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Erinnerungskultur / Geschichtsvermittlung

Erinnerungspunkte des Naziterrors unter Hitler in Göttingen
Zukünftige Medien der Geschichtsvermittlung
Holocaust-Forschung – Universitätsbibliothek koordiniert Forschungsprojekte
Gedenken, Erinnern - Die Geschichte wach halten!"
„KZ-Geschäfte“ – Buchenwald, Mittelbau-Dora und die Außenlager
KZ-Gedenkstätte Moringen
Literatur: "Vergangenheitsbewirtschaftung"

> Geschichtswerkstatt
> Zwangsarbeit
> Zwangsarbeit Ausstellung
> Für eine neue regionale Gedenk - und Erinnerungskultur
> Deportationen
> Zug der Erinnerung
> 9. November
> Kriegsende in Göttingen 1945

 

Gedenkstein für den Widerstand vor ehemaligem Polizeigefängnis

4.5.17 / pressemitteilung Stadt / Der Gedenkstein zur ehrenden Erinnerung an den Widerstand gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft in Göttingen wird am Mittwoch, 17. Mai 2017, um 14.00 Uhr vor dem Thomas-Buergenthal-Haus am Johanniskirchhof enthüllt. In dem Haus, das heute von der Stadtbibliothek genutzt wird, befand sich früher das städtische Polizeigefängnis in dem die meisten Göttinger Mitglieder des NS-Widerstands inhaftiert waren. Zur Einweihung spricht die Göttinger Stadträtin Petra Broistedt, Dezernentin für Kultur und Soziales. Die Einführung hält Dr. Rainer Driever, der im Auftrag der Stadt die Geschichte des Widerstandes gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft in Göttingen erforscht hat (>>Abschlussbericht ). Der Ausschuss für Kultur und Wissenschaft der Stadt hat in seiner Sitzung am 25.August 2016 der Erarbeitung eines umfassenden Konzeptes zur Erinnerungskultur an die nationalsozialistische Gewaltherrschaft in Göttingen zugestimmt. Im Oktober vergangenen Jahres beschloss er, zum Gedenken an die Göttinger Bürgerinnen und Bürger, die aus politischen, weltanschaulichen, religiösen Gründen Widerstand gegen das NS-Regime geleistet haben, einen zentralen, in Form und Gestaltung dem Zwangsarbeiter-Denkmal vergleichbaren Gedenkstein vor dem Thomas-Buergenthal-Haus aufzustellen. Der Gedenkstein ist aus schwarzem, schwedischen Granit, hat die Abmessungen 220 x 80 x 25 Zentimeter und ein Gewicht von 2,5 Tonnen.

Seine Inschrift lautet: "Zum Gedenken an die Menschen, die zwischen 1933 und 1945 trotz aller Bedrohungen mutig Widerstand gegen das nationalsozialistische Unrechtsregime geleistet haben."

 

Erinnerung an das sogenannte „Judenhaus“

31.10.16 / nach einem Text der Uni-Pressestelle /
Eine weniger bekannte Praxis der Nationalsozialisten war die Einrichtung sogenannter „Judenhäuser“, von denen es auch einige in Göttingen gab. Hier wurden Menschen jüdischen Glaubens ab 1940 von Gestapo und Stadtverwaltung zwangsweise eingewiesen, nachdem sie aus ihren eigenen Wohnungen vertrieben worden waren. Eines der „Judenhäuser“ stand an der Weender Landstraße 26, wo heute ein Parkplatz der Universität Göttingen ist. 42 Menschen mussten hier unter schwierigsten Bedingungen leben. Die meisten wurden im Anschluss deportiert und ermordet. Zur Erinnerung an das Leiden seiner Bewohnerinnen und Bewohner errichten die Universität und die Stadt Göttingen an diesem Ort eine Gedenkstele. Die feierliche Enthüllung erfolgt am 6.11.16. / 14 Uhr

Nach der Begrüßung durch Universitätspräsidentin Prof. Dr. Ulrike Beisiegel stellen die Studierenden das Projekt vor. Grußworte sprechen Göttingens Oberbürgermeister Rolf Georg Köhler, die 1. Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Göttingen Jacqueline Jürgenliemk, die Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde für Göttingen und Südniedersachsen Eva Tichauer Moritz sowie Michael Fürst, Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden Niedersachsens.
Die Stele wurde auf Initiative von Göttinger Geschichtsstudierenden erstellt. Sie haben im vergangenen Jahr im Anschluss an ein Seminar bei dem Historiker Prof. Dr. Dirk Schumann

 

Gedenkstätte KZ Moringen

5.9.16 /
Am Tag des offenen Denkmals, 11.9.16 wird ein Rundgang über das ehemalige Lagergelände des KZ-Moringen angeboten. Auf der Grundlage historischer Dokumente und Interviews in Szene gesetzt und gespielt von stille hunde theaterproduktionen und Schüler_innen der KGSMoringen.
Im Mittelpunkt des szenischen Rundgangs steht der Gebäudekomplex des ehemaligen Konzentrationslagers Moringen. Das in der NS-Zeit als Kommandantur genutzte Gebäude wurde im 18. Jahrhundert als Waisenhaus errichtet. Im 19. Jahrhundert kam es zu baulichen Erweiterungen für ein Werk- und Arbeitshaus. Dies bestand bis 1944 fort, parallel zu den Konzentrationslagern, die in diesen Gebäuden zwischen 1933 und 1945 existierten. Bis 1951 wurden sie als DP-Camp genutzt. Heute befindet sich hier das Maßregelvollzugszentrum Moringen. Seit 1986 erinnert ein Gedenkraum in der ehemaligen Kommandantur an die Geschichte dieses Gebäudes. Der Verein Lagergemeinschaft und Gedenkstätte KZ Moringen e.V. betreibt seit 1993 die KZ-Gedenkstätte Moringen, die diese Geschichte erforscht und dokumentiert und im Rahmen ihrer Bildungsarbeit vermittelt. Eine Kooperation der KZ-Gedenkstätte Moringen mit stille hunde theaterproduktionen und der KGS Moringen. Der Rundgang wird geführt von Arne Droldner. Treffpunkt: Ehemaliges Kommandanturgebäude, Lange Str. 32 Beginn: 11.00, Einlass ab 10.30 Uhr. Um eine rechtzeitige Anmeldung wird gebeten: 05554/2520, info@gedenkstaette-moringen.de

 

Göttinger Orte der Erinnerung an den Naziterror unter Hitler

Volksheim im Maschmühlenweg

Hintergrundinformationen (Auszüge) der VeranstalterInnen Bündnisses - "Gedenken, Erinnern - Die Geschichte wach halten!" zu Gedenkveranstaltungen am 2. Mai

(...) 2. Mai 1933: Der Göttinger SA-Sturm 1/82 stürmte das Gewerkschaftshaus "Volksheim" im Maschmühlenweg, verhaftete und verhörte die anwesenden Gewerkschafter. Dabei, so das Göttinger Tageblatt (GT) vom 4. Mai 1933, musste der SA-Sturmführer Lange "mehrmals das schwache Moskauer Gedächtnis etwas nach deutscher Art aufrütteln". 3. Mai 1933: Fahnen und Transparente der Gewerkschaften wurden in einer Aktion vor dem Lokal "Feuerriegel" in der Groner-Tor-Str. "feierlich verbrannt"(Zitat GT) 5. und 6. Mai 1933: Der SA-Sturm verschleppt sechs Gewerkschafter und Sozialdemokraten ins Gewerkschaftshaus, um sie im Keller mit Ochsenziemern zu misshandeln. Theodor Bernhardt, Geschäftsführer des Einheitsverbandes der Eisenbahner Deutschlands, schwebte tagelang in Lebensgefahr. Mit den Gewerkschaften wurden zugleich die Gewerkschaftszeitungen verboten und das gesamte soziale Leben der Arbeiterbewegung, die zahlreichen Arbeitersport- und Kulturvereine, zerschlagen. So in Göttingen der "Arbeiter-Ballspielverein Wacker" oder der Arbeiterradverein "Stern". Das Volksheim wurde zum "Haus der deutschen Arbeit" zweckentfremdet. Am 10.Mai trat an die Stelle der Gewerkschaften die "Deutsche Arbeitsfront" (DAF). (...) Am 2. Mai 2013 wollen die Gewerkschaften des DGB an diesen folgenschweren Tag und seine Lehren erinnern.


Gewerkschaftshaus "Volksheim" im Maschmühlenweg / Postkarte

das 1933 von SA-Trupps besetzt wurde. Gewerkschafter und Sozialdemokraten wurden dabei schwer misshandelt:


Gedenkstein "Volksheim" der Gewerkschaften, 2005

Gedenkstein für das ehemalige Volksheim der Gewerkschaften im Maschmühlenweg Nähe Idunazentrum

Gedenkstätte die an die Zerstörung des Gewerkschaftshauses durch die Nazis erinnert.



April 2013
Irgendjemand hat Mülltüten auf der Gedenkstätte entleert, Zufall?
Jedenfalls unterträglich, wenn man daran denkt was die Nazis an dieser Stelle Menschen zugefügt haben. .

 

Am 2. Mai
fand eine Erinnerungskundgebung an diesem Denkmal statt. Der Müll wurde entfernt und von SPD , Partei DieLinke und DKP wurden Blumengebinde niedergelegt.


Platte mit Inschrift des Gedenksteins

Aufschrift der Platte auf dem Gedenkstein:

"Hier stand das Gewerkschaftshaus "Volksheim" Zentrum der Göttinger Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik
1933 wurde es von den Nazionalsozialisten beschlagnahmt, im II Weltkrieg zerstört. Seine Geschichte mahnt gegen Faschismus und Krieg
1 Mai 1990

 

Erinnerung an Zwangsarbeit in Göttingen

>Zwangsarbeit

Der Gedenkstein der auf öffentlichem Gelände neben dem Arbeitsamt aufgestellt ist wurde zur Häfte von der Stadt und zur anderen Hälfte durch Spenden finanziert.
Dabei beiteiligten sich auch einige der heutigen Firmeninhaber der Firmen, bei denen damals ZwangsarbeiterInnen beschäftigt waren. Aber z.B. Cron&Lanz reagierte nicht auf entsprechende Spendenbitten.

 

Theaterplatz

Im März 1933 hatten die Nationalsozialisten die Macht in Deutschland übernommen, und 63,7% derjenigen Göttinger, die zur Wahl gegangen waren, hatten ihre Stimme der NSDAP gegeben. Am 24. März wurde der Theaterplatz in Adolf-Hitler-Platz umbenannt


Theaterplatz im Nationalsozialismus, Kundgebung

Der Theaterplatz in Göttingen während der Herrschaft der Nationalsozialisten 1933-45 bei einer Kundgebung - in der Reihe sichtbar Personen in SA-Uniform, BDM-Uniform, Militär.

Am Theater: Hakenkreuzbeflaggung.

.

Bildquelle:
> Städtisches Museum


Theaterplatz, Aufnahme am 8.10.05

Der Theaterplatz wie er heutzutage aussieht

Stolpersteinverlegung

2016

12.2.16, 14 Uhr Verlegung von 11 weiteren Stolpersteinen zum Gedenken an Opfer der Verfolgung,

Bei zwei Adressen schließlich geht es um zwei Brüder Meyerstein und ihre Familien: In der Roten Straße 16 um Familie Siegfried Meyerstein, in der Oberen Masch 10 um Familie Hugo Meyerstein.

Rote Str. 16: Meyerstein, Siegfried & Rosa, Sohn Herbert und Schwägerin Johanna Gans

Obere Masch 10: Asser, Cäsar & Fanny (Großeltern, vgl. Papendiek) Meyerstein, Hugo & Paula und Söhne Georg und Ludwig,

Weender Ldstr. 5b: Else Kaufmann

 

2015

18.3.15 / RoVo // Durch einen Ratsbeschluss im September 2013 folgte aufgrund von Kontroversen um die Verlegung seit 2002 erst jetzt 2015 die erste Verlegung von „Stolpersteinen“ im öffentlichen Raum. Göttingen war lange Zeit zusammen mit München die letzte größere deutsche Stadt, in der noch keine „Stolpersteine“ im öffentlichen Raum verlegt worden waren. Die Entscheidung war möglich geworden durch den Kompromiß, dass eine Verlegung nur mit Zustimmung von Angehörigen bzw. Nachfahren erfolgen dürfe. Dieser Kompromiß wirkt sich nachteilig in Bezug auf eine Erinnerung an Personen aus, von denen keine Angehörigen oder Nachkommen leben.

Geplant sind Verlegungen vor dem Gebäude in der Groner Straße 9 und nachfolgend vor den Gebäuden Papendieck 26 und Weender Landstraße 12 von insgesamt zehn „Stolpersteine“ für die Familien Katz und Asser sowie den Maler Herrmann Hirsch. Die am 17. März geplante Anzahl der zu verlegenden zehn „Stolpersteine“ wurde nach seiner Aussage vom Künstler vorgegeben. Eine von ihm sehr gewünschte Verlegung von „Stolpersteinen“ für die Eheleute Hahn werde zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Die Auswahl der Namen erfolgte durch eine Arbeitsgruppe mit Vertreter_innen der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit und des Geschichtsvereins Göttingen.
Museums und Stadtarchivleiter Dr. Böhme wies Ausschuss für Kultur und Wissenschaft am 19.2.15 darauf hin, dass eine Erinnerung durch Verlegung von „Stolpersteinen“ in Göttingen nicht nur für die jüdischen, sondern für alle Opfer des NS-Regimes vorgesehen sei


Verlegung von Stolpersteinen durch den Kölner Künstler Gunter Demnig 17.3.15, Groner Str. 9

Vier Stolpersteine für Leopold und Mathilde Katz, die 1942 in das Ghetto Warschau deportiert und dort ermordet wurden, sowie ihre beiden Kinder Rosa und Ludolf, die vor der Reichspogromnacht in die USA fliehen konnten, werden in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Göttingen e.V. (GCJZ) und der Stadt Göttingen verlegt.
Heiner J. Willen (GCJZ) Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Göttingen e.V. (GCJZ) sprach ein Grußwort , die Verlegung erfolgte durch den Kölner Künstler Gunter Demnig. Musikalisch begleitet wurde die Verlegung mit Musik von Yoko Teuteberg (Klarinette). Als Fortsetzung des Gedenkens an Ludolf Katz, nahm auch die Supporters Crew 05 e.V. aktiv an der Stolpersteinverlegung für die Familie Katz in der Groner Str. 9 in Göttingen teil.

Rabbiner-Gutachten für Stolpersteine
Wie das Gutachten eines Rabbiners (jetzt) besagt, gilt eine derartig strenge Auslegung der religiösen Gefühle des Judentums nur auf jüdischen Friedhöfen, den Orten der Ewigkeit für gläubige Juden. Im Öffentlichen Raum gilt auch für jüdische Gläubige Gedenken als Wert an sich. Mit den Stolpersteinen wird bewirkt, so der begutachtende Rabbiner, dass die Gedenkenden sich beugen müssen, um den Stolperstein anzusehen oder zu lesen. Diese Verbeugung vor den Opfern wertet der Gutachter als konform zu jüdischer Kultur und Glauben. Nachdem schon 50.000 Stolpersteine in Deutschland und Europa verlegt worden sind, kann nun auch die Stadt Göttingen Angehörigen oder Nachkommen jüdischer Mitbürger auf ihre Anfragen antworten: Ja, es ist auch in Göttingen möglich, Stolpersteine zu verlegen. 2013 hatte der Stadtrat den Beschluß gefasst. Erst jetzt am 17.3.15 sollen nun die ersten Stolpersteine verlegt werden:
--- In der Groner Str. 9, Familie Katz
--- Im Papendiek 26, Familie Asser und Bertha Fernich
--- Weender Tor Hermann Hirsch
Patenschaften für diese und später weitere Stolpersteine sind erwünscht.

Konservativen jüdischen Kultusgemeinde gegen Stolpersteine
Frau Charlotte Knoblauch, ehemalige Vorsitzende des Zentralrats der Juden (BRD) hat es mit ihrem Veto wirklich fertiggebracht, dass es in München (bis jetzt) keinen einzigen Stolperstein (von Gunter Demning) gibt. In Göttingen hat Frau Tichauer-Moritz im Jahr 2000 mit einer "Sitzungssprengung" dafür gesorgt, dass , wegen des Einspruchs der Jüdischen Kultusgemeinde , keine Stolpersteine im öffentlichen Raum verlegt worden sind. "Keine jüdischen Symbole mit Füssen treten"! So könnte das zu tolerierende Gefühl der konservativ-jüdisch-gläubigen Menschen heissen. Und es wurde geachtet!

 

2012: Erster Göttinger Stolperstein auf einem Privatgrundtsück in der Bühlstraße
Zur Erinnerung an Hedwig Steinberg

28.5.12 / Am Samstag, dem 26. Mai 2012, verlegte der Kölner Künstler Gunter Demnig den ersten Göttinger Stolperstein auf einem Privatgrundstück.


Der Kölner Künstler Gunter Demnig

Stolperstein - Göttingen, Bühlstr. 4,
Der vollständige Text lautet: "HIER WOHNTE HEDWIG STEINBERG JG. 1867 DEPORTIERT 1942 THERESIENSTADT MINSK ???"

Anmerkung goest: Es gibt einen Eintrag in der >>Opferdatenbank, dort steht:
Geboren 13. 06. 1867 Letzte Wohnadresse vor Deportation: Göttingen Transport VIII/1, c (. 78 (24.07.1942 Hannover -> Terezín) Transport Br, c (. 707 (26.09.1942 Terezín -> Treblinka) Ermordet

Der gemeinsamen Initiative von christlich-jüdischer Gesellschaft und Bonifatiusschule Göttingen ging ein einstimmiger Beschluss der jetzigen Haus- und Eigentümergemeinschaft Bühlstraße 4 voraus, die den Wunsch hatte, an die frühere Bewohnerin und Eigentümerin der Immobilie, Hedwig Steinberg, zu erinnern.
Mit Unterstützung beider begaben sich die Schülerinnen und Schüler der Klasse 10 R 1 der Bonifatiusschule auf Spurensuche: Die Klasse widmete dem Thema "Judentum in Stadt und Landkreis Göttingen" eine ganze Projektwoche, unternahm Exkursionen und Recherchen, besuchte das Duderstädter Stolpersteine-Projekt und fand noch eine hochbetagte Zeitzeugin, die damals zusammen mit dem Ehepaar Steinberg im Haus gewohnt und deren tragisches Ende selbst miterlebt hatte. Hedwig Steinberg war 1889 mit ihrem Ehemann, dem Rechtsanwalt Hugo Steinberg, nach Göttingen gekommen und wohnte seit 1915 in dem Dreiparteienhaus im unteren Ostviertel. Von dort wurde sie am 21. Juli 1942 deportiert, zunächst, wie viele andere Göttinger Jüdinnen und Juden, in das Sammellager Hannover-Ahlem, dann weiter nach Theresienstadt und schlussendlich nach Minsk, wo sich ihre Spur verliert. Sie gilt daher als verschollen, was auf dem Stolperstein mit drei eingravierten Fragezeichen angedeutet wird. (Nach einer Pressemitteilung der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Göttingen)

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Erinnerungspunkte

Erinnerungspunkte: ehemalige Häuser von Juden
in der Humboldtallee, Herzberger Landstraße, Bühlstraße und im Nikolausberger Weg, Rote Str. 28. An Häusern aus denen Juden von Nationalsozialisten vertrieben wurden dürfen heute ihre ideologischen Nachfahren wieder vorbeimarschieren.

Erinnerungspunkte: Auditorium und Albani
"Am Auditorium - das war der Ort der großen Nazikundgebung vor der Bücherverbrennung am 10. Mai 1933. Von dort ging die Nazi-Demo zur Bücherverbrennung auf dem Theaterplatz." (der Ort der Bücherverbrennung war der Albaniplatz an dem die Bücherverbrennung am 10.5.1933 erfolgte und der damals in Adolf-Hitlerplatz umbenannt wurde)

Erinnerungspunkt: Gedenktafel am Albaniplatz

Teil der Aufschrift der unten abgebildeten Gedenkplatte

Aufschrift:

"Wo man Bücher verbrennt verbrennt man auch am Ende Menschen"

(Heinrich Heine, 1821)
Bücherverbrennung
10. Mai 1933

19.3.33 beschloss die Stadt, Hitler das Ehrenbürgerrecht zu verleihen.

Am 1. April kam es, wie es in der Göttinger Chronik heißt, zwecks "Abwehr der wüsten, verleumderischen Hetze des internationalen Judentums" zu einem Boykott derjenigen Geschäfte, deren Besitzer jüdischen Glaubens waren.

In einer Pressemitteilung zur Ausstellung der Stadt Göttingen mit dem Titel "Und Euch zum Trotz" (Eröffnung am 10. Mai 2008) hieß es:
"Im Mai 1933 rief die nationalsozialistische Studentenschaft zu einer "Aktion wider den undeutschen Geist" auf, deren Höhepunkt in einer sorgfältig inszenierten öffentlichen Bücherverbrennung bestand. In 22 deutschen Städten wurden unzählige Werke missliebiger jüdischer, pazifistischer, sozialistischer und marxistischer Schriftstellerinnen und Schriftsteller von Studenten, Professoren und NS-Organisationen ins Feuer geworfen. Auch in Göttingen. "Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen", hatte Heinrich Heine, der ehemalige Göttinger Student aus jüdischer Familie, bereits im Jahre 1820 geschrieben. Schon Anfang 1933 kündigte sich an, dass die Nationalsozialisten diese Schreckensvision einlösen würden. Den Auftakt zur Bücherverbrennung vom 10. Mai lieferte eine Kundgebung im überfüllten Auditorium Maximum, die mit einer Rede des Universitätspräsidenten Friedrich Neumann begann. Danach formierte sich ein gewaltiger Fackelzug, der zum Adolf-Hitler-Platz zog, wo der "Berg von Unrat und Ungeist" bereits zu "Übermannshöhe" aufgetürmt war, um "verdienter Vernichtung" zu verfallen (Göttinger Tageblatt, 11. Mai 1933): die mit Benzin übergossenen Werke Erich Kästners, Heinrich Manns, Carl von Ossietzkys, Kurt Tucholskys und zahlloser weiterer Literaten. Unter dem Jubel einer gewaltigen Menschenmenge fand die Kundgebung "wider den undeutschen Geist" erst dann ihren Abschluss, nachdem die Bücher vieler der bedeutendsten Autoren der Welt zu Asche zerfallen waren."

 

 

 

Zukünftige Medien der Geschichtsvermittlung

9.4.13 / Text: "Verein zur Förderung antifaschistischer Kultur e.V."
Diskussionsveranstaltung zu zukünftigen Medien der Geschichtsvermittlung. Dabei diskutieren die Antifaschistische Linke International A.L.I. und der Autor und Publizist Bernd Langer (Berlin, Bad Lauterberg). Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr im Roten Zentrum, Lange-Geismar-Straße 2/3 in Göttingen. Bernd Langer hat zahlreiche Beiträge zur Regionalgeschichte des antifaschistischen Widerstands verfasst. "Haben wir alles richtig gemacht?" ist der Titel eines seiner Interviews mit Paul Grünewald. Grünewald bildete gemeinsam mit Karl Peix (aus Bad Lauterberg im Harz) und Walter Krämer eine Widerstandsgruppe im Krankenrevier des KZs Buchenwald. Peix und Krämer wurden 1941 von der SS ermordet. Paul Grünewald überlebte, weil er bereits 1940 aus dem KZ entlassen worden war. Im Januar 1994 führte Bernd Langer ein ausführliches Interview mit Paul Grünewald. Nachdenklich und selbstkritisch berichtet der antifaschistische Widerstandskämpfer darin von seinen Erfahrungen aus dem Lagerwiderstand in Buchenwald. Das Tondokument wurde für viele Jahre zur Seite gelegt, Paul Grünewald ist mittlerweile verstorben. Nun hat Bernd Langer das Interview technisch aufbereiten lassen und im Januar 2013 als Hör-CD herausgegeben. Während der Veranstaltung am 12. April 2013 in Göttingen stellt Bernd Langer Ausschnitte aus dem Interview vor. Am 14. April 2013 bietet unser Verein eine gemeinsame Busfahrt zur KZ-Gedenkstätte Buchenwald (bei Weimar) an. Dort findet die Gedenkveranstaltung IKBD anlässlich des 68. Jahrestages der Selbstbefreiung des Konzentrationslagers statt. Für TeilnehmerInnen der Göttinger Reisegruppe wird zudem eine Führung durch das Lager mit Dr. Ulrich Schneider (FIR, VVN-BdA) organisiert. Buskarten können im Roten Buchladen, Nikolaikirchhof 7 erworben werden. Bereits am 13. März war auf Einladung des Vereins zur Förderung antifaschistischer Kultur e.V. Lorenz Knorr zu Besuch in Göttingen. Der 91-jährige Zeitzeuge sprach vormittags vor 130 SchülerInnen und ihren LehrerInnen. Bei einer öffentliche Abendveranstaltung bezog der Antifaschist deutlich Stellung zu aktuellen Kriegen und Neofaschismus. Videointerviews und weitere biographische Informationen finden sich im Onlinearchiv des European Resistance Archive (ERA) www.resistance-archive.org

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Holocaust-Forschung – Universitätsbibliothek koordiniert Forschungsprojekte

10.7.13 / Uni-PM , gekürzt und redigiert / Die Rolle digitaler Infrastrukturen bei der Erforschung der Geschichte des Holocaust in Europa stand gestern im Mittelpunkt einer internationalen Konferenz in Berlin. Mehr als 300 Forscherinnen und Forscher diskutierten unter dem Titel „Public History of the Holocaust – Historical Research in the Digital Age“ die Möglichkeiten, die diese Infrastrukturen bieten, um die weltweit verstreuten Dokumente zur Geschichte des Holocaust zu sammeln, zu ordnen und der Forschung wie der Öffentlichkeit standortunabhängig zur Auswertung zur Verfügung zu stellen. So kann aus kleinen Puzzleteilen ein großes Bild entstehen, können Geschichten und Geschichte miteinander verwoben und damit auch die Erinnerung an den Holocaust und an einzelne seiner Opfer und ihr Schicksal wach gehalten werden.“ Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Konferenz wurde von den Forschungsprojekten EHRI (European Holocaust Research Infrastructure), DARIAH (Digital Research Infrastructure for the Arts and Humanities) und TextGrid – Virtuelle Forschungsumgebung für die Geisteswissenschaften organisiert. Die Projekte DARIAH und TextGrid werden vom BMBF gefördert. DARIAH wird darüber hinaus ebenso wie EHRI von der Europäischen Kommission unterstützt. Die Projektleitung des deutschen Teilprojekts von DARIAH, DARIAH-DE, und von TextGrid hat die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (SUB) inne. Als Verbundprojekte zum Aufbau von digitalen geistes- und kulturwissenschaftlichen Infrastrukturen unterstützen DARIAH-DE und TextGrid Forscherinnen und Forscher mithilfe neuer IT-gestützter Technologien. Leiterin der SUB-Abteilung Forschung und Entwicklung und Konsortialleiterin von DARIAH-DE und TextGrid ist Dr. Heike Neuroth

www.ehri-project.eu/drupal/public-history-holocaust zu finden,
www.ehri-project.eu,
www.dariah.eu
www.textgrid.de.

 

Gedenken, Erinnern - Die Geschichte wach halten!"

In einer Veranstaltungsreihe will ein Bündnis von zwölf Institutionen heute daran erinnern und gedenken, dass weder die faschistischen Taten noch deren Wirkung Themen der Vergangenheit sind. So wurde der 1. Mai 1933 zu einem "Tag der Nationalen Arbeit" zweckentfremdet. Am 2. Mai wurden die Gewerkschaftshäuser von den Nazis gestürmt und besetzt. Am 10. Mai 1933 versuchten die Nazis, durch die Bücherverbrennung die Werke von Autorinnen und Autoren auszulöschen. Erst durch den militärischen Sieg über das faschistische Deutschland im Zweiten Weltkrieg konnte diese zwölfjährige Schreckensherrschaft zerschlagen werden. Der 8. Mai 1945 steht als Symbol für den Sieg über den Faschismus, für die unzähligen Opfer, aber auch für den Widerstand von Außen und Innen. Mit einer Veranstaltungsreihe soll an die Jahrestagen dieser verschiedenen Ereignisse erinnert werden.

 

Wie KZ-Häftlinge in Buchenwald als Arbeitskräfte zu Tode geschunden wurden

Film
PM 24.1.2013 / Die beiden Konzentrationslager Buchenwald und Mittelbau-Dora bildeten ein weitverzweigtes System von Außenlagern, das sich weit über Thüringen hinaus erstreckte. Die Häftlinge an diesen insgesamt mehr als 150 Lagerstandorten mussten Zwangsarbeit für die deutsche Rüstungsindustrie leisten. Im Auftrag des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) hat sich die Filmemacherin Dr. Ute Gebhardt dieses lange vernachlässigten Themas angenommen. Dabei ist der Dokumentarfilm „KZ-Geschäfte. Buchenwald und die Außenlager” (2012) entstanden. Er macht deutlich, in welchem Ausmaß die Konzentrationslager mit ihrem System der Außenlager in die deutsche Gesellschaft eindrangen und wie stark viele Unternehmen von der menschenunwürdigen Ausbeutung von KZ-Häftlingen als billige Arbeitskräfte profitierten. Deren Zwangsarbeit war für sie ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Exemplarisch stellt Gebhardt in ihrem Film einzelne Außenlager vor, darunter Ellrich-Juliushütte und das Lager „Laura” im Thüringer Wald. Dort mussten die Insassen wie in „Dora“ Zwangsarbeit für die Produktion der „V2”-Raketen leisten. Vorgestellt werden ausgewählte Biografien von Tätern und Opfern, ebenso kommen Zeitzeugen und Historiker zu Wort. Zudem thematisiert der Film den gegenwärtigen Umgang mit diesen historischen Orten: Die meisten ehemaligen KZ-Außenlager sind heute aus dem öffentlichen Bewusstsein verbannt.

Mittelbau Dora

Hörbuch "...aber Dora war die Vollstreckung" , Hörbuch der Göttinger Journalistin Ingeborg Lüdtke
Bestellungen bei Rhein Mosel TV, C. D. Jentzsch, St. Bernhard Str. 14, 56070 Koblenz, Tel. 0261/82316 Preisinformation: € 12,90
Interviews mit ehemaligen Inhaftierten , Tonmaterial von der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora Infos wie damals Kinder die Zwangsarbeiter des KZ-Außenlagers Osterhagen bei Bad Sachsa beim Bau der Helmetalbahn beobachtet haben. Infos über den Dora-Prozess in Essen und die Strafen für die Täter. Das Feature eignet sich besonders gut für den Geschichtsunterricht in Schulen.
Das Hörbuch enthält u.a.:
Befreiung des KZ; allgemeine Informationen zur Geschichte, Ankunft und Behandlung der Häftlinge in Dora , Tagesablauf; Essen; Schlafstätte; Kleidung; medizinische Versorgung , Besuch im Stollen; Arbeit; Zustände im Stollen, Hilfeleistung durch einen Inhaftierten; Erhängungen; Widerstand; Arbeitsverweigerung, Wissen der Bevölkerung; Hilfeleistungen; Frauen, Bombardierung, Evakuierung; Befreiung; Gesundheit nach der Befreiung; Erinnerung eines Dorfbewohners ( Essener Dora Prozess; Strafen, Verarbeitung der KZ-Haft; Hassgefühle; Rückkehr an Ort des Leidens

> Sinti und Roma im KZ-Buchenwald

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KZ-Gedenkstätte Moringen

PM 4.4.13 /
Errichtung des KZ Moringen im April 1933 Im April 1933 errichteten die Nationalsozialisten im Zentrum der Kleinstadt Moringen eines ihrer ersten Konzentrationslager. Untergebracht war es in den Räumen des Landeswerkhauses. Das Gebäude war 1738 errichtet und diente zunächst als Waisenhaus, ab 1818 als Arbeitshaus. Die nach der "Verordnung zum Schutze von Volk und Staat" vom 28. Februar 1933 einsetzenden Massenverhaftungen führten rasch zur Überfüllung der Gefängnisse. Eine Lösung des Problems sahen die nationalsozialistischen Machthaber in der Errichtung von Sammellagern. Am 11. April 1933 traf die erste größere Gruppe von Häftlingen in Moringen ein. Die Häftlinge stammten zum Teil aus der Region und setzten sich aus "Schutzhäftlingen" aus dem Gerichts- und Polizeigefängnis Hannover sowie aus "Schutzhäftlingen" aus dem Landkreis Northeim und dem angrenzenden Kreis Uslar zusammen. Am Tag darauf folgte eine weitere Gruppe aus den Gerichtsgefängnissen in Hildesheim, Rinteln und Osterode. Auch die Moringer Zeitung berichtete über dieses Ereignis und lobte die wirtschaftliche Bedeutung der neuen Haftstätte für die Stadt Moringen: "Wie sehr auch an sich die Notwendigkeit der Inhaftierung dieser irregeleiteten Volksgenossen zu bedauern ist, so bedeutet doch ihre Überführung in das hiesige Werkhaus für unsere Stadt ein außerordentlicher wirtschaftlicher Gewinn, da, wie wir gehört haben, die Direktion nach Möglichkeit alle notwendig werdenden umfangreichen Aufträge der hiesigen Geschäftswelt zukommen lässt." Insgesamt waren in diesem frühen KZ ungefähr 1000 Personen inhaftiert, in der Regel Männer. Die Haftdauer konnte nur wenige Tage umfassen, aber auch mehrere Wochen, in einigen Fällen sogar sechs bis sieben Monate. Überwiegend waren in Moringen Kommunisten inhaftiert, darunter der aus Eschershausen bei Uslar stammende Otto Kreikemeier, dem inzwischen in seiner Heimatstadt Uslar ein Stolperstein gesetzt wurde. Nach dem Verbot der Gewerkschaften und der SPD gehörten auch Sozialdemokraten und Gewerkschaftler zu den Häftlingen im KZ Moringen, so zum Beispiel der Hilwartshäuser August Helmker, der seit der Gründung des Ortsvereins im Jahr 1902 Mitglied der SPD war, und in seinem Heimatort das Amt des Bürgermeister inne hatte. Zu den in Moringen verfolgten Gewerkschaftern gehörte Herbert Sührig aus Osterode, wo er an der Spitze des Deutschen Metallarbeiterverbands stand. Mit der Errichtung des Konzentrationslagers im April 1933 begann in der Kleinstadt Moringen eine insgesamt zehnjährige Geschichte als nationalsozialistischer Haftort. Im November 1933 wurde dieses erste Lager aufgelöst, und die männlichen Häftlinge wurden in Polizeiaufsicht entlassen oder in andere Konzentrationslager überstellt. Dann folgte die Errichtung des Frauen-KZ in Moringen, das bis 1938 bestand. Zwischen1940 und 1945 war Moringen ein Jugend-KZ. Für sehr viele Gefangene war das KZ Moringen der Anfang eines zwölfjährigen Leidensweges durch diverse nationalsozialistische Haftstätten und Konzentrationslager. Zu ihnen gehörte auch der aus Göttingen stammende Richard Borowski. Wenige Tage nach dem Verbot der sozialdemokratischen Partei brachte die Polizei den Parteisekretär des Unterbezirks Göttingen für mehrere Wochen in das Konzentrationslager Moringen. Nach dem Krieg wurde Borowski niedersächsischer Innenminister.

KZ-Gedenkstätte Moringen Lange Strasse 58, 37186 Moringen
www.gedenkstaette-moringen.de
www.erinnernsuedniedersachsen.de

Schmähschriften an der KZ-Gedenkstätte Moringen

9.1.13 / "Lagergemeinschaft und Gedenkstätte KZ Moringen" schreibt:
KZ-Gedenkstätte Moringen geschändet – neuer Höhepunkt faschistischer Aktivitäten im Landkreis Northeim! Sehr geehrte Damen und Herren, mit Abscheu und Entsetzen hat der Vorstand der Lagergemeinschaft und Gedenkstätte KZ Moringen auf die Schändung des Gebäudes der KZ-Gedenkstätte in Moringen reagiert. In der Nacht vom 07. auf den 08. Januar 2013 ist das Gebäude der KZ-Gedenkstätte mit dem Schriftzug „Alles Lüge“ beschmiert worden. Darüber hinaus wurde das Hinweisschild am Gebäude, welches darauf hinweist, dass es sich hier um das Gebäude einer KZ-Gedenkstätte handelt, mit Farbe durch gestrichen. Gleichzeitig wurde das ehemalige Kommandantur-Gebäude der drei zwischen 1933 und 1945 in Moringen bestehenden Konzentrationslager ebenfalls beschmiert und zwar mit den Schriftzügen „Lügenmal“ und „Es war kein KZ hier“. Das Gebäude gehört heute zum niedersächsischen Massregelvollzugs-Zentrum (MRVZ). Dass diese Anschläge kurz vor einer geplanten Wahlkampfkundgebung der NPD in Northeim am 09. Januar 2013 passiert sind, kann man kaum als Zufall bezeichnen. Der Landkreis Northeim ist weiterhin eine wichtige Region für die NPD und autonome Nationalisten. 2011 fand in Northeim der Landesparteitag der NPD statt. Der Anschlag auf die KZ-Gedenkstätte hat aber eine neue Dimension – ähnliches hat es bisher nicht gegeben – und zeigt mehr als deutlich, dass der politische Kampf gegen Nazis in Südniedersachsen wichtiger denn je ist.
Die GöLinke-Ratsfraktion zeigte sich bestürzt und beschämt über die Schändung der KZ-Gedenkstätte Moringen. "Vielleicht ist nur noch wenigen Göttinger/innen bekannt, dass unsere Ehrenbürgerin Hannah Vogt als politisch Verfolgte eine der ersten jugendlichen KZ-Insassinnen in Moringen war. Wer angesichts ihrer Biografie und den Berichten vieler anderer Verfolgter und in Moringen misshandelter Menschen meint, dies mit "Alles Lüge" an der Gedenkstätte beschmieren zu müssen, schmäht die Opfer nicht nur ein weiteres Mal. Der oder die Täter dokumentieren damit auch ihre Verachtung für jegliche Form von Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und politischem Verantwortungsbewusstsein."

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"Vergangenheitsbewirtschaftung"

Iris Hanika Berlin

Autorin von "Das Eigentliche"
Droschl Verlag Graz 2010

Iris Hanika hat in einem Roman versucht, einen Beitrag zum Umgang mit dem Erinnern und der Schuld an den schrecklichen Verbrechen der Nazis zu leisten. Bei manchen Passagen stockt einem der Atem. Iris Hanika war am 9.9.2010 im Literarischen Zentrum Göttingen zu Gast.


Iris Hanika am 9.9.10 im Literarischen Zentrum


Zum Buch:
Der Erinnerungsschrecken des Mitarbeiters Frambach im Institut für Vergangenheitsbewirtschaftung nutzte sich mit der Zeit ab. Irgendwann mußte er nicht mehr an Birkenau denken wenn er Birken sah, nicht mehr an Deportation denken, wenn er Zug fährt. Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Wenn er z.B. den PC bootet und die Programmsymbole erscheinen auf dem Bildschirm, dann denkt er daran, dass Programme Befehle (fast) immer widerspruchslos ausführen und dies verschafft ihm die Assoziation "ohne Befehlsnotstand" . Die Sekretärin wiederum erscheint Frambach mal recht neutral als Empfangs-Bhudda mit blonden Haaren aber ein andermal plötzlich wie "die Bestie von Buchenwald". Die Gegenwart ist also durchdrungen vom Schrecken der Geschichte. Dieser Schrecken muß abgearbeitet werden durch das Leben über Generationen, "bis ins 7. Glied". Die offizielle "Vergangenheitsbewirtschaftung" versucht den Menschen die Verarbeitung abzunehmen, sie zu ritualisieren und zu formalisieren. Doch das nutzt sich ab, die öffentlich immer wiederkehrende Beteuerung der Betroffenheit zermürbt eben diese bis die Menschen nicht mehr hören mögen was an offizieller Vergangenheitsbewirtschaftung abgeleiert wird. .

Mit Ausflügen in fulminante Beschreibungen des aktuellen Lebens ihrer Protagonisten koppelt die Autorin sich scheinbar ab von der Erinnerung an die Vergangenheit. Aber nur um dann in den Nischen des Alltags, in den Poren des alltäglichen Lebens plötzlich an etwas anzudocken, was doch wieder und in unerwarteter Weise auf die Vergangenheit hinweist. So kämpft in diesem Buch das Leben der Gegenwart mit der Erinnerung, arbeitet die Vergangenheit ab und zerbröselt gleichzeitig entschieden das überflüssige Schwelgen in falschen weil hohlen, ritualisierten Vergangenheitsbewirtschaftungsformen.

Wer beschreiben will, was in den Poren des Alltags an Vergangenheit sitzt, muß den Alltag genau beschreiben. Die Beschreibungen in Iris Hanikas Roman haben streckenweise hohe expressive Kraft. Sei es die Beschreibung eines Menschen der seine laute Art wie ein "Kettenkarusell" kreisen lässt: "Marschner trug seine gute Laune wie ein Kettenkarussell mit sich herum, er war die Säule in der Mitte, ..." . Oder die atemberaubende Beschreibung der weiblichen Hauptfigur: "Graziela sah aus wie von Picasso gemalt, wie eines von Picassos Porträts von Dora Maar. (...) von die einzelnen Elemente ihres Gesichts waren so angeordnet, dass man sich keine Meinung darüber bilden konnte, denn sie standen in keinem unmittelbar einleuchtenden Verhältnis zueinander." Diese Beschreibung endet mit folgender Steigerung: "Immer wieder sagte er Graziela, der Besitzerin und Bewohnerin dieses Körpers, wie ausnehmend gut er ihr gefalle, und weil Graziela zuvor noch nie jemanden getroffen hatte , der sich ausschließlich beglückt über ihren Körper geäußert hätte, hatte sie ihn ihm sofort zur Verfügung gestellt, das heißt, ihm seine zeitlich wie sachlich uneingeschränkte Benutzung gestattet."
An anderer Stelle beschreibt Hanika in nie gelesener Weise, wie sich Herr Frambach - die Hauptfigur - sein morgendlich aufgesetzte Büro-Begrüßungs-Lächeln nach Abschluß der Begrüßung "aus dem Gesicht schüttelt" und wie das Lächeln dann auf den Boden fällt, um dort bei all den schon auf dem Boden liegenden Lächeln der vorherigen Tage zu landen. Die Putzfrau kann sie nur zur Seite schieben aber nicht beseitigen, "dazu fehlt ihr das Instrument".
Um blitzartig auftauchenden Vergangenheits-Erinnerungen herum toben die detaillierten Beschreibungen scheinbarer Nebensächlichkeiten, gleichwohl mit hoher literarische Qualität. Dankbarerweise verfüge ich z.B. nun über einen Begriff für einen alltäglichen Gegenstand: einen elektrischen Wasserkocher setzt man auf sein "elektrifiziertes Unterteil" - bisher habe ich dieses Teil immer nur begriffslos angestarrt. Und wenn ich zukünftig einen Geldautomaten benutze, dann wird mir noch häufig ihre Beschreibung vom Umtausch des "Materiellem" in "Immaterielles" beim Geldkarten-Aufladen einfallen. (Beim Geldautomaten geht es ja zwar andersherum - aber trotzdem). Und auch ein Auftritt von Angela Merkel im Fernsehen wird bei einem Blick auf deren Patschhändchen nicht mehr ohne Erinnerung an Iris Hanikas Beschreibung Merkelscher Gestik auskommen "Sie sprach immer mit aneinandergelegten Fingerspitzen, die, kaum hatten sie sich einmal voneinander gelöst, sofort wieder auf einander zuflitzten und sich, als seien sie mit Gummibändern miteinander verbunden, punktgenau wieder trafen..." (S. 65) Wer hätte gedacht, dass ich bei der Lektüre eines Buches über Vergangenheitsbewältigung mehrmals laut auflachen muß!

Die Betonung all dieser Passagen soll zeigen, dass das Buch kein Schuld zelebrierendes Depressivwerk ist (der Melancholie und der "De Acedia" hingegen werden einige Seiten gewidmet), sondern dass das Leben beschrieben wird, so wie es weitergeht und wie dennoch die Geschichte darin verarbeitet werden muß. Und sie sollten auf die literarische Qualität hinweisen, die sich unter dem schweren Deckmantel des Themas entfaltet.
In einige Passagen scheint die Autorin voll abzuheben, so wild und kraftvoll überschreitet sie Stilgrenzen und schleudert wildgewordene Sätze um sich. Möglicherweise beherrscht sie eine Psychotechnik mit der man sämtliche Hemmungen beiseite schieben kann und Worte unmittelbar aus der Seele sprudeln lässt, was anderen Menschen nur unter Zuhilfenahme von Drogen gelingt.

Es liegt viel Ernst in diesem Buch. Nicht nur das Grundthema ist ein ernstes. In diesem neuen Buch von IrisHanika sind auch ihre vorhergehenden Bücher mit anwesend. Lacanische Psychoanalyse: Das Ich bildet sich erst in der Spiegelung, Beziehungen - Liebe - Freundschaft , Single und Einsamkeit, all das spielt erkennbar in den Roman hinein. Wenn sich Ernst und Grenzüberschreitung verbinden, dann lässt die Radikalität mit der sie Stil und Worte wählt an einigen Stellen den Atem stocken.
Z.B. bei der Lektüre auf S. 56: "Von ganzem Herzen danken wir unsen lieben Freunden, lieben JÜDISCHEN Freunden, unseren lieben ermordeten JÜDISCHEN Freunden, die wir leider nicht persönlich kennenlernen durften, weil sie vorher schon ermordet und im Feuer verbrannt, unseren lieben lieben JÜDISCHEN toten Freunden dafür, die wirklich froh wirklich sein können, dass sie tot schon tot schon sind, weil wir sie ansonsten glatt zu Tode lieben würden wir sie!" (es handelt sich NICHT um Tippfehler - das steht alles so im Text mit den Verdoppelungen)
Der Atem stockt einem schon auf den ersten Seiten bei der Stelle wo zu lesen steht: "Jedem Lied wohnt ein Auschwitz inne, jedem Baume, jedem Strauch, .." "und jedem deutschen Menschen auch. Fiderallalla , fideralllalla, fiderallla lala la." Lässt sich Fiderallalla mit Ausschwitz zusammenfügen? Und das liest die Autorin auch noch im Literarischen Zentrum laut vor. Ja, meinte sie dazu, sie habe sich schon gefragt ob das wohl O.K. sein könne und sich dann entschieden es zu schreiben.

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