. Bisher sei aber noch niemand so mutig gewesen, die Umsetzung der Anweisungen zu verweigern.

Stellvertretende Landrätin Kreisrätin Christel Wemheuer (Grüne) am 24.4.12 vor dem Eingang zur Ausländerbehörde. Kurz zuvor hatte eine Protestgruppe die Ausländerbehörde des Landkreises Göttingen besucht.

(Rechts zufällig im Bild, ein Kind , dessen Vater in der Behörde wartete, um seine Duldung verlängern zu lassen)

 

Abschiebeskandal Sohrab A.
Gesammelte Pressemitteilungen zum Abschiebeskandal des Landkreises Göttingen

Pressemitteilung >>Schäfer (Rechtsanwältin) 24.4.12
Sohrab A. darf kurzfristig nach Deutschland zurückkehren!
Auf Vorschlag des Verwaltungsgerichts Göttingen wurde am 23.04.2012 ein Vergleich geschlossen mit dem Inhalt, dass Sohrab A. kurzfristig mit einem Visum zur Eheschließung wieder einreisen darf und nach der standesamtlichen Eheschließung eine Aufenthaltserlaubnis erhält. Die Wiedereinreisesperre ist bereits aufgehoben, die Zustimmung zur Visumserteilung durch den Landkreis Göttingen bereits bei der Deutschen Botschaft in Armenien angekommen, so dass mit einer Einreise im Mai 2012 zu rechnen ist. Wir freuen uns sehr, dass nun zumindest eine zügige Schadensbegrenzung erfolgt. Und wir hoffen, dass der Landkreis Göttingen in Zukunft betroffene Personen darauf hinweist, dass sie vollziehbar ausreisepflichtig sind und ihre Abschiebung organisiert wird, so dass sie die Gelegenheit bekommen, freiwillig auszureisen oder aber die gegen eine Ausreise sprechenden Gründe darlegen oder bei Nichtbeachtung dieser Gründe durch die Ausländerbehörde rechtzeitig einen Härtefallantrag stellen können.

Pressemitteilung Niedersächsischer Flüchtlingsrat 11.4.12
Fragwürdige Abschiebung durch Landkreis Göttingen

Wieder einmal hat eine niedersächsische Ausländerbehörde einen langjährig in Deutschland lebenden Flüchtling ohne eine vorherige Terminankündigung festgenommen und abgeschoben. Der 27 Jahre alte Sohrab A. , der vor über 13 Jahren als Vierzehnjähriger mit seiner Familie aus Armenien nach Deutschland geflohen war, wurde am 28. März 2012 bei seiner Arbeit festgenommen und über den Frankfurter Flughafen abgeschoben. Sohrab A. war, wie seine Anwältin Silke Schäfer aus Göttingen deutlich macht, in Deutschland sehr gut integriert. Er studierte Immobilienwirtschaft, arbeitete nebenbei zur Sicherung des Lebensunterhalts bei einer Telekommunikationsfirma und hatte seine deutsche Verlobte bereits kirchlich geheiratet. Seine ganze Familie und alle seine Freunde leben in Deutschland. Weniger als eine Stunde vor dem Abflug stellte Anwältin Schäfer noch einen Eilantrag gegen die Abschiebung, der ca. eine Viertelstunde vor dem Abflug vom Verwaltungsgericht Göttingen positiv beschieden wurde. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen wurde Sohrab A. trotz dieser einstweiligen Anordnung des Verwaltungsgerichts Göttingen abgeschoben: Der Bundesgrenzschutz erklärte zunächst, er benötige für einen Stopp der Abschiebung die schriftliche Bestätigung des Verwaltungsgerichts. Nach Übermittlung der Entscheidung hieß es dann, die Türen seien bereits geschlossen und ließen sich “nur noch aus Sicherheitsgründen” öffnen. Ein Sprecher des Landkreises erklärte lapidar, die Anordnung sei zu spät beim Landkreis eingegangen, daher habe die Abschiebung nicht mehr gestoppt werden können. Der Fall belegt erneut, dass der Landkreis Göttingen offenbar bis heute nicht bereit ist, einen menschenwürdigen Umgang mit Flüchtlingen zu pflegen. Warum wurde dem jungen Mann nicht die Heirat in Deutschland ermöglicht oder wenigstens der Abschiebungstermin vorher angekündigt? Wollte der Landkreis dem Betroffenen so die Chance auf einen effektiven Rechtsschutz verbauen? Warum hat der Landkreis, der über die Stellung des Eilantrags beim Gericht informiert war, nicht dafür gesorgt, dass die Gerichtsentscheidung sofort dem BGS vorgelegt wurde? Warum wurde Sohrab A. nicht wenigstens bei der Zwischenlandung in Moskau aus dem Flugzeug geholt und zu seiner Familie zurückgebracht? Der Fall des Sohrab A. dokumentiert freilich auch und auf’s Neue das Versagen der Fachaufsicht durch das niedersächsische Innenministerium, das keinerlei Wert darauf legt, die Ausländerbehörden zu einem menschenwürdigen Umgang mit Flüchtlingen anzuhalten, sondern die Ausländerbehörden im Gegenteil zu einer rücksischtslosen Abschiebung geduldeter Flüchtlinge anhält. Der Erlass des Innenministeriums aus dem Jahr 1995, der den Ausländerbehörden die Ankündigung des Abschiebungstermins im Regelfall vorschrieb, wurde auf Anordnung von Innenminister Uwe Schünemann im Jahr 2003 ersatzlos gestrichen. Wahrscheinlich kann sich der Landkreis Göttingen der Rückendeckung durch die Landesregierung auch in diesem Fall sicher sein. Sohrab A. hat aufgrund der erfolgten rechtswidrigen Abschiebung zunächst ein lebenslängliches Betretensverbot für die Bundesrepublik Deutschland. Dieses kann durch den Landkreis Göttingen jedoch befristet werden. Wir fordern den Landrat Bernhard Reuter auf, im Rahmen einer Rechtsfolgenbeseitigung eine sofortige Aufhebung der Einreisesperre anzuordnen und alles dafür zu tun, um Sohrab A. eine baldige Einreise und standesamtliche Heirat seiner deutschen Verlobten zu ermöglichen.

Pressemitteilung Fraktion der Partei DieLinke 12.4.12
Abschiebung eines 27jährigen Studenten
rechtswidrig
DieLinke in Göttingen ist entsetzt über die rechtswidrige Abschiebung eines 27jährigen Studenten nach Armenien, die ohne vorherige Terminankündigung erfolgt ist. Der Fraktionsvorsitzende von DieLinke im Kreistag Dr. Eckhard Fascher: „Nicht nur das Land Niedersachsen, auch der Landkreis Göttingen ist hier in der Verantwortung. Auch unter dem neuen Landrat werden eigene Spielräume zu Gunsten der Betroffenen nicht genutzt und regelmäßig hier lange lebende und gut integrierte Menschen abgeschoben, die kaum noch Bezug zu ihrer alten Heimat haben. Im vorliegenden Fall wurde zudem zur Durchsetzung dieser unmenschlichen Praxis rechtswidrig gehandelt. Dies ist ein Skandal. Die Argumente von Herrn Riethig sind absolut nicht nachvollziehbar. Der Landkreis hätte die Abschiebung umgehend stoppen sollen und den Mann notfalls nach der Zwischenladung in Moskau aus dem Flugzeug holen lassen können. Wir fordern den Landkreis auf, sofort den abgeschobenen jungen Mann nach Göttingen zurückkehren zu lassen.“

Pressemitteilung Grüne Jugen 11.4.12
Verschleppung verunmöglichen

Zu der Abschiebung von Sohrab A. erklärt die Grüne Jugend Göttingen: Aufgrund dieses sogar offiziell als 'unglücklich' bezeichneten Verfahrens wurde ein weiteres Leben durch die Abschiebemaschinerie zerstört. "Diese offensichtliche behördlich-institutionalisierte Menschenverachtung empört mich zutiefst!", erregt sich ein Mitglied der Grünen Jugend Göttingen. Es kann nicht sein, dass aufgrund 'unglücklicher' Verfahrensabläufe ein hier lebendender Mensch ohne Vorwarnung seiner Lebensgrundlage und Würde beraubt wird. Wir fordern die sofortige Rückreise für Sohrab A. und dauerhaftes Bleiberecht in Deutschland.

Pressemitteilung Landkreis 11.4.12
Abschiebung konnte angeblich nicht mehr verhindert werden

"Der Landkreis Göttingen weist die Vorwürfe der Rechtsanwältin Schäfer scharf zurück, wonach er den armenischen Staatsbürger Sohrab A. rechtswidrig abgeschoben habe. Das Verwaltungsgericht Göttingen hatte mit einem so genannten Hängebeschluss am 28.03.2012 zunächst entschieden, dass von der Abschiebung vorläufig abzusehen sei. Grund war ein eine Stunde vor Abflug gestellter Antrag der Rechtsanwältin auf einstweiligen Rechtsschutz. Diesen Beschluss hat das Gericht zwischenzeitlich aufgehoben. Der Landkreis habe durch zweimalige Anrufe bei der Bundespolizei versucht, das Flugzeug zu stoppen, um Sohrab A. noch aus dem Flugzeug herausholen zu lassen. Das Flugzeug habe sich allerdings schon in Startposition befunden, sodass dies nicht mehr möglich gewesen sei, erklärte Pressesprecher Marcel Riethig. Wäre der Antrag beim Verwaltungsgericht früher gestellt und dem Landkreis durch die Rechtsanwältin im Vorfeld zur Kenntnis gebracht worden, hätte das Flugzeug eventuell noch rechtzeitig gestoppt werden können, vermutete Riethig. Die Rechtsanwältin habe den Antrag beim Verwaltungsgericht erst gegen 14:00 Uhr gestellt, nachdem bereits am frühen Morgen des 28.03. Sohrab A. von der Polizei zum Vollzug der Abschiebung festgenommen worden sei. Der Landkreis sei von der Rechtsanwältin vorab über den Antrag auf einstweiligen Rechtschutz nicht informiert worden und habe unverzüglich nach telefonischer Information durch das Verwaltungsgericht über dessen Hängebeschluss gegen 14:50 Uhr gehandelt. Der Flug war auf 15:00 Uhr terminiert. Das Verwaltungsgericht Göttingen wird sich nun in dem anhängigen Verfahren zum einstweiligen Rechtsschutz dazu äußern, ob der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Der Antragsteller war bereits vollziehbar ausreisepflichtig, entsprechende Entscheidungen der Gerichte erlangten Rechtskraft. Zuletzt hatte das Verwaltungsgericht Göttingen im September 2010 eine Klage von Sohrab A. auf Erteilung eines Aufenthaltstitels abgelehnt. Ein Antrag auf Zulassung der Berufung vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg wurde im Februar 2012 von dort abgelehnt. Die Rechtsanwältin trug nun im anhängigen Eilverfahren vor, dass der vollziehbar ausreisepflichtige Sohrab A. einen Pass besitze, zurzeit ein Studium absolviere und eine Eheschließung unmittelbar bevorstünde. Aus diesen Gründen dürfe er nicht abgeschoben werden. Zur unmittelbar bevorstehenden Eheschließung wurde eine eidesstattliche Versicherung beigebracht, die sich als nicht wahr herausstellte. Auf Nachfrage der Ausländerbehörde des Landkreises teilte das Standesamt schriftlich mit, dass eine unmittelbare Eheschließung nicht bevorstünde, kein Termin dazu anberaumt sei und weder Sohrab A. noch die von ihm benannte Verlobte dort bekannt seien. In einem Telefonat mit der Ausländerbehörde bestätigte zudem Sohrab A., der fließend deutsch spricht, am Tag seiner Abschiebung ausdrücklich nicht, dass er einen Pass besitze. Der Besitz eines Passes kann ein Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem Aufenthaltsgesetz begründen. Auch ein laufendes Studium sei bei der Ausländerbehörde nicht bekannt und bis heute nicht belegt worden, erklärte Riethig. Der Ausländerbehörde sei vielmehr bekannt, dass Sohrab A. zwar ein Studium aufgenommen habe, das er aber 2010 ohne Abschluss abgebrochen habe. "Vor diesem Hintergrund muss der Landkreis davon ausgehen, dass die bereits die Rechtskraft erlangten Entscheidungen der Verwaltungsgerichte weiterhin Bestand haben und handlungsleitend für die Behörde sein müssen", sagte Riethig. Das Verwaltungsgericht hat nun seinen Hängebeschluss vom 28.03.2012 am 30.03.2012 aufgehoben, dassder mit ihm verfolgte Zweck nicht mehr erreicht werden könne. Der Antragsteller habe keinen Anspruch gegen den Landkreis auf Rückübernahme, der Beschluss habe lediglich eine Unterlassungspflicht hinsichtlich der beabsichtigten Abschiebung begründet. Dieser Anspruch habe sich jedoch erledigt, dassdie Ausreise nicht mehr hätte aufgehalten werden können und bereits vollzogen sei. Die Wiedereinreisesperre könne bei Vorliegen eines Anspruches auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nachträglich befristet werden, erklärte Riethig. Ein Antrag liege der Ausländerbehörde entgegen der Aussagen der Rechtsanwältin jedoch nicht vor. Zu Auskünften über die Kritik am Verwaltungsgericht verweist der Landkreis an die dortige Pressestelle."

Pressemitteilung Fraktion der Partei DieLinke im Landtag 11.4.12
Widerrechtliche Abschiebung

Mit scharfer Kritik hat die DIE LINKE im Landtag auf die rechtswidrige Abschiebung eines jungen Armeniers aus dem Landkreis Göttingen reagiert. Wie erst jetzt bekannt wurde, ist der 27-jährige Student bereits am 28. März an seiner Arbeitsstelle verhaftet und trotz positiven Entscheids gegen die Abschiebung durch das Verwaltungsgericht Göttingen nach Armenien abgeschoben worden. „Es ist ein Skandal, dass wieder einmal ein bestens integrierter Mensch auf widerrechtliche Art und Weise aus Niedersachsen abgeschoben wurde. Die Praxis der Göttinger Ausländerbehörde ist empörend; sie ist auch eine Folge der unmenschlichen Flüchtlingspolitik des Innenministers. Er drängt die Behörden förmlich dazu, möglichst viele Menschen in möglichst kurzer Zeit abzuschieben“, sagte die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Pia Zimmermann. Der Armenier ist Student der Immobilienwirtschaft und hatte erst kürzlich seine deutsche Frau geheiratet. dassihm der Abschiebetermin vorher nicht mitgeteilt wurde, hatte der Mann auch kaum mehr Möglichkeiten gegen das Verfahren rechtlich vorzugehen. „Mit dieser Abschiebung sind endgültig alle Bekundungen des Innenministers, eine humanere Flüchtlingspolitik vorzubereiten, als leere Phrasen entlarvt. Flüchtlingspolitik folgt in Niedersachsen weiterhin der Gesinnung Schünemanns und keinen rechtlichen und ethischen Ansprüchen“, so Zimmermann.

Pressemitteilung MdL Stefan Wenzel , Die Grünen 12.4.12
Wenigstens vor der Abschiebung informieren

Der Göttinger Abgeordnete Stefan Wenzel (Grüne) fordert, dass von Abschiebung bedrohte Menschen grundsätzlich vorab informiert werden. "Es ist in jedem Fall notwendig, dass sich von Abschiebung bedrohte Personen auf eine solch einschneidende Maßnahme vorbereiten können", sagte Wenzel. Dazu gehöre in jedem Fall auch die Prüfung möglicher Rechtsschutzmaßnahmen. "Schünemann muss sicherstellen, dass Entscheidungen der Gerichte in jeder Phase einer Abschiebung beachtet werden", so Wenzel, nach Berichten über eine Abschiebung in der Göttinger Presse. Der Fall sei tragisch, auch wenn jetzt unterschiedliche Informationen über den Hergang noch geprüft werden müssten. "In jedem Fall muss sich eine von Abschiebung bedrohte Person von Freunden, Bekannten oder gar Verwandten verabschieden können", sagte Wenzel. Das gelte auch dann, wenn keine juristische Möglichkeit zur Verhinderung bestehe
(Anmerkung/Kommentar goest: das ist eine enttäuschend schwache Stellungnahme zur Abschiebung.)

 

Unrühmliche Aktivitäten der Ausländerbehörde im Landkreis gegen Familie Sardi

Korrespondentenbericht Dransfeld , 9.11.11
Nach dem Freispruch für die Sardis

Die seit 19 Jahren in Dransfeld lebenden fünf Mitglieder der Familie Sardi sind heute vom Amtsgericht Hann. Münden in allen Punkten der Anklage freigesprochen worden. Ihnen wurde zur Last gelegt, sich "vollziehbar ausreisepflichtig", d.h. abschiebbar und damit widerrechtlich in Deutschland aufzuhalten. Den Flüchtlingen aus den algerischen Bürgerkriegswirren der Jahre 1991/92 wurde von der Ausländerbehörde des Landkreises Göttingen vorgeworfen, nicht alles Zumutbare getan zu haben, sich Passersatzpapiere zu beschaffen, mit denen sie dann ausgewiesen würden. Hier in Deutschland leben sie mit den berüchtigten "Kettenduldungen" von Monat zu Monat. Die Sardis sind voll integriert, die Kinder, bei ihrer Ankunft in Deutschland 12, 7 und 2 Jahre alt, haben hier ihre Sozialisation erfahren. Der Landkreis verbietet ihnen, zu arbeiten, einen Beruf zu erlernen, zu studieren. Den Antrag auf Freispruch stellte der Staatsanwalt. Für das Urteil wurden mehrere Gründe genannt:

- Gericht und Rechtsprechung, insbesondere die Strafkammer seien nicht der verlängerte Arm der Ausländerbehörde,
- die Sardis hätten sich in zumutbarem Maße um die Feststellung ihrer Identität bemüht,
- wenn die Ausländerbehörde des Landkreises weitere Schritte der Identitätsklärung gefordert hätte, denen die Sardis nicht nachgekommen wären, so wäre das – laut Plädoyer des Anwalts -allenfalls Ungehorsam, nicht eine Straftat, die mit einer Strafe zu ahnden wäre.
- Die Verfahrenskosten einschließlich der den Angeklagten entstandenen Aufwendungen gehen zu Lasten der Staatskasse.

Was die Kinder angeht, so wies mich Kai Weber vom Flüchtlingsrat Niedersachsen auf Folgendes hin: "Der Fall ist ein Paradebeispiel dafür, wie hier geborene bzw. aufgewachsene, hervorragend integrierte Jugendliche durch ausländerbehördliche Maßnahmen schikaniert, ausgegrenzt und um ihre Zukunft gebracht werden. Man verhindert die weitere Entwicklung und verbaut die Ausbildung der Kinder in der vagen Hoffnung, darüber die Eltern weiter unter Druck setzen zu können. Denn dass z.B. Fatima schon aufgrund ihres Alters keine "Täuschung" über die Identität begangen haben kann, liegt doch eigentlich auf der Hand. Ich sehe darin eine offenkundige Verletzung der Kinderrechtskonvention, die allen Kindern unabhängig von ihrer Herkunft einen Anspruch auf eine freie Entwicklung ihrer Persönlichkeit verspricht."
Mein Eindruck: darüber hinaus: der grundsätzliche Versuch der Ausländerbehörde des Landkreises und des Regie führenden niedersächsische Innenminister(ium)s, mittels Anwendung des Aufenthaltsgesetzes die Europäische Menschenrechtskonvention zu unterlaufen, wird sichtbar. Offenbar meint man, für seit langem ohne Papiere Geduldete wie die Sardis gelten weder der besondere Schutz der Familie noch die im Grundgesetz stehende Unantastbarkeit der Würde des Menschen. Personen wie die Sardis werden einer gezielten Schlechtbehandlung ausgesetzt in der Hoffnung, sie rauszuekeln.

- Gericht verweist die Behörde in Schranken
Dieser Behördenwillkür sind nun Grenzen gezeigt. Nachdem noch am ersten Verhandlungstag (18.10.11) der Leiter der Ausländerbehörde des Landkreises sich ständiger Eingriffe in das Verfahren und Übergriffe auf die dritte Gewalt befleißigte, berief sich nun das Gericht auf seine Unabhängigkeit gegenüber einer administrativen Instrumentalisierung. Das mag weitere Folgen gegen den menschenunwürdigen Umgang des Schünemann-Ministerium
s mit Flüchtlingen und hier eingewachsenen Ausländern haben. Auch die Klärung, dass "zumutbare Mitwirkung" nicht heißt, alles zu befolgen, was die Ausländerbehörde den Menschen zumutet, ist wertvoll. Ebenso ist der Instrumentalisierung des Strafrechts ein Riegel vorgeschoben.
Die schallende Ohrfeige für die Ausländerbehörde des Landkreises und ihre Hintermänner bedeutet nun nicht, dass die Sardis hier den Aufenthaltstitel haben, der allein vernünftig ist. Er muss schnell kommen, damit die arbeitswilligen Jungen endlich arbeiten, Fatima studieren kann. Unser Engagement wird weiter gebraucht!

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(Anmerkung Red. goest) Der >Beschluß im Kreistag bzgl. Abschiebeverbot darf angesichts der bisherigen Praxis des Landkreises nun nicht mehr nur als Apell an die Landesregierung und nicht nur für Kosovo-Flüchtlinge stehen bleiben, sondern muß erweitert werden dahingehend, dass die Landkreisverwaltung SELBST anders handelt ! Hier ist die SPD-Grüne Zusammenarbeit im Kreistag mal gefordert "Butter bei die Fische" zu bringen.
Ein mutiger Bericht für eine Lokalzeitung findet sich diesmal im Göttinger Tageblatt - Nun heisst es dem Redakteur den Rücken zu stärken wenn die Reaktion folgt. >>Artikel "Ministerium gibt Anleitung zur Schikane"
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16.11.11 / Pressemitteilung Stefan Wenzel MdL Grüne
Familie aus Dransfeld Aufenthaltsrecht erteilen. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Niedersächsischen Landtag Stefan Wenzel hat Innenminister Schünemann heute (Mittwoch) aufgefordert, der Familie Sardi im Landkreis Göttingen ein Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen zu erteilen. "Bei aller Freude darüber dass die erst vor wenigen Tagen abgeschobene Familie aus Hoya wieder einreisen kann, darf nicht vergessen werden, dass diese Einzelfallkorrektur keine Abkehr von der rigorosen Flüchtlingspolitik des niedersächsischen Innenministers ist", sagte der Grünen-Politiker. "Minister Schünemann sah sich offenbar aufgrund des starken politischen Drucks genötigt, diese Entscheidung zu treffen." Der aktuelle Fall im Landkreis Göttingen zeige deutliche Parallelen zum Fall der Flüchtlingsfamilie aus Nienburg. "Auch hier torpediert das Innenministerium nicht nur seit Jahren alle Möglichkeiten der Erteilung eines Aufenthaltrechtes, sondern übt auch Druck auf die Ausländerbehörden aus, der nur noch als Schikane bezeichnet werden kann", sagte Wenzel. Das diesbezügliche Schreiben des Innenministeriums überschreite eindeutig die Grenzen des in einem Rechtsstaat Zulässigen.

Pressemitteilung Dr. Gabriele Andretta MdL SPD 17.11.11
Andretta: Schwarzer-Peter-Spiel im Fall Sardi ist entwürdigend
Die Göttinger Landtagsabgeordnete Dr. Gabriele Andretta (SPD) setzt sich dafür ein, der seit 19 Jahren in Dransfeld ansässigen algerischen Familie Sardi ein Bleiberecht zu verleihen. Als durchsichtiges Entlastungsmanöver des Ministers bezeichnete Andretta die Stellungnahmen von Innenminister Schünemann vom Beginn dieser Woche. Danach läge die Verantwortung für die Behandlung der Familie Sardi bei der Ausländerbehörde des Landkreises und das Ministerium sei erst auf Bitten der Ausländerbehörde tätig geworden. „Mit der Erklärung versucht der Minister, den Schwarzen Peter der Ausländerbehörde zuzuschieben. Dabei weiß jeder, mit welcher Unnachgiebigkeit und Konsequenz dieser Minister auf die Abschiebung von Menschen hinarbeitet“, so die Landtagsabgeordnete. Zudem stünde die Aussage des Ministers im Widerspruch zu den bekannt gewordenen Anweisungen von Schünemann persönlich und der Spitze seines Hauses, gegen die Sardis mit Wohnungsdurchsuchungen, erhöhter Frequenz von Zwangsvorführungen, weiteren Strafverfahren und Ersatzfreiheitsstrafen sowie Arbeits- und Studierverboten vorzugehen. Besonders bewegend sei das Schicksal der drei inzwischen erwachsenen Kinder der Familie Sardi. „Sie haben ihre gesamte kindliche und jugendliche Sozialisation in Deutschland erfahren, erfolgreich ihre Schulbildung, zum Teil mit Abitur, abgeschlossen. Nun wird auch gegen sie mit einem Arbeits- und Studierverbot vorgegangen, offenbar um den Druck auf die Eltern zu erhöhen“, vermutete Andretta. Sie wies darauf hin, dass im Hann.Mündener Urteil vom 8. November ausdrücklich festgestellt wurde, dass eine Feststellungsklage gegen ihre Eltern den Kindern nicht zuzumuten sei. Auch würde das die intakte Familie zerstören. Doch Art. 6 Grundgesetz, der die Familie unter besonderen Schutz stellt, gelte offenbar nicht für Flüchtlingsfamilien in Niedersachsen. Die SPD-Landtagsfraktion hat inzwischen Akteneinsicht im Fall Sardi beantragt. Andretta erhofft sich darüber Aufklärung auch über das Vorgehen der Ausländerbehörde des Landkreises. „Es wäre zu wünschen, dass diese Behörde unseres Landkreises ebenso viel für die Integration der hier Zuflucht suchenden Ausländer getan hätte wie für die Drangsalierung und Abschiebung von Flüchtlingen“. Sie hofft, dass mit dem neu gewählten Landrat Bernhard Reuter (SPD) nun ein anderer Geist in die Behörde einkehrt. Vordringlich aber sei, nach all den von den Sardis erlittenen Schikanen nicht die Verantwortung zwischen Innenministerium und Landkreis hin und her zu schieben, sondern der Familie konkret und schnell mit einem Aufenthaltsrecht zu helfen. „Die Kinder dürfen nicht um ihre Zukunft gebracht werden“, so Andretta abschließend.

14.11.11. / Pressemitteilung Patrick Humke MdL und Kreisverband der Partei DieLinke
"Die Familie S. sei 1992 nach Göttingen gekommen und kämpfe seit der Ablehnung ihres Asylantrages 1996 gegen die Abschiebung. "Im Falle dieser sehr gut integrierten Familie versucht CDU-Innenminister Schünemann mit zweifelhaften Methoden eine Abschiebung zu erreichen, was von uns auf keinen Fall hingenommen werden darf! Der Landkreis muss sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln für einen dauerhaften und sicheren Aufenthaltsstatus der Familie einsetzen." so der Fraktionsvorsitzender Dr. Eckhard Fascher. In einem Gerichtsverfahren gegen die Familie S. wurde ihr vorgeworfen sich gegen eine Identitätsfeststellung geweigert zu haben. Trotz des damals erfolgten Freispruches vom Amtsgericht ging der Behördenterror auf Anweisung von Schünemann weiter. "Es ist entsetzlich wie hier mit Menschen umgegangen wird. Wir LINKEN setzen uns weiterhin dafür ein, dass die menschenverachtenden Praktiken des Hardliners Schünemann aufhören. Die LINKE fordern eine handlungsfähige Härtefallkommission, die nicht vom Gutdünken des Innenministeriums abhängig ist, wie in diesem Fall." sagte Patrick Humke, sozial- und gesundheitspolitischer Sprecher der Links-Fraktion im nieders. Landtag."

schon 31.1.08 : Ausländerbehörde will Familie Sardi nach 16 Jahren abschieben
/ Familie Sardi, die seit 16 Jahren in Dransfeld lebt, ist akut von Abschiebung bedroht. Die Ausländerbehörde des Landkreises Göttingen will sie nach Algerien abschieben. Als die Nachbarinnen und Nachbarn mitbekommen haben, dass Familie Sardi von Abschiebung bedroht ist, haben sie beschlossen, nicht länger hinzunehmen, dass ihre Nachbarn abgeschoben werden sollen. So entstand in Dransfeld ein regelmäßiges Unterstützer/Innentreffen gegen die geplante Abschiebung. Eine breite Gruppe, in der neben den Nachbarn/Innen auch Mitschülerinnen und Mitschüler der Kinder aktiv sind, engagiert sich gegen die Abschiebung Die Unterstützer/Innen hatten eine Webseite erstellt (inzwischen nicht mehr verfügbar, 9.11.11), sie haben sich mit Pastoren in Verbindung gesetzt und Jeden Tag geht abwechselnd eine/r zur Ausländerbehörde, um einen Protestbrief zu einzureichen (alternativ oder ergänzend wird auch dort angerufen). Die Betroffenen haben einen neuen Anwalt genommen. Die Familie wurde aktiv unterstützt AK Asyl

 

Ausländerbehörde des Landkreis Göttingen - Ahmed Saado wurde trotz aller Proteste abgeschoben

24.8.05 18 Uhr / "Ahmed Saado aus Ossenfeld wurde heute Nacht (23/24.8.05) von Hannover nach Düsseldorf gebracht, von dort aus erfolgte seine Abschiebung mit einem Sammelflug. Zuvor hatte es wochenlange Proteste von UnterstützerInnen und Verwandten gegeben. (..) Über den schlechten Gesundheitszustand von Ahmed Saado sei auch die Ausländerbehörde des Landkreises Göttingen ausführlich informiert. Sollte Ahmed Saado in der Türkei krankheitsbedingt zu Schaden kommen, sei die Ausländerbehörde und ihr Vorsitzender Herr Fraatz dafür allein verantwortlich, erklärte die Sprecherin der UnterstützerInnen.
Der AK Asyl kritisierte, dass Ahmed Saados Familie von der Abschiebung nicht informiert worden ist. Damit sei der Familie jegliche Möglichkeit genommen worden, sich von ihm zu verabschieden. Auch seien weder die AnwältInnen der Familie noch das Gericht kontaktiert worden. "Dass die übliche Praxis wenigstens das Gericht zu informieren von der Ausländerbehörde nicht eingehalten worden ist und damit die Ausländerbehörde einer gerichtlichen Entscheidung vorgegriffen hat, belegt wie selbstherrlich Herr Fraatz seine Behörde leitet", so der AK Asyl . Bis heute Mittag verweigerten die Behörden die Herausgabe von Informationen über seinen Aufenthaltsort. Eine Sprecherin von AK Asyl sprach in diesem Zusammenhang von einer Nacht- und Nebelaktion, die eine offensichtlich Reaktion des Landkreises auf die vorangegangenen Proteste sei. "Das reibungslose Funktionieren der Abschiebemaschinerie solle um jeden Preis gewährleistet bleiben", so die Sprecherin weiter.
Nach Informationen der UnterstützerInnen ist Ahmed Saado kein Einzelfall. Allein mit dem Flugzeug, in dem er sich befand, seien hundertzwanzig weitere Flüchtlinge außer Landes geschafft wurden.
(...) Die Proteste in Göttingen sind mit der heutigen Abschiebung nicht beendet. UnterstützerInnen kündigen für 25.8. um 16:30 Uhr eine Demonstration an, die vom Gänseliesel zum neuen Rathaus führen soll.(...) Allerdings sollen nicht nur zukünftige Abschiebungen verhindert werden. Die Rückkehr Ahmed Saados wird von den UnterstützerInnen ebenfalls gefordert."

Verwaltungsgericht erlaubte Abschiebung

20.7.05 / Das Gericht erkennt seltsamerweise drei ärztliche Stellungnahmen nicht an. Die vom Gericht geäusserten Zweifel an der Aussagekraft der vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen erscheinen umso unverständlicher, als die angewandten Untersuchungsmethoden in der gutachterlichen Stellungnahme klar dargelegt worden sind. Das mit Ahmed Saado geführte strukturierte klinische Interview entsprach internationalen Standards und besitzt hohe Zuverlässigkeit und Aussagekraft. Zynisch ist es zudem, dass vom Gericht eine Familienzusammenführung und damit eine Ausreise der Kinder und der Frau Ahmed Saados in die Türkei für zumutbar gehalten wird. Wie auch den Richtern bekannt war, sind die meisten der Kinder in der BRD geboren und aufgewachsen, die gesamte Familie hat ihren Lebensmittelpunkt hier in Deutschland. Keines der Familienmitglieder hat irgendeinen Bezug zur Türkei.


18.7.05 /
gegen 17 Uhr wurde vom Goettinger Verwaltungsgericht der Eilantrag gegen die Abschiebung von Ahmed Saado abgelehnt obwohl eine fachaerztliche Stellungnahme nach Untersuchung in Haftanstalt seine akute Selbstmordgefaehrdung erneut bestaetigt hatte. Der Rechtsamwalt der Familie wird umgehend Beschwerde einlegen. Antirassistische Initiativen rufen dazu auf, die Abschiebung am Tag X zu verhindern. Aktionen in Goettingen und an den potentiellen Abschiebe-Flughaefen werden seit Wochen vorbereitet. Die Ausländerbehoerde des Landkreises Göttingen hatte in der vergangenene Woche mitgeteilt, dass sie einen Arzt ausfindig gemacht habe, der bereit sei, die Abschiebung 'medizinisch abzusichern. Die Behauptung des Landkreises, Herr Saado sei gegenwärtig "in Begleitung" eines Mediziners 'reisefähig' - gemeint ist der Abschiebeflug - , wird in der neuen fachärztlichen Stellungnahme ausdrücklich verneint. Frau Dr. Gisela Penteker als Tuerkeibeauftragte des Vorstandes der IPPNW hat in einer Stellungnahme vom 17.07.05 darauf verwiesen, dasz auch eine lueckenlose aertzliche Betreuung , einen verzweifelten und depresziven Menschen nicht mit Gewiszheit vom Selbstmord abhalten koenne. Die Verantwortung hierfuer truege dann die Auslaenderbehoerde. Die an der Durchfuehrung einer derartigen Abschiebung beteiligten Ärzte stellten sich außerhalb der aerztlichen Standesordnung und Ethik. Das sei - so Dr. Penteker -auch vom diesjaehrigen Deutschen Ärztetag erneut bekräftigt worden. Um 11 Uhr fanden sich heute Vormittag vor dem Goettinger Verwaltungsgericht anläßlich der anstehenden Entscheidung erneut ca. 40 UnterstützerInnen zu einer zweistündigen Mahnwache für ein Bleiberecht der gesamten Familie Saado ein. Auch die Ehefrau und einige der Kinder waren anwesend, um Neues über die Gerichtsentscheidung zu erfahren. (Auszüge aus der Presseerklärung, die vollständig bei http://www.abschiebemaschinerie-stoppen.de/ nachzulesen ist)

Kundgebung am Mittwoch den 13.07.05 "Zur Sitzung des Kreistags fordern wir: Bleiberecht fuer Ahmed Saado!" Beginn um 14.30 vor dem Neuen Rathaus, Hiroshimaplatz

Demonstration durch die Innenstadt
9.7.05. / Demonstration am Samstag 9.7.05 Beginn um 12 Uhr am Marktplatz / Altes Rathaus
Polizeibericht 11.7.05 : "Göttingen (jk) - Unter dem Motto "Bleiberecht - Gleiche Rechte für alle" haben heute Mittag rund 150 Menschen vornehmlich der sog. Linken Szene u. a. gegen die Abschiebepolitik und die geplante Abschiebung eines am 8. Juni 2005 in Ossenfeld bei Dransfeld (Kreis Göttingen) festgenommenen Mannes demonstriert. Nach einer kurzen Auftaktkundgebung vor dem Alten Rathaus bewegte sich der Aufzug ab ca. 12.00 Uhr auf dem vom Ordnungsamt genehmigten Weg durch die Innenstadt. Unterbrochen von mehreren Redebeiträgen und kurzen Zwischenhalts endete die friedliche Demonstration gegen 14.00 Uhr am ursprünglichen Ausgangspunkt. Die polizeilichen Maßnahmen beschränkten sich auf die Verkehrsregelung."

Hungerstreik abgebrochen
EMail an die Redaktion vom 6.7.05.: "Liebe goests, bitte setzt auf Eure Saado-Seite einen kurzen Hinweis darauf, dass Ahmed Saado sich vor einigen Tagen entschlossen hat, wieder Nahrung zu sich zu nehmen, sich also NICHT im Hungerstreik befindet. Das Dementi hierzu ist leider untergegangen. Liebe Grüße " (Da diese Mail nicht vom AK Asyl sondern von einem unbekannten Absender kam geben wir sie einfach als eine Nachricht mit diesem Hinweis hier weiter.
8.7.: Bestätigt durch AK Asyl "der hinweis mit dem hungerstreik ist wohl richtig, vor einigen tagen erreichte uns die nachricht, dass ahmed wieder nahrung zu sich nimmt. wir haben jetzt in einem infobrief darueber informiert."

Haft verlaengert Abschiebeversuch auf 15.7. verschoben
6.7.05 / Das Amtsgericht Hannover hat gestern in einem neuen Haftbeschluss die Abschiebehaft fuer Ahmed Saado um weitere 8 Wochen verlaengert. Der 43jaehrige Familienvater wurde gerstern erneut in erniedrigender Weise dem Haftrichter vorgefuehrt: in Hand- und Fussfesseln, begleitete von einem grossen Polizeiaufgebot. Saado sitzt seit seiner Verhaftung am 8.Juni in Abschiebehaft. Der aus dem Libanon stammende Buergerkriegsfluechtling soll ab dem 15. Juni in die Tuerkei abgeschoben werden.
Familienmitglieder bekommen Bußgelder
Drei Familienangehoerige Saados, seine Frau und drei Soehne haben ein Bussgeldverfahren angehaengt bekommen, Sie wurden am Samstag zu einem fuer 12 Uhr vereinbarten Termin nicht in den Besuchsraum gelassen. Als sie Ahmed in einem Fenster der Anstalt erblickten, haben sie sich kurze Zeit durch Zeichen und Zurufe verstaendigt. "Sie haben sich unbefugt mit einem Gefangenen, der sich innerhalb einer Vollzugsanstalt befindet, von aussen durch Worte oder Zeichen verstaendigt" lautet der absurde Vorwurf im Bussgeldschreiben. Mittlerweile der dritte gescheiterte Versuch der Familie, den Vater zu treffen. Am Samstag wollen UnterstuetzerInnen, Fluechtlinge und antirassistsiche Initiativen in Goettingen gegen die rassistische Behandlungen von Fluechtlingen in Goettingen demonstrieren. (...)

5.7.05 Presseerklaerung Niedersaechsischer Fluechtlingsrat e. V.
(..) Der zustaendige JVA-Arzt hat zuletzt vor einigen Tagen die Suizidgefaehrdung Saados festgestellt und von einer Abschiebung abgeraten. Der Landkreis Goettingen haelt jedoch an der Abschiebung fest und plant, Saado, der kein Wort tuerkisch spricht, nach aerztlich begleiteter Abschiebung in eine geschlossene psychiatrische Anstalt der Tuerkei zwangseinweisen zu lassen. Ein erstmaliger und menschenverachtender Vorgang der deutschen Abschiebungspraxis.
"Es ist das erste Mal ueberhaupt, dass uns ein solches Vorgehen der Behoerden bekannt geworden ist", so die Aerztin Dr. Gisela Penteker, die im Rahmen einer Delegation der IPPNW regelmaessig die Tuerkei bereist, zuletzt im Mai dieses Jahres. "Durch die bevorstehende Trennung der Familie und die Sicherheitsverwahrung in der Tuerkei wird sich die Situation Saados in Zukunft weiter verschlechtern. Dies ist eine ernsthafte Bedrohung seines Gesundheitszustandes, der mit aerztlicher Verantwortung nicht zu vereinbaren und eines Rechtsstaates nicht wuerdig ist", so Dr. Penteker weiter. "Die Situation der psychiatrischen Versorgung in der Tuerkei ist im uebrigen besorgniserregend, eine angemessene Behandlung wird dort nicht stattfinden koennen." Ahmed Saado verweigert aus Protest seit dem 29.6. die Aufnahme von Nahrung.
Der Fluechtlingsrat Niedersachsen fordert eine Bleiberechtsregelung fuer die Familie, die seit 20 Jahren in Deutschland lebt. Herr Saado hat bereits als Kleinkind die Tuerkei verlassen und wurde im Libanon als Vollwaise adoptiert, von dort ist die Familie waehrend des Krieges 1985 gefluechtet. (...)

27.7.05 : Ahmed Saado seit 27.6.05 im Hungerstreik
Ahmed Saado bleibt vorerst in Abschiebehaft in Hannover Langenhagen. Waehrend des Haftpruefungstermins hat Ahmed Saado verkuendet, dass er ab heute in den Hungerstreik geht - aus Protest und als Kampf gegen die moeglicherweise bevorstehende Abschiebung in die Tuerkei.
Etwa 30 UnterstuetzerInnen Ahmeds hielten waehrend des Gerichtstermins eine Kundgebung am Landgericht ab. Abermals war viel Polizei dabei im Einsatz: mehrere Dutzend Beamte belagerten die Kundgebung und das entfernter liegende Kreishaus.
In den kommenden Tagen steht nun die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ueber den Eilantrag gegen die Abschiebung von Ahmed Saado an. Zuletzt war die Entscheidung am Freitag auf Betreiben des Landkreises vertagt worden. Alle Zeichen sprachen fuer einen Stopp der Abschiebung durch das VG nachdem der JVA-Arzt selbst sich gegen die Abschiebung ausgesprochen hatte wegen der erhoehten Suizidgefahr von Ahmed Saado.
Die Auslaenderbehoerde reagierte nun auf die unabweisbaren Diagnosen mit der Ankuendigung, fuer eine Abschiebung mit aerztlicher und "Sicherheits"- Begleitung zu sorgen. Der Suzizidgefaehrdung will die Auslaenderbehoerde mit der Einweisung in eine geschlossene psychiatrische Anstalt in der Tuerkei (!) begegnen.

24.6.05 Abschiebung ist ausgesetzt Auslaenderbehoerde besteht weiter auf Ausreise
24.6.05 -- 16 Uhr // Achmed ist weiter in Haft, Abschiebung in aerztlicher Begleitung geplant,die Ausländerbehörde des Landkreises hat heute dem Verwaltungsgericht mitgeteilt, dass die Abschiebung für die naechsten drei Wochen ausgesetzt ist. Ahmed Saado ist allerdings weiter in Haft. Am Montag um 9.30 wird im Landgericht Goettingen ueber die Haftbeschwerde der Anwaeltin verhandelt.
Mit diesem Schritt wird das Eilverfahren durch den Landkreis weiter herausgezoegert. In der gewonnen Zeit soll, so dass Schreiben, "eine Begleitung durch einen noch konkret zu benennenden Arzt waehrend der Abschiebung sowie medizinische Betreuung ueber einen angemessen Zeitraum bei der Ankunft im Abschiebungszielstaat Tuerkei durch einen ebenfalls noch konkret zu benennenden Arzt" organisiert werden. Damit reagiert der Landkreis auf die Stellungnahmen der JVA-Aerzte, die nach einem Zusammenbruch Saados seine Suizidgefaehrdung erneut bescheinigt und von einer Abschiebung abgeraten hatten.
24.6.05 --- 11 Uhr // Die für den 24.6. Entscheidung ueber den Eilantrag gegen die Abschiebung von Ahmed Saado ist auf auf Anfang naechster Woche vertagt worden. Ahmed Saado hat in der Abschiebehaft vor zwei Tagen einen Zusammenbruch erlitten und der Anstaltsarzt hatte sich aufgrund der Suizidgefahr gegen die Abschiebung ausgesprochen. Die Auslaenderbehoerde des Landkreises hat die Entscheidung verschoben aber behauptet, fuer Ahmed Saado bestehe keine Gefahr, da er in der Tuerkei behandelt werden koenne. Angesichts der Berichte ueber die Moeglichkeiten der medizinischen Versorgung in der Tuerkei ist diese Argumentation blanker Zynismus. Der IPPNW und selbst das Generalkonsulat der BRD in Istanbul haben in der Vergangenheit die schlechten Behandlungsmoeglichkeiten und den erschwerten Zugang zum Gesundheitssystem in der Tuerkei dokumentiert. Vor dem Verwaltungsgericht hatten sich heute Vormittag 40 UnterstuetzerInnen versammelt. Nachdem der Aufschub bekannt wurde zog eine Spontandemonstration durch die Innenstadt zum Kreishaus.

23.6.05 Polizeibericht zur Protestaktion am Landkreis Göttingen
"Rund 25 mit Trommeln, Trillerpfeifen und themenbezogenen Transparenten ausgerüstete deutsche und ausländische Mitbürger haben heute Nachmittag gegen 15.00 Uhr das Landkreisgebäude an der Reinhäuser Landstraße betreten und ihren Unmut gegen die geplante Abschiebung des am 08.06.05 in Ossenfeld (Kreis Göttingen) von der Polizei festgenommenen Mannes kundgetan(...). Nach Angaben eines Verantwortlichen schlugen die Demonstranten u. a. gegen die Türen und verteilten Flugblätter. Zu Sachbeschädigungen kam es nicht. Nach knapp fünf Minuten verließ die Personengruppe das Gebäude wieder und löste sich anschließend auf. "

23.6.05 Presseinfo AK Asyl
Ahmed Saado ist noch immer in Abschiebehaft. Seit gestern hat sich seine gesundheitliche Situation weiter verschlechtert. Nach mehreren Aufschueben steht nach Informationen des Verwaltungsgerichts am Freitag den 24.6. die Entscheidung ueber den Eilantrag gegen die Abschiebung des 43jaehrigen Familienvaters aus Ossenfeld an. Aus diesem Anlass ruft der Unterstuetzungskreis fuer 11 Uhr zu einer Kundgebung vor dem Verwaltungsgericht auf.
Die Anwaeltin Saados verweist in dem Eilantrag v.a. auf die gesundheitliche Situation Saados und den Schutz der Familie vor einer Trennung durch die Abschiebung. Seit einem Zusammenbruch gestern befindet sich Ahmed Saado unter aerztlicher Beobachtung in der Abschiebehaftanstalt Hannover. Sein gesundheitlicher Zustand hat sich seit der Verhaftung am 8. Juni zunehmend verschlechtert. Sollte der Landkreis Goettingen nach einer entsprechenden Entscheidung dennoch versuchen, Ahmed Saado in die Tuerkei abzuschieben, wollen AbschiebegegnerInnen an Flughaefen versuchen, die Abschiebung zu verhindern.

20.6.05 Weitere Proteste
40 AbschiebegegnerInnen haben heute Morgen vor dem Göttinger Verwaltungsgericht gegen die Abschiebung von Ahmed Saado protestiert. In dieser Woche entscheidet das VG ueber den Eilantrag der die Abschiebung von Ahmed Saado verhindern soll. Dem Vize-Praesidenten des Gerichts wurden heute Berichte und Stellungnahmen zur Situation libanesischer Buergerkriegsfluechtlinge uebergeben. Die UnterstuetzerInnen appellieren in einem ueberbrachten Schreiben an die RichterInnen des VG: "Nehmen Sie Ihre Verantwortung so wahr, dass die von ihrer Entscheidung unmittelbar Betroffenen an Leib und Leben keinen Schaden nehmen."

  • Dienstag, 21.6. Kundgebung vor dem Goettinger Verwaltungsgericht, Beginn um 11 Uhr
  • Am Tag des moeglichen Abschiebeversuchs wollen antirassistische Initiativen aus Goettingen und anderen Staedten die Abschiebung mit Protesten verhindern.
  • Fuer den Tag nach dem naechsten Abschiebeversuch ruft der Unterstuetzungskreis auf zur Demonstration Goettingen: Tag x +1 , Beginn um 16.30 am Alten Rathaus.

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Demonstration gegen Abschiebungsversuch
Der Arbeitskreis Asyl hatte für Donnerstag, 16.6. um 16.30 am Alten Rathaus zur Demonstration „Fuer die Freilassung von Ahmed Saado und den Stopp aller Abschiebungen!“ aufgerufen.
Und es kam eine beeindruckende Zahl von Menschen um gegen die schlimmen, menschenverachtenden Abschiebungen zu protestieren. 450 bis zeitweise 600 Leute dürften es gewesen sein.

16.6.05 / Siehe verschiedene Pressererklärungen zu den aktuellen Vorgängen , die goest-Seite über Bleiberecht und Informationen über die laufenden Ereignisse unter http://www.abschiebemaschinerie-stoppen.de/


Protestzug gegen Abschiebungen auf der Berliner Straße / Göttingen, 16.6.05

Bei den Polizeieinsätzen gegen die Familie Saado in Ossenfeld bei Göttingen wurde der kranke Vater aus der Familie herausgerissen und in Abschiebehaft gebracht. Als sich sein Enkel von ihm verabschieden wollte, so ein Augenzeuge, wurde ihm das verwehrt, daraufhin seien einige Familienmitglieder durchgedreht deren Nerven blank lagen.
Ein Sohn von Ahmed Saado sparch am Ende auch noch einmal über Mikro: "Jungs macht weiter so - ich liebe Euch - es ist so toll was ihr für uns macht" (wir nehmen mal an dass er eigentlich auch anerkennt was Frauen machen)
Während des Demozuges kam es zu Szenen, dass DemonstrantInnen Landsleute am Straßenrand entdeckten, ihnen zuwinkten, die zunächst lachten und zögerten, dann aber mit in die Demo hinein kamen und mitgingen.


Transparent von Angehörigen - Das Wasser löscht das Feuer - Mein Vater löscht unsere Tränen.

Die durch Härte provozierte Eskalation führte dann zu Szenen, die ein Kameramann festhielt und an die Medien weiterleitete. Den Fernsehzuschauern wurde dann Material präsentiert, das rassistische Vorurteile bedient um das Meinungsklima abschiebungsfreundlich zu machen. Wer näher die menschlichen Tragödien rund um die Abschiebungen mitbekommt würde nämlich mit großer Wahrscheinlichkeit auf den nächsten Protestdemonstrationen mit dabei sein.

Ein Redner meinte, bei den Vorgängen in Ossenfeld hätten die meisten anderen Menschen auch durchgedreht. Wenn danach bei den Verantwortlichen im Landkreis, Grüne und CDU bilden dort eine Koalition - protestiert wird, dann sollten sich die Grünen auf die Seite des Protestes stellen und nicht wie geschehen auch noch die BesucherInnen ihres Büros mit Strafanzeigen überziehen.

 


Kundgebungshalt der Demonstration am Weender Tor

Polizeibericht zu Demo bemüht um friedliche Darstellung
"Göttingen (ots) - Göttingen, Innenstadt Donnerstag, 16. Juni 2005, 17.00 bis 19.15 Uhr Göttingen (jk) - Rund 600 Menschen jeden Alters und verschiedener Nationalitäten haben heute Nachmittag in der Göttinger Innenstadt u. a. gegen die geplante Abschiebung eines am 08.06.05 in Ossenfeld (Kreis Göttingen) von der Polizei festgenommen Mannes (siehe unsere Pressemitteilungen Nr.421 vom 08.06., 433 und 434 vom 09.06. und 448 vom 15.06.05) demonstriert. Zu der Kundgebung hatte der Arbeitskreis Asyl unter Motto "Verhindern wir die Abschiebung von Ahmed Saado ! Kein Mensch ist illegal ! Wer bleiben will soll bleiben" aufgerufen. Nach der Auftaktkundgebung auf dem Marktplatz bewegte sich der Aufzug unter Mitführung themenbezogener Transparente durch mehrere Straßen der Innenstadt. Die vollkommen friedliche Veranstaltung endete gegen 19.25 Uhr wiederum auf dem Marktplatz mit diversen Redebeiträgen u. a. auch vom "Studienverein Aktive Uni" zum Thema Studiengebühren und dem "Paritätischen Wohlfahrtsverband" zur Abschiebepolitik. Die polizeilichen Maßnahmen beschränkten sich auf Verkehrsregelung und Begleitung des Aufzuges. Größere Verkehrsbehinderungen blieben aus."

Unvermummte kann man besser filmen....
Diese Darstellung wäre allerdings um einiges zu ergänzen: es gab eine massive Polizeipräsenz in der gesamten Innenstadt mit dem Versuch, deeskalierend die Präsenz in den Seitenstraßen zu halten. Offensichtlich merkt man bei den Führungsgremien der Polizei,, dass das die Empörung über die Abschiebungen durchaus eskalieren könnten. In dieser Situation ein Ausufern einer Protestdemonstration zu provozieren wollte man offensichtlich vermeiden. Allerdings hat die permanente Begleitung einer Demonstration durch Polizeikolonnen und das ständige Film- und Fotodokumentieren der teilnehmenden Personen zum Unmut seitens der DemonstrantInnen geführt und vom Lautsprecherwagen aus wurde am Carreé die Polizei aufgefordert, das ständige Filmen zu unterlassen.


Präsenz in den Seitenstraßen, hier z.B. Jüdenstraße, genauso sah es in einigen anderen Straßen aus.


Polizei in Kampfanzügen und nach der Durchsetzung des "Vermummungsverbotes" hemmungsloses Ablichten und Portraitaufnahmen mit Fotopparaten und kleinen Videokameras. Wenn man die PolizistInnen zurückfotografiert reagieren sie empfindlich: "Sie dürfen keine Portraitaufnahmen machen" und verweisen auf das Recht am eigenen Bild usw. .

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Dokumentation des Schreibens an das Verwaltungsgericht

Anschreiben an das Goettinger Verwaltungsgericht, 20.6.2005

Sehr geehrte Frau Praesidentin des Verwaltungsgerichtes Goettingen, sehr geehrte Richterinnen und Richter,
wir als Buergerinnen und Buerger der Stadt und des Landkreises Goettingen fuerchten um Gesundheit und Leben von Herrn Ahmed Saado und seiner Familienangehoerigen, alle seit vielen Jahren beheimatet in Ossenfeld im Landkreis Goettingen. Angesichts der von den Vollzugsorganen - unter unseres Erachtens nach skandaloesen, mindestens aber fragwuerdigen Umstaenden - in die Wege geleiteten Inhaftnahme des Herrn Saado zum Zwecke seiner Abschiebung in die Tuerkei moechten wir unserer Besorgnis Ausdruck verleihen, dass hier ein nicht wiedergutzumachendes Unrecht sich anbahnt bzw. geschaffen wird.
Um Ihnen die Hintergruende unserer Besorgnis zu verdeutlichen, moechten wir Ihnen einige Materialien uebergeben. Diese koennen der Richter-/innenschaft die Entscheidungsfindung vielleicht nicht erleichtern, in unseren Augen aber dazu beitragen, bislang wenig beleuchtete Perspektiven auf diesen wie auch aehnlich gelagerte Faelle zu erwaegen. Hierbei handelt es sich im einzelnen, um

1. das "Gutachten zur Situation arabisch-staemmiger Bewohner der Provinz Mardin" vom Referenten des Hamburger Orient-Institutes Herrn Helmut Oberdiek. Aus diesem Text vom 13. Januar 2001 geht hervor, dass abgeschobene Fluechtlinge aus der arabisch-sprachigen Bevoelkerungsgruppe der "Mahalmi", zu der auch Herr Ahmed Saado zaehlt, in ihrer ehemaligen Stammprovinz Mardin praktisch keine Existenz begruenden koennen. "Ein Leben auf dem Land scheint demnach fuer die ‚Araber’ aus Mardin, die erst in den Libanon und dann nach Europa flohen, ausgeschlossen zu sein, da sie, selbst wenn ihre Vorfahren ueber Landbesitz verfuegten, dieses mittlerweile von anderen Personen ‚beschlagnahmt’ worden sein duerfte." (Gutachten Oberdiek, letztes Blatt, unpag.).

2. den Untersuchungsbericht "Staatenlose Kurden aus dem Libanon oder tuerkische Staatsangehoerige?" von RA Herrn Heinrich Freckmann und dem Mitarbeiter des Landkreises Hildesheim Herrn Juergen Kalmbach. In diesem Bericht vom 20. April 2001 wird detailliert dargelegt, welchen prekaeren bzw. widerspruechlichen Status die Gruppenangehoerigen der "Mahalmi" in staatsbuergerrechtlicher Hinsicht in der Tuerkei bzw. dem Libanon haben.

3. den Bericht der unabhaengigen Kommission "Abschiebung kranker Fluechtlinge und ethische Verantwortung". In diesem im Juni 2005 veroeffentlichten Text wird von der interdisziplinaer besetzten Kommission (zu deren Zusammensetzung vgl. Bericht, S. 6) festgestellt, dass mit der Unversehrtheit und Integritaet von Fluechtlingen auch die Grundlagen unserer Rechtsordnung auf dem Spiel stehen (vgl. ebd., S. 4). Insbesondere formulieren die Autor/-innen: "Nach dem Verstaendnis des Grundgesetzes muss das positive Recht darum immer wieder dem Anspruch des jeweiligen Grundrechts ausgesetzt werden [gemeint ist hier das Recht auf Leben, worunter die Autor-/innen auch die Unversehrtheit des Leibes subsumieren], seine Anwendung und sein Vollzug muss grundrechtskonform geschehen. Hierfuer haben alle Verantwortung zu uebernehmen, weil alle Buergerinnen und Buerger nicht nur vor dem Gesetz, sondern auch fuer das Gesetz verantwortlich sind." (Bericht, S. 10; Hervorhebungen im Original; Einfuegung in eckigen Klammern: Verf.) In diesem Sinne halten wir es fuer geboten auf den Befund der Kommission hinzuweisen, dem zufolge es insbesondere bei traumatisierten Fluechtlingen aufgrund der grossen Gefahr fuer das Leben dieser Personen dringend erforderlich ist, fachaerztliche Stellungnahmen bzw. Gutachten einzuholen und diese in der Entscheidung dann auch entsprechend zu beruecksichtigen (vgl. Bericht, S. 18 ff., bes. 20, 22 ff.).

Abschliessend moechten wir unsere Auffassung zum Ausdruck bringen, dass es sich bei der Frage nach einem (humanitaeren) Bleiberecht fuer Fluechtlinge, insbesondere auch fuer jene, die seit Jahrzehnten in diesem Land leben, nicht um eine juristische, sondern um eine politische Frage handelt. Daher sind die Hauptadressat-/innen unseres Engagements die politischen Entscheidungstraeger/-innen bzw. die oeffentlichkeit, auf die letztere sich berufen. Angesichts der unmittelbar drohenden Gefahr fuer das Leben des Herrn Ahmed Saado und die Gesundheit seiner Familienangehoerigen, insbesondere die der minderjaehrigen Kinder, die aus einem Abschiebeversuch bzw. einer Abschiebung resultiert, halten wir es jedoch fuer geboten, uns nunmehr direkt an sie als die Verantwortlichen in der Jurisdiktion zu wenden. Die von uns gestellte Bitte und Aufforderung an Sie lautet: Nehmen Sie Ihre Verantwortung so wahr, dass die von ihrer Entscheidung unmittelbar Betroffenen an Leib und Leben keinen Schaden nehmen.
Mit freundlichen Gruessen ....

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